Hi Jay!
Wichtig ist für mich insbesondere die Befreiung vom allgegenwärtigen Schuhzwang. Eine Assoziation von BF mit "Natürlichkeit" habe ich z. B. nicht. Was vielleicht eigenartig wirken mag: Als zwar (da kann man andere fragen) beruflich und auch sonst brutal harter Typ, jedoch als "Inhaber" weicher und sanfter Füße assoziiere ich jedoch gerade Schuhe nicht als Verweichlichung, sondern gerade als harte, unangenehme Gefängnisse.
Gerade aus dieser Antwort geht hervor, daß Du das Barfußlaufen so natürlich und selbstverständlich findest, daß Du Schuhe folglich als die harten, unangenehmen Gefängnisse, die sie ja auch tatsächlich sind, empfindest, während sie für andere Menschen als zur persönlichen Fortbewegung unentbehrlich angesehen werden, weil sie auf natürlichen Böden barfuß gar nicht vorankommen, was sich in der oft gestellten Frage "Tut das denn nicht weh?" oder gar "Ist das denn nicht gefährlich?" äußert. Meine Partnerin würde niemals auch nur einen Schritt aus dem Hause barfuß tun; erscheint ihr mal eine kurze Strekke zum Barfußgehen geeignet, so trägt sie ihre Sandalen in der Hand, schreit aber schon beim kleinsten Steinchen lauthals "aua"! Daraus folgt, daß sie ebenso wie die überwältigende Mehrheit der hierzulande Wohnenden GAR NICHT FÄHIG IST, barfuß zu laufen, was für mich eine Degenerationserscheinung infolge übermäßiger Verweichlichung darstellt.
Ich mag z. B. die beruhigende Sanftheit des BF-Gehens, gleichzeitig (zugegeben) darf ich an die Adresse der betont 'harten', geländegängigen BF-Wanderer sagen, daß ich in dieser Disziplin ("20 km BF auf Schotter") keinen Ehrgeiz habe.
Den habe ich schon, denn ich möchte nach Möglichkeit in der Lage sein, überall ganz selbstverständlich barfuß zu gehen, und das ist nur durch konsequentes hartes Outdoor- Training möglich. Aus diesem Grunde beteilige ich mich gerne an anspruchsvollen Wanderungen wie solchen auf dem Rheinsteig und freue mich schon darauf, unter Eva's Führung das nächste Stück (von Rheinbrohl Richtung Süden: vielleicht bis zur Mündung der Lahn in den Rhein?) auf nackten Sohlen in Angriff zu nehmen.
Gleichzeitig bin ich in chaotischer Weise mal echter, mal unechter BF: In der Übergangsjahreszeit oder wenn ich damit rechnen muß, irgendwo wg. BF (z. B. Industriekunden wollen mit mir in unbekanntes Restaurant gehen) Trouble zu bekommen, hab' ich durchaus Adiletten oder Berkemanns im Kofferraum mit (sie stören mich bereits, wenn sie z. B. hinter dem Fahrersitz oder im Beifahrer-Fußraum liegen). Sonst, wenn´s nirgendwo wirklich eisig kalt werden kann, durch unbekannte Chemikalienbäder durchgewatet werden muß, kann´s schon vorkommen, daß ich als echter BF (keinerlei Schuhe mit) z. B. per 4rad nach Südfrankreich fahre, wenn ich in einer Absteige (z. B. Hotel in Toulouse) bin, die mich kennt.
Man muß auch unbekannte Restaurants einfach barfuß ausprobieren, und auch in so häufig von Dir frequentierte Restaurants wie Nagerl wirst Du Dich irgendwann einmal erstmals barfuß hineingewagt haben.
Gut, man könnte jetzt sagen: Dann gehst du ja kein Risiko ein. Nur: etwas suchen zu müssen, bloß weil man wg. BF nicht eingelassen wird, bringt´s auch nicht. Trotzdem lasse ich mich zunächst einmal auf ""Abenteuer"" (bewußt in doppelten Anführungszeichen geschrieben) und watschele natürlich erst mal voll BF auch in unbekannte Hotels oder Restaurants. Normal habe ich, wenn ich mit dem 4rad bei Außentemperaturen >15° wegfahre, so gut wie nie Schuhe mit.
Solche "Abenteuer" finde ich sehr spannend. Im Unterschied zu der Empfehlung in dem Benimm- Buche von Frau Wrede- Grischkat pflege ich Restaurants jedoch keinesfalls "etwas zögerlich" zu betreten, weil sonst der Eindruck aufkommen könnte, daß ich mich meiner nackten Füße schäme. Ich marschiere statt dessen forsch hinein und frage die Bedienung (wobei ich ihr in die Augen blikke), wo ein freier Tisch sei.
