Barfüßige Velotour zu Silvester (Hobby? Barfuß! 2)
Silvester 2006: Da in der Nacht zuvor ein wenig Regen gefallen war, war es nicht allzu stark abgekühlt. Gegen 8.15 Uhr war es +6°C und die Wolken zeigten immer mehr Lücken. Also ideale Bedingungen für eine barfüßige Velotour, eine letzte Chance im Jahr 2006! Als ich losradelte, kam es mir anfangs auch nicht kalt vor. Es folgten aber Stellen, an denen es kälter war als in Zofingen. Und wenn es dann ein wenig bergauf gegangen war, war es wieder deutlich wärmer. Offensichtlich sammelte die kalte Luft sich in den tiefsten Muldenlagen, während nur weniger Meter höher die Luft deutlich wärmer war. Wechsel von kalt zu warm und umgekehrt, eine Kneippkur auf Luftbasis statt auf Wasserbasis?
An den Füßen und den anderen Körperteilen, die nicht durch irgendwelche "Isolatoren" von der Umwelt hermetisch abgeriegelt waren (Nase, Ohren, Hände, Beine) spürte ich sehr deutlich die Unterschiede. Ein Mensch, der sich mit fettem Schuhwerk, Handschuhen, Mütze mit Ohrenschützern, langer Unterhose oder auch nur im Auto (und leider auch im Zug) durch die Gegend bewegt, bekommt diese Eindrücke einfach nicht mit. Interessant war es, wenn die Straße direkt neben einem felsigem Höhenrücken längs führte. Dann kam es mir vor, als würde ich mich durch einen Wasserfall aus warmer Luft bewegen.
Während ich radelte, waren nicht allzu viele Autos unterwegs, andere Verkehrsteilnehmer erst recht nicht. Böse Bemerkungen vernahm ich nicht, nur ab und zu ein paar Blicke, die vielleicht auch erfolgt wären, wenn ich in "echter" Winterkleidung vorbeigeradelt wäre. Über Suhr und Brugg erreichte ich das malerische Städtchen Klingnau:
Dann bewegte ich mich in Richtung Klingnauer Stausee
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Hier sollte der Gippinger Stauseelauf stattfinden. Aber bis zum Start der ersten Gruppe war sollte es noch etwa 45 Minuten dauern, also radelte ich am unterwegs. Der See (eigentlich die aufgestaute Aare) ist auch ohne Lauf ein herrliches Naturschutzgebiet:
Hier waren bei diesem herrlichen Wetter etliche Spaziergänger unterwegs. Die meisten Leute interessierten sich für die Natur. Daß ich barfuß war, schien kaum jemand zu bemerkten, höchstens Kinder. Ich radelte bis nach Gippingen, wo ich mein Velo abstellte und die ersten Starts abwartete. Fürs Tragen einer Jacke war es nun definitiv zu warm. Zuerst liefen Kinder, die Runden waren nur kurz. Von den barfüßigen Zwillinge aus Uffikon, die offensichtlich aus einer sportlichen Familie stammen (nicht nur die Namen der Zwillinge, sondern auch die der älteren (beschuhten) Geschwister tauchen auf allen möglichen Teilnehmerlisten von Laufveranstaltungen überall in der Schweiz auf (Mels, Biel, Aarau), habe ich ja schon berichtet.
Nachdem die erste Gruppe rund um den gesamten See gestartet war, radelte ich auf anderen Wegen zur Brücke (und war eher da als der schnellste Läufer), dann radelte ich zum Kraftwerk, wo die Aare aus dem Stausee fließt:
Hier wartete ich wieder das Feld ab, um auch dann zum Ziel zu radeln. Denn nun sollte die zweite Gruppe um den See starten. Daß der Barfußläufer Franz Studhalter aus Oberwil BL daran teilnehmen würde, wußte ich nicht, aber ich sah es beim Start. Im Pulk fällt übrigens ein Läufer, der barfuß und nur mit Laufshorts bekleidet ist, unter beschuhten Läufern, von denen etliche kurze Sporthosen, die meisten jedoch lange Sporthosen tragen, gar nicht mal auf (wenn Abstand zwischen den Läufern ist schon eher). So kam ich auch wieder zur Brücke zwischen Döttingen und Kleindöttingen, wo nun etliche Leute standen. Kaum jemand reagierte hier auf meine Kleidung, während wenige hundert Meter vorher im Dorf einige Leute erstaunt auf meine Füße starrten. So schnell ändern sich die Sitten. Aber wen überrascht es schon.
Wieder weiter um den See geradelt, um dann der dritten Runde zu folgen, um längere Zeit am Kraftwerk zu warten, wo ich das Gespräch mit einer Frau führte, worüber ich auch hier berichtet habe. Dann fuhr ich zum Ziel. Unterwegs hörte ich Worte wie: "Der schon wieder!" oder: "Copa Cabana" oder: "Nächste Disziplin; barfuß Velo fahren!" Ich glaubte, daß nun die letzte Gruppe ins Ziel kam, dem war aber nicht so. Als ich auf dem Damm in Richtung Brücke fuhr, holte ich einige Läufer ein, in einiger Entfernung sah ich Franz Studhalter aus Oberwil BL. Um die Läufer nicht zu gefährden, wählte ich die nächste Abzweigung, sie führte über den Hof eines Restaurants zu einer Straße. Zwei Kinder fragten mich: "Ist es nicht zu kalt?"
Ich erreichte die Brücke (einige Zuschauer feuerten nicht nur die Läufer an, sondern auch mich, wie wenn ich ein Radrennfahrer wäre) , fuhr von dort aber aareaufwärts. Als ich durch die Altstadt von Brugg radelte, hörte ich eine Stimme: "Barfuß zu Silvester, das habe ich noch nie gesehen!" Er war halt am falschen Ort! Aber böse Bemerkungen gab es nicht. In der Tat traf ich keine Barfüßer mehr und gerade einen Radrennfahrer in kurzen Velohosen. Als ich das Kraftwerk Rupperswil erreichte, verschwand die Sonne hinter Bäumen, so daß ich wieder eine Jacke benötigte. Der Wind nahm zu, er kam mir entgegen, so daß das Fahren mehr Kraft verschlang. Aber zum Glück war der Wind nicht kalt, so daß meine Füße warm blieben.
In der Oltner Fußgängerzone schob ich mein Rad über die kühlen Steine und anschließend über die angenehm barfuß begehbaren Planken der gedeckten Holzbrücke. Ein Junge rief zu seinem Vater: "He, der ist ja barfuß!" Darauf der Vater: "Es ist doch heute wirklich nicht kalt." Gegen 18.30 Uhr war ich zu Hause. Ich kann mich nicht daran erinnern, an einem Silvestertag ein derart "sommerliches" Wetter gehabt zu haben, auch nicht während meiner Vorbarfußzeit.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen