Schuh-Fasten (Hobby? Barfuß! 2)

Bene, Stammposter, Sunday, 18.03.2007, 18:32 (vor 6397 Tagen)

Folgendes hat natürlich einen kirchlichen Aufhänger, ist aber eigentlich unabhängig von religiösen Betrachtungsweisen:

Heute wurde das Fastenopfer eingezogen. Thema sind dieses Jahr unmenschliche Arbeitsbedingungen, insbesondere für Kinder. Sowas gibt es ja gerade auch in der Schuhindustrie.

Mir kam dabei die Idee, man sollte eigentlich die Jahresersparnis beim Schuhkauf durch Barfusslaufen (ich würde mal schätzen ca. EUR 50 bis 300 - je nach Geschmack und Laufleistung) im Rahmen einer solchen Aktion spenden. Auch wenn man das nur auf die Fastenzeit herunterbrechen würde (ca. 10% des Jahres), wäre das ein signifikanter Beitrag.

Ironischer Einschub: Und ganz im Sinne der Pharisäer würden auf einmal alle barfuss laufen, nur um zu zeigen, wieviel Gutes sie tun (und dann natürlich Knöpfe in die Spendentüte stecken) ;-) - OK, wenn es zu dieser Tendenz käme, würde ich mich nur noch dort trauen, barfuss zu laufen, wo alle wissen, dass ich es schon vorher tat - sonst wäre es mir peinlich. Ist aber wohl eher unwahrscheinlich. <<<

Ernsthaft betrachtet passt das Schuh-Fasten sehr gut zum klassischen Fasten: Man verzichtet und fühlt sich besser dabei.

Schönen Sonntag noch

Bene

Schuh-Fasten - ähnlich 1917

Mike S, Stammposter, Sunday, 18.03.2007, 18:43 (vor 6397 Tagen) @ Bene

Folgendes hat natürlich einen kirchlichen Aufhänger, ist aber eigentlich unabhängig von religiösen Betrachtungsweisen:
Heute wurde das Fastenopfer eingezogen. Thema sind dieses Jahr unmenschliche Arbeitsbedingungen, insbesondere für Kinder. Sowas gibt es ja gerade auch in der Schuhindustrie.
Mir kam dabei die Idee, man sollte eigentlich die Jahresersparnis beim Schuhkauf durch Barfusslaufen (ich würde mal schätzen ca. EUR 50 bis 300 - je nach Geschmack und Laufleistung) im Rahmen einer solchen Aktion spenden. Auch wenn man das nur auf die Fastenzeit herunterbrechen würde (ca. 10% des Jahres), wäre das ein signifikanter Beitrag.

Ironischer Einschub: Und ganz im Sinne der Pharisäer würden auf einmal alle barfuss laufen, nur um zu zeigen, wieviel Gutes sie tun (und dann natürlich Knöpfe in die Spendentüte stecken) ;-) - OK, wenn es zu dieser Tendenz käme, würde ich mich nur noch dort trauen, barfuss zu laufen, wo alle wissen, dass ich es schon vorher tat - sonst wäre es mir peinlich. Ist aber wohl eher unwahrscheinlich. <<<

Ernsthaft betrachtet passt das Schuh-Fasten sehr gut zum klassischen Fasten: Man verzichtet und fühlt sich besser dabei.

Schönen Sonntag noch
Bene

Hallo Bene

Eine interessante Überlegung. Mit kam dabei eine Tatsache in den Sinn, welche auf ähnliches hinauslief.
Gegen Ende des 1. Weltkriegs wurden im Deutschen Reich gewisse Rohstoffe knapp, darunter (Schuh-)Leder. Als Folge davon riefen die Studentenschaften von Leipzig, Breslau und Würzburg die Studenten dazu auf, barfuss zu gehen, um die Lederbestände zu schonen. Dieser Aufruf stiess aber nur auf mässigem Erfolg.
Gruss
Mike

auch in den zwanziger Jahren

Markus U., Stammposter, Monday, 19.03.2007, 23:41 (vor 6396 Tagen) @ Mike S

Gegen Ende des 1. Weltkriegs wurden im Deutschen Reich gewisse Rohstoffe knapp, darunter (Schuh-)Leder. Als Folge davon riefen die Studentenschaften von Leipzig, Breslau und Würzburg die Studenten dazu auf, barfuss zu gehen, um die Lederbestände zu schonen. Dieser Aufruf stiess aber nur auf mässigem Erfolg.
Gruss
Mike

Hi Mike,

in dem Buche von Jürgen Mirow, Geschichte des deutschen Volkes, Parkland Verlag, Köln 1996, heißt es auf S. 826:

"Im Ersten Weltkriege setzte eine deutliche Verarmung breiter Bevölkerungsschichten ein, die bis 1923 anhielt. Der durchschnittliche Fleischverbrauch pro Kopf betrug 1923 im Deutschen Reiche nur noch gut die Hälfte des Wertes von 1913.
Bei den Unterschichten war Unterernährung verbreitet und der Speiseplan weitgehend auf Kartoffeln, Schmalzbrote und trockenes Brot reduziert. Ihre Kleidung zerlumpte zunehmend. 1921 ergab eine Umfrage unter Volksschülern in Hamburg, daß nur 30 Prozent der Schüler ein zweites Paar Schuhe und nur 44 Prozent ein zweites Hemd zum Wechseln besaßen. Manche Eltern schickten ihre Kinder ohne Schuhe zur Schule oder hielten sie sogar aus Mangel an ordentlicher Kleidung ganz zu Hause."

Und im "Katholischen Volks- Katechismus" von Franz Spirago, 10. Auflage, Prag 1926, heißt es auf S. 475:

"Arme Leute können aber anstandslos barfuß in die Kirche kommen."

Beide Beispiele zeigen, daß in den zwanziger jahren des vorigen Jahrhunderts Barfüßigkeit aus Armut weitverbreitet war - ein Umstand, der als Vorurteil bis heute nachwirkt und das Barfußgehen in den Augen gewisser Kreise ein Stückweit diskreditiert.

Barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.

auch in den zwanziger Jahren

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Tuesday, 20.03.2007, 18:30 (vor 6395 Tagen) @ Markus U.

Hallo

"Arme Leute können aber anstandslos barfuß in die Kirche kommen."

Bedauerlich, dass nur arme Leute in den Genuss dieser Erlaubniss kommen durften. :-)

Beide Beispiele zeigen, daß in den zwanziger jahren des vorigen Jahrhunderts Barfüßigkeit aus Armut weitverbreitet war - ein Umstand, der als Vorurteil bis heute nachwirkt und das Barfußgehen in den Augen gewisser Kreise ein Stückweit diskreditiert.

Das mag wohl so sein. Ich habe ein über neunzigjährige Nachbarin, die in den zwanziger Jahren als Weisenkind aufwuchs. Ärmlicher ging es wohl nicht. Schuhe besaß sie zwitweise gar nicht, so dass sie stets barfuß laufen musste. Verständlicherweise wundert sie sich nun darüber, wie sehr ich das genieße. Eine Ablehnung mir gegenüber baut sie aber nicht auf, da sie mich einesteils von Geburt an kennt und andererseits ein wirklich herzensguter Mensch ist.

Viele Grüße

Ulrich

Schuh-Fasten

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 19.03.2007, 22:35 (vor 6396 Tagen) @ Bene

Hallo Bene

Thema sind dieses Jahr unmenschliche Arbeitsbedingungen, insbesondere für Kinder. Sowas gibt es ja gerade auch in der Schuhindustrie.

Das Thema interessiert mich. Könntest du mir bitte weitere Informationen zur Kinderarbeit in der Schuhindustrie zukommen lassen? Am besten per E-Mail, um nicht OT zu werden. Insbesondere interessiert mich welche Schuhfirmen Produkte liefern, die durch Kinderarbeit entstanden sind und vor allem woher diese Informationen stammen.

Vielen Dank, für deine Mühe und viele Grüße

Ulrich

Schuh-Fasten

Engel, Stammposter, Tuesday, 20.03.2007, 02:57 (vor 6396 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Bene

Thema sind dieses Jahr unmenschliche Arbeitsbedingungen, insbesondere für Kinder. Sowas gibt es ja gerade auch in der Schuhindustrie.

