Barfuß auf dem alten jüdischen Friedhof in Bonn (Hobby? Barfuß! 2)
Nach den ersten paar barfüßigen Schritten des Jahres habe ich gestern den ersten längeren Ausflug gemacht. Ich parkte auf der Sonnenseite Bonns am Rheinufer, nahe der Doppelkirche Schwarzrheindorf, und spazierte gemütlich Richtung Nordbrücke. Eine Frühlings-Fotosafari stand mir im Sinn.
Vor der Brücke befindet sich rechts unterhalb des Deiches der alte, jüdische Friedhof. Uralte Grabsteine, teilweise halb eingesunken, verfallen und unleserlich. Einige andere erstaunlich gut erhalten mit hebräischen Inschriften. Das ganze Gelände verwildert, es wachsen Efeu, Moos und viele blühende Wildblumen. Kein Schotter, pure, eingezäunte Natur.
Am Eingang ein kleines Schild, das die Männer bittet, eine Kopfbedeckung zu tragen. Ich fühle mich mit den nackten Füßen keineswegs fehl am Platz. Ganz im Gegenteil war es ein sehr besinnliches, andächtiges Gefühl unter den Sohlen, und ich bewegte mich langsam und vorsichtig. Besonders im alten Teil war es so still wie man es neben einer Autobahnbrücke kaum vermuten würde.
Einige Zeit nach mir betrat ein älterer Herr den Friedhof, schaute hier, bückte sich da. Er trug keine Kopfbedeckung und machte einen eher geschäftigen denn besinnlichen Eindruck. Dennoch schlug ich große Bögen um ihn, ich wollte ihn nicht bei seinem Tun stören. Dass er sich an meinen nackten Füßen würde stören können kam mir erst in den Sinn, als er auf mich zusteuerte während ich im Begriff war, den Friedhof zu verlassen.
Er sprach mich freundlich und sehr leise an, welches Interesse ich an diesem Friedhof hätte. Er wolle mir ein Buch empfehlen. Und welche Gräber ich denn fotografiert hätte, ob er das wissen dürfe. Es war ein sehr sympathisches Gespräch. Er kümmert sich im Rahmen des Naturschutzes um die wilden Blumen, die dort wachsen. Es wären einige seltene Exemplare dabei, die versucht er, vor den Kaninchen zu schützen. Die Stadt Bonn würde sich um diesen Friedhof leider gar nicht kümmern, immerhin hätte er schon erreicht, dass sie die Wildblumen nicht mehr einfach zur Blütezeit abmähen. Bis er uralt wäre würde er sich auch weiterhin kümmern...
Nach diesem sehr sympathischen Gespräch wanderte ich noch ein wenig durch die Wiesen. An einer Brücke "vercrosste" ich das Barfuß-Buch, natürlich mit einem Flyer von Lorenz drin.
Schon fast am Auto kam mir ein junges Paar entgegen, leger und sehr schwarz gekleidet, er mit langem Haar, zum Zopf gebunden. Ich bekam folgenden Dialog mit:
Sie [sehr leise]: "Guck mal, die ist schon barfuß!"
Er [deutlich lauter und betont]: "Find ich gut!!"
Im Auto wurden die Füße kribbellebendig und ich fühlte mich insgesamt irgendwie "geradegerückt". Ade, ihr Rückenbeschwerden - die Barfußsasion hat endlich auch für mich richtig begonnen!