Ein anderer Barfüßer am Heiligabend (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Friday, 29.12.2006, 11:20 (vor 6477 Tagen)

Heiligabend 2006: In Münchenstein verließ ich die S-Bahn und schritt barfuß zur nicht weit entfernten Tramhaltestelle "Münchenstein Dorf". Während ich auf das gelbe Tram wartete, kamen zwei junge Frauen mit einem Hund. Lediglich der Hund interessierte sich schnüffelnderweise für meine Füße, vermutlich hätte er fettes Schuhwerk genauso beschnüffelt. Zwei ältere Frauen kamen zur Haltestelle, eine sagte: "Barfuß zu Weihnachten, das habe ich noch nie gesehen.

Mit dem "Zehner" fuhr ich bis Bottmingen, um von dort die erste etwas längere Barfußwanderung zu machen. Sie führte mich über asphaltierte Wege bis zu einer Haltestelle der Tramlinie 15. Unterwegs begegneten mir ein etwa 30-jähriges Paar mit Hund. Als ich vorbei war, vernahm ich etwas wie "Polizei rufen!" wobei ich allerdings nicht sicher war, ob es sich auf mich bezog. Eine Autofahrerin überholte mich, starrte auf meine Füße und hielt etwa 100 Meter vor mir an, um mit einem älteren Mann mit großem Fotoapparat zu reden, dann fuhr sie weiter. Als ich in Höhe des Hobbyfotografen(?) war, grüßte er freundlich. Er ging hinter mir her in Richtung Haltestelle, wo gerade eine Frau stand, die mich fragte: "Ist das nicht zu kalt ohne Schuhe?" "Wenn man in Bewegung bleibt, dann nicht!" "Dann sind Sie wohl sicher nie erkältet", meinte sie. Darauf antwortete ich: "Nie ist übertrieben, aber sehr selten. Vermutlich erkälte ich mich nur, weil ich am Arbeitsplatz Schuhe tragen muß."

Das Tram kam, wir beide stiegen ein, der Mann mit der Kamera ging wieder in die Seitenstraße. Wieder ging es durch die Wolfsschlucht in Richtung Basler Zentrum. Am Tellplatz verließ die Frau das Tram und wünschte mir frohe Weihnachten. Während die Bahn die Wettsteinbrücke überquerte, joggte ein Mann in kurzen Sporthosen (und mit Schuhen) über selbige Brücke. Dieser Jogger war nicht derselbe, den ich am selben Tag schon gesehen hatte. Mir waren also an diesem Tag bei Temperaturen unter +5°C bereits 2 Personen in kurzen Hosen begegnet, also scheint so etwas auch im Winter auch außerhalb von Fußballfeldern und anderen "echten" Sportstätten nichts ungewöhnliches zu sein. Aber beide trugen Sportschuhe, im Gegensatz zu mir. Würde mir an diesem Tag noch ein Barfüßer begegnen?

Ja, jedoch erst nach einiger Zeit. Zwischenzeitlich hatte ich noch Riehen bereist, wo ich noch durch den Ortskern wanderte, dann begab ich mich mit dem Tram (mit Umsteigen am Claraplatz) nach Kleinhüningen bis zur Endstation. Von dort wanderte ich dem offiziellen Radweg, der parallel zum Rhein verläuft, zuerst durch Industrieanlagen vom Strom getrennt, ab der Dreirosenbrücke direkt am Ufer. Auf der Uferpromenade fiel ich nicht allzu sehr auf. Hinter der Wettsteinbrücke begegnete mir ein Paar, der Mann war barfuß und trug lange Hosen, seine Begleiterin dagegen trug Handschuhe (und Schuhe). Der Mann fragte mich, ob ich schwimmen wollte. Worauf ich antwortete: "Nein, nur wandern." Irgendwie kam mir der Mann bekannt vor. Möglicherweise handelte es sich um den Fährmann, der früher barfuß seinen Dienst auf der Münsterfähre versah.

