Zwei schöne Tage in Bayern (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Thursday, 14.06.2007, 18:58 (vor 6374 Tagen)

Hi zusammen,

da Ulrich aus Berlin derzeit bei Leo zu Gast weilt und auch Jay und ich Zeit hatten, lag es nahe, sich zu treffen und zwei schöne Tage miteinander zu verbringen (wobei dazwischen außer Ulrich jeder bei sich übernachtete).
Am ersten Tag (Dienstag) war das Wetter sehr unbeständig. Jay holte mich mit seinem 4rad der Luxusklasse in München ab, und wir begaben uns in Richtung Holzkirchen, wobei wir im Münchener Norden auf dem Wege zur Autobahn fast einen schweren Unfall erlitten hätten: Unmittelbar vor uns, die wir auf der Vorfahrtsstraße fuhren, schoß plötzlich von links ein Wagen mitten in unseren Weg. Nur weil Jay barfuß fuhr und daher entsprechend rasch und sicher bremsen konnte, konnte gerade noch ein Zusammenstoß vermieden werden. Diese unfreiwillige Demonstration bewies sehr anschaulich, daß ein barfüßiger Autofahrer in plötzlich auftretenden Gefahrensituationen viel rascher und besser reagieren kann als ein beschuhter. Ich bin sogar überzeugt davon, daß es zu dem Unfalle gekommen wäre, wenn Jay Schuhe angehabt hätte.
Auf dem Wege nach Holzkirchen gab es Platzregen und einen Stau, so daß wir Leo und Ulrich um einiges später als ursprünglich geplant abholen konnten. Sodann fuhren wir auf kleinen Straßen durch eine oberbayrische Bilderbuchlandschaft mit kleinen Dörfern, Bauernhöfen, Kirchen, Nadelwäldern, Kuhwiesen mitsamt darauf weidenden Rindviechern und im Hintergrund Alpenpanorama. Wir besichtigten kurz die Wallfahrtskirche in Dietramszell, die jedoch nicht ganz zugänglich war (wir kamen nur in den Vorraum, während das Kirchenschiff durch ein etwa 3 m hohes, verschnörkeltes Gitter abgesperrt war), sowie an einen der zahlreich in der Gegend befindlichen Weiher. Das Wasser in dem Weiher war erstaunlich warm, wie ich beim kurzen 'Reinfühlen mit meiner großen Zehe befand (auch dafür ist barfußlaufen gut). Aus Mangel an Zeit und wegen der Unbeständigkeit des Wetters verzichteten wir jedoch auf ein Bad.
Stattdessen fuhren wir nach München, wo wir die Rampe eines aufgelassenen früheren Straßenbahntunnels besichtigten, bevor wir uns zum Essen in ein von Jay empfohlenes, voll BF- erschlossenes Lokal mit guter, deftiger bayerischer Küche begaben. Ich darf hier vorausschikken, daß Jay, wie es seiner überaus noblen und großzügigen, hochherzigen Art entspricht, sich an beiden Tagen als vollendeter Gastgeber erwies, der sämtliche von uns verzehrten Speisen bezahlte, weshalb ich nicht umhin kann, ihm auch hier meinen herzlichen und kräftigen Dank auszusprechen.
Danach ging es in die Verkehrsabteilung des Deutschen Museums. Wegen Bauarbeiten in der Nähe des Gebäudes konnten wir zunächst den Eingang nicht finden und mußten eine ganze Strekke laufen, was Leo und Ulrich indessen gefreut haben wird, da sie im Gegensatz zu Jay äußerst lauffreudig sind, während ich es vorzog, mich dem Gastgeber anzupassen (ich kann sehr gut weite Strekken laufen, habe aber nicht immer das Bedürfnis darnach). Zwischendurch regenete es immer wieder, aber in den Hallen schlug uns der Anblick der ausgestellten Fahrzeuge (2räder und 4räder aus allen Epochen seit ihrer Erfindung sowie ein paar Züge, S- Bahnen und U-Bahnen sowie Straßenbahnen) in ihren Bann. Besonders erfreut war ich über einen alten Münchener Straßenbahnzug sowie einen Düsseldorfer Verbandswagen, der vor 50 Jahren auf der Linie 1 nach Rath unterwegs gewesen war. Als wir schließlich um 17 Uhr rausgeschmissen wurden, befragte uns einer der Aufseher wegen unserer Barfüßigkeit und war sichtlich beeindruckt. Es ergab sich ein Gespräch, welches schließlich durch die energische Intervention seiner Kollegin, die unbedingt Feierabend machen wollte, abgebrochen wurde. Danach fuhren wir noch in die Innenstadt, wo Ulrich die Gleisanlagen der Straßenbahn am Sendlinger Tor sehen wollte, und begaben uns unter Besichtigung der etwas versteckt liegenden, barokken Asamkirche zum "alten Peter" und nach dessen Besichtigung zum Marienplatz, wo sich unsere Wege trennten.