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Wenn aber sehr viele Leute gelegentlich mal das Barfußlaufen probieren und damit einen besonderen Sinneskontakt zur Natur erleben, entsteht eine Grundlage für die Weiterentwicklung der Beziehung von Mensch und Natur. Und darum kommt es mir vor allem auf eine breite Akzeptanz des gelegentlichen Barfußgehens an.
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Ja, da bin ich z. B. anders. Die Dimension der Naturverbundenheit interessiert mich beim BF-Gehen z. B. überhaupt nicht, ich bin hinten & vorn kein Öko-, Umwelt-, etc. -Typ, sondern jemand, der in der Rockmusik- & Hippietradition beheimatet ist. Hätte man z. B. einen Jimi Hendrix oder Pete Townshend gefragt, was Öko ist, sie hätten mit dem Begriff überhaupt nichts anzufangen gewußt, sondern fuhren ungeheuere Autos.
Hier zeigt sich wieder der Generationenunterschied zwischen uns, da ich die originäre Hippiebewegung nicht bewußt mitgekriegt habe und meine eigenen Eindrükke sich auf gelegentliche Sichtungen in meiner Kleinkindphase beschränken. Darüber hinaus ist ein Drögeler wie Jimi Hendrix, der schließlich an seinem eigenen Drogenkonsum einging, für mich keine maßgenbende Person. Wenn gelegentlich alte Archivaufzeichnungen von ihm im Fernsehen kommen, ist er darin übrigens nicht barfuß.
Als "Öko" habe ich mich im übrigen nie empfunden, weil ich den Begriff mit selbstgestrickten Pullovern, Müsli & artverwandtem Körnerzeugs (Buäh!), Anti- Atomkraft- Demonstrationen und Landkommunenromantik asoziiere, was alles nicht meine Welt ist.
Meine Assoziation von Barfüßigkeit mit Natürlichkeit ist eher philosophisch, hat vor allem mit Erdverbundenheit und so zu tun.
Ich mag das Feeling (v. a. in der Dimension Freiheit) des BF-Seins per se, ich fühle mich dabei stark und letzten Endes einfach als mich selbst, in meiner Persönlichkeit unterstüzt. Große Leute sagten immer wieder mal: Man muß in sich selbst ruhen, darin läge ihre [geistige] Kraft. Genau dafür ist für mich BF ein wesentlicher Bestandteil.
So empfinde ich es ebenfalls.
Mir geht es darum, den Alltag, den täglichen Einkauf, den Gang bzw. die Fahrt in die Stadt, den Besuch bei Freunden, die Teilnahme an Veranstaltungen barfuß zu leben. Ich beneide diejenigen, die am Arbeitsplatz barfuß sein können, was mir leider nicht möglich ist, weshalb ich leider temporär auf Schuhe angewiesen bin. Davon, die Schuhe kurzzeitig auszuziehen, mich neben sie zu setzen oder sie in der Hand zu tragen, halte ich nichts. Ich bin froh, wenn ich keine Schuhe sehe. Und in meiner Wohnung, wo meine Schuhe ihren Platz haben müsssen, sind sie "unsichtbar", weil ich meinen Schuhschrank bewußt in der Abstellkammer plaziert habe.
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Mach ich auch so. Schuhe im Wohn- oder Schlafzi stören mich enorm.
Auch bei mir ist der Interessenschwerpunkt (neben BF-Philosophischem, -Tiefenpsychologischem, -Medizinischem) das BF-Alltagsleben. Für Wanderungen hab' ich z. B. kaum Zeit...es wird kaum jemals Berichte dieser Art von mir geben. Wohl aber fahre ich gerne in Mußestunden "sinnlos" mit dem Auto spazieren und sehe mir dieses oder jenes an und bin natürlich insbesondere gerne ein "geselliger" Typ, viel auf Partys etc...freue mich insbesondere auf ein mögliches BF-Megatreffen in München.
Ja, darauf freue ich mich auch. Ich bin eigentlich zu ziemlich vielen barfüßigen Aktivitäten bereit; gemeinsame Wanderungen sind für mich vor allem "Outdoor- Trainingseinheiten" auf anspruchsvollen Böden, denn in der Gruppe ist man einfach mehr motiviert als alleine.
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Freu' dich des (insbesondere BFigen) Lebens. Genieße es.
Jawoll, das tu ich.
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An solchen Bildern, auf denen irgendeine Dame Schuhe in der Hand trägt und mit ihren "niedlichen nackten Füßchen" kokettiert, kann ich keinen Gefallen finden, weil das für mich nichts mit Barfußlaufen zu tun hat.
Ciao,
Jay (stark erkältet, frierend und jetzt gerade, da diese Zeilen entstehen, zugegeben: in den bekannten weißen Baumwolltennissocken)
Gute Besserung und auf bald,
Markus U.