500 Meter in einer Stunde (Hobby? Barfuß! 2)

Descalzar, Stammposter, Saturday, 07.07.2007, 00:48 (vor 6286 Tagen)

Hi,
heute verließ ich um 17:30 nochj einmal meine Wohnung, um einen Brief einzuwerfen. Der Weg zur Post beträgt ca. 500 m.
Vor dem Haus traf ich auf meine Nachbarn, die grad von der Beerdigung der Mutter kamen. Alle waren in schwarz gekleidet und als ich mich zu ihnen stellte, um mein Beileid zu bekunden, wäre es sicher ein Bild für die Galerie gewesen. Alle schwarz und im besten Zwirn und meiner einer in, sagen wir mal, Hippieklamotten und barfuß.
Die Tochter der Verstorbenen begrüßte mich mit "Immer noch barfuß?" Ich antwortete mit "na klar".
Wir unterhielten uns lange über den Tot und die anschließenden Trauerfeiern, stellten fest, daß man nur "wegen der Leute" immer in Schwarz herumläuft und mancher Verstorbene es gern gehabt hätte, wenn die Trauergemeinschaft fröhlich und in bunten Klamotten Abschied nimmt. Die Tochter sagte noch, daß idie Verstorbene auch bunte Sachen lieber gesehen hätte, aber letztendlich hatt man sich doch für Schwarz /wegen der Leute) entschieden.
Ich führte an, daß das Leben so schnell vorbei sein kann und man sich deshalb nicht mit den Gedanken anderer allzu lang beschäftigen sollte.

Dann verabredete ich mich mit dem Lebengef#hrten der Verstornenen in naher Zukunft auf ein Glas Whisky (er ist Schotte) und ging weiter. Doch allzu weit kam ich nicht.
Meine Aufmerksamkeit wurde auf einen rioten VW-Käfer gelenkt, der mit großen bunten Blumen beklebt war. Ich hatte ihn schon öfter in meiner Straße gesehen und immer gerätselt, werd die Fahrer dieses Wagens sein mochte.
Ich brauchte nicht lang zu rätseln, denn plötzlich näherte sich eine alte Frau mit langen grauen Haaren und in bunte Tücher gekleidet. Sie lächelte mir schon aus der Entfernung zu und als sie neben mir stand, fragte ich sie, ob es ihr Wagen sei. Sie bejahte meine Frage und erklärte, daß sie ihn schon über 20 Jahre fahren würde, aber kein Geld für eine Restauration hätte. Ich entgegnete, daß es meine philosophie sei, daß auch ein Auto in Würde altern sollte, was sie mit einem lächeln quittierte. Ich sah sie mir genauer an. Sie schien um die 60 zu sein, hatte langes graues Haar und ihrem, in früheren Zeiten gwiß wunderschönem Gesicht, hatte das Leben seine Spuren hinterlassen. Ihre Zähne wiesen Lücken auf und man sah, daß ein Zahnarztbesuch wohl lange überfällig sei. Trotz allem war es für mich einer der berkenswertesten Menschen, die ich je kennengelernt habe.
Ihr Blick wanderte zu meinen Füßen und sie stellte fest: "Sie sind der Ganzjahresbarfüßer ?" Also hatte sie auch schon von mir gehört.
"Warum machen sie das ?" Ich antwortete:"Damit ich den Untergrund spüren kann uind somit eins mit der Natur bin"
Wir unterhielten uns noch ein Weilchen und ich ging meines Weges.
Als ich um die Ecke bog, versperrten 3 Personen, die sich unterhielten, mit ihren Fahrrädern den Weg. Als sie mich sahen, wollten sie Platz machen, aber ich rief ihenen zu: "Keine Panmik, keinen Streß, ich gehe außen umzu"
"Springen sie doch rüber" bekam ich zur Antwort.
"So jung bin ich auch nicht mehr" war meine Antwort
"Aber sie laufen barfuß. Das ist ja toll. Sie sind bestimmt kaum erkältet"§
Ich zählte ihnen die Vorzüge des Barfußlaufens auf und sie hörten interessiert zu. Dann erzählten sie weiter, daß sie Touristen seien und von der Offenheit der menschen in meiner Stadt sehr angetan seien. Man würde ja mit soviel interessanten Menschen sofort ins Gespräch kommen. Dann fragten sie mich, ob ich im nahegelegen Jugendzentrum arbeioten würde, oder ob ich Musiker sei.
Lachend antwortete ich, daß ich nur so aussehe, sie aber in ihren Vermutungen total falsch lagen. Dann erzählte ich ihnen noch ein paar Episoden aus der Stadtgeschichte. Sie verabschiedeten sich mit dem Hinweis, daß sie zur Feier eines Familienmitglieds in NOrdenham seien.
Dann stellte sich auch noch heraus, daß es auch noch ein ehemaliger Arbeitskollege von mir ist. Ich bat also die Leute, ihm schöne Grüße von mir auszurichten.
Sie verabschiedeten sich mit den Worten, daß sie ihn vom netten , langhaarigen Mann grüßen werdem der immer barfuß läuft.
So würde er sicherlich wissen, von wem er gegrüßt wird. Lachend verabschiedeten wir uns voneinander und als ich auf die Uhr des Postamtes sah, hatte ich tatsächlich für 500 Meter Fußweg eine Stunde gebraucht.

Gruß und Fuß,

Descalzar


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