BF auf der Industrie-Xmasfeier & die schwierigste aller BF-Fragen (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Monday, 18.12.2006, 09:48 (vor 6553 Tagen)

Hi!
Z. Zt. habe ich wieder mal die lästigen "Pflicht"termine, bei langjährigen Industriekunden auf der Weihnachtsfeier zugegen zu sein, hatte im Terminmanagement am vergangenen Freitag (da feierten wohl x Firmen) Mist gebaut und irrtümlich zugesagt (obwohl derzeit wirklich mit Arbeit "zu"). Auch fußmäßig herrscht bei mir derzeit das totale Chaos. Tatsächlich trage ich im Auto meinen Wintermantel, Clogs u. sogar die weißen Tennissocken, weil meine Pranken wg. Heizungsausfall ständig mit eiskalter Luft beblasen werden (kam bisher nicht dazu, das zu beheben). Am Zielort angekommen, erhalten meine Füße wieder Freiheit (aber nur bei Kurzstrecke zu einem Gebäude).
Diesmal war´s ein Nobelhotel in der Schwabenmetropole Stuttgart. Zufällig war kein Portier zu sehen, an der Reception war gerade viel Check In oder -Out, ich huschte hinein und fuhr mit dem Lift zu dem Saal hoch, wo eine F&E-Division meines Kunden eine zusätzliche Extra-Weihnachtsfeier abhielt. Da sah man nun eine große Bandbreite an Outfits, Maßanzüge mit Westen und dunkle, feierliche Kostüme, aber auch Legereres, ich hatte meine beste Jeans und einen schwarzen Pullover mit samtiger Oberfläche an. Man stieß zum Small Talk mit den Sektgläsern an, Predigten wurden gehalten (auch ich sprach am Rednerpult ein paar kurze Dankesworte für die gute Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr [freiberuflicher Mitarbeiter]) und schließlich wurde zu Tisch gebeten. Durch allseits steigenden Promillepegel steigerte sich die dezente Geräuschkulisse mit leisem Besteckklappern & murmelnder Unterhaltung im Laufe einer Dreiviertelstunde zu einer fröhlichen Runde mit gelegentlichen grölenden Lach-Ausbrüchen, man schwärmte auch zu anderen Tischen aus. Ich schlenderte gerade auf den Cheftisch zu, die "oberste" Sektretärin schlug mir mit einer freundlichen, einladenden Handflächen-Geste vor, Platz zu nehmen.
Zwischenzeitlich war es gerade etwas ruhiger geworden, die Backgroundmusik hatte ausgesetzt. Es herrschte etwas Themenverlegenheit. Weder im Lift (es kam mir so vor, als ob man mich für einen gerade dem Swimmingpool entstiegenen Hotelgast hielt) noch sonstwo hatte an diesem Tag ein Mensch über meine BFigkeit auch nur ein einziges Wort verloren. Die Chefin des Sekretärinnen- u. Teamassistentinnenharems durchbrach die scheinbare Stille:
"Herr NN, Sie möcht' ich amol sehe, wann Sie amol s' Barfußgehe aufhöre!"
[Schon etwas promillebehaftet, meine kurz & bündige Antwort]: "Nia!" (Nie)
"Was mache Sie, wenn Sie amol a alter Ma sind?" (Was machen Sie, wenn Sie einmal ein alter Mann sind?)
"Tja..." und nix war´s mehr, grübelnde Verlegenheit machte sich bei mir breit. Mein Abwassertank meldete sich, nach Verrichtung des kleinen Geschäfts sah ich in den riesigen optimal illuminierten Toilettenspiegeln nach meinen grauen Strähnen. Der vornehme Keramiktoilettenboden schien extra für mich wohlig beheizt zu sein und war wunderbar, trotzdem fragte mich jemand:
"Isch Ihne ned zschkalt?" (Ist Ihnen nicht zu kalt?)
"Na. Bins gwohnt." (Nein. Ich bin es gewohnt.)
Danach ging er ohne viel Federlesens weiter und ich wieder zu jenem Saal hoch, in dem mittlerweile das Tanzbein geschwungen wurde. Ich lümmelte mich auf einen Eckplatz hin, lehnte mich zurück, grübelte (siehe weiter unten) und steigerte meine Promille, sodaß ich mir Geld für ein Übernachtungszimmer leihen mußte. Für die Verhandlungen an der Reception hatte ich mir den Mitleids-Barfuß-Türöffnertrick* zurechtgelegt ("ein derber, übler Kollegenscherz"), brauchte ihn aber nicht. Möglicherweise hatte man mich als scheinbaren Mitarbeiter der Fa. wahrgenommen, die in diesem Haus viel € zurückließ.
"Brachan koa Angst ham, ihob Schua mit und waschma vorm Zbettgeh seybvastendlich meine dreekaten Fiass..." (Sie brauchen keine Angst zu haben, ich hab' Schuhe mit u. wasche mir vor dem Zubettgehen selbstverständlich meine schmutzigen Füße). Wieder blieb mein BF sensationslos. Auch beim darauffolgenden Frühstück, bei dem ich diplomatisch allerdings einen recht versteckten Platz einnahm. Paßt gar nicht, daß man in solchen Hotels angeblich nicht BF gehen soll. Der flächendeckend vorhandene Teppichboden war äußerst angenehm...
Der Preis für diese Übernachtung war allerdings ähnlich deprimierend wie das, worüber ich am Abend zuvor grübelte. Seit Beginn meiner Midlife-Crisis beabsichtige ich, mit in Outfit-Usancen am Modell der alten Rockmusiker zu orientieren. Das heißt, ich werde zur zwar bügelfaltenlosen, aber sonst praktisch neuen blauen Jeans mehr langärmlige, kunstvoll gemusterte Hemden mit ausgeprägtem, aber offenen Kragen tragen, meine heute völlige Schmuckabstinenz (ausgenommen Armbanduhren u. ggf. Feuerzeuge) aufgeben, um den Hals und an den Armen reichlich Vergoldetes tragen, Autos fahren, die mich bis an die Grenzen meiner finanziellen Leistungsfähigkeit fordern, aber was wird aus meinem BF? Wirkt ein BF gehender, "nicht mehr jugendlich wirkender Herr", selbst wenn er optimiertes peripheres Outfit trägt, nicht irgendwie seltsam? Ist BF untrennbar mit Jugendlichkeit verbunden? Was wird mit den meisten Schreibern in diesem Forum in 10, 15 oder 20 Jahren sein?
Ständig bin ich von irgendwelchen psychischen Backgroundgedanken befallen, nicht mehr lange zu leben. Gerne hätte ich die eine oder andere Person dieses Forums einmal persönlich getroffen.
Zwecks größerer Lebendigkeit wurden diesmal die Sprechblasen in phonetischer Approximation (ggf. mit Übersetzung) geschrieben, um die regionale Sprachfärbung der Beteiligten vergegenwärtigbar zu machen.
Freundliche BF-Grüße, Jay

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*) Barfuß-Türöffner-Tricks: Es gibt verschiedene Verfahren, um BF in 'vornehme Gesellschaften' gelangen zu können. Auf Wunsch teile ich mehr mit. Dieses Posting ist schon wieder so lang.


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