Hi Jay,
Wer die Althippiekultur ab 1967 (Bands: frühe Pink Floyd, Jefferson Airplane, Gratefut Dead, Doors u. v. a. m.) authentisch miterlebt hat (ich kam geringfügig zu spät, knallte aber trotzdem noch damit als Kid durch), weiß, daß BF ein integraler Way-Of-Life-Bestandteil hiervon ist. Wenn man den Niedergang (vereinfacht ausgedrückt: so wie die Leute in den ersten Niedergangs-Anfängen seit ca. 1975 'draufkamen) miterlebt hat, kann man gar nicht unterdrücken, daß sich Stolz breitmacht, dabei gewesen zu sein (was mich anbelangt, in peripheren Restbeständen dabei gewesen zu sein). Hast du einmal selbst als Musiker ein erfolgreiches Konzert abgeleistet (ich weiß, wie schäbig & arrogant das folgende klingt), wie bist du dann drauf? Klar, das Publikum liegt dir zu Füßen [ein etymologisch und vor allem philosophisch ungemein weitreichendes Sprichwort!] und du bist siegesstolz. Aber: du siehst es gleichzeitig irgendwo nicht gerne, wenn dir jemand aus dem Publikum in deinen Insignien (z. B. gleichlange oder noch längere Matte, Klamotten) Konkurrenz macht.
...das kann ich mir vorstellen...
Die großen Rockkonzerte der Menschheitsgeschichte (Monterey, Woodstock, Isle Of Wight etc.) sind von den Musikern zu einem verschwindend geringen Teil barfuß bestritten worden. Aber, BF ist bei Althippies ein so wesentlicher Teil des peripheren eigenen Ichs, daß es auch untrennbar irgendwo totaler Althippiestolz ist.
Ein weiterer Faktor besteht darin, daß man als Angehöriger dieser Generation, wenn auch meist nicht in der Situation als aktiver Musiker in Konzerten, BF gegangen ist bis zur Vergasung. Es macht sich irgendwo, wenn auch nur geringfügig, was das Ideelle und nicht das unmittelbare Erlebnis hieran anbelangt, eine Sättigung bemerkbar. Diese wird zwar aller Voraussicht nach gering sein, aber sie wird auch bei dir kommen, und zwar um so später, je mehr man dir in deiner Kindheit u. Jugend u. U. auf psychisch grausame Art und Weise Freiheit verweigert hat.
Naja, das Barfußlaufen hat man mir (im Sommer ) nicht verweigert. Im Gegenteil. Mein Vater scheuchte uns, so oft es ging, auch mal über Stoppelfeldr oder durch Brennesseln und er war selbst ein verkappter Barfußfreak.Nur paßte das Barfußlaufen nicht zu seiner Geneeration (Jahrgang 1934)
Ansonsten stimmt es schon , daß man mir nensehr großen Haufen Freiheit verweigert hat.
Es bildet sich ein Komplementaritätsprinzip heraus: Was dir in deiner Entwicklung verwehrt bzw. aufgezwungen wurde, wird später meist bis zum Lebensende nachgeholt bzw. höhnisch über Bord geworfen. Nehmen wir z. B. Michael aus Zofingen : Auch wenn sein Vater später einen anderen Beruf ausgeübt hat, dürfte er als Schuhspezialist großen Wert darauf gelegt haben, daß der Sohn unten stets was Ordentliches anhatte und ihm BF-Neigungen im Sommer gründlicher ausgetrieben haben als andere Väter. Gleichzeitig mußte der Sohn wg. einer Mittelohrentzündung sommers eine Schutzmütze tragen und wurde deswegen psychisch von Mitschülern übel traktiert. Folge: BF wird jetzt nachgeholt bis wohl zum Lebensende, dies in komplementärer, d. h. sehr geringfügiger Kleidung und es besteht eine ausgeprägte Aversion gegen Kopfbedeckungen aller Art.
Diese Aversion gegen Kopfbedeckungen habe ich auch. Wurde als Kind auch immer gezwungen, dick vermummt herumzulaufen, obwohl mir uimmer sehr warm war. Späteer ging ich sogar bei Minustemperaturen mit nassen Haaren vom Schwimmen nach Hause.
Ein paar Facetten aus deiner Kindheit/Jugend hast du ja selbst rausgelassen, und wir 2 haben, so wie´s ausschaut, ein sehr ähnliches Schicksal, nur daß es dir, aus welchen Gründen auch immer, erst einige Lebensjahre später gelang, diesen vom Elternhaus aufoktroyierten Mist abzustellen. So bin ich heute doch einen Hauch mehr im weit überproportionalen "Nachholen" der fehlenden BF-Kinder- & Jugendzeit gesättigt, und Herr Roth hätte nicht das werden können, was er ist, hätte er nicht wahrscheinlich relativ früh Freiheit gehabt oder sich das erkämpft.
Darum beneide ich ihn sehr...
So machen er und viele wirkliche Althippies sich nicht mehr viel aus BF, im Gegenteil, die Hemmschwelle für Establishment-Kleidung ist gesunken, verbindet sich aber mit dem selbstverständlich noch vorhandenen Hippiestolz in ganz eigenartiger Weise und man "gönnt" das Besondere von einst nicht so ohne weiteres jedem Parvenü, als dem du, auch wenn du u. U. älter als Bj. 66, Herrn Roth erscheinst.
Das mag sein. Villeicht interessierte ich ihn auch als Mensch, da ich sehr viel anders als die üblichen Zuschauer gekleidet war. Vielleicht vermutete er auch eine gewissermaßen esotherische Begründung für meine Barfüßigkeit....
Deshalb hat er WAHRSCHEINLICH diese Frage gestellt, es könnte aber auch sein, daß es wirklich kalt war.
...kalt war es nur draußen. Ca 6 und nebelig.
Kälte- u. winterfest war nämlich meiner Wahrnehmung nach keiner der Althippies, die ich, gerade am unteren Ende des Gymnasiums angefangen, als Oberschüler wahrnahm, und von ihnen und von meiner Absolvia ("Zu spät-Hippies") liefen 10 - 20% (eher 10%) barfuß, aber nicht bei Kälte.
..das stimmt. Ich erinnere mich auch daran, daß diese Menschen nur im Sommer barfuß liefen.
Trotzdem betrachte ich dich ebenfalls halt als Hippie mit Zeittransformationseffekt,
Als Hippie im klassischen Sinne würde ich mich selbst nicht bezeichnen.Eher als Suchender, dem die Lebensart der Hippies am nächsten kommt...
man kann froh sein, daß es solche Leute wie dich gibt.
Danke. Ich bin auch regelrecht entzückt über Menschen, die gänzlich anders, als die Masse, durchs Leben gehen.
hab vorhin bei LIDL noch eine Frau gesehen, dei mir sofort auffiel , weil sie ben auch ihren eigenen Stil hatte und sich vom Rest der Kunden sehr abhob. Solche Leute ziehen mich magisch an. (auch vielleicht eine Altlast aus meiner Kindheit)
Freundliche BF-Grüße, Jay.
Gruß und Fuß,
Descalzar