19. und 20. Urlaubstag: zwar velofrei, aber nicht fett beschuht (Hobby? Barfuß! 2)
Am Dienstag, 24.7.2007 und Mittwoch, 25.7.2007 war ich nicht mit dem Fahrrad unterwegs. Und meine Übernachtungen fanden nicht unter irgendwelchen Brücken oder Bäumen statt, sondern im Haus meines Freundes in der Großen Kreisstadt Sinsheim. Weder er selber, noch seine Frau, seine Töchter (19- bzw. 21-jährig) und sein 17-jähriger Sohn haben was dagegen. Zumindest während der warmen Zeit ist für alle das Nichttragen von Schuhen in der Wohnung oder im Garten nichts ungewöhnliches. Früher ließen die Kinder auch keine Möglichkeit aus, sich der Schuhe zu entledigen, öfters als es den Eltern recht war.
Beim Einkaufen usw. ist jedoch keiner barfuß. Die älteste Tochter sagte auch einmal: "Aus dem Alter zum Barfußlaufen bis ich raus." Ich wollte ihr noch sagen, daß es diesbezüglich doch keine Altersgrenze gäbe, kam jedoch nicht dazu, da plötzlich das Telefon (oder war es die Haustürklingel?) schellte und so das Gespräch unterbrochen wurde. Die älteste Tochter befindet sich in der Ausbildung zur Krankenschwester. Sie hat auch festgestellt, daß mein linker Fuß stärker angeschwollen war als mein rechter, sprach von einem "Ödem". Mag vielleicht richtig sein, aber ich sah es nicht so tragisch und führte es schon gar nicht aufs Barfußlaufen an sich zurück. Auch früher, als barfuß für mich noch ein Fremdwort war, schwollen meine Füße an, wenn ich tagelang mit dem Fahrrad unterwegs war und dann plötzlich einige Zeit mich ruhig verhielt. Sicher spielen da ganz andere Faktoren eine Rolle, sicher auch die unterschiedliche Ernährung. Das Ödem ist ja auch während meiner Rücktour wieder verschwunden, in Zofingen wieder gekommen und dann verschwunden.
Der erste Tag war teilweise verregnet, jedoch nicht kalt. Wir waren mit dem Auto unterwegs. Mein Freund, von Beruf Mennonitenpastor, ist ein Bücherfan und er wollte an diesem Tag einige Bücher erwerben, in der Regel gebrauchte Bücher. Zuerst fuhren wir nach Ludwigsburg, wo es eine "Brockenstube", wie man in der Schweiz sagen würde, gab. Ich wollte dort zwar nichts kaufen, jedoch eignet sich diese Örtlichkeit auch dazu, sie als Bibliothek oder Museum zu mißbrauchen. Es waren viele Leute da, darunter viele Frauen, bei denen ich annahm, daß sie indischer Abstammung waren. Kein Mensch außer mir war barfuß, jedoch trug auch niemand formale Kleidung. Ich bildete mir ein, daß ich unter den teilweise bunt gewandeten indischen Frauen einerseits und Leuten in Jeans andererseits nicht sonderlich auffallen würde. Ich hatte auch nicht den Eindruck, als ob mich Leute anstarren würden (Kinder waren nicht im Laden). Aber ich hatte mich getäuscht. Mein Freund, der im Laden nicht immer unmittelbar in meiner Nähe war, erzählte mir auf der Weiterfahrt, was er an Wortfetzen so alles aufgeschnappt hatte, etwa: "Hast du den gesehen? Den in kurzem Hemd, kurzen Hosen und dann noch ohne Schuhe? Und so geht er in den Laden?" Auch Sätze wie: "Das ist doch einzig und allein seine Sache!" hatte er vernommen. Und Worte wie "Polizei" oder "aus dem Knast ausgebrochen" fielen nicht.
Über Marbach ging es nach Backnang, dort war ein Bücherladen, der mit behinderten Schülern zusammenarbeitet. Die Schüler starrten mich an, für den Ladenbesitzer schien meine Barfüßigkeit nichts ungewöhnliches zu sein. Er war allerdings erstaunt, als ich von meiner Tour erzählte. Auch war er überrascht, daß es geführte Barfußwanderungen gibt, aber er fand es gut.
Ein Friedhof wurde auch angesteuert, dieser war barfuß gut begehbar. Ich habe den Eindruck, als ob man in der Schweiz die Friedhofswege öfter als in Deutschland mit fiesem Schotter spickt. Keiner der anderen Menschen auf dem Gottesacker nahm Anstoß an meiner Aufmachung. Auf dem weiteren Weg kreuzten wir auch mehrmals das ehemalige Trassee der längst stillgelegten Bottwartalbahn (Heilbronn-Süd - Marbach, Spurweite 750 mm).
In Heilbronn besuchten wir einen Bekannten, einen heute pensionierten wissenschaftlichen Mitarbeiter des Landes Baden-Württemberg. Dieser Mann war barfuß. Auch während seiner aktiven Berufszeit hatte er es am Arbeitsplatz gewagt, sich der Schuhe zu entledigen, unter Angabe gesundheitlicher Gründe. Weiter fuhren wir noch nach Bad Rappenau, wo wir kurz durch den Kurpark gingen. Auch hier waren die Wege so, daß ich es vorzog, den Rasen zu benutzen.
Am zweiten Tag hieß es arbeiten. Wenn ich meinen Freund besuche, ist es schon öfters vorgekommen, daß ich dort handwerkliche Tätigkeiten übernommen habe. Diesmal war der Garten dran, was bei sonnigem Wetter auch ganz gut ging. Selbstverständlich hatte ich auch dort nicht das Verlangen nach Schuhen. Auch nicht beim Rasenmähen mit einem Benzinmäher. Obwohl der Rasen teilweise nicht waagerecht lag und auch sonst mehr Ähnlichkeit mit einer Blumenwiese als einem englischen Rasen hatte, hatte ich keine Angst, mich durch die rotierenden Messer, durch umhergewirbelte Steine, durch zerhäckselte Bienen und was sonst noch so alles in einem älteren Thread erwähnt wurde, zu verletzen. Da ich noch nie mit einem Benzinmäher gearbeitet habe (ich selber besitze keinen Garten, und mein Vater besitzt nur einen Handmäher), war ich sicher nicht der schnellste, so daß die Bienen eine Chance hatten, rechtzeitig vor dem Herannahen des Mähers zu fliehen. Schneller als Schnecken war ich, aber durch diese Tiere droht keine Verletzungsgefahr. Ein paar Nacktschnecken hatte ich jedoch vorher vom Rasen aufgesammelt. Nicht etwa, weil ich mich ekle, barfuß auf eine Schnecke zu treten, sondern weil ich auch Schnecken sympathisch finde (Gartenbesitzer, denen diese Tiere den Salat wegfressen, mögen da anderer Meinung sein).
Mein Fahrrad benötigte auch einige Pflege, ebenso flickte ich den Reifen, in den ich mir vermutlich am 13. Urlaubstag einen Dorn eingefahren hatte. und bei der Gelegenheit überprüfte ich auch die Fahrräder aller Familienangehörigen meiner Gastgeber. Und es gab auch einiges zu reparieren. Und wo bringen solche Arbeiten, wenn sie einmal anfallen? Bei sonnigem und windstillen Wetter auf einem frisch gemähten Rasen! Und selbstverständlich barfuß.
Aber auch dieser Tag ging viel zu schnell vorbei, am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen von meinen barfußtoleranten Gastgebern.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen