Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen (Hobby? Barfuß! 2)

Kamel Leon, Stammposter, Wednesday, 04.04.2007, 11:05 (vor 6446 Tagen)

Wie wir hier ein Stück weiter unten gelesen haben, sind Friseusen wohl tendenziell eher barfuß-kritisch eingestellt.

Zu den barfuß-toleranten Berufsgruppen gehören dagegen nach meiner Erfahrung die Pfarrer. Unser Pfarrer traf mich neulich an einem sonnigen, aber kühlen Samstag Vormittag barfuß in der Stadt an und erzählte von einer Bekannten, die mal in Tibet war, dass die Leute in Tibet auch barfuß gehen und die Kälte dort gut vertragen.
Dass er so reagierte, hat mich geradezu beflügelt: Es machte mir überhaupt nichts mehr aus, als ein junger Mann mich kurz darauf in der Fußgängerzone fassungslos anstarrte, denn ich wusste nun: Ich bin nicht allein! In Tibet machen sie's auch so. :-)

Ein anderer Pfarrer sagte mir, dass die Mönche im Mittelalter ja auch barfuß gingen.

Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen

Michael aus Zofingen, Stammposter, Wednesday, 04.04.2007, 18:39 (vor 6445 Tagen) @ Kamel Leon

Hallo Kamel Leon,

selbstverständlich kann man nicht alle Leute über einen Kamm scheren. Das gleiche gilt auch für Leute mit gleichen Berufen in Sachen Barfußtoleranz bzw. Barfußintoleranz. Und es gibt sicher auch Personen, die je nach Situation mal mehr und mal weniger tolerant sind.

Leute mit niedriger Qualifikation, die vielleicht irgendeiner "Dreckarbeit" nachgehen, sind sicher häufig barfußintolerant, und das zu jeder Zeit, egal ob im Zug, auf der Straße usw.

Ich vermute, daß diejenigen Museumswärter, die in Museen, in denen es kein genereller Barfußverbot gibt, aus eigenem Antrieb einen barfüßigen Besucher rauswerfen, auch außerhalb ihrer Dienstzeit barfußintolerant sind.

Ein barfußkritischer Polizist würde aus eigenem Antrieb einen Barfüßer kontrollieren und alles versuchen, um irgendeine Straftat aufzuspüren (und das selbst außerhalb des Dienstes), während ein barfußtoleranter Polizist nur dann kontrolliert (und höflich bleibt), wenn irgendein Spießer (oder ein besorgter Mensch) die Polizei eingeschaltet hat.

Friseusen mögen (entgegen meiner Erfahrung) vielleicht aus Haftungsgründen besorgt sein, aber außerhalb des Ladens wohl eher barfußtolerant sein.

Pfarrer sind gegenüber Barfüßern positiv eingestellt, zumindest solange sie nicht so in die Kirche gehen (wobei sie im Gegensatz zu Domschweizern weniger schroff reagieren).

Ein Supermanager, der am liebsten auch privat noch Schlips und Kragen trägt, ist vermutlich barfußintolerant seinen Mitarbeitern gegenüber (auch außerhalb von Arbeitsplatz und Arbeitszeit), aber er würde einen wildfremden Menschen auf der Straße nicht anpöbeln. Und sollte dieser Mann erster Klasse Bahn fahren (oder fliegen) und irgendein Barfüßer (womöglich noch einer in kurzen Hosen) besitzt die Unverfrorenheit, sich neben ihn zu setzen, dann beschwert er sich vielleicht beim Zug- oder Flugpersonal.

Wer selber nie barfuß läuft, jedoch barfußtolerant ist, muß noch lange nicht in allen Belangen (Religion, Rasse, Kleidung usw.) tolerant sein. Und andererseits gibt es Menschen, die selber nie rauchen, sich jedoch nicht aufregen, wenn im Nichtraucherabteil einer eine nach der anderen raucht, dem dafür aber beim Anblick eines Barfüßers gleich der Kragen platzt.

Du siehst, die Sache ist gar nicht so einfach. Und das ist gut so! Es wäre doch traurig, wenn man Leute aus Fleisch und Blut einfach schubladisieren könnten wie eine Ware.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen

Markus U., Stammposter, Thursday, 05.04.2007, 07:58 (vor 6445 Tagen) @ Kamel Leon

Hi!

Zu den barfuß-toleranten Berufsgruppen gehören dagegen nach meiner Erfahrung die Pfarrer. Unser Pfarrer traf mich neulich an einem sonnigen, aber kühlen Samstag Vormittag barfuß in der Stadt an und erzählte von einer Bekannten, die mal in Tibet war, dass die Leute in Tibet auch barfuß gehen und die Kälte dort gut vertragen.
Dass er so reagierte, hat mich geradezu beflügelt: Es machte mir überhaupt nichts mehr aus, als ein junger Mann mich kurz darauf in der Fußgängerzone fassungslos anstarrte, denn ich wusste nun: Ich bin nicht allein! In Tibet machen sie's auch so. :-)
Ein anderer Pfarrer sagte mir, dass die Mönche im Mittelalter ja auch barfuß gingen.

Ich kann diese Einschätzung nicht bestätigen, denn bei meinem orthodoxen Pfarrer (zu dem ich im übrigen ein gutes Verhältnis habe) wäre barfüßiger Altardienst undenkbar. Ich bin in der orthodoxen Kirche als Altardiener tätig und habe anfangs eine Zeitlang sokkenlos in Sandalen gedient, bis er es mir eines Tages verbot und mich anwies, geschlossene Schuhe zu tragen. Seitdem trage ich in der Kirche zumeist schwarze Sabots, manchmal auch Loafers (natürlich sokkenlos), und gut is. Er selbst trägt bei sich daheim nur Hausschuhe mit Sokken.
Was schließen wir daraus? Es gibt in fast jedem Beruf Menschen, die barfußfreundlich oder barfußfeindlich eingestellt sind (wobei ich einen barfußfreundlichen Schuhmacher freilich schon etwas paradox fände).

Bafüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.

Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen

Engel, Stammposter, Thursday, 05.04.2007, 13:13 (vor 6444 Tagen) @ Markus U.

(wobei ich einen barfußfreundlichen Schuhmacher freilich schon etwas paradox fände).

Hi Markus,
mein Nachbar findet schon den Beruf Schuhmacher (er war selber einer) in der heutigen Zeit paradox, da die Reparatur eines Schuhs meist den eigentlichen Wert übersteigt. Er ist übrigens ein barfußfreundlicher Schuhmacher. Komme sehr gut mit ihm aus. Er läuft auch bei warmem Wetter oft ohne Schuhe. Ich fragte ihn mal warum er BF läuft, darauf hin meinte er, er möchte in seiner Freizeit seine Arbeit nicht sehn :-). Er ist halt n lustiger Kauz.

Barfüßige Grüße von Engel

Barfußfreundliche Schuhmacher

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 05.04.2007, 17:35 (vor 6444 Tagen) @ Engel

Hallo Engel,

mein Großvater war Schuhmacher, leider ist er früh gestorben, so daß ich mich nicht mehr an ihn erinnern kann (wohl aber an seine Werkstatt). Angeblich hat er immer gesagt, daß es nichts gesünderes gäbe als barfuß laufen. Ich glaube aber nicht, daß er selber barfuß lief oder gar barfuß schusterte. Oder tat er es nur deswegen nicht, weil meine Großmutter das Sagen hatte?

Sicher ist nur, daß seine Arbeit nur zum Dahinvegetieren reichte. Mein Vater, der selber das Schuhmacherhandwerk erlernte, hatte nie vor, die Werkstatt seines Vaters zu übernehmen, sondern was "richtiges" aufzubauen. Dazu kam es aber nicht, er ging ins Baugewerbe.

Er selber kann es nachvollziehen, wenn ich in meiner Wohnung barfuß laufe. Er findet es sogar gut, wenn ich an geführten Barfußwanderungen teilnehme. Nicht gut findet er jedoch, wenn ich barfuß Fahrrad fahre oder mit der Bahn zu Barfußtreffen gleich barfuß anreise.

Daß ich auch im Winter in der Freizeit "nicht immer Schuhe trage", weiß er übrigens nicht. Warum soll ich ihm es auch erzählen, wenn er nicht danach fragt. Bei den wenigen Malen, die wir uns sehen, telefonieren oder brieflich korrespondieren, gibt es wirklich wichtigere Dinge, über die man reden/schreiben kann als ausgerechnet über die natürlichste Art, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen. Mich würd es ja auch ankotzen, wenn einer mir ungefragt etwas über Fußball, Tennis, Ereignisse im britischen Königshaus usw. erzählt. Das interessiert mich nämlich einen feuchten Kehricht.

