Vierzehnter Urlaubstag: Markranstädt - Ichtershausen (Hobby? Barfuß! 2)
Donnerstag, 19.7.2007: Ich hatte eine Nacht am Ufer eines Sees im trockenen Schlafsack verbracht, nun ging es weiter mit dem Velo. Durch das Stadtzentrum von Markranstädt radelte ich weiter nach Bad Dürrenberg. Hier suchte ich einen Aldi auf, in dem es wiederum keinerlei Bemerkungen zu meiner Barfüßigkeit gab. Dafür bemerkte ich, daß der hintere Reifen nicht mehr so voll war wie vorher. Hatte ich mir am Tag zuvor, dem 13. (unglückbringenden) Urlaubstag etwa einen Dorn eingefahren? Luft pumpen und fertig.
In Bad Dürrenberg endet übrigens die Straßenbahn aus Halle, mir begegnete auch ein Fahrzeug, allerdings nicht das wie auf diesem Bild:
Ich radelte zum Kurpark mit Europas längstem zusammenhängenden Gradierwerk (850 m).
Da meine Füße vor den Tagen zuvor etwas angestrengt war, empfand ich die Wege im Kurpark als weniger angenehm. Von hier gelangte ich auf den Saale-Radwanderweg, der jedoch nicht überall gut befahrbar ist. Auch dieser Radweg besitzt einige fiese Steigungen. Die Stadt Weißenfels liegt direkt an der Saale, daher machte ich einen Abstecher in die Altstadt. Ein Mädchen spielte barfuß in einem Brunnen. Es ging barfuß weiter, während der Vater die Sandalen des Mädchens in der Hand trug. Als ich mein Velo weiter schob, überholte ich die beiden. Dabei starrte das Kind immer auf meine nackten Füße.
Auf dem weiteren Saale-Radwanderweg näherte ich mich (bereits ziemlich erschöpft) der sehenswerten Stadt Naumburg:
Die Saale umfließt die Stadt im weiten Bogen, ziemlich lange begleitet einen die Silhouette der Stadt. Der Weg vom Radweg in die Stadt war steil, daher hatte ich keine Lust, in die Altstadt zu fahren, schließlich war ich schon mal dort. Und die Straßenbahn?
Ich glaubte, daß nur am Wochenende Verkehr herrscht. Daß dieser Zustand seit einiger Zeit der Vergangenheit angehört, und wußte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ob täglich verkehrende Trams mich dazu hätten bewegen können, meine Wadenmuskeln noch mehr zu strapazieren und meine Fußsohlen einem noch stärkerem Druck durch die Pedalen auszusetzen? Ich weiß es nicht.
Ich radelte weiter auf dem Saale-Radwanderweg nach Bad Kösen, wo es auch ein Gradierwerk gibt:
Ich war reell fertig und ärgerte mich, daß nun der Radwanderweg recht steil war, nachdem ich mich wegen schlechter Beschilderung auch noch verfahren hatte. So endete ein Weg auf einem schmalen Pfad, der jedoch barfuß gut begehbar war. Dann kehrte ich um, fand den richtigen Weg, aber der war eine ideale Strecke für Mountainbiker, nicht für schwer beladene Tourenräder. Also kehrte ich um, überquerte auf einer Hängebrücke die Saale, um der normalen Straße nach Bad Salza zu folgen.
Die Bahnschranken waren geschlossen, ich mußte auf den Zug warten. Solange ich nicht unter Zeitdruck stehe, habe ich solche "Zwangshalte" ganz gerne. Aber jetzt? In der Nähe des Bahnüberganges glühende Sonne, kein Schatten. Nur heißer Asphalt, kein anderer Untergrund. Und auch kein Schild, Zaun usw., an dem man sich hätte festhalten können, um die Füße auf den Pedalen lassen zu können. So blieb mir nichts anderes übrig, als immer mal den linken, mal den rechten Fuß auf den heißen Boden zu setzen. Endlich kam der Zug, und gemäß Murphey's laws war es ein langer, langsam fahrender Güterzug!
Endlich öffneten sich die Schranken und ich radelte weiter, linkerhand die Rummelsburg:
http://img.meinestadt.de/images/image.php/id=14959/type=S
Rechterhand die Burg Saaleck:
Dann die nächste Enttäuschung: Die Straßenbrücke über die Saale war gesperrt, ich mußte umkehren. Die Bahnschranke war offen, juhu! Trotzdem hatte ich erst einmal genug. Ich fuhr zum Kurpark, wo ich mich erst einmal in den Schatten setzte, um was zu verzehren.
Etwa eine Stunde später radelte ich weiter. Anstatt durchs Saaletal über Bad Salza ging es auf der kürzeren, jedoch auch stärker befahrenen Bundesstraße über Eckartsberga in Richtung Apolda. Diese Straße führt im Grunde genommen über eine Hoch"ebene", weist jedoch auch einige fiese Steigungen, andererseits auch Gefällstrecken auf. Zwar hatte ich Gegenwind, jedoch war die Sonne hinter Wolken verschwunden, was das barfüßige Radfahren etwas angenehmer gestaltete. Vor Apolda ging es auf einer abschüssigen Strecke ins Flußtal. Als ich sah, daß im Flußtal wieder ein Radwanderweg war, verzichtete ich darauf, mich bergauf zu quälen, um in die Innenstadt von Apolda zu gelangen.
