Siebter Urlaubstag: Rathen - Rathen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 06.08.2007, 07:54 (vor 6306 Tagen)

Donnerstag, 12.7.2007: Ich hatte eine Nacht im Schlafsack unter der Bank in einem achteckigen Unterstand am Elberadweg zwischen Stadt Wehlen und Kurort Rathen verbracht. Eigentlich ein schöner Schlafplatz, Autos fahren dort nicht vorbei, und Radfahrer sind nachts selten. Die Züge störten mich auch nicht, im Gegenteil. Bedingt durch die Lage im Tal zwischen Sandsteinfelsen verursachte das Vorbeifahren eines Zuges eine besondere Melodie.

Als ich aufwachte, war es noch stockfinster. Als ich aufblickte, glaubte ich zwei Beine mit fetten Schuhen daran zu erkennen, ferner hörte ich Geräusche, wie wenn jemand mit Plastik hantierte, etwa um was zu verzehren. Wollte hier etwa jemand anders auch noch übernachten. Lange traute ich mich nicht zu bewegen, etwa um meine Brille aus der Tasche zu holen. Ich wunderte mich nur, daß sich die "Beine" nicht eine Spur bewegten. Erst nach einiger Zeit traute ich mich hervor und erkannte, daß niemand da war und die "Beine" nur Baumstämme waren und die "Schuhe" Wurzeln. Also schlief ich weiter. Und am Morgen fand ich einige Abfälle nicht mehr im Papierkorb, sondern davor. Vermutlich hatte eine Ratte oder Krähe im Papierkorb nach Freßbarem gesucht und ich war davon aufgewacht.

Es regnete nicht mehr, aber es war trübe und eher kühl. Ursprünglich hatte ich geplant, meinen barfüßigen Weg per Velo über Porschdorf und Hohnstein fortzusetzen. Da ich aber in den höheren Lagen eher Regen erwartete, radelte ich den Radweg weiter zu Großen Kreisstadt Pirna. Von dort radelte ich über die Elbbrücke in den Stadtteil Copitz und weiter in Richtung Lohmen, wo etwa 28 Stunden später der "offizielle Teil" meines Urlaubs beginnen würde. Der Grund, weshalb ich schon jetzt dorthin fuhr: Ich wollte einmal testen, wie lange es dauern würde, barfuß mit dem Fahrrad von Lohmen nach Dresden zu fahren, und zwar zum gebührenfreien Parkplatz in der Nähe des Bahnhofs Dresden-Neustadt. Dort wurden die Autos nämlich bei meiner letzten Reise ins Elbsandsteingebirge parkiert. Und für den Fall, daß auch dieser Aufenthalt mit einem Stadtbesuch in Dresden abgeschlossen werden sollte, hätte ich vorgehabt, mit dem Rad nach Dresden zu fahren, damit mich niemand mit dem Auto durchs Verkehrsgewühl nach Lohmen zurückfahren müßte.

Ich fand die Straße, die zum Bahnhof führte, ich bog aber nicht ein. Etwa 200 m später kam mir ein Polizeifahrzeug entgegen, ohne anzuhalten oder auch nur die Geschwindigkeit zu reduzieren. Einige Leute starten mich allerdings an, als ich an der Stelle, wo die Straße "Viehbricht" in die Hauptstraße mündete, wenige Minuten anhielt, um Energie für die Fahrt nach Dresden zu tanken.

Bis Copitz ging es gut, da es weniger Passagen gab, die bergauf gingen als solche, die bergab gingen. Auch die Straße nach Pillnitz, wo früher am Fähranleger die Straßenbahn endete und heute Omnibusse verkehren, war noch gut befahrbar. Es gab eine beschilderte Veloroute, diese führte anders als die am gegenüberliegenden Ufer nicht direkt an der Elbe entlang, sondern wich manchmal erheblich davon ab. Außerdem gab es einige Steigungen, bei denen ich die Pedalen in den nackten Fußsohlen spürte. Ebenso gab es Ampeln, die mein Vorankommen unnötig(?) behinderten.

Endlich kam das "Blaue Wunder" in Sicht:

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Endlich auch ein beschilderter Radweg direkt am Elbufer. Doch was heißt hier "Radweg"? Eine Zumutung war das! Vor allem dann, wenn man mit einem schwer beladenem Velo unterwegs ist. Elendes Kopfsteinpflaster, auf dem man nicht fährt, sondern schlingert! Ich stieg ab und schob mein Velo. Wenigstens war der Untergrund zum Barfußlaufen ideal. Endlich war der Weg wieder befahrbar. Auf dem letzten Ende war das Radfahren auch vorübergehend verboten, weil für irgendeine Veranstaltung etwas aufgebaut wurde. Auch hier schob ich mein Velo, während andere Radfahrer einfach weiterfuhren. Sie ließen sich nicht dadurch beirren, daß ein Polizeifahrzeug dort stand und die Beamten daneben. Vermutlich wäre es für die Beamten zu viel Arbeit gewesen, jeden Radfahrer, der widerrechtlich dort fuhr, aufzuschreiben. Im Gegensatz zu mir trugen zu dem Zeitpunkt alle anderen Radfahrer bei dem immer noch trüben Wetter und ca. 12°C Jacken, lange Hosen und fette Schuhe. mit meiner leichten Kleidung fiel ich auf. Möglicherweise hätten die Beamten mich rausgepickt und mir eine Buße wegen Radfahrens auf einem verbotenen Weg aufgebrummt. Beim Schieben auf dem Weg wäre ich der Gefahr der Kontrolle zwar auch ausgesetzt gewesen, aber man hätte mir keine Strafe aufbrummen können. Schließlich ist das barfüßige (bzw. kurz behoste/unbejackte) Schieben eines Fahrrades nicht verboten. Und man darf das Rad überall schieben, wo man als Fußgänger gehen darf.

