Ein ganz normaler Dienstag... (Hobby? Barfuß! 2)

Alan Turing, Wednesday, 06.12.2006, 12:56 (vor 6565 Tagen)

Ich will ja hier nicht nur meckern, sondern auch mal was berichten:

Zum einen war ich gestern zum (leider wiederholten) mal beim Chirugen zu einer Fußoperation.
Immerhin dergestalt, daß ich nach der Operation wieder auftreten durfte.
Ein Auto hatte ich nicht zur Verfügung, sondern mußte mit der Bahn heimfahren - also zum Bahnhof humpeln und am Heimatort noch mal etwa einen Kilometer zu Fuß.

Mein Chirurg war nun nicht etwa entgeistert - ich bin in seiner Praxis mittlerweile sowas wie ein Paradiesvogel.
Nein, er legte mir um meinen eigentlichen Verband noch einen "wetterfesten" an und gab mir für die nächsten Tage noch einen zum Wechseln mit. Man könne die ja waschen.
Ohne jeden weiteren Kommentar oder gar Häme. Ein Arzt, der das Begehren und die Befindlichkeit des Patienten an die erste Stelle rückt.

Nun, auf dem Weg zum Bahnhof traf ich auf eine, wie ich sie immer nenne, "Mumie": Eine Muslimin, die bis auf einen Gesichtsausschnitt völlig eingepackt und wie eine Zwiebel unter zig Kleidungsschichten verborgen war.
Sie blieb stehen und knurrte mich ziemlich unfreundlich an, warum ich denn so "arm" rumlaufe. Das Thema "Assoziation von Barfüßigkeit mit Armut" hatten wir ja erst.
Ich antwortete (noch) freundlich, daß ich nicht arm sei, sondern daheim einen ganzen Schuhschrank habe (was ja auch stimmt - der reicht mir bis zum Lebensende. Oder länger???)
Daraufhin wurde sie regelrecht böse. Was sie wörtlich sagte, habe ich vergessen, aber freundlich war es nicht. Und sie meinte, es sei eine Frechheit, so rumzulaufen.
Worauf ich mir nicht verkneifen konnte (Jay - aufgepaßt!!!) zu antworten: "Das ist noch gar nichts! Es gibt Frauen, die packen sich so ein, daß wir sie bei mir daheim als Vogelscheuchen aufs Feld stellen. Da kriegen sogar die Tiere Angst - vor meinen Füßen hat sich noch niemand erschreckt."
Das folgende Gekeife habe ich nicht verstanden - ich hätte es auch nicht gehört, weil ich laut lachend weiterhumpelte.

Auf dem Bahnsteig "erwartete" mich die übliche "Checker"-Fraktion zwischen 14 und 17 Jahren. Hosen bis in die Kniekehlen, Schuhe wie Gore-Tex-Kanus, lässig zur Zigarette hustend und als einzigen Vokal im Sprachschatz ein gepflegtes "Ey!". Natürlich zog ich deren Blicke auf mich - mit einer Krücke und einem grünen Fußverband sowieso. Aber zur direkten Ansprache sind diese eh zu feige. Sie warten, bis man vorbei ist, um einem was hinterherzuzischen.
Ich drehe bei sowas den Spieß einfach von vornherein um: Ich bin fröhlich lächelnd auf die zugehumpelt und habe sie gefragt, ob sie mir sagen könnten, wo denn der Fahrkartenautomat sei und von welchem Bahnsteig mein Zug abgehe - obwohl ich ja beides wußte.
Und schon waren die Jungs wie ausgewechselt: Ebenso freundlich wie hilflos. Eine Fahrkarte haben die ja noch nie gezogen. Braucht man ja nicht zum herumhängen oder neudeutsch "chillen".
Ich hab dann noch ein paar nette Sätze mit ihnen geplaudert. Und dann fragten sie ganz vernünftig, was mit meinem Fuß los sei, und warum ich barfuß...
Na ja, wenn ich das nächste mal auf den Bahnhof komme, habe ich ein paar neue Freunde.

Ach ja, ein junger Mann (etwa 17 Jahre) fragte mich später noch, ob das Barfußlaufen mir denn irgendwelche Vorteile bringe. Eine, wie ich finde, äußerst intelligente Frage, die weit über das "Ist Ihnen nicht kalt?" hinausragt.
Ich habe sie ihm beantwortet.

Oh - jetzt habe ich auch mal ne Menge geschrieben. Soll erst mal eine Weile reichen.

Grüße

Alan


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