Barfuß als Gesprächsstoff im fett beschuhten Rahmen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 19.03.2007, 10:54 (vor 6462 Tagen)

Letzte Woche hatte ein Chemiker seinen letzten Arbeitstag in der Firma, und zu diesem Zweck hatte er seine Noch-Kollegen zu einem Umtrunk in einem Gebäude auf dem Firmenareal eingeladen. Ich kämpfte noch mit mir selbst, ob ich der Einladung folgen sollte (was eine Verlängerung der Schuhtragezeit an diesem Tag mit sich führen würde) oder ob ich das Wetter noch für barfüßige Dinge ausnutzen sollte. Ich entschied mich für den Kollegen.

Der Mann ist gebürtiger Italiener, ist jedoch in Deutschland aufgewachsen, hat dort studiert und hat dann in Zofingen Arbeit gefunden. Zwei Jahre hat er es ausgehalten, nun zieht er wieder nach Deutschland, um dort in einem anderen Chemiebetrieb (in Leverkusen) zu arbeiten. Er hatte es satt, seine Lebenspartnerin, die im Raum Düsseldorf arbeitet, nur am Wochenende zu sehen. Bei der Abschiedsfeier lernte ich auch seine Lebenspartnerin kennen. Als er sie mir vorstellte, sagte er: "Sie hat dich übrigens schon mal gesehen, barfuß! Sie war ganz erstaunt, als sie dich am Winter am Bahnhof sah. Und noch erstaunter war sie, als ich dich auch noch mit 'Hallo Michael' ansprach!"

Im Laufe der Feier stellte sich heraus, daß die Frau alles andere als barfußfeindlich eingestellt war, obwohl sie beim Zoll arbeitet (allerdings im Innendienst). Sie meinte auch, daß Schuhe manchmal ganz schön lästig sein können. Weniger passend fand ich dagegen die Behauptung eines anderen Arbeitskollegen, daß Düsseldorf ein Vorort von Köln sei, vorauf ich verbesserte, daß Düsseldorf ein Vorort von Ratingen sei. Ich erwähnte, daß im Raum Köln und Düsseldorf wesentlich mehr Leute barfuß laufen als in Zofingen. Selbstverständlich erwähnte ich auch das Barfußtreffen in Düsseldorf im Dezember 2004, wobei ich auch die Polizeikontrolle am Benrather Schloß, die Vorfälle in der U-Bahn-Station Heinrich-Heine-Allee, die Zusammenkunft mit den "Kalkmützen" am Düsseldorfer Hauptbahnhof und den Vorfall im Karlsruher Tram nicht unerwähnt ließ. "Das sind ja Polizeistaatmethoden", rief ein anderer empört.

Ein anderer Chemiker (der übrigens auch schon von Spießern der Polizei gemeldet wurde, jedoch nicht wegen barfuß oder "unpassender" Kleidung, sondern wegen homosexueller Veranlagung) erzählte von einem Messebesuch in Frankfurt im Mai 2003: "Wir standen am Hauptbahnhof und warteten auf den Zug nach Basel. Alle waren dort, nur Michael nicht. Nachher kam er doch, in kurzen Hosen, im weißen Träger-T-Shirt und barfuß. Die Leute haben dumm gekuckt, daß so einer in der ersten Klasse fährt, nur unsere Leute haben kein bißchen reagiert. Auch die Kalkmützen gingen schon hinter ihm her, sie betraten allerdings nicht den Zug" Darauf sagte ich: "Ich war doch gar nicht barfuß, das tat ich damals noch nicht. Ich war nach dem Messebesuch noch ans Mainufer gewandert, da war mir die Dienstkleidung zu warm. Das mit den Bullen habe ich aber nicht mitbekommen. Ich habe sie nur draußen rumlungern gesehen, bin aber durch einen anderen Eingang in den Bahnhof gegangen" Da merkt man, wie leicht man Dinge dazudichtet. Aber wenn man weiß, daß ich heute Schuhe (und Winterkleidung allgemein) nicht sonderlich mag, der "übersieht" vielleicht die Schlappen, die ich extra mitgenommen hatte (auf der Messe selbst trug ich fette Halbschuhe). Aber ich erinnere mich noch heute an anderen Fahrgäste die zwar eine Fahrkarte erster Klasse hatten, jedoch keinen Platz reserviert, und daher im vollen Zug stehen mußte, während unsere Firma für alle Mitarbeiter Plätze in der ersten Klasse reserviert hatte. Sicher ist es für einen geschniegelten und gebügelten Fahrgast frustrierend, wenn er stehen muß, während einer in leichter Freizeitkleidung (egal ob barfuß oder nicht) bequem sitzen darf. Aber dem Schaffner war es vollkommen egal. Soweit ich weiß, ist für die Benutzung der ersten Klasse keine "bessere" Kleidung vorgeschrieben als für die zweite.

Am Ende der Feier sagte ich noch zum scheidenden Mitarbeiter: "Wenn du in Düsseldorf irgendwelche Leute barfuß siehst, dann kann es sein, daß ich sie kenne."

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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