Tessin im Vorfrühling (Hobby? Barfuß! 2)
Regnet es auf der Nordseite in Strömen, glänzt die Alpensüdseite bei Nordföhn häufig mit tiefblauem Himmel. Zudem: Selbst in diesem milden Winter liegt die Schneegrenze auf der Südseite meist einiges höher als im Norden. Also in die S. Bernardino - Post eingestiegen und ab nach Bellinzona! In San Bernardino (Südende des Tunnels) regnet es, und beim kurzen Aufenthalt des Postautos stapfe ich barfuss im "Pflutsch" (Schneematsch) herum, als ich die Toilette aufsuche. Weiter südwärts bessert sich das Wetter zusehends und Bellinzona empfängt die Reisenden mit Sonne. Der Regio nimmt mich weiter nach Mezzovico, einer winzigen Haltestelle an der Ceneri-Südrampe der Gotthardbahn. Ich bin der einzige aussteigende Passagier. Gleich beginnt der steile Aufstieg im Zickzack durch den Wald, der viele Kastanienbäume aufweist. Zum Glück sind die kleinen Igelchen von Kastanienhüllen auf dem Weg nicht allzuhäufig, nur selten muss ich einen von ihnen aus dem Fuss ziehen und zuletzt bleibt bis nach Hause ein einziger Stachel in der linken grossen Zehe zurück. Für die Entfernung dieses winzigen Störefrieds muss ich dann allerdings die Hilfe meiner Gattin anfordern!
Aber noch ist es nicht so weit und nach rund 500 - 600 m Aufstieg erreiche ich die Maiensässe (niedrig gelegene Voralpen) mit herrlichen Ausblicken Richtung Monte Tamaro und Richtung Ceneri und die Alpen - leider auch auf das dominierende graue Doppelband der Gotthardautobahn mit ihrem konstanten Geräuschpegel. Daneben fällt die Gotthardbahn weder optisch noch akustisch besonders auf, obschon auf ihr ein langer Güterzug nach dem andern nord- oder südwärts rollt (aber für mich sind halt Eisenbahngeräusche Musik!). Auf dürrem Gras geht es nun weiter, immer ein wenig auf und ab. Einzelne grob geteerte oder betonierte Abschnitte auf Alpsträsschen sind nicht so angenehm, aber sie sind bald überwunden. Von einem kleinen Passübergang "Gola di Lago" führt ein geteertes Strässchen Richtung Tesserete. Vorerst versuche ich aber den parallel dazu laufenden Wanderweg. Der verläuft zeitweise in einem Graben und dieser Graben ist zu einem Sammelplatz für alle Kastanienhüllen der Umgebung geworden. Auf einem Stein balancierend, ziehe ich die Sandalen aus dem Rucksack! Nach 200 m bin ich auf dem Strässchen und ziehe die Sandalen wieder ab. Lieber Teersträsschen und barfuss statt Wanderweg mit Kastanienhüllen und Sandalen! Ich bewundere die "Denti della Vecchia", eine wildzerklüftete Berggruppe, die aber nur ungefähr 1400 m hoch ist. Bald kommen die ersten Siedlungen. Ich staune immer, wie dicht die steilen Tessiner Bergtäler (in Stadtnähe) besiedelt sind. Kein Wunder, bringt einen doch der Bus in ungefähr einer Viertelstunde von Tesserete, das scheinbar weitab von den Zentren liegt, an den Bahnhof von Lugano!
Der Weg ist ausgezeichnet markiert. Die topographische Karte empfiehlt nur deshalb, um die Orientierung innerhalb der vielen, von den Wegweisern angebotenen Möglichkeiten nicht zu verlieren.