Schöne Ostergrüße

Michael aus Zofingen

Barfußfreundliche Schuhmacher

Engel, Stammposter, Friday, 06.04.2007, 12:12 (vor 6444 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Engel,
mein Großvater war Schuhmacher, leider ist er früh gestorben, so daß ich mich nicht mehr an ihn erinnern kann (wohl aber an seine Werkstatt). Angeblich hat er immer gesagt, daß es nichts gesünderes gäbe als barfuß laufen. Ich glaube aber nicht, daß er selber barfuß lief oder gar barfuß schusterte. Oder tat er es nur deswegen nicht, weil meine Großmutter das Sagen hatte?

Das mit der Großmutter kann schon sein. Mein Nachbar läuft auch erst BF seit seine Frau gestorben ist.

Sicher ist nur, daß seine Arbeit nur zum Dahinvegetieren reichte. Mein Vater, der selber das Schuhmacherhandwerk erlernte, hatte nie vor, die Werkstatt seines Vaters zu übernehmen, sondern was "richtiges" aufzubauen. Dazu kam es aber nicht, er ging ins Baugewerbe.

Ja, mit dem Job war wohl noch nie viel Geld zu machen, außer man ist Hoflieferant bei irgend nem König oder italienischer Modedesigner :-).

Er selber kann es nachvollziehen, wenn ich in meiner Wohnung barfuß laufe. Er findet es sogar gut, wenn ich an geführten Barfußwanderungen teilnehme. Nicht gut findet er jedoch, wenn ich barfuß Fahrrad fahre oder mit der Bahn zu Barfußtreffen gleich barfuß anreise.
Daß ich auch im Winter in der Freizeit "nicht immer Schuhe trage", weiß er übrigens nicht. Warum soll ich ihm es auch erzählen, wenn er nicht danach fragt. Bei den wenigen Malen, die wir uns sehen, telefonieren oder brieflich korrespondieren, gibt es wirklich wichtigere Dinge, über die man reden/schreiben kann als ausgerechnet über die natürlichste Art, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen. Mich würd es ja auch ankotzen, wenn einer mir ungefragt etwas über Fußball, Tennis, Ereignisse im britischen Königshaus usw. erzählt. Das interessiert mich nämlich einen feuchten Kehricht.

Ich seh das so, wenn er nicht darüber redet hat er es akzeptiert. War bei meinen Eltern und bei uns im Dorf auch so. Anfangs kamen immer so Sprüche wie "zieh Dir endlich mal Schuhe an" und andere, doch nach einem Jahr hat sich das gelegt. Bei uns Schwaben heißt es ja auch "kein Anschiß ist auch ein Lob". Also ist nichts zu sagen auch keine Kritik sondern eher ne Art von Akzeptanz.

Ebenfalls schöne Ostergrüße vom Rand des Schwarzwaldes, Engel

Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen

streetwalker @, Tuesday, 10.04.2007, 00:45 (vor 6440 Tagen) @ Markus U.

laut wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nacktheit "erlaubt die katholische Tradition ausdrücklich den barfüßigen Kirchenbesuch und sogar Kommunionsempfang, solange damit keine Provokation beabsichtigt ist oder bewirkt werden kann."

Barfuß-kritische und barfuß-tolerante Berufsgruppen

Markus U., Stammposter, Tuesday, 10.04.2007, 22:45 (vor 6439 Tagen) @ streetwalker

laut wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Nacktheit "erlaubt die katholische Tradition ausdrücklich den barfüßigen Kirchenbesuch und sogar Kommunionsempfang, solange damit keine Provokation beabsichtigt ist oder bewirkt werden kann."

Das mag wohl sein, aber da ich im Sommer 1998 vom römisch- katholischen zum orthodoxen Glauben konvertiert bin, ist die katholische Tradition für mich seitdem nicht mehr maßgeblich, und bei den Orthodoxen ist ein barfüßiger Kirchenbesuch sehr ungewöhnlich - ich habe so etwas noch nie gesehen.

Barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.

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