Das Thema interessiert mich. Könntest du mir bitte weitere Informationen zur Kinderarbeit in der Schuhindustrie zukommen lassen? Am besten per E-Mail, um nicht OT zu werden. Insbesondere interessiert mich welche Schuhfirmen Produkte liefern, die durch Kinderarbeit entstanden sind und vor allem woher diese Informationen stammen.
Vielen Dank, für deine Mühe und viele Grüße
Ulrich

Hi Ulrich,
Bene sollte Dir wohl lieber die Firmen nennen, die nicht involviert sind, dann hat er weniger zu schreiben :-).

Gruß Engel

Schuhe sind Ausbeutung & Wucher

Jay @, Stammposter, Tuesday, 20.03.2007, 06:23 (vor 6396 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hi Ulrich,
soeben fand ich einen empörenden Bericht (allerdings sehr alt) in GEO, Juli 1988 über Kinderarbeit auch in der Schuhindustrie. Kinder ohne Kindheit. Nix Schule. Keine Zeit. Für 25 Mark im Monat. "Die Söhne sind billiger als die Väter": schließlich muß der Chef des an die großen Marken zuliefernden Schuhherstellers "Polystar" in Guimaraes, Portugal, Jaguar fahren. Kann ich dir bei Interesse & Nennung einer Postadresse gerne in Kopie zukommen lassen (oben meine Mail).

Platz 1 der Weltschuhproduktion sitzt übrigens eigenartigerweise auf Taiwan (zumindest Anfang der 90er sehr BF-freundlich). Platz 2 ist Korea (weiß ich in Sachen BF nichts). Platz 3 ist Portugal (nie dortgewesen, auf den Fotos laufen alle beschuht 'rum, wahrscheinlich bekamen sie die von ihnen gefertigten Erzeugnisse wenigstens geschenkt).
Dieses Ranking ist möglicherweise nicht mehr aktuell.

Dann: Schuhe sind zu teuer. Für einen beim jetzigen Stand der Technik wahrscheinlich vollautomatisch gefertigten (Taiwan machte den Anfang, daß Schuhe nicht mehr genäht, sondern geklebt werden) untechnischen Massenartikel werden sie viel zu teuer verkauft. Geklebt sind auch meine besonders verhaßten Treter zum Anzug, sie kosteten mehr als ein kleines Color-TV-Gerät oder ein Videorecorder. Letztere beide sind bedeutend schwieriger herzustellen...also sind die Preise zumindest für die genannte Schuhmodell-Art absoluter Wucher...

Trotzdem, seien wir Realisten. Ein globaler Schuh-Boykott würde nur bewirken: die meisten Schuhfabrikanten & deren angestellte Manager lehnen sich zurück, weil sie das Geld ihres Lebens längst verdient haben, & die armen Kids haben insgesamt eine Möglichkeit weniger, sich ein paar Kröten zu verdienen.

Jedoch läßt sich mit Schuhen insgesamt vieles moralisch Negative in Zusammenhang bringen. Wohl die allermeisten Kriege seit der Neandertalerzeit wurden von Beschuhten angezettelt, & es ist eine Erfahrungstatsache, daß in insbesondere in der westlichen Zivilisation schlechte Menschen praktisch immer & besonders intensiv Schuhe tragen. Natürllich ist das eine unscharfe Logik & Philosophie.

Stolz darauf, mir seit fast 33 Jahren sehr viel weniger Schuhe gekauft zu haben als der Bevölkerungsdurchschnitt & freundlich grüßend, Jay

Schuh-Fasten

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Wednesday, 21.03.2007, 18:52 (vor 6394 Tagen) @ Ralf RSK

Hallo

@Ralf:
Vielen Dank, für die Linksammlung, wobei ich mich eigentlich nur über Kinderarbeit im Rahmen der Schuhindustrie informieren wollte, nicht über Kinderarbeit insgesamt. Immerhin ist es doch auch ein schönes Gefühl, wenn man behaupten kann, man würde barfußlaufen, um damit gegen die Kinderabreit in der Schuhindustrie ein Zeichen zu setzen. Das ist zwar Quatsch, könnte aber auch mal eine nette Pointe ergeben. :-)

@Jay:
Vielen Dank auch für den Hinweis auf das Geo-Heft, ich glaube allerdings, dass ein Heft von 1988 nicht mehr aktuell genug ist, um sich darauf zu berufen, wenn man behauptet, dass auch heute noch Kinderarbeit in der Schuhindustrie üblich ist.

Viele Grüße

Ulrich

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