Barfuß in Indien (Hobby? Barfuß! 2)

Christian (M), Thursday, 08.02.2007, 13:18 (vor 6436 Tagen)

Hallo, zusammen!

Vom 05.01 bis 27.01 besuchten meine Frau und ich Indien, genauer gesagt, unternahmen wir eine Rundreise durch Südindien.
Die Reise fand organisiert in einer kleinen Gruppe von 7 Leuten statt, da wir nur 2 Wochen Zeit hatten, und doch möglichst viel sehen wollten. Ich wollte die ganze Zeit über barfuß sein, und war natürlich gespannt, wie die anderen in der Gruppe darauf reagieren würden.
In der 3. Woche erholten wir uns in einem Ayurveda Resort in der Nähe Trivandrum.

Wir landeten am 27.1 in Chennai, als wir aus dem Flugzeug stiegen, schlug uns sofort die feuchtheiße Luft entgegen. Die Temperatur war 33°C! Dort ist es im Winter wärmer, als bei uns im Sommer .
Nachdem wir unsere Koffer abgeholt hatten, verpackte ich darin meine Schuhe, die ich bis zur Landung noch anhatte, tief unten im Gepäck, ich wollte sie die für die nächsten 3 Wochen nicht mehr sehen! 
Danach wurden wir sofort mit dem indischen Chaos bekannt gemacht, die Menschenschlange an der Passkontrolle war schier endlos und so was von chaotisch!! Die Inder haben die Angewohnheit, sich in einer Schlange bis auf 10cm auf den Vordermann aufzurücken, und wenn man nicht das Gleiche tat, wurde man gleich überholt.
Naja, in dieser "Schlange", eigentlich eher "Gewurschtel" sprach mich gleich ein Inder, der schon lange Zeit in Deutschland lebt, auf meine Barfüßigkeit an. Er selbst läuft in seiner Heimat immer barfuß, nicht aber in Deutschland, weil er sich einfach nicht traut. Er meinte, die Leute könnten glauben, er "sei dem Dschungel entlaufen", so wörtlich.

Vor dem Flughafen nahm uns dann gleich die Reiseleiterin in Empfang. Sie war, wie wir später erfuhren, 58 Jahre alt, wuchs in Australien auf, lebte dann in Hamburg, vor 10 Jahren wanderte sie dann nach Indien aus. Wir wurden von ihr ungewöhnlich herzlich begrüßt. Neben ihr warteten schon 2 Frauen, die zur Gruppe gehörten.
Erst nachdem der Rest der Truppe eingetroffen war bemerkten sie, dass ich barfuß war, aber mehr als ein "Oh, barfuß?" kam nicht. Völlig unspektakulär. Ich erzählte, dass ich im Sommer fast immer barfuß bin, dass ich es angenehm finde und das Übliche. Die meisten der Gruppe stimmten mir zu, dass barfußgehen angenehm ist, aber ihre Füße für den Aphalt einfach zu empfindlich seien. Damit war das Thema erledigt.

Anschließend gings mit einem Kleinbus durch chaotische Straßen und Ortschaften weiter nach Mahabalipuram, wo wir 2 Tempel besichtigten. Diese Tempelanlagen allerdings waren "stillgelegt" und man musste die Schuhe nicht ausziehen, wusste gar nicht, dass es so was auch gibt!

In den nächsten Tagen fuhren wir weiter nach Pondicherry, Auroville und Tanjavur, wo wir die Tempelanlagen und natürlich die Städte selbst besichtigten. Bis dahin war das Barfußlaufen sehr unspektakulär, nicht ein Einheimischer nahm nahm Kenntnis davon, dass ein Europäer barfuß durch Indiens Straßen spazierte. Nur ein Straßenhändler, der seine Schuhe verkaufen wollte, sprach mich an: "I´m sure, you need shoes!" ("Ich bin sicher, sie brauchen Schuhe!"). Er ließ sich nicht leicht vom Gegenteil überzeugen!  Auch der Dreck auf den Straßen hielt sich in Grenzen.

Als wir in Madurai ankamen, die erste richtige Großstadt, sah die Sache schon anders aus. Nicht, dass die Leute mich ansprachen, so wie es Jens und Thilo im "Best off" berichten. Nein, die Leute nahmen weiterhin keine Kenntnis. Die meisten Inder, die auf dem Land leben, sind barfuß, in der Großstadt sind es immer noch ca. 30%, schätze ich.
Die Unmengen von allem möglichen Dreck, mit dem meine Fußsohlen nun konfrontiert wurden war unvorstellbar! (Ich bin von München verwöhnt )
Ich hielt viel Ausschau nach Glasscherben, aber glücklicherweise hab ich nirgendwo nicht mal welche gesehen. Der Dreck macht mir gar nichts aus, klar ist es nicht toll, nicht zu vergleichen mit einer Wiese oder dem Strand, aber Schuhe hab ich deswegen nicht für nötig gehalten. (Notschuhe und San- Material hatte ich aber schon immer dabei, man weiß ja nie)

Nach 2 Tagen verließen wir Madurai, unser nächstes Ziel war Munnar in den Kardamonbergen. Dort waren Teeplantagen, so weit man sehen konnte- richtig schöne Natur. Wir unternahmen eine lange Wanderung durch diese schöne Landschaft, beobachteten Erntehelfer bei der Arbeit u.v.m.
Am nächsten Tag fuhren wir direkt nach Munnar, zum Einkaufen, Stadt besichtigen u.s.w. Unter anderem war da ein großer Obst- und Gemüsemarkt (Der Boden war recht schmierig und voll von faulendem Obst/ Gemüseresten und was weiß ich noch allem Möglichen).

Nächste Station war dann Thekkady, mitten in der Natur gelegen. Dort besichtigten wir die "Spice Gardens" und deckten uns mit allen möglichen guten indischen Gewürzen ein. Bei einem abendlichen Stadtbummel sprach mich zum zweiten mal ein Einheimischer auf meine Schuhlosigkeit an und meinte, das ist das gesündeste was es gibt, "because you are connected" Interessant, so hab ich das noch gar nicht gesehen. 

Am nächsten Tag stand das Periyar- Wildschutzgebiet auf dem Programm, der einzigste Tag unserer Reise, an dem ich Schuhe trug.
Wir wanderten durch den tiefsten Urwald, dort wachsen haufenweise Dornen, die man nicht so einfach sieht wie Glasscherben auf der Straße, die wachsen oft ziemlich versteckt, also trug ich bei dieser Tour Trekkingsandalen. Das war auch gut so! Bei einer Frau hatte sich ein ca. 4cm langer Stachel durch die Schuhsohle in den Fuß gebohrt! Gott sei dank nicht sehr tief, aber ausreichend für eine schöne Infektion! Ich hatte ja Verbandsmaterial dabei und desinfizierte und verband die Wunde.
Trotz dieses kleinen Zwischenfalls war das aber einer schönsten Tage in Indien!!

Am nächsten Tag stand eine Bootsfahrt auf den "Backwaters" auf dem Programm. Wir fuhren und übernachteten auf kleinen Hausbooten - Dort benötigte dann wirklich niemand von uns Schuhe!

Weiter gings nach Cochin, die letzte Station der Reise! Wir besichtigten die berühmten Wandmalereien im Mattancherry- Palast und die noch berühmteren Kathakali- Tänzer.

Am Tag darauf trennte sich unsere Gruppe, manche traten die Heimreise an, wieder andere reisten auf eigene Faust weiter.
Für meine Frau und mich ging die Fahrt nach Kovalam, in ein Ayurveda Hotel. Diese Woche war ein genialer Ausklang unserer Reise.

Indien ist unbedingt eine Reise wert, wir werden mit Sicherheit wieder hinfahren. Dort barfuß zu sein ist völlig unproblematisch (ausser, wenn man recht schmutzempfindlich ist, aber der Schmutz lässt sich ja leicht abwaschen). Auch in den gehobenen Restaurants und Hotels, war das überhaupt kein Problem! In einem Hotel arbeiteten auch die Angestellten barfuss.

So, jetzt fällt mir nichts mehr ein...!

Macht´s gut, Christian


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