Barfüßer in der Jetztzeit im Raum Schaffhausen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 17.04.2007, 09:46 (vor 6367 Tagen)

Samstag, 14.3.2007, 150-jähriges Bestehen der Rheinfallbahn:
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Ich habe schon öfters die Erfahrung gemacht, daß man tagsüber kaum Barfüßer beobachtet, diese sich dann aber "explosionsartig" vermehren. So auch an diesem Tag. Leo war der erste, der mir begegnete. Als ich Schaffhausen kurze zeit später mit dem Zug verließ, konnte ich sehen, wie sich einige Leute barfuß (und teilweise nur in Badekleidung) am Rheinufer sonnten. Dann die barfüßigen Kinder am Bahnhof Dachsen in historischer Kleidung. Zwei Mädchen, die auf einem Spielplatz barfuß wippten. Auf dem Bahnhof von Neuhausen, wo die geführte Wanderung endete, waren zwei Kinder barfuß. Als ich in Schaffhausen ankam, ging ein junger Mann barfuß über den Bahnsteig in Richtung Bushaltestelle. Ein Junge fuhr barfuß in Begleitung der beschuhten Eltern und älteren Geschwister. mit dem Zug von Neuhausen nach Henggart. Bei den Bahnhofsfesten in Hettlingen und Henggart, wo ich danach war, hielten sich nicht nur Kinder barfuß auf dem Festgelände auf, auch eine junge Frau, die als Kellnerin Dienst tat, war barfuß und trug dazu schwarze Schlaghosen. In Henggart wurde ich übrigens gefragt, ob es barfuß nicht zu heiß sei. Dann die Barfüßer in Andelfingen. In Dachsen waren nicht nur die Kinder in historischer Tracht barfuß, sondern auch eine erwachsene Frau.

Von Dachsen wollte ich noch ein drittes und letztes Mal barfuß nach Neuhausen wandern. Auch hier spielte ein Mädchen barfuß auf der Straße. Als ich Schloß Laufen erreichte, ging ich durch den Schloßhof. Da sah ich, daß das Kassenhäuschen zum Rheinfall geschlossen war, jedoch der Zugang dazu noch offen. Also ging ich die Steintreppen hinunter, zunächst in eine Art Höhle. Vor mir ging eine Menschengruppe, vermutlich Inder. Die Männer trugen feste Schuhe, die einzige Frau der Gruppe dagegen Sandalen. In dieser Höhle war stand ein Teil des Bodens unter Wasser. Während die Männer versuchten, sich vorsichtig um die Pfütze zu bewegen, ging die Frau mit ihren Schlappen direkt da durch. "Wonderful", sprach sie. Sie hatte recht. Sogar ohne Schlappen war es angenehm, wenn das Wasser rheinischen Ursprungs die Füße benetzt. Sämtliche Inder lächelten während ich barfuß durch das Wasser ging.

Ich ging weiter zum schönsten Aussichtspunkt. Hier waren zwei Kinder barfuß, ein Junge und ein Mädchen. Beide trugen dazu lange Jeans und Wollpullover. Besonders der Knabe starrte immer auf meine Füße. Warum gerade dorthin? Ausgerechnet an die einige Stelle meines Körpers, die bei mir nicht winterlicher gekleidet ist als bei ihm? Auch die fett beschuhten Eltern grinsten, wobei sich das Grinsen vermutlich nicht auf mich bezog, sondern auf das Verhalten ihres Sohnes. Diese Familie verließ eher den Aussichtspunkt als ich. Als ich auch den Ort verließ um auf der Eisenbahnbrücke den Rhein zu überqueren, sah ich, wie die Familie Richtung Parkplatz verschwand, die Kinder immer noch barfuß.

