Die letzten Heiden in Europa (Hobby? Barfuß! 2)

Eugen, Stammposter, Saturday, 10.02.2007, 23:39 (vor 6498 Tagen)

Hallo zusammen,

gestern lief auf arte ein für mich sehr interessanter Beitrag über die "letzten Heiden" in Europa,
eine Film - Dokumentation mit dem Titel: "Ava - Die Stimme meiner Mutter". Sie erzählt von einer Minderheit im
europäischen Teil Russlands, die fast völlig in Vergessenheit geraten ist. In der kleinen autonomen Republik Mari El leben die
letzten Heiden Europas, die sich der Christianisierung verweigert haben. "Ava - Die Stimme meiner Mutter" ist ein
Dokumentarfilm in marischer Sprache.

Seit über 40 Jahren versucht Oleg Michailowitsch in der in Russland gelegenen autonomen Republik Mari El den Untergang
einer Kultur zu stoppen. Die Mari sind Europas letzte Heiden, die noch einer eigenartigen Naturreligion nachgehen. Mit einem
einfachen Kassettenrecorder ausgerüstet, streift Oleg Michailowitsch unermüdlich durch die Dörfer, um die einzigartigen
Gesänge seines Volkes vor dem Verschwinden zu bewahren. Er stoppt Lastwagen- und Fahrradfahrer, spricht mit alten
marischen Dorfbewohnerinnen und sucht in einfachen Bauernhäusern nach unbekannten musikalischen Schätzen. Fast
erinnerte diese Dokumentation an den Film "Gadjo Dilo" des algerischen Regisseurs Gatlif.

Was hatte der Film nun mit Barfuß zu tun? Es war ein kleines Detail, nämlich ein Bericht aus der vorrevolutionären Zeit in
Rußland , dass viele dieser Menschen im ländlichen Alltag barfuß lebten - also sehr erdverbunden. Das war natürlich auf dem
Land im 19. Jahrhundert normal, auch in Deutschland. Doch in Mari El war es Teil einer naturreligiösen Auffassung. Man hielt
sich häufig im Wald auf, legte die Ohren an einen Baumstamm, um das Rauschen der "Haine" zu hören, oder hielt die Hände
dicht über ein Ameisennest, um sich anschließend dann das Gesicht mit der "Ameisensäure" zu desinfizieren.

Die Selbstverständlichkeit der Barfüßigkeit bei Kindern auf dem Land im 19. jahrhundert kann man auch auf einigen Bildern
des Finnisch-russischen Malers Albert Edelfelt (1854-1905) sehen.

[image]
(copyright www.mundofree.com)

Ob man nun Nabokov "Erinnerung sprich" oder Bergengruen "Baltischer Sommer" liest, immer klinkt hier eine sanfte
Melancholie wider, die an eine verlorene Kindheit erinnern soll, in der unteranderem auch Barfüßigkeit normal war.
in diese Melancholie einer vergangenen zeit paßt auch das Bild der zwei Mädchen mit dem Erdbeerkorb.

[image]

(copyright wikimedia)

In der momentanen Jahreszeit möchte man sich sofort barfüssig in das obige Bild hineinbegeben und die herrlichen Lichter,
Farben, Düfte und Töne dieser finnisch - baltischen Landschaft geniesen.

Beste Grüße Eugen

Die müssen gemein kälteresistent gewesen sein

Jay, Stammposter, Sunday, 11.02.2007, 00:19 (vor 6498 Tagen) @ Eugen

Was hatte der Film nun mit Barfuß zu tun? Es war ein kleines Detail, nämlich ein Bericht aus der vorrevolutionären Zeit in
Rußland , dass viele dieser Menschen im ländlichen Alltag barfuß lebten - also sehr erdverbunden.

--
Hi,
vielleicht kann man noch mehr erfahren. Auch im europäischen Rußland sind nicht selten sehr strenge Winter mit -40° an der Tagesordnung. Berichtet wird zumindest folgendes:
Autisten galten in Rußland als eine Art "Gesandte Gottes", da sie sehr in sich gekehrt und kaum ansprechbar waren. Sie sollen tatsächlich stets in dünnsten Gewändern und natürlich IMMER barfuß herumgelaufen sein, scheinbar ohne Folgen.
Heute ist die Situation umgekehrt. Als stiefelfreudigste Nation der Welt sollen angeblich 80% der Russen Fußpilz haben. Man kann diesen Prozentsatz eigentlich gar nicht glauben. Weiß jemand mehr?
Sehr zur Entspannung & Meditation einladende, schöne Bilder. Wesentlich anders als das Forum heute nachmittag.
Zurückhaltende BF-Grüße, Jay

Fehlerkorrektur

Jay, Stammposter, Sunday, 11.02.2007, 08:24 (vor 6498 Tagen) @ Jay

Sehr zur Entspannung & Meditation einladende, schöne Bilder. Wesentlich anders als das Forum heute nachmittag.
Zurückhaltende BF-Grüße, Jay

--
Ein Fehler ist unterlaufen. Da diese Replik bereits nach Mitternacht geschrieben wurde, muß es heißen: ...als gestern nachmittag, am 10. Februar 2007 nachmittags.

Die letzten Heiden in Europa

Lorenz ⌂, Stammposter, Sunday, 11.02.2007, 14:52 (vor 6498 Tagen) @ Eugen

Hallo Eugen,

..... Doch in Mari El war es Teil einer naturreligiösen Auffassung. Man hielt sich häufig im Wald auf, legte die Ohren an einen Baumstamm, um das Rauschen der "Haine" zu hören, oder hielt die Hände >dicht über ein Ameisennest, um sich anschließend dann das Gesicht mit der "Ameisensäure" zu desinfizieren.

Nach dem unsere so überlegene westliche Zivilisation solche Kulturen jahrhundertelang vernichtet hat, hängen wir uns nun hinein, um noch ein klein wenig dieser Erdverbundenheit wiederzubeleben, bevor die herrschenden Technokraten die Karre mit Vollgas an die Wand fahren.....

Dass in der Bevölkerung noch eine Ahnung steckt, was die Beziehung zur Natur wert ist, sieht man ja auch an der erstaunlichen und überhaupt nicht vom "Mainstream" der Gesellschaft vorgegebenen Akzeptanz der Barfußpfade. Jedenfalls muss man alle Potenziale nutzen, um die im Naturverbund überlebensfähigen Kulturen zu erhalten oder zu rekonstruieren. Die Inustriegesellschaft in der heutigen Form kann man nicht in diese Kategorie zählen!

Übrigens: auf Reproduktionen der Bilder von Künstlern, die seit mehr als 70 Jahren tot sind, kann kein Coppyright mehr bestehen. Bei Wikicommons sind diese Sachen auch als gemeinfrei gekennzeichnet, man muss die Quelle gar nicht angeben. Wenn dagegen Copyright besteht, ist das Zeigen auch mit Quellenangabe nur mit Zustimmung der Inhaber bzw. Verwerter möglich. Trotzdem ist der Hinweis sinnvoll, dass man bei Wikicommons sehr viele schöne Gemälde findet!

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

[image] Natur und Fortschritt

Die letzten Heiden in Europa

Eugen, Stammposter, Sunday, 11.02.2007, 16:35 (vor 6498 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,

Dass in der Bevölkerung noch eine Ahnung steckt, was die Beziehung zur Natur wert ist, sieht man ja auch an der erstaunlichen und überhaupt nicht vom "Mainstream" der Gesellschaft vorgegebenen Akzeptanz der Barfußpfade. Jedenfalls muss man alle Potenziale nutzen, um die im Naturverbund überlebensfähigen Kulturen zu erhalten oder zu rekonstruieren. Die Inustriegesellschaft in der heutigen Form kann man nicht in diese Kategorie zählen!

da möchte ich dir voll zustimmen. Auch der Stadtmensch hat noch eine Ahnung und vielleicht auch Sehnsucht nach einem Leben im Einklang (Symbiose) mit der Natur. Trotzdem sterben diese alten Kulturen im Zuge der "Globalisierung" aus -- weil die Jugend, wie man im Film sehen konnte, doch von den Lichtern der Großstadt unwiderstehlich angezogen werden.

Übrigens: auf Reproduktionen der Bilder von Künstlern, die seit mehr als 70 Jahren tot sind, kann kein Coppyright mehr bestehen. Bei Wikicommons sind diese Sachen auch als gemeinfrei gekennzeichnet, man muss die Quelle gar nicht angeben. Wenn dagegen Copyright besteht, ist das Zeigen auch mit Quellenangabe nur mit Zustimmung der Inhaber bzw. Verwerter möglich. Trotzdem ist der Hinweis sinnvoll, dass man bei Wikicommons sehr viele schöne Gemälde findet!
Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Danke für den Hinweis! Nach dem letzten Bilderstreit hier im Forum war ich etwas verunsichert, ob man überhaupt noch hier - im Überschwang kindlicher Freude -- Kunstbilder anderen zeigen darf. Wenn man etwas schönes entdeckt hat, will man es ja nicht für sich behalten - obwohl man beim Zeigen auch Ent-täuschungen erleben kann (Oh hätt ich es doch für mich behalten, denn die andern haben gesagt: Was soll denn der Schei....).

Gesunde Füße und auch sonst alles Gute wünscht
Eugen

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