Einfach zu erklären! (Hobby? Barfuß! 2)

Mike, Monday, 23.04.2007, 14:21 (vor 6426 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

Wer erstmalig in einer Stadt ist, noch dazu barfuß, und vor dem Eingang des Bahnhofs einer Gruppe besoffener Skinheads begegnet, die einem Flaschen vor die Füße werfen, dann wird er es schwer nachvollziehen können, daß diese Stadt allgemein barfußtolerant ist. Solange mich Leute nicht tätlich angreifen, sondern nur pöbeln, dann sind sie mir lieber, als wenn sie scheinbar nichts machen und hinter meinem Rücken die Polizei rufen.<

Dazu möchte ich sagen, dass nicht die Städte tolerant oder intolerant sind, sondern die Menschen sind es. Was das betrifft, konnte ich in den letzten 20 Jahren eine Art "Paradigmenwechsel" beobachten. War es z.B. vor Jahren noch ein absolutes "no go", sich mit Badelatschen über das kultivierte Großstadtpflaster zu bewegen, gehören heutzutage Flip-Flops im Sommer schon zum normalen Straßenbild. Das hat sicher mit dem Trend zu einem gesteigerten Körperbewusstsein zu tun; auch Tätowierungen sind heutzutage salonfähig, wogegen sie früher beim Betrachter höchstens Knast-Konnotationen erweckten. Es gibt dagegen aber Orte, die ich selbst schuhetragend nicht aufsuchen möchte, wie etwa die von dir erwähnten (Skinhead-)Bahnhofeingänge. Das ist natürlich kein barfußspezifisches Problem, obschon das Fehlen der Schuhe natürlich als Anlass für Pöbeleien dienen kann. Wer Streit sucht, findet jedoch immer einen Anlass dafür!

Hast Du den Eindruck, als ob die Allgemeinheit so denkt, oder ist das Deine persönliche Meinung? Ich finde es jedenfalls verwerflich, wenn Leute der Meinung sind, daß nur "Schönlinge" ungestört barfuß laufen dürfen, egal an welchem Ort. Es wäre ein Skandal, wenn ein Sportler barfuß ungeschoren in Restaurants, Museen reinkommt, während ein weniger sportlicher Mensch in GLEICHER Kleidung abgewiesen wird, nur weil er braune Fußnägel, weiße Beine, Krampfadern oder ein steifes Bein hat. Das ist Intoleranz sondergleichen. Barfußlaufen muß jedermann unabhängig von der Figur gleichermaßen offen stehen.<

Dein Wort in Gottes Ohr! Es ist natürlich nicht meine Meinung. Nur leider ist die Realität nicht immer politisch korrekt, denn die menschliche Wahrnehmung orientiert sich für gewöhnlich nicht an derartigen Wertemaßstäben. Grundsätzlich steht Barfußlaufen auch jedermann gleichermaßen offen, so wie auch das Reisen per Anhalter, und doch werden hier die Menschen höchst ungleich behandelt. Du kannst keinen Autofahrer wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verklagen, nur weil er statt dir lieber eine junge hübsche Frau mitfahren lässt ;) Das ist nicht Intoleranz, sondern menschliche Psychologie.

Das stimmt auch nicht immer. Vor meiner Barfußzeit wurde ich auch schon in einem Freibad (kein gebührenpflichtiges Bad, sondern eine jederzeit öffentlich zugängliche Badeanlage am Aabach bei Boniswil) bekam ich auch schon Ärger mit der Polizei, es war im August. Spießige Anwohner hatten sich beschwert, daß ich, obwohl nicht in der Nähe wohnend, häufiger am Wochenende dort angetroffen wurde, wenn Badewetter war. Die Polizisten konnten auch nicht begreifen, daß ich gut 30 km mit dem Velo an einen Ort zum Baden fahre, das wäre nicht normal. Das Argument, das andere Menschen sogar mit dem Flugzeug in Badeferien fahren, ließen sie nicht gelten. Die Beamten meinten: "Dieser Badeplatz ist öffentlich. Da gegen Sie nichts konkretes vorliegt, können wir sie nicht wegweisen. Aber gehen Sie in Zukunft anderswo zum Baden, wir werden es kontrollieren." Ich fuhr tatsächlich in dem Jahr nicht mehr dorthin, allerdings aus anderen Gründen. Erst im nächsten Jahr tat ich es wieder. Und ich mache es auch jetzt noch, jetzt reise ich sogar barfuß an. An dieser Stelle bekam ich aber nie mehr Ärger mit den Polizeischergen.<

Wenn das so stimmt, wie du es schreibst, wäre das wirklich ein Skandal. Jedenfalls habe ich so etwas noch nie erlebt. Warum sollte jemand die Polizei rufen, nur weil du dich an einem Ort aufhältst, ohne in der Nähe zu wohnen. Vielleicht könnte hier eine Aussprache helfen oder du fragst die Leute einfach, wovor sie sich fürchten. Zu einem Badesee in meiner Nähe kommen oft Leute aus einem benachbarten Bundesland angereist, und wenn ich Lust habe, fahre schon mal mit dem Fahrrad 50 km bis zum nächsten Freizeitzentrum. Mit der Polizei hatte ich deshalb aber noch nie Probleme.

Komm doch mal nach Österreich, da wird dir so etwas wohl kaum passieren denke ich. Oder vielleicht wohnst du ja nur am falschen Ort ;)

Grüße von Mike


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