Wiedererkannt (Hobby? Barfuß! 2)
"Es ist doch schön, dass die Polizei in Calw offensichtlich von einer gewissen Intelligenz ist. In Zofingen dagegen scheint man einen einmal kontrollierten Barfüßer ja stets schnell wieder zu vergessen, um ihn dann immer wieder kontrollieren zu können. "
Hallo Ulrich,
ich bin schon mehrfach mit dem Fahrrad durch Calw gefahren, und zwar immer im Zusammenhang mit dem Besuch bei einem Bekannten in Sinsheim. Bei den letzten Besuchen fuhr ich jedoch anders, so daß ich noch nie barfuß dort war. Zuletzt war ich etwa vor 10 Jahren dort. Ich habe Calw (genauso wie Nagold und Horb, die ebenfalls auf der Strecke lagen) als hübsche Kleinstädte in Erinnerung. Bei Calw fiel mir weiterhin auf, daß direkt vor den Toren der Altstadt ein moderner Bahnhof (besser: eine Haltestelle) errichtet war, während der "richtige" Bahnhof abseits der Stadt stillgelegt war. Ob es in Zukunft wieder möglich sein wird, ohne Umsteigen vom Stuttgarter Hauptbahnhof nach Calw (und umgekehrt) zu kommen, indem man das stillgelegte Stück zwischen Weil DER Stadt und Calw reaktiviert? Dann kann man ja schnell mit der S-Bahn dem barfußfeindlichen Calwer Gesocks entrinnen und sich im barfußfreundlichen Stuttgart "austoben".
Da ich tagsüber durch Calw fuhr, ist mir auch kein Gesocks aufgefallen, oder war Calw vor 10 Jahren noch nicht so überfremdet? Ärger mit der Polizei hatte ich dort auch nicht, obwohl ich zwar nicht barfuß, aber immerhin in kurzen Hosen und Sandalen (oder waren es Turnschuhe?) ohne Socken unterwegs war. Viele Polizisten sind ja gegenüber Trägern von kurzen Hosen noch intoleranter als gegenüber Barfüßern. Sogar in Stuttgart (genauer: Bad Cannstatt), wo Barfüßer keinen Seltenheitswert haben, wurde ich mal von Polizisten kontrolliert, als ich an einem Pfingstmontag in kurzen Hosen mein Velo durch die Cannstatter Altstadt schob. Die Kontrolle fand übrigens am "Trollplatz" statt.
Wieso werden in Zofingen (anders als in Calw) Barfüßer (oder zumindest ich) immer wieder kontrolliert? Das hat mehrere Gründe. Einmal herrscht in der Schweiz weniger Polizistenamangel als in Deutschland (aus Sicht eines Spießers) bzw. die Schweiz ist stärker überbullt als Deutschland (aus Sicht eines freien Bürgers), so daß die Wahrscheinlichkeit größer ist, einem Beamten zu begegnen, der einen noch nicht kennt. Zum anderen liegt Zofingen im Kanton Aargau, jedoch sind der Kanton Solothurn, Luzern und Bern nicht weit. Jeder Kanton hat eine eigene Polizei, weiterhin gibt es verschiedene Regional- und Ortspolizeien. Da kann man leicht verschiedenen Polizeiinstituationen auf engstem Raum begegnen. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Polizeien ist nicht gerade vorbildlich, es gibt viele Doppelspurigkeiten. Laut Polizeigesetz dürfen Daten, die straf- oder zivilrechtlich nicht relevant sind, nicht so einfach weitergegeben werden. Barfußlaufen ist in der Schweiz ebenso wie das Tragen von kurzen Hosen NICHT verboten. Wenn etwa ein Barfüßer kontrolliert wird und sich herausstellt, daß es sich bei dem kontrollierten Barfüßer um keine gesuchte Person handelt, dann DARF die Polizei die Daten nicht speichern oder gar an andere weitergeben. Sie "MUSS" quasi "vergessen", daß mal einer barfuß kontrolliert wurde. Wenn etwa ein Polizist einen Barfüßer kontrolliert und nach Nachforschungen über Funk ganz nebenbei sagt: "Sie sind ja schon häufiger barfuß aufgefallen", dann kann man - theoretisch - gegen die Polizei wegen illegalen Speichern von Daten gerichtlich vorgehen. Aber halt nur theoretisch. Denn man benötigt einmal glaubwürdige Zeugen, oder man muß Schweizer "Datenschutzlobbyisten" wie H.-P. Thür hinter sich haben. Ich befürchte, daß ein Versuch, gegen Polizisten und andere Behörden gerichtlich vorzugehen, nur weil man sich als Barfüßer ungerecht behandelt fühlt, nach hinten losgehen kann, ebenso wie bei Museen, Restaurants usw.
Museen und Restaurants können aufgrund von "Hausrecht" ein Barfußverbot erlassen. Ein totalitärer Staat kann das natürlich auch. Ein demokratischer Rechtsstaat natürlich nicht so ohne weiteres. Ich weiß nicht, ob ein Gericht im Einzelfall einer Person das Barfußlaufen verbieten (oder auf bestimmte Jahreszeiten limitieren) darf. Überraschen würde mich das nicht. In der Schweiz darf ja eigentlich jeder Schweizer Bürger, der nicht straffällig ist, seinen Wohnsitz frei wählen. Trotzdem gibt es Gerichtsurteile, daß ein Elternteil nach einer Scheidung einen neuen Wohnort zu nehmen hat, der eine Mindestentfernung vom anderen Elternteil entfernt liegt. Dadurch soll sicher gestellt werden, daß das Kind den "anderen" Elternteil nur während der festgelegten Besuchszeiten, nicht aber heimlich zwischendurch, zu Gesicht bekommt.
Ein Gericht, das derart menschenverachtende Urteile fällt, halte ich auch für fähig, bestimmten Personen das GRUNDRECHT auf "Leben auf freiem Fuß" zu beschneiden.
Gegenwärtig rieselt auch hier - um die Jay'sche Ausdrucksweise zu verwenden - die weiße Sch. vom Himmel, die Dächer auf dem Fabrikareal sind weiß überzuckert.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen