Eine ungute Situation, der ich stets zuvorzukommen versuche (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Saturday, 24.02.2007, 09:28 (vor 6420 Tagen)

Hi!
Vor kurzem berichtete Tomi, daß sein Sohn wg. daheim liegengelassenen Special Equipment BF turnen MUSSTE.
Auch in meiner Childhood (eingeschult 1964) war es sowohl üblich, daß bei vergessenen Sportklamotten als auch "einfach so" BF geturnt wurde, wobei sich die Lehrerschaft bis in die späten 60er überhaupt nicht darum kümmerte und erst ab Mitte der 70er betont auf entsprechende Schuhe Wert legte, in meinen 4 Jahren vor der 'Höheren Schule' turnte locker 1/3 einfach so BF.
Wie bereits bekannt, ist bei mir der BF-Drang biografisch uralt. Im Lebensalterzeitraum von 5 - 10 Jahren fiel er bei mir kontinuierlich auf 0, um dann mit 16 mit äußerster Vehemenz wiederzukehren.

Allerdings mit einem bedeutenden Unterschied: Ich konnte & kann eines im Unterschied zur Kindheit nicht ausstehen: BF auf Kommando. Als in den frühen 70ern die legere & insbesondere auch faule (ich war allgemein ein stinkfauler Schüler) Lebensart der Beat- & Rockgeneration Einzug hielt, war man auch zu faul zum Sport. Früher hatten die Lehrer nämlich tatsächlich geglaubt, die Schüler würden begeistert an diesem Fach teilnehmen & es so gehandhabt, daß, wer seine Spezialklamotten + Schuhe vergessen hatte, "zur Strafe" als Zuschauer auf der Bank in Zivilkleidung teilnahm & nicht mitturnen durfte. Schließlich ging man aber doch gegen dieses "Drückebergertum"* vor & es hieß: Nix da, wer schwitzt, ausziehen bis zum Unterhemd, Jeans leicht hochkrempeln, Straßenschuhe in der Turnhalle verboten, Socken rutschen, also BF! Dies ist ein Befehl!
Also BF & Gestrampel auf Befehl (Verhandlungen a 'la "Bitte einfach 6** eintragen & mich in Ruhe lassen" im Unterschied zu anderen Fächern zwecklos). So kam es dann zu den überhaupt allerschwersten Zusammenstößen zwischen bestimmten Lehrern, der Schulleitung & mir, weil jeder, der das Hausordnungs-Argument (im Original-Wortlaut): "Barfuß zu gehen ist aufgrund der damit verbundenen Unfallgefahren untersagt" bemühen wollte, argumentativ apriori schachmatt war und somit als ideologisch enttarnte BF-Verbote nur per Berufung auf Autoritätsstatus durchsetzen konnte. Groteske Szenen spielten sich in den letzten Wochen meiner 10. Schulklasse ab (nachdem ich am 22.06.1974 den Beschluß: "Ab jetzt nur noch barfuß, solange dem nicht Kälte oder schicksalshafte biografische Weichenstellungen entgegenstehen" gefaßt hatte): Fassungslos mußten bestimmte Lehrer zusehen, wie ich morgens BF einrückte (ich weiß nicht mehr, welcher Wochentag mit Sport begann) & selbst die Schulleitung tat sich schwer, den Sinn von nicht einmal 1 Minute & einigen 100 Metern Soll-beschuhter Wegstrecke zu begründen. Ein herrlicher Tag (Eltern in Amerika): Erstmals & sogar als echter (nach Ratinger Definition, auch keine Schuhe in der Tasche mit) BF von zuhause in die Schule gegangen & ein Riesenspaß, wie sich der "Leibeserziehungs"-Lehrer, der so auf mein Barfuß-Turnen erpicht war, über meine (nach ca. 20 Minuten Wegstrecke) "total schmutzigen" Füße empörte! (bei den Folgeterminen mußte ich sie wg. "Reinhaltung" des kostbaren Turnhallenbodens dann waschen).

