Ein Vorgesetzter & spezielle Faschings-Barfußaspekte (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Thursday, 15.02.2007, 19:42 (vor 6428 Tagen)

Hi!
Der Faschingsdienstag, der in Bayern oft ein Halbarbeitstag ist, wird von mir, sofern ich mich in Gesellschaft mit Leuten befinde, die mich kennen, immer sehr feierlich begangen. Es ist der einzige oder einer der wenigen Tage im Jahr, an dem ich einst in der zentralen Forschung & Entwicklung samt Chefsuite eines großen Elektronik-Mittelständlers nicht barfuß war.
Frühmorgens rasiere & kämme ich mich ordentlich & installiere zum weißen Kragenhemd eine selbstverständlich nichtabgeschnittene Krawatte. Dann werden passend zur schwarzen Nadelstreifenhose meine Füße mit schwarzen Strümpfen und schwarzen Halbschuhen kostümiert.
Habe ich sonst noch einen passenden Grund, einen Abstecher zu meiner Mam' abends zuvor zu machen, findet ein Ritual statt, das sie mit denselben Augen ausführt, die meine Schwester & ich in Kindertagen hatten, wenn der Christbaum geschmückt wurde. Jedes Stäubchen wird von meinem Anzug entfernt, der Höhepunkt ist dann, wenn meine Schuhe liebevoll geputzt & eingecremt werden. Es folgt:
"Mei' Bua, jetz' wennsd' no zum Frisör geeh' daadst..." *
Leider gibt es keine Technik, mit der ich meine langen Haare ab- & wieder zuschalten kann. So wie andere als Pirat (dann meist barfuß) oder als Cowboy, so lauf' ich eben als Industriemanager 'rum.
In der Fa. angekommen, machte der Tag eigentlich keinen Sinn. In meinem Büro zog in die unbequemen Schuhe aus & begann in Strümpfen endlich einmal wieder etwas aufzuräumen.
In meinem letzten Dienstjahr hatte ich einen besonderen Chef, der großen Wert auf alte Industrietraditionen & -formen legte. Etwa 1 Woche später herrschten draußen überraschenderweise fast +20°, und ich rückte schon morgens voll BF in die Fa. ein. Erst tags zuvor hatte ich ihn überhaupt kennengelernt, obwohl er schon seit Jahresbeginn mein Chef war.
Er war äußerst schlechter Laune, wie ich anhand eines kurzen BRÜLLs "DAS BESTIMME IMMER NOCH ICH!!!!" hörte, das aus der Chefsuite drang. Obwohl ich ihn nicht sah, schien er mich beim Vorbeigehen gesehen zu haben. Kaum im Büro, läutete das Telefon auf meinem Schreibtisch:
"Sie möchten bitte zu Herrn Kern kommen."
Decken wir den Schleier christlicher Nächstenliebe über das, was er dann 'rummaulte. Es war nach allgemeinen Ausführungen über mein Outfit noch zusätzlich irgendwas a 'la 'ich lasse nicht zu, daß von Ihnen gewisse Errungenschaften zivilisatorischer Kultur dadurch verächtlich gemacht werden, indem Sie ausgerechnet am Faschingsdienstag...Das habe ich mir gemerkt. DAS betrachte ich als ganz besonderen Affront.'
Nur mußte er es im Nachhinein zulassen. Darüberhinaus fand er kein Wort des Dankes, daß ich an jenem Tag (nicht barfuß) & auch sonst mit leuchtendem Beispiel für die Mitarbeiter vorangegangen war. Vereinzelt wurden sie bei der Arbeit gestört, weil sie ihre Lippen zusammenpreßten & ihr Bäuchlein zitterte. Am Faschingsdienstag war ich bei KONTRON immer besonders wortkarg. Wenn ich etwas sprach, dann meist nur: Man kann diesen Tag in Würde begehen.
Dezente & stilvolle Barfußgrüße, Jay
--
*) Übersetzung aus dem Bayerischen: Mein Gott, Junge, wenn du jetzt noch einen Friseur aufsuchen würdest...

Ein Vorgesetzter & spezielle Faschings-Barfußaspekte

Bernd (Frankfurt), Stammposter, Friday, 16.02.2007, 16:16 (vor 6428 Tagen) @ Jay

Hi Jay,

wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du in diesem Unternehmen nicht mehr tätig. Gott sei Dank.
In einem ca. 2, 3 Wochen zurückliegenden Beitrag hast du ja sehr ausführlich deine Berufsgeschichte erzählt, wobei mich deine Schilderungen jener anfangs sehr barfußtoleranten Vorgesetzten beeindruckt haben, wirklich!
Mit seinen Äußerungen als Führungskraft erinnert mich dein Herr Kern an meinen Ex-Chef, der mich 2004 immer angeschissen hat, wenn ich in Strümpfen durch Büro lief: "Wenn hier jeder seine Käsefüße auspacken würde...." - unqualifizierter geht's wirklich nicht!

Viele Grüße
Bernd

Hi!
Der Faschingsdienstag, der in Bayern oft ein Halbarbeitstag ist, wird von mir, sofern ich mich in Gesellschaft mit Leuten befinde, die mich kennen, immer sehr feierlich begangen. Es ist der einzige oder einer der wenigen Tage im Jahr, an dem ich einst in der zentralen Forschung & Entwicklung samt Chefsuite eines großen Elektronik-Mittelständlers nicht barfuß war.
Frühmorgens rasiere & kämme ich mich ordentlich & installiere zum weißen Kragenhemd eine selbstverständlich nichtabgeschnittene Krawatte. Dann werden passend zur schwarzen Nadelstreifenhose meine Füße mit schwarzen Strümpfen und schwarzen Halbschuhen kostümiert.
Habe ich sonst noch einen passenden Grund, einen Abstecher zu meiner Mam' abends zuvor zu machen, findet ein Ritual statt, das sie mit denselben Augen ausführt, die meine Schwester & ich in Kindertagen hatten, wenn der Christbaum geschmückt wurde. Jedes Stäubchen wird von meinem Anzug entfernt, der Höhepunkt ist dann, wenn meine Schuhe liebevoll geputzt & eingecremt werden. Es folgt:
"Mei' Bua, jetz' wennsd' no zum Frisör geeh' daadst..." *
Leider gibt es keine Technik, mit der ich meine langen Haare ab- & wieder zuschalten kann. So wie andere als Pirat (dann meist barfuß) oder als Cowboy, so lauf' ich eben als Industriemanager 'rum.
In der Fa. angekommen, machte der Tag eigentlich keinen Sinn. In meinem Büro zog in die unbequemen Schuhe aus & begann in Strümpfen endlich einmal wieder etwas aufzuräumen.
In meinem letzten Dienstjahr hatte ich einen besonderen Chef, der großen Wert auf alte Industrietraditionen & -formen legte. Etwa 1 Woche später herrschten draußen überraschenderweise fast +20°, und ich rückte schon morgens voll BF in die Fa. ein. Erst tags zuvor hatte ich ihn überhaupt kennengelernt, obwohl er schon seit Jahresbeginn mein Chef war.
Er war äußerst schlechter Laune, wie ich anhand eines kurzen BRÜLLs "DAS BESTIMME IMMER NOCH ICH!!!!" hörte, das aus der Chefsuite drang. Obwohl ich ihn nicht sah, schien er mich beim Vorbeigehen gesehen zu haben. Kaum im Büro, läutete das Telefon auf meinem Schreibtisch:
"Sie möchten bitte zu Herrn Kern kommen."
Decken wir den Schleier christlicher Nächstenliebe über das, was er dann 'rummaulte. Es war nach allgemeinen Ausführungen über mein Outfit noch zusätzlich irgendwas a 'la 'ich lasse nicht zu, daß von Ihnen gewisse Errungenschaften zivilisatorischer Kultur dadurch verächtlich gemacht werden, indem Sie ausgerechnet am Faschingsdienstag...Das habe ich mir gemerkt. DAS betrachte ich als ganz besonderen Affront.'
Nur mußte er es im Nachhinein zulassen. Darüberhinaus fand er kein Wort des Dankes, daß ich an jenem Tag (nicht barfuß) & auch sonst mit leuchtendem Beispiel für die Mitarbeiter vorangegangen war. Vereinzelt wurden sie bei der Arbeit gestört, weil sie ihre Lippen zusammenpreßten & ihr Bäuchlein zitterte. Am Faschingsdienstag war ich bei KONTRON immer besonders wortkarg. Wenn ich etwas sprach, dann meist nur: Man kann diesen Tag in Würde begehen.
Dezente & stilvolle Barfußgrüße, Jay
--
*) Übersetzung aus dem Bayerischen: Mein Gott, Junge, wenn du jetzt noch einen Friseur aufsuchen würdest...

Ein Vorgesetzter & spezielle Faschings-Barfußaspekte

Jay, Stammposter, Saturday, 17.02.2007, 04:23 (vor 6427 Tagen) @ Bernd (Frankfurt)

Hi Jay,
wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du in diesem Unternehmen nicht mehr tätig. Gott sei Dank.
In einem ca. 2, 3 Wochen zurückliegenden Beitrag hast du ja sehr ausführlich deine Berufsgeschichte erzählt, wobei mich deine Schilderungen jener anfangs sehr barfußtoleranten Vorgesetzten beeindruckt haben, wirklich!

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Hi Bernd,
zunächst einmal darf ich per persönlichem Ehrenwort bekräftigen, daß die erwähnte Geschichte wahr ist & ferner noch hinzufügen, daß ich in jenem Unternehmen definitiv nicht mehr tätig bin, weil ich gefeuert wurde. Was BF-tolerante Chefs anbelangt, so waren es einfach solche, die Unwesentliches von Wesentlichem unterscheiden konnten. Stil & Etikette schafft keine überlegenen elektronischen Geräte & trägt auch nicht zu ihrer Entstehung bei.
Zu [Heute nicht mehr Dabeisein] würde ich nicht 'Gott sei Dank' sagen, ich hab' mich einst dort (es war wie eine Großfamilie) sehr wohl gefühlt & habe heute noch zu praktisch sämtlichen Alt-Kollegen beste Connections.

Mit seinen Äußerungen als Führungskraft erinnert mich dein Herr Kern an meinen Ex-Chef, der mich 2004 immer angeschissen hat, wenn ich in Strümpfen durch Büro lief: "Wenn hier jeder seine Käsefüße auspacken würde...." - unqualifizierter geht's wirklich nicht!

Die Hygiene- & odorische Dimension wird oft bemüht, um die ideologische Verbrämung von BF-Verboten zu kaschieren, schließlich hat man ja nichts anderes & kann auf ein verbreitetes Volksmeinungs-Klischee aufbauen. Seltsamerweise fuhr Hr. Kern hierauf gar nicht ab, er war von seiner Anzug- & Krawattenmanie derart befangen, daß er argumentierte: In Schlips, Nadelstreifen & Schuhen arbeitet der Angestellte besser, weil ihm dies "verdeutlicht, daß jetzt 'Ernst' ist und keine Freizeit". Zum Jahrswechsel 91/92 flog er wg. miserabler Ergebnisse selber* & bereits 1/2 Jahr später als GmbH-Geschäftsführer bei hitex in Karlsruhe wieder (was einiges über seine Führungskompetenz aussagt). Danach verlieren sich seine Spuren.
Still & leise hab' ich heuer zum Jahreswechsel mein 15jähriges Firmenjubiläum gefeiert (bin seither selbstständig & hab' mich nirgendswo mehr beworben). Es wird wohl noch in diesem Jahr eine eigene Hompage geben, die allerdings ausschließlich beruflichen Belangen Rechnung trägt. Sollte ich auf dem einen oder anderen Foto bei der Arbeit zu sehen sein, werde ich natürlich BF sein, wobei ich natürlich offenlasse, ob das zufallshalber wg. Hochsommer so ist oder ob da mehr dahintersteckt...man weiß ja nie, welche potentielle Kundschaft das beglotzt...
Freundliche BF-Grüße, Jay
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*) er hat überhaupt eine ganze Menge verbockt, was hier allerdings völlig off-topic & zu lang wäre, jedoch geeignet für ein BF-Treffen. Eine klassische "Niete im Nadelstreifen" (obwohl in diesem Bestseller das Wort BF kein einziges Mal vorkommt, empfehle ich diese Lektüre hier jedem).

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