Insgesamt hatte ich eine Stunde und 40 Minuten von Lohmen bis Dresden-Neustadt gebraucht, nicht gerade wenig. Noch etwas anderes hatte ich für Dresden eingeplant. Da ich nicht wußte, ob während des "offiziellen" Teils der Wanderung irgendwelche Supermärkte angesteuert werden, wollte ich vor meiner Ankunft in Lohmen noch irgendeinen Aldi-Markt aufsuchen, am liebsten einen, der so gelegen war, daß man ihn am Vormittag des ersten offiziellen Tages ansteuern könnte. Dresden wäre eine geeignete Entfernung zu Lohmen, man müßte nur wissen, wie man dort hinkommt. Im Stadtnorden wußte ich einen, dort hatte ich einmal barfuß eingekauft. Allerdings kannte ich den Weg nur per Straßenbahn dorthin (damals wurde ich auf dem Weg zwischen Haltestelle und Laden prompt von der Polizei kontrolliert). Und ich wußte von einem in der Nähe der Hauptbahnhofs, zumindest war ein Hinweisschild dort. Damals fand ich ihn nicht. Diesmal fand ich auch das Schild, wegen Bauarbeiten, ungünstiger Ampelphasen usw. fand ich ihn nicht auf Anhieb. Ich hörte, wie ein Bauarbeiter zum anderen sagte: "Schau mal, der Radfahrer, der ist barfuß!" Darauf der andere: "Sicher nicht mehr lange. Wenn die Polizei den sieht, steckt sie ihn in die Klapsmühle!"

Den Aldimarkt fand ich endlich, war eigentlich nicht so schwer zu finden. Ich kaufte nicht ein, sondern wollte den Einkauf für den nächsten Tag aufschieben. Und ich fand einen beschilderten Radwanderweg in Richtung Pillnitz. Auch den wollte ich austesten, aber nicht sofort. Somit konnte ich beruhigt mein Rad durch die Fußgängerzone Dresdens schieben. Als es noch trübe war, gab es einige erstaunte Blicke zu meiner Barfüßigkeit. Als aber die Sonne durchbrach und es schlagartig wärmer wurde, war es damit vorbei. Als ob man nur bei Sonne barfuß laufen "darf".

Bei solchem Wetter halte ich mich aber lieber am Elbufer auf. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, mich mal nicht zu bewegen. Auch wenn es nun wärmer war, so blieb ich doch der einzige Barfüßer am Elbufer, allerdings nahmen Leute in kurzen Hosen und/oder Sandalenträger ohne Socken auch schlagartig zu. Als nach einiger Zeit wieder Bewölkung zunahm, begab ich mich abermals in die Altstadt. Ich hatte noch ein paar Postkarten zu schreiben (ja, so etwas gibt es im Zeitalter der Elektronik immer noch, habe ich auch bei anderen Teilnehmern der Barfußwanderung beobachtet). Dazu setzte ich mich auf eine Bank in der Nähe der Frauenkirche:

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Beim damaligen Versuch, die Kuppel dieser Kirche barfuß zu besteigen, wurden wir abgewiesen. Diesmal hatte ich kein Bedürfnis, auf die Kuppel zu gehen. In die Kirche selbst wollte ich auch nicht. Wegen barfuß würde man dort wohl nicht abgewiesen werden, aber wegen barfuß in Kombination mit (total verschwitzten) kurzen Hosen und einem (total verschwitzten) Träger-T-Shirt?

Zur Rückfahrt steuerte ich den oben erwähnten Radwanderweg durch den Park mit der Parkeisenbahn in Richtung Pillnitz an. Leider war auch er teilweise mit Ampeln versehen. Ich überquerte die Elbe jedoch nicht, sondern fuhr weiter über Heidenau nach Pirna. Jetzt stand fest: Der zwar längste, jedoch schnellste Weg, um barfuß mit dem Rad von Lohmen nach Dresden-Neustadt zu gelangen, führt nicht am Nordufer der Elbe entlang, sondern bei Pirna über die Elbe, um dort dem Elbufer (und nicht durch den Park) zu folgen, um dann über die "vorletzte" Brücke Dresdens die Elbe abermals zu überqueren.

Bis nach Einbruch der Dunkelheit hielt ich mich am Elbufer in Pirna auf, dann machte ich mich auf, um den bewährten Schlafplatz im Unterstand zwischen Wehlen und Rathen aufzusuchen. Es regnete nicht in der Nacht, und Ratten bzw. Krähen störten mich auch nicht. Und mein Schlafsack? Der war immer noch naß! Mein siebter Urlaubstag war um.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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