Barfußwanderparadies am oberen Mittelrhein + Buchtipp (Hobby? Barfuß! 2)
Moin moin,
herrlich blauer Himmel mit mildem Sonnenschein, ideale Wegbeschaffenheit und eine beeindruckende Landschaftskulisse machten den gestrigen Vorfrühlingsspaziersonntag für mich zu einem kleinen Fest.
Dabei bin ich eigentlich nur aus Zufall auf die schöne Strecke am oberen Mittelrhein bei Ingelheim gekommen. Als ich nach Informationen über die Stadt Ingelheim im WWW suchte, bin ich letztes Jahr bereits auf einen (hauptsächlich an Kinder gerichteten) Erlebnispfad Jungaue gestoßen, der ein sehr interessantes Wegemarkierungszeichen trägt. (Ich möchte es allerdings hier nicht näher beschreiben, es ist allerdings geeignet, gewisse Assoziationen zu erwecken...) Dieser Weg war nun auch Teil meiner gestrigen Wanderstrecke.
Zum Teil direkt das Ufer begleitend, ist der Weg dort an einigen Stellen mit großen Pfützen gesprenkelt und matschig. Besonders verlockend ist dabei der Ausblick nach dem Rheingau jenseits von Vater R.: Schloss Johannisberg, Schloss Vollrads, Oestrich-Winkel mit seinen Kirchen und dahinter das Rheingau-Gebirge mit der Hallgarter Zange als markantem Punkt. Im weiteren Verlauf der Tour bot sich dann auch Eltville mit dem weißen Turm der Kurfürstlichen Burg dem Auge dar.
Ebenfalls nicht ohne Reiz ist die Begehung der grasbewachsenen Dämme landeinwärts. Kilometerweit kann man mit blanken, allerdings im weiteren Wegeverlauf mehr und mehr nachdunkelnden Füßen auf dafür bestens geeignetem Untergrund praktisch jeden einzelnen Schritt genießen. Den vielen Spaziergängern, die mir begegneten, schien dies allerdings nicht bekannt zu sein, und somit ist ihnen ein wohlfeiles kleines Vergnügen leider entgangen. Und tatsächlich wurde ich wieder einmal gefragt, ob es mir denn nicht zu kalt sei - es ergab sich daraus aber dann doch ein angenehmer Kurzdialog, und am Ende wurde mir verständnisvoll viel Spaß für den Rest der Wegstrecke gewünscht (und zwar ohne dass mein zunächst noch skeptisches Gegenüber, wie unlängst geschehen, mit der Hand selbst die Bodentemperatur beurteilen zu müssen glaubte).
Vereinzelt blüten schon Obstgehölze und demnächst wird diese Strecke, die durch etliche Obstgärten führt, bestimmt noch viel schöner anzusehen sein.
Ich jedenfalls habe diesen bezaubernden Tag im frühen Frühling fast bis zum letzten Sonnenstrahl voll ausgekostet. Als besonders wohltuend empfand ich, nachdem es mich über Herbst und (Pseudo-)Winter ins unter anderem mit reichlich Streusplit versorgte Land Tarrol verschlagen hatte (wo ich unter anderem bei einem barfüßigen Besuch des Innschbruckchcher Alpenzoos im Januar von den anderen Besuchern wahrscheinlich als eine Art freilaufendes, gerade aus dem Busch entsprungenes Alpinafferl angesehen wurde), auch die Abwesenheit größerer Höhenunterschiede in den rheinhessischen Flussauen.
Alles in allem glaube ich, fast schon so etwas wie ein kleines Barfußwanderparadies gar nicht einmal so weit von der eigen Haustüre entfernt gefunden zu haben, wobei ich natürlich noch keine Aussagen über die allgemeine Wegebeschaffenheit zu anderen Jahreszeiten und bei anderen Witterungsverhältnissen (z.B. wenn nicht so gut vorbefeuchtet worden ist) treffen kann.
Ich denke zumindest einmal, dass gepflegte rheinische Barfußwanderungen auch einige Kilometer flussaufwärts des klassischen Bonn-Köln-Düsseldorfer Raumes auch ganz gut möglich sind. Wobei ich noch völlig vergessen habe zu erwähnen, dass der Rundkurs auch Möglichkeiten zum Boxenstopp in lauschigen Freiluftlokalitäten, eventuell bei einem Gläschen Ingelheimer Roten, bietet.
Gestern war ich insgesamt so an die vier Stunden unterwegs (von Ingelheim-Nord bis Nonnenaue und retour), und es haben sich dabei noch etliche weitere Wegvarianten angeboten.
Meine Fußsohlen haben sich am Ende schon ein bisschen bemerkbar gemacht, aber auf tarrola Split oder durch Schneematsch trainiert es sich halt nicht so gut ...
Hoppla, und jetzt fällt mir gerade noch ein, dass ich in diesem weiteren Zusammenhang auch noch kurz auf einer zufälligen tarrola Buchentdeckung, über die ich gestolpert bin, hinweisen wollte, nämlich ein kleines Bändchen mit dem titel "barfueß" von Annemarie Regensburger, erschienen im Haymon-Verlag 1997. Es enthält größtenteils gesellschaftskritische Gedichte und einige wenige Prosatexte in tarrola Mundart (nicht ganz so einfach zu verstehen!). Die "Ohne-Schuech"-Thematik ikommt als Gleichnis nur in zwei, drei kurzen Gedichten vor. Im Klappentext heißt es zu der Veröffentlichung:
"barfueß:
ohne schützende Hülle den Boden ertasten,
anstoßen, wanken, sich verwunden und bluten,
Steine, Dornen und Blumen spüren;
unmittelbar und selbsbestimmt erfahren
die Wärme des Sommers, die Starre des Winters,
das Moos des Waldes und das Salz des Meeres;
mit bloßen Fußsohlen aufnehmen wie
der Boden trägt und frei schreiten läßt"
Besonders gelungen ist das Gedicht "Erkenntnis": "Lieber / barfueß / Kälte / und Schnea / gspiernen / aswie / mit ounpaßte / Schuech / nienig mie / ounstoaßn"
Oh, mein Text ist leider schon wieder viel zu lang geworden! Oiso:
Pfiad eich
Harald