Randgespräche beim Gippinger Stauseelauf (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Wednesday, 03.01.2007, 16:59 (vor 6537 Tagen)

Silvester 2006: Die zweite Läufergruppe rund um den Klingnauer Stausee war anläßlich des Gippingen Stauseelaufes unterwegs. Und ich hatte mein Velo am Kraftwerk, wo die Aare aus dem Stausee fließt, um bald danach im Rhein zu münden, abgestellt. Ich stellte mich an die Abschrankung, um die Läufer zu beobachten. Vielleicht würde ich ja das eine oder andere bekannte Gesicht erkennen. Neben mir standen eine junge Frau und drei kleine Mädchen (ob es 3 Schwestern waren oder sie nur zum Teil verschwistert waren, kann ich nicht sagen. Und sicher ist auch, daß die junge Frau nicht die Mutter aller Kinder sein konnte, "die Mutter" befand sich auf der Laufstrecke).

Eines Mädchen blickte in meine Richtung, dann auf den Boden und sagte zum danebenstehenden Mädchen: "Ein Mann mit barfuß!" Das angesprochene Mädchen blickte gespannt auf die Laufstrecke und sagte: "Nein!" "Doch!" sagte das erste. Schließlich sagte das zweite: "Ich sehe wirklich keinen, der barfuß läuft!" "Schau doch, direkt neben dir." Dann schaute es in meine Richtung, erblickte meine Füße und schaute wieder auf die Laufstrecke, während das andere den Blick nicht von meinen Füßen nehmen konnte. So unterschiedlich sind die Reaktionen. Für das eine war barfuß an sich ungewöhnlich (was auch der Satz "einer MIT barfuß") widerspiegelt, für das andere war lediglich barfuß auf der Laufstrecke ungewöhnlich gewesen.

Nach einiger Zeit sagte die Frau: "Sarah, blick doch nicht immer dorthin. Am Lauf darf jeder teilnehmen, egal ob im Badeanzug oder im Wintermantel!" Offensichtlich hat mich die Frau für einen Teilnehmer gehalten, der vielleicht sein Pensum schon erledigt hatte und nun zuschauen wollte, wie seine Bekannten abschnitten. Meine Kleidung (T-Shirt, kurze Turnhose, barfuß) war derjenigen der Läufer doch ähnlicher als derjenigen der Zuschauer.

Die Worte der Frau waren für mich ein Anknüpfungspunkt, mich einzumischen mit den Worten: "Bei der letzten Rund hat übrigens ein Mann teilgenommen, der nur eine kurze Sporthose trug, sonst nichts. Beim Laufen mag das noch gehen, aber ansonsten wäre es mir zu kalt." Sind Sie auch gelaufen?" fragte sie. "Nein, ich bin mit dem Velo von Zofingen gekommen." Da war sie doch etwas erstaunt und fragte: "Aber doch nicht in dieser Kleidung?" "Stimmt! Auf dem Velo trug ich eine Jacke. Aber keine Schuhe und keine lange Hose." "Dann sind Sie sicher nie erkältet!" "Nie ist übertrieben, aber SEHR selten. Vermutlich deswegen, weil ich am Arbeitsplatz Schuhe tragen muß."

So kam ein interessantes Gespräch zustande, während sie auf die Läuferin warteten, die sie anfeuern wollte. Selbstverständlich erwähnte ich die barfüßigen Zwillinge. Auch kamen wir auf den Zürcher Silvesterlauf zu sprechen, an dem ihr Mann gelaufen war und sie zum Anfeuern dort stand. Sie konnte sich nicht an einen barfüßigen Läufer erinnern, aber es laufen ja nicht alle zur selben Zeit. Sie fand es gut, wenn Leute barfuß am Lauf teilnehmen und meinte, das vielen Leuten das Gefühl fürs Barfußlaufen abhanden gekommen sei. Als ich ihr erzählte, daß ich mal an einer organisierten Barfußwanderung durch die Wahner Heide bei Köln teilgenommen hatte, meinte sie: "Barfußwanderung? Ist ja toll, daß es sowas gibt." Erstaunt war sie allerdings, daß ich dorthin mit dem Fahrrad gefahren bin und keine Schuhe dabei hatte.

Auch das Elbsandsteingebirge erwähnte ich, die Dresdener Frauenkirche, auf deren Kuppel man ohne Schuhe nicht durfte, meine frühere Teilnahme am Zofinger Run and Bike (mit Schuhen), mein Beruf, mein Studium in Oldenburg (eine Bekannte von ihr war mal in Oldenburg, sie konnte aber nicht sagen in welchem), auch daß mein Vater Schuhmacher war (das Wort "Schuster" gebrauchte ich nicht).

Die Kinder wurden allmählich ungeduldig, sie wollten weiter, aber erst mußte "das Mammi" vorbei sein. Dann war es soweit. Die Läuferin (mit Schuhen, Handschuhen, jedoch ohne Mütze) lief vorbei, winkte denjenigen, die sie anfeuerten zu. Als sie vorbei war, verabschiedeten sich die anderen von mir und gingen zum Auto. Und auch ich fuhr weiter mit dem Rad, dem Ziel entgegen.

Ich habe den Eindruck, als ob Leute, die selber Sport treiben (oder sich zumindest dafür engagieren) ein deutlich positiveres Verhältnis zum Barfußlaufen haben als solche Leute, die für Sport nicht das geringste über haben und sich lieber volldröhnen. Aber wen überrascht das schon?

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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