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Ganz sicher bin ich mir da aber nicht. Als ich weiter ging, hörte ich nach etwa 50 Metern eine Stimme: "Schon wieder einer barfuß!" Es war übrigens der letzte Barfüßer, dem ich begegnete. Man sieht wieder einmal: Egal ob in Düsseldorf auf dem Weihnachtsmarkt oder in Basel am Heiligabend sind sowohl Barfüßer als auch Leute in kurzen Hosen zwar eine Minderheit, jedoch keine "Einzelfall", wenn man es wörtlich nimmt. Auf dem Düsseldorfer Weihnachtsmarkt, den ich anläßlich eines Barfußtreffens mal besuchte, gab es nämlich 3 Barfüßer und 2 kurz behoste, in Basel 2 Barfüßer und 3 kurz behoste. Und beides gleichzeitig? Das war wirklich ein "Einzelfall" in des Wortes wahrster Bedeutung.

Ich wanderte bis zum Kraftwerk Birsfelden, überquerte dort den Rhein, drehte eine Runde über den dortigen Barfußparcour (und sonst tat es niemand). Ich erreichte die Wettsteinbrücke, wo ich die Treppe, die im Sommer auch deutlich mehr Scherben aufweist als jetzt, hinauf zur Straße stieg. Es wurde dunkel, und es näherte sich nach einem doch relativ sonnigem Tag eine Hochnebeldecke. Eigentlich war ich froh, denn diese verhindert ein allzu starkes Abkühlen während der Nacht. Nach einem Gang durch die weihnachtlich beleuchtete Freiestraße und andere Gassen war ich doch froh, daß ich endlich wieder einmal die "Planken" eines Straßenbahnzuges unter den nackten Füßen spüren durfte. Die Bise hatte es doch in sich gehabt. Merkwürdigerweise froren nur meine Hände und Arme, nicht die Beine und Füße. Dabei waren die Arme mit den Ärmeln der Jacke bedeckt und meine Hände konnte ich in den Taschen vergraben. Vielleicht muß ich es lernen, abwechselnd mal auf den Händen zu gehen, das würde für ein "gerechter verteiltes" Kälteempfinden sorgen.

Nach einigen weiteren Tramfahrten stieg ich am Spalentor aus:

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Von "Basels schönstem Oberleitungsmast" wanderte ich durch etliche Gassen auf Umwegen zum Rathaus. Im Hof desselben lag unter anderem ein Buch aus, in dem man seine Wünsche eintragen konnte. Viele Leute waren dort, etliche bemerkten sicherlich meine Barfüßigkeit und meine auch sonst nicht allzu winterliche Aufmachung. Niemand sagte etwas, vermutlich dachten die, es soll so sein. Was ich ins Buch schrieb, möchte ich hier nicht wiedergeben, da offtopic.

Und wieder weiter mit dem Tram, eine letzte Runde. Herrlich der Blick, wenn das Tram über die Wettsteinbrücke rollt und man die festlich beleuchtete mittlere Brücke sieht. Auch das Münster ist angestrahlt, wobei der wegen Bauarbeiten verpackte Turm im Dunkeln fast noch schöner aussieht als der andere.

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Danach noch ein kurzer Gang durch die Altstadt, die Freiestraße. Durch die Barfüßergasse ging ich, vorbei an der Barfüßerkirche zum Barfüßerplatz. Und hier begegnete mir eine Familie, wobei die kleine Tochter sagte: "Der läuft ja barfuß!" Ausgerechnet hier soll das ungewöhnlich sein? Verkehrte Welt? Oder Heimatkunde schlecht?

Während ich am Barfüßerplatz auf das nächste Tram wartete, gab es einige erstaunte Blicke. Der "Achter" brachte mich zum Bahnhof SBB, wo ich ziemlich säckeln mußte, um meinen Zug nach Zofingen noch zu bekommen. Aber ich bekam ihn. In Zofingen herrschte leichter Frost, während ich mit dem Fahrrad nach Hause fuhr.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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