Barfuß ins Föhngebiet geradelt (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 28.11.2006, 17:14 (vor 6508 Tagen)

Samstag, 25.11.2006: Im Radio hörte man von Föhn mit Temperaturen über 20°C, in der Ostschweiz. Aber im Zofinger Raum war es morgens noch unter 10°C. Aber immerhin sorgte die Wetterlage dafür, daß sich auch hier praktisch kein Nebel bildete. Gegen 10.30 Uhr radelte ich los in Richtung Süden, selbstverständlich barfuß (und ohne Mütze). Ob ich in ein Föhngebiet kommen würde?

Kurz vor Luzern war die Temperatur so, daß ich die Jacke im Gepäck versorgen konnte. Ich erreichte Luzern, schob mein Velo durch die Fußgängerzone ans Reußufer und dann in Richtung Seebrücke. Einige Leute taten so, als ob sie noch nie einen barfüßigen Radfahrer gesehen hätten. Den meisten Leuten war es aber vollkommen schnurz, ob, was und warum ich trug.

Auf der Uferpromenade waren nicht allzu viele Leute, denen schien meine Barfüßigkeit auch egal zu sein. Nur Kinder machten große Glotzaugen. Nachdem ich etwas gegessen hatte, radelte ich weiter, über Küßnacht, Weggis, in Richtung Brunnen. Hinter Gersau änderte sich plötzlich die Luft. Ich hatte das Föhngebiet erreicht. Zwar war es deutlich wärmer, jedoch derart windig, daß ich kein Verlangen nach Anzugserleichterung spürte.

In Brunnen herrschte ein starker Wind, der für Seegang sorgte und einigen "Mohr" ans Ufer gespült hat. Hier waren etliche Leute. Kinder hatten Spaß daran, über das angetriebene Zeug an der Uferpromenade zu stiefeln. Auch ich "stiefelte" dort durch, wobei ich jedoch darauf achtete, daß ich nicht auf eine angetriebenen Brombeerranke oder ein Brett mit Nägeln trat. Maronis befanden sich nicht im Treibgut.

Viele Kinder waren nach Kalender gekleidet, also mit Mütze, Wintermantel und fetten Schuhen. Ein sehr dick vermummtes Mädchen sah mich interessiert an, bis eine ältere Frau, vermutlich die Oma sprach: "Schau mal, der läuft hier herum wie du am liebsten zu Hause!" Ich wäre gerne noch etwas geblieben, aber es war schon 15 Uhr, und Zofingen war noch weit. Also radelte ich wieder zurück.

Vor Gersau war der Föhn zu Ende. Ich bemerkte, daß mich zwischen Brunnen und Küßnacht öfters ein dunkelgrüner Wagen mit Aargauer Kennzeichen überholte. Ich war mir aber nicht sicher, ob es derselbe war und ob mich einer verfolgte. Hinter Küßnacht folgte ich einem offiziellen Veloweg nach Luzern. Wenn ich gewußt hätte, wie steil teilweise war, wäre ich doch die Straße gefahren. Einige Spaziergänger starrten mich fassungslos an.

Als ich bei anbrechender Dunkelheit Luzern erreichte, herrschte viel Verkehr. Mit dem Rad auf dem Radweg konnte ich so Autos überholen. Auch Trolleybusse blieben dort stecken. Während ich solche Busse überholte, drehten sich etliche Fahrgäste nach mir um, ähnlich wie die Fahrgäste in den Düsseldorfer Straßenbahnen beim Barfußtreffen im Dezember 2004.

Ich schob mein Velo durch die Fußgängerzone. Den meisten fiel hier meine Barfüßigkeit nicht auf, allerdings lallte ein offensichtlich besoffener junger Mann "Wie viel bezahlst du?" Da ich weder eine Ware, noch eine Dienstleistung angefordert hatte, wollte ich nichts bezahlen, für was auch?

Hinter Luzern wurde es so kalt, daß ich wieder die Jacke überziehen mußte. In Nottwil setzte ich mich vor einer Gärtnerei auf eine Bank, um was zu verzehren. 4 Erwachsene bummelten hier vorbei, einer fragte, ob es nicht zu kalt sei. Die Autos fuhren vorbei, aber dank der Büsche konnte man vom fahrenden Auto nur erkennen, daß dort einer auf einer Bank saß. Kleidung unterhalb der Gürtellinie war nicht einsehbar. So fuhr auch ein Polizeifahrzeug vorbei, ohne mich wahrzunehmen.

Dann fuhr ich weiter. Ab und zu glaubte ich zu erkennen, daß Leute in den Autos in Richtung Pedalen starrten. Vor Sursee merkte ich einen Lichtkegel hinter mir, hörte, wie ein Automotor gedrosselt wurde. Niemand fuhr vorbei. Da ich eine ziemlich hohe Geschwindigkeit drauf hatte, wollte ich mich nicht umdrehen (ich wollte ja nicht von der Fahrbahn abkommen). Endlich begann ein Veloweg auf den ich fuhr. Dann sah ich das Fahrzeug, eine Bullenschleuder. Und dahinter eine Schlange von Autos, die sich nicht vorbeitrauten. Ich mußte anhalten, die üblichen Papiere vorweisen, die üblichen Befragungen. Aber diesmal ging die Kontrolle relativ schnell, die Polizisten (ein Mann, zwei Frauen) bleiben auch höflich, was ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Sie wunderten sich, daß ich ganz von Zofingen nach Brunnen und dann wieder zurück gefahren war. Vermutlich überzeugte sie auch mein sicherer Fahrstil und das funktionierende Licht davon, daß ich nicht irgendwo ausgebrochen war. Vermutlich kam irgendeinem Autofahrer meine Aufmachung verdächtig vor, so daß er die Polizei rief.

Als ich zu Hause war, war es noch ca. 9°C. Nachdem ich vielleicht 15 Minuten in der Wohnung gewesen war, wurden meine Füße angenehm warm. Das war sicher der letzte Novembersamstag 2006, den ich ganztags barfuß verbringen durfte.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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