Als ich den Bahnhof Neuhausen erreichte, mußte ich noch ca. 5 Minuten auf den nächsten Zug warten. Zwei weibliche Teenager kamen auf den Bahnsteig. Das eine Mädchen trug ein Top, das nur aus wenig Stoff bestand, dazu eine lange Jeans und gefütterte Stiefel. Das andere einen dicken Wollpullover, einen Minirock und war barfuß. Man könnte fast meinen, die beiden hätten teilweise ihre Klamotten getauscht. Sie warteten auf die selbe Bahn wie ich. Jedoch wollten sie nicht mitfahren, sondern sie erwarteten eine Freundin, mit der sie zusammen den Bahnhof verließen.

Ich aber wollte nach Schaffhausen, wo mir noch eine gute Stunde Zeit bis zur definitiven Abreise blieb. Zwar war es mittlerweile derart abgekühlt, daß ich wieder ein leichtes Träger-T-Shirt trug, jedoch mit einer Frage habe ich nicht gerechnet: "Ist es nicht zu kalt, barfuß?" Die Frau sprach hochdeutsch mit eine Akzent, den ich für sächsisch hielt. Aufgepeppte Teenager kicherten, als sie mich sahen. Und ein Besoffener rief mir nach: "Kauf dich doch ein mal ein paar Schuhe!" Öfter hörte ich auch, wie Leute das Wort "barfuß" tuschelten, während ich durch die Altstadt ging. Das ist doch irgendwie merkwürdig. Kurze Zeit vorher kaum Reaktionen, und nun öfters. Liegt es daran, daß Schaffhausen eine Stadt ist, während das andere "Land" ist. Oder liegt es daran, daß es irgendeine "kritische Temperatur" gibt, unter der man nicht barfuß läuft, und diese war vorher gerade überschritten, jetzt aber nicht mehr. Oder war es einfach ein anderes Publikum. Tagsüber trifft man barfußtolerantere Leute als abends in der Stadt? Ich weiß es nicht. und im Grunde genommen stören mich solche Bemerkungen nicht, solange man mich nicht tätlich angreift oder noch schlimmer: solange man mich nicht den Polizeischergen ausliefert. Aber das geschah nicht.

21.46 Uhr saß ich in der S33 nach Winterthur. In Henggart betraten 2 Jungen den Zug. Sie schienen nichtschweizerischer Herkunft zu sein, konnten aber deutsch. Als sie mich sahen versteckten sie sich hinter einer Bank und schielten immer um die Ecke. Nach einiger Zeit fragte einer: "Ist es Ihnen nicht peinlich?" Wieso peinlich?" "Sie tragen keine Schuhe - wie eine Frau!" "Dürfen Männer denn nicht barfuß laufen?" Schweigen. "Einem Schotten ist es auch nicht peinlich, wenn er einen Rock trägt. Er schert sich einen feuchten Kehricht darum, ob andere das für Frauenkleidung halten oder nicht."

In Winterthur verließen wir den Zug. Einer der Jungen wollte noch wissen, wo ich in der Aufmachung hin wollte, was ich auch erzählte. Auf einem Bahnsteig war eine junge Frau barfuß, ihre Schuhe standen neben den Koffern. Ich fuhr mit dem Intercity bis Olten. Als dieser Zug am Zürcher Hauptbahnhof Kopf machte, lief vermutlich eine Frau barfuß über den Bahnsteig. Oder trug sie kaum sichtbare Schlappen. Beim Tragen von Schlaghosen ist es nicht immer auf Anhieb erkennbar. Als ich kurz vor Mitternacht Zofingen erreichte, war es immer noch 13°C.

Im ganzen hat mir der Tag gefallen, auch wenn ich mir einen Muskelkater und geschwollene Füße geholt hatte, was ich aber erst am nächsten Tag bemerkte. Wer hätte das gedacht, an einem Tag soviel unterschiedliche Dinge auf engstem Raum erlebt zu haben. Und die unterschiedlichsten Personen; Barfüßer, ein Bundesrat, viele Polizisten, und alle blieben friedlich.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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