Fünfter Urlaubstag: Neustadt/Orla - Mügeln (Hobby? Barfuß! 2)
Dienstag, 10.7.2007: Ich hatte eine Nacht im Schlafsack unter einer Brücke bei Neustadt/Orla verbracht. Es hatte zwar heftig geregnet, jedoch hatte die Brücke mich geschützt. Allerdings war der nasse Schlafsack kaum trockner geworden. Als ich meinen barfüßigen Weg per Velo fortsetzte, war es zwar trocken, aber trübe. Ich folgte dem Orla-Radwanderweg. Dann setzte für etwa eine halbe Stunde Regen ein, der erst aufhörte, als ich die Innenstadt von Gera erreicht hatte.
Gera ist nicht nur die dritte Stadt auf meiner Urlaubsreise mit einem aktiven Straßenbahnbetrieb, es ist sogar die einzige Stadt in der ehemaligen DDR, in der ich bisher nur barfuß war und die gleichzeitig einen Straßenbahnbetrieb unterhält:
Eine besonders schöne Stadt ist Gera nun gerade nicht, aber immerhin schob ich auch hier mein Velo durch die Fußgängerzone, wo gerade Markt in der Nähe vom Rathaus war (einige Leute glotzten dumm):
Ich radelte weiter in Richtung Hauptbahnhof. Dort waren einige Leute beschäftigt, die vermutlich im Auftrag der Bahn arbeiteten. Ich hörte, wie einer sagte: "Schaut euch den an", während er mit dem Finger auf mich wies. Dann kam noch ein Beamter der Bundespolizei aus dem Bahnhofsgebäude. Die Arbeiter gingen auf ihn zu und wiesen in meine Richtung. Und ich fuhr unbekümmert weiter. Ich suchte eine Bank, wo ich eine Pause machen konnte. Ich fand auch eine, nicht weit vom Bahnhof entfernt. Eine Kindergartengruppe spielte nicht weit von. Ein Mädchen sagte zur "Tante": "Der ist ja barfuß!" Alle starrten mich an, dann aber spielten sie weiter. Es dauerte nicht lange, da kam ein Bundespolizist (ich weiß nicht, ob es derselbe war) aus Richtung Bahnhof in meine Richtung. Ich rechnete schon mit einer Ausweiskontrolle. Aber die "Kalkmütze" musterte nur mein Velo mit dem deutlich sichtbaren Schild "Schuhe? Nein danke!", dann die Kindergartengruppe und ging weiter. Warum der Beamte auf eine Kontrolle verzichtet hatte, kann ich nicht sagen (fragen wollte ich ihn nicht). Ist vielleicht auch gut so. Wenn nämlich die Kinder gesehen hätten, wie ich kontrolliert wurde, könnten sie womöglich denken, daß barfuß was verbotenes ist.
Als ich Gera verließ, setzte wieder Regen ein, ein recht heftiger sogar. Ich hörte nur, wie eine ältere Frau sagte: "Kalt!" Erst hinter Ronneburg hörte der Regen wieder auf
Vor Schmölln lief tatsächlich ein erwachsener Mann barfuß. Er hatte seine Frau zum Auto begleitet, diese fuhr davon, dann ging er ins Haus zurück, in dem vermutlich seine Schuhe standen.
Ich erreichte Altenburg, diese Stadt ist nicht nur Partnerstadt der ca. 10 km von Zofingen entfernten Stadt Olten, sondern auch sehenswert.
Die Altstadt ist recht groß und die Straßen sind dort teilweise ziemlich steil. Das Pflaster ist barfuß meist gut begehbar, wegen einiger Baustellen jedoch nur mit Einschränkungen. Obwohl das Wetter mittlerweile sonnig war, gab es doch etliche Jugendliche, die lästerten. Interessant sind auch die Schloßanlage und die Gewässer in der Stadt.
Ich verließ die Stadt wieder. Einen kurzen Regenklatsch konnte ich damit überbrücken, daß ich mich unter das Vordach eines Supermarktes stellte. Aber nicht nur ich, auch andere, die teilweise kein Regenzeug dabei hatten. Außer mir trugen aber alle Schuhe. Bei Rochlitz überquerte ich die Zwickauer Mulde, dann ging es wieder steil bergauf.
Mein nächstes Ziel war Döbeln
Die Pferdebahn http://www.doebelner-pferdebahn.de/ hat Ulrich ja schon erwähnt. Da es ein normaler Werktag war, rechnete ich auch nicht Betrieb. Aber immerhin entdeckte ich das Gleis. Ich ließ es mir nicht nehmen, mein Fahrrad barfuß über die gesamte Straßenbahn-Gleisstrecke zu schieben (hätte ich das in Köln versucht, wäre ich heute noch damit beschäftigt). Im Schein der schon ziemlich tief stehenden Sonne setzte ich mich auf eine Bank in der Nähe eines Brunnens, um was zu verzehren. Es war jedoch kein gewöhnlicher Brunnen, es war der Stiefelbrunnen!
Normalerweise interessiert es mich nicht sonderlich, welche Art von Schuhen andere Leute tragen. Hier aber interessierte mich, wie viele der eher wenigen Leute, die sich in Brunnennähe aufhielten, tatsächlich Stiefelträger waren. Das Ergebnis war erfreulich. Keiner trug Stiefel! Die meisten trugen Turnschuhe, Halbschuhe (alle mit Socken/Strümpfen), Sandalen (einige Kinder mit Socken, eine auch sonst recht sommerlich gekleidete Frau ohne) und einer barfuß (das war nur ich). Mehr Barfüßer als Stiefelträger am Stiefelbrunnen, ist doch toll, was?
Ich verließ Döbeln in nordwestlicher Richtung. Da es erst Dienstag war, ich aber erst am Freitag Mittag in Lohmen sein mußte, konnte ich mir einen Umweg erlauben. Kurz vor Mügeln fand ich einen Schlafplatz in einem Wald. Da der Boden dort zwar aufgeweicht, jedoch nicht matschig war, war es dort besonders angenehm barfuß zu gehen. Daher bereitete ich mir erst mein Lager vor, schlüpfte jedoch nicht gleich in den (immer noch nassen) Schlafsack, sondern ging sicher noch 20 Minuten barfuß durch den Wald. Mein fünfter Urlaubstag war um.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen