Die Konsumentin wird mal wieder für strohdumm verkauft (Hobby? Barfuß! 2)

JohnK ⌂, Stammposter, Monday, 15.01.2007, 15:33 (vor 6460 Tagen)

"Apotheke life" vom 12.01.07: "Es ist schon merkwürdig: Menschen verwenden unendlich viel Zeit für die Pflege ihres Gesichtes und ihrer Hände, vernachlässigen jedoch die Füße sträflich. Sie tragen hohe Absätze und enges Schuhwerk, weil sie jung sind, bedenken jedoch nicht die Spätfolgen. Früher oder später bilden sich Knochendeformierungen, Schwielen und Hornhäute, denen man von Anfang an zu Leibe rücken muss, damit das Gehen nicht irgendwann zur Qual wird."

Gut und richtig, dass jungen Frauen, von denen viele die o.g. Spätfolgen wirklich nicht bedenken, ihr deformierendes Tun vor Augen geführt wird. Das war's dann auch schon mit dem ernst zu nehmenden Teil des Artikels. Ab da fängt die gequirlte Sch... an: Das krasse Gegenteil davon, dass frau den Schwielen und Hornhäuten, "von Anfang an zu Leibe rücken muss, damit das Gehen nicht irgendwann zur Qual wird". Die Hornhäute befähigen auch den Fuß zu seiner ureigenen Aufgabe, nämlich seine Besitzerin ohne Hilfsmittel auf Naturböden gehend und laufend fortzubewegen. Schwielen entstehen dadurch, daß sich die Hornhaut sich an besonders belasteten Stellen verstärkt. An meinen Füßen z.B. am Ballen zwischen dem ersten und zweiten Zeh. Würde ich der "Schwielen und Hornhäute, ... von Anfang an zu Leibe rücken" würde "das Gehen nicht irgendwann zur Qual" werden, sondern sofort. Ich könnte keinen Meter mehr gehen und joggen.

Man erwartet von gutem Journalismus Lösungsvorschläge, wie falsches Tun vermieden und Spätfolgen aufgehalten und gebessert werden können. Dieses (neue?) Apothekenblättchen kann da leider nicht mithalten. (Und: Werden diese überhaupt von der jungen Generation gelesen? Ich fürchte nicht.)

Hier wird ein Negativmotivationshäppchen angerührt und der Leserin zum Fraß vorgeworfen, damit ihr schlecht wird und sie begierig die gute Muttermilch in Form einer Paradelösung aufsaugt, die in Gestalt von Fußcreme!!! verkauft wird. Der weitere Verlauf des Artikels zielt ausschließlich auf Fußcreme ab, wobei besonders auf Diabetiker eingegangen wird.

Der erhobene Zeigefinger ist lediglich ein Anreißer, um den Verkauf von Fußcremes anzukurbeln, die hornhautreduzierende Bestandteile enthalten, und gipfelt im geballten Schwachsinn: "Unsere Füße sollen uns immerhin rund achtzig Jahre durch das Leben tragen - da ist die Anwendung einer Fußcreme eine gute Investition. ... Für alle Füße, die gepflegt werden wollen, gibt es in der Apotheke Präparate von hoher Qualität und hohem Nutzen. Fragen Sie danach ..."

Die Konsumentin wird wieder einmal für strohdumm verkauft: Nicht nur, dass auf der Seite "Gesundheit und Vorsorge" suggeriert wird, für jedes Wehwehchen gäb's ein Sälbchen, sondern vor allem, dass ein schöner und gesunder Fuß nur ein solcher sein kann, der - bar von Schwielen und Hornhäuten - nicht mehr in der Lage ist, sich durch die Natur zu bewegen.

Das Gegenteil ist der Fall! Ein schöner und gesunder Fuß ist ein solcher, der zu seinem Zwecke, dem Barfußlaufen, gebraucht wird. Vorsorge betreibt frau, wie es auf den Seiten von "Die Prävention", einer Initiative des Bundesgesundheitsministeriums angeraten wird.

Viele Grüße,
Johannes

[image] Barfußwandern mit der Barfuß-Initiative-Berlin

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