Wenigstens verriß dann der betreffende Abiturjahrgang in seiner "Zeitung" die Features "Zwangs-BF-Option im Schulsport bei vergessenen Spezialschuhen" & "Unfallgefahren im übrigen BFigen Schulleben" derart ins Lächerliche, daß der Schulleitung & bestimmten Lehrern nichts anderes übrigblieb, als sich sommers selten sehen zu lassen & zumindest bei Oberstufenschülern öfters so zu tun, als seien sie geistig mit etwas anderem beschäftigt und hätten "es" [BF] nicht bemerkt. Das taten sie jedoch nicht immer, & tatsächlich blieb mir bis zum Abitur nichts anderes übrig, als ständig (später im Auto) irgendwelche Berkemann´s mitzuführen. 2 Fächer wird man bis zum Abitur niemals los: Deutsch und Turnen. Letzteres wurde ich auf sehr spezielle Art & Weise (würde jetzt zu lang werden, auf Wunsch sage ich mehr) los, da mir die Befehle "Barfuß!" & danach "Schuhe wieder an!" mächtig gegen den Strich gingen.

Der nächste Special Date mit BF-Zwangs-Zu- & Wiederabschaltung sollte mein unfreiwilliger Vorstellungstermin bei der Army am 28.09.1977 werden, ein hochsommerlicher Tag. Oh, da bekam ich 'was zu hören! Für Argumente "ich muß mir ja später sowieso die Schuhe ausziehen" war man völlig taub, Gerangel gab´s, mit Mühe konnte man sich darauf einigen, daß in dem dicken mir postalisch zugegangenen Vorschriftenpaket ("Alkoholgenuß ist am Tage der Musterung & tags zuvor untersagt" etc. [hielt sich sowieso kein Schwein 'dran]) keine Beschuhungspflicht 'drinstand, ich mir meine Pranken auf der Toilette wusch & dann nur ihren eigenen Bodendreck herumtransportierte. Trotz mitgebrachtem amtsärztlichem Attest war ich ihnen erst nach voll durchgezogenem Procedere drogenabhängig genug, evtl. trug auch meine BFigkeit zum Eindruck des "total weggetretenen, skurrilen Typen" bei.

Generell habe ich eine äußerst starke Psychoaversion gegen Füßeauspacken auf Anweisung, BF auf Kommando ist einfach Scheiße. Es wäre für mich in jedem Fall hilfreich zu erfahren, ob ich mit dieser Auffassung evtl. nicht allein bin. So richte ich es bei Arztbesuchen, wie z. B. beim medizinischen Gesamtcheckup letzten Oktober für die neue KV, stets so ein, daß ich bereits BF komme & nichts anderes übrig bleibt, BF zu bleiben & BF wieder zu gehen. Sollte das winters nicht möglich sein, werde ich BF in meinen Stiefeln gehen (ist übrigens widerwärtig), damit man konstatieren kann: "Sie haben ja gar keine Socken an!". Tatsächlich kotzen mich die beschriebenen Fallbeispiel-Situationen derart an, daß ich geradezu Angst vor ihnen habe und ihnen vorbeugend zu entgehen versuche.
Demnächst muß ich in die Klinik zu einer Zystoskopie (hatte um Weihnachten starke Blutverluste im Urin mit vollem Blasenkrebs-Krankheitsbild) & werde auf jeden Fall BFig einrücken.

Ein schönes BF-Wochenende, Jay.
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*) nachdem man erkannt hatte, daß frustrierte Gesicher nur aufgesetzt waren, man sich gar in den Umkleideraum zum Hausaufgabenanfertigen zurückzog, 100 x schreiben "Ich muß mein Turnzeug mitbringen" fruchtlos war etc. etc. Rätselhaft, weshalb keine schulstrafenbewehrte Turnschuh-Beibringungspflicht eingeführt wurde.
**) Hätte man sich leisten können. Sport war kein Fach, das die Versetzung in die nächsthöhere Klasse gefährden konnte.

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