Am Mittwoch stieg ich schon sehr früh in die S- Bahn Richtung Freising, weil ich mit Jay zum Frühstück im Kaufland- Park, welches ihm, wie er oft sagte, den Tag stets auf angenehme Weise eröffnet, verabredet war. Wir frühstückten also gemütlich und ausgiebig zusammen, und um 10.07 Uhr standen wir wieder am Bahnhof, um Ulrich und Leo zu empfangen. Jay zeigte ihnen die Freisinger Innenstadt mit dem Marienplatz. Anschließend fuhren wir nach Weihenstephan zu "Jay's kleinem Paradiese", welches freilich nur am späten Vormittag seine ganz besondere stimmung entfaltet. Glücklicherweise schien auch die Sonne, nur die Fernsicht war leider eher bescheiden. Danach wollte Jay uns ins Bräustüberl lokken, was ihm nur bei mir gelang, während Leo und Ulrich darauf bestanden, zum Dom zu laufen. So wurde es leider nix mit Essen im Bräustüberl, und wir beiden (Jay & ich) konnten nur zu Jay's 4rad laufen und damit zum Domberg fahren. Nach kurzer Besichtigung des Domes ging es dann in Jay's vollklimatisierten 4rad der Luxusklasse, welches zum Teil mit über 200 km/h fast geräuschlos über die Autobahn glitt, zum Kloster Weltenburg an der Donau, wo wir uns erstmal zu einem reichlichen Mittagessen mit Klosterbier (vom perfekten Gastgeber Jay spendiert) niederließen.
Danach besichtigten wir die barokken Anlagen und bestiegen schließlich ein Schiff, welches uns durch den Donaudurchbruch stromab nach Kelheim brachte. Die Landschaft mit ihren hohen und teilweise bizarren Felsen, welche phantastische Namen tragen und um die sich sagen und Legenden ranken, war grandios und wunderschön. In Kelheim erregten zwei unmittelbar Kirchen, von denen die eine (die ehemalige Franziskanerkirche) breit und fett war, aber nur einen ömmeligen Dachreiter trug, die andere (die ehemalige Pfarrkirche)dagegen nur klein und mickrig, aber mit einem hohen Turm versehen, meine Aufmerksamkeit. Wie die Bezeichnung "ehemalig" anzeigt, arbeiten beide Kirchen seit der Säkularisierung im Jahre 1803 nicht mehr, sondern wurden eine Zeitlang als Lagerhäuser genutzt und beherbergen heute ein Orgelmuseum. Da wir die einzigen Besucher waren, ließ uns der Pförtner gegen einen kleinen Obolus, den ir in den Opferstock warfen, hinein, und Jay erkundigte sich als ehemaliger Organist sogleich kenntnisreich und fachmännisch nach den Orgeln. Dann ließ er sich einen Orgelschlüssel geben und erfreute uns mit einem virtuosen Orgelkonzert, welches mit "Großer Gott, wir loben dich" begann und sich mit französischen und amerikanischen Weisen fortsetzte. Obwohl ich eigentlich nicht auf Orgelmusik "stehe", war es ein wahrer Ohrenschmaus. An dieser Stelle sei erwähnt, daß Jay schon vor Jahren eine CD mit Orgelmusik produziert hatte. Alle Stükke hatte er seinerzeit barfuß gespielt, wie auch am Mittwoch. Im Herbst wird eine Neuauflage seiner CD erscheinen; des weiteren ist eine Rock- CD von Jay geplant.
Anschließend gingen wir noch ein bißchen in Kelheim, das ein sehr romantisches Stadtbild (wie in München mit einer goldenen Mariensäule auf dem zentralen Platz) hat, spazieren, unter anderem ein Stück entlang eines alten Kanals, fuhren mit dem letzten Schiff zurück nach Weltenburg, wo wir noch ein bißchen am Ufer der Donau verweilten, und begaben uns schließlich wieder nach Freising, wo sich am Bahnhof die Wege trennten. Ein wunderschöner Tag war zu Ende gegangen, für den ich mich vor allem bei Jay bedanke:
für das Essen, für die Fahrt und für das Orgelkonzert.

Barfüßige Sommergrüße,
Markus U.


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