Der Radwanderweg war allerdings auch nicht gerade topfeben, er führte an einer Burg vorbei. Andere Radfahrer, die dort Pause machten, frotzelten zwar über mein Gepäck ("Der hat ja seine ganze Wohnung dabei!"), jedoch nicht über meine nackten Füße oder meine sonstige Kleidung, die zu diesem Zeitpunkt (und für den Rest des Tages) lediglich aus einer kurzen, nicht ausgefransten Hose bestand. Ich wurde von einem Gewitter überrascht, konnte mich aber bei einem Friedhof unterstellen.
Bald war ich in der Kulturstadt Weimar:
Zwar gab es baustellenbedingt ein paar barfuß weniger angenehm begehbare Passagen, im allgemeinen ist die Fußgängerzone von Weimar jedoch barfußfreundlich. Der Meinung waren wohl auch andere Leute. Ein Mann ohne Gepäck kam mir barfuß entgegen, seine Behosung würde ich als "ziemlich winterlich" bezeichnen (Markus U. und Jay sind selbstverständlich ganz anderer Meinung). Vor einem Trödelladen in einer weniger begangenen Seitengasse waren zwei Frauen dabei, alte Gegenstände in den Laden zu schleppen. Beide Frauen waren recht sommerlich gekleidet. Die eine trug Flipflops, die andere war barfuß. Das Kopfsteinpflaster vor dem Laden war offensichtlich seit DDR-Zeiten nicht mehr verbessert waren. Die barfüßige Frau kam mit dem Pflaster gut zurecht, bei der anderen waren es die Flipflops, die ihre Arbeit behinderten. Auf einer "wichtigeren" Fußgängerstraße schritt ebenfalls eine Frau barfuß daher, als ob es nichts selbstverständlicheres gäbe.
Zwischen Weimar und Erfurt gibt es neben der hoffnungslos überlasteten Bundesstraße auch einen Radwanderweg, diesen benutzte ich. Meistens führt er durch die Dörfer und über Feldwege. Direkt vor Erfurt befindet er sich aber in einem schäbigen Zustand. Aber ich kam an. Irgendwann begegnete mir dort die erste Straßenbahn:
Die Erfurter Altstadt ist wirklich sehenswert (und barfußfreundlich). Es war mittlerweile dunkel. Interessant ist die Krämerbrücke mit ihren Häusern darauf.
Diese Brücke über die Gera registriert man nur bewußt, wenn man sie NICHT überquert, sondern eine parallel verlaufende Brücke benutzt (was ich zuerst tat). Hinterher überquerte ich die Gera auch noch mal auf der Krämerbrücke. Barfüßer sah ich in Erfurt nicht, einige besoffene Jugendliche lästerten sogar über meine Erscheinung. Zum Domberg wollte ich auch noch, ich fand ihn im Dunkeln jedoch nicht auf Anhieb. Erst als ich auf einen Stadtplan stieß, merkte ich mir den Weg, wobei mir die Straßenbahnschienen als Leitlinie dienten. So kam ich in die nähe von Dom und Severinskirche:
Wo sollte ich übernachten? Von meinem Bruder, der früher in Arnstadt arbeitete, wußte ich, daß zwischen Arnstadt und Erfurt ein Radwanderweg entlang der Gera existiere. Warum sollte ich es nicht dort versuchen? Über "wassernahe" Straßen (in Erfurt ist der Lauf der Gera in mehrere teils künstliche Arme aufgeteilt) erreichte ich zuerst einmal den Luisenpark:
Dann fand ich die Beschilderung und folgte ihr. Wirklich ein schöner Weg. Auch waren genügend Bäume am Ufer vorhanden. Allerdings wuchsen dort auch Brennnessel und stachlige Pflanzen, also alles andere als barfußfreundlich. Bei Ichtershausen stieß ich schließlich auf eine Betonbrücke, über die In Zukunft wohl mal ICEs rollen sollen. Jetzt jedoch war sie noch verkehrsfrei. Ich stellte mein Velo hinter einen Brückenpfeiler und war so vom Radweg aus nicht mehr sichtbar (Autos dürfen dort nicht fahren). Neben dem Pfeiler war eine barfußfreundliche Sandfläche, ideal zum Übernachten. Nicht einmal Scherben lagen dort. Vielfach findet man neben Brückenpfeilern zerdepperte Flaschen. Meistens werden diese Flaschen "nur" aus reinem Übermut im alkoholisiertem Zustand zerdeppert, nicht als gezielten Angriff auf Barfüßer.
Die Nacht war trocken und mild, auch mein Schlafsack war (immer noch) trocken.
Mein vierzehnter Urlaubstag war vorbei.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen