Nochmal BF und Schule (Hobby? Barfuß! 2)

Manfred (Ten), Stammposter, Monday, 13.11.2006, 11:24 (vor 6523 Tagen)

Folgender Gedankengang zum Thema:
Es besteht ja in D Schulpflicht. (Punkt!)Rausschmiss ist also schlecht möglich.
Das Kind kann man nicht verantwortlich machen, wenn es keine Schuhe an hat (wg. minderjährig)
Und als Eltern würde ich kontern : "Wenn es sie stört, dann kaufen sie ihm/ihr halt welche. :-)
Und: KEINE Schuhe zu tragen ist schliesslich keine aktive Tat.
...nur mal so als Gedankenspiel.
Das Kind müsste natürlich mitspielen und davon überzeugt sein, ich würde es nie gegen seinen Willen machen.
Eigensinnig schuhlos
Manfred

Nochmal BF und Schule

Ralf RSK, Stammposter, Monday, 13.11.2006, 12:28 (vor 6523 Tagen) @ Manfred (Ten)

Hallo,

jetzt melde ich mich zu dem Thema halt auch mal zu Wort.

Ich glaube, mit diesem ganzen Verordnung-/ Hausordnungs- und Sonstwasordnungs-Denken verrennt ihr euch unnötig.

Ich denke, es sind einfach die persönlichen Haltungen, Wertvorstellungen und Befürchtungen der einzelnen entscheidenden Personen, die hier ausschlaggebend sind. Denn jenseits aller Ordnungen gibt es doch immer einen Gestaltungsspielraum.

Ein paar Beispiele:

* In meiner eigenen Schulzeit (70er Jahre) musste man barfuß am Sportunterricht teilnehmen, wenn man keine Turnschuhe dabei hatte. Keinem wäre auch nur ansatzweise eingefallen, dass das zu gefährlich sein könnte, wie das als Argument von Lehrern hier teilweise zu lesen war. Anderseits war das Barfußlaufen von Teilen des Hauptfächer-Lehrkörpers nicht gern gesehen, d. h. man musste sich immer überlegen, ob man auffallen/provozieren will oder halt nicht. Das war aber nirgends geregelt (zumindest mir nicht bekannt), sondern halt ein Ding der persönlichen Einstellung der betreffenden Lehrer und Schüler.

* Am Gymnasium, das meine Töchter besuch(t)en, und das viel Wert auf sein Renommee legt, gab es vor ein paar Jahren in einer Jahrgangsstufe eine Gruppe von Mädchen, die zumindest in der Oberstufe bis zum Abi durch häufige Barfüssigkeit auffiel. Auch beim Tag der offenen Tür, wo sich die Schule ja nach außen präsentiert, liefen die alle barfuß rum. Ich glaube aber nicht, dass sich hier irgendein/e Beteiligte/r je Gedanken gemacht hat, ob dies irgendwelchen Ordnungen entsprach. Vielmehr denke ich, dass es eher das allgemeine Grundklima ist, das ausschlaggebend ist. Auffallend war übrigens, dass gerade die Schülerinnen die engagierten und politisch aktiven waren.

* Da wir seit dem Pisa-Desaster ja bildungsmäßig immer nach Finnland blicken, auch eine Monentaufnahme von dort (meine Kinder waren zum Austausch dort): Die Schüler ziehen beim Betreten der Schule die Straßenschuhe aus (sie "leben" dort auch zu wesentliche größeren Teilen in der Schule als hier) und sind in der Schule in Hausschuhen, auf Socken oder halt barfuß, je nach Vorliebe.

In Zeiten, wo Schule vermehrt pädagogisch daran scheitert, jedem eine Grundbildung zu vermitteln, Gewalt und Kriminalität aus der Schule fernzuhalten und eine Werteorientierung zu vermitteln, sollte eigentlich jede Schule froh sein über Schüler/innen, die zwar barfuß, aber auch interessiert, engagiert und pazifistisch sind.

Viele Grüße, Ralf

Schulsport, Schule und barfuss

Michael_F @, Stammposter, Monday, 13.11.2006, 14:19 (vor 6523 Tagen) @ Ralf RSK

Hallo,

In meiner eigenen Schulzeit (70er Jahre) musste man barfuß am Sportunterricht teilnehmen, wenn man keine Turnschuhe dabei hatte. Keinem wäre auch nur ansatzweise eingefallen, dass das zu gefährlich sein könnte, wie das als Argument von Lehrern hier teilweise zu lesen war.

Bei uns war es genau so. Es gab dann auch zwei Sorten Schüler. Die einen vergaßen ihre Sportschuhe nie wieder, was wohl auch der Sinn dieser Regel sein sollte. Die anderen vergaßen ihre Sportschuhe absichtlich, um barfuß mitmachen zu können (müssen).

Im Sommer, wenn Sport draussen stattfand, begann der Unterricht oft mit ein paar Runden laufen, um sich warm zu machen. Auf der Aschebahn konnte man jedoch nicht barfuss laufen. Da waren zu viele kleine piksige Steichchen, die sich alle mit der Spitze nach oben hingelegt haben. Selbstverständlich und ohne Promleme lief man dann eben auf dem Rasen direkt neben der Bahn.

Anderseits war das Barfußlaufen von Teilen des Hauptfächer- Lehrkörpers nicht gern gesehen, d. h. man musste sich immer überlegen, ob man auffallen/provozieren will oder halt nicht.

Bei uns hat (fast) kein Lehrer darauf geachtet, ob man in Unterricht Schuhe anhatte oder barfuss war. Nur in Mathe und Religion waren Schuhe Pflicht.

Was ich aber bis heute immer noch nicht verstehe: Es war egal, was man an den Füssen hatte. Und wenn es nur Flip-Flops waren. Aber das ist ja heute auch noch so: Flip-Flops sind gesellschaftsfähig und gehen sogar als Sicherheitsschuhe durch.

Michael_F
aus Hamburg

Sportlehrer war barfuß!

Bernd (Wiesbaden), Stammposter, Monday, 13.11.2006, 16:17 (vor 6523 Tagen) @ Michael_F

Hallo,

in meiner Schulzeit war es so, zumindest von Klasse 5 - 10:

Während niemand aus unserer Klasse barfuß Schulsport machte, war es mein Sportlehrer, der stets nackten Fußes die Halle betrat! Strümpfe trug er nie. Allerdings bestand sein Sportoutfit lediglich darin, sich seiner Fußbekleidung zu entledigen, da er lediglich daneben stand und uns, die Schüler, instruierte, selten etwas demonstrierte wie etwa eine Übung.

In der Oberstufe kam schließlich ein neuer Sportlehrer, ebenfalls ohne Sportoutfit und in "zivil", dafür aber regungslos sitzend auf einer der Holzbänke, in dezent müffelnden, käsigen Socken, kommandierend. Niemand hat ihn so recht ernst nehmen wollen....

Gruß
Bernd

Hallo,

In meiner eigenen Schulzeit (70er Jahre) musste man barfuß am Sportunterricht teilnehmen, wenn man keine Turnschuhe dabei hatte. Keinem wäre auch nur ansatzweise eingefallen, dass das zu gefährlich sein könnte, wie das als Argument von Lehrern hier teilweise zu lesen war.
Bei uns war es genau so. Es gab dann auch zwei Sorten Schüler. Die einen vergaßen ihre Sportschuhe nie wieder, was wohl auch der Sinn dieser Regel sein sollte. Die anderen vergaßen ihre Sportschuhe absichtlich, um barfuß mitmachen zu können (müssen).
Im Sommer, wenn Sport draussen stattfand, begann der Unterricht oft mit ein paar Runden laufen, um sich warm zu machen. Auf der Aschebahn konnte man jedoch nicht barfuss laufen. Da waren zu viele kleine piksige Steichchen, die sich alle mit der Spitze nach oben hingelegt haben. Selbstverständlich und ohne Promleme lief man dann eben auf dem Rasen direkt neben der Bahn.
Anderseits war das Barfußlaufen von Teilen des Hauptfächer- Lehrkörpers nicht gern gesehen, d. h. man musste sich immer überlegen, ob man auffallen/provozieren will oder halt nicht.
Bei uns hat (fast) kein Lehrer darauf geachtet, ob man in Unterricht Schuhe anhatte oder barfuss war. Nur in Mathe und Religion waren Schuhe Pflicht.
Was ich aber bis heute immer noch nicht verstehe: Es war egal, was man an den Füssen hatte. Und wenn es nur Flip-Flops waren. Aber das ist ja heute auch noch so: Flip-Flops sind gesellschaftsfähig und gehen sogar als Sicherheitsschuhe durch.
Michael_F
aus Hamburg

Sportlehrer war barfuß!

Astrid, Tuesday, 14.11.2006, 12:07 (vor 6522 Tagen) @ Bernd (Wiesbaden)

Hallo,
in meiner Schulzeit war es so, zumindest von Klasse 5 - 10:
Während niemand aus unserer Klasse barfuß Schulsport machte, war es mein Sportlehrer, der stets nackten Fußes die Halle betrat! Strümpfe trug er nie. Allerdings bestand sein Sportoutfit lediglich darin, sich seiner Fußbekleidung zu entledigen, da er lediglich daneben stand und uns, die Schüler, instruierte, selten etwas demonstrierte wie etwa eine Übung.
In der Oberstufe kam schließlich ein neuer Sportlehrer, ebenfalls ohne Sportoutfit und in "zivil", dafür aber regungslos sitzend auf einer der Holzbänke, in dezent müffelnden, käsigen Socken, kommandierend. Niemand hat ihn so recht ernst nehmen wollen....
Gruß
Bernd

Hallo Bernd,
das sind ja tolle Erinnerungen an Deine Sportlehrer. Barfuß in Allteigsklamotten war bei uns das Outfit der Turnbeutelvergesser. Im übrigen hatten wir eine Lehrerin die uns anhielt barfuß Sport zu treiben, während sie selbst mit Turnschuhen dabei stand (vielleicht weil sie sonst kalte Füße bekommen hätte).
ciao, astrid

Generationenfrage?

Markus U., Stammposter, Monday, 13.11.2006, 19:49 (vor 6523 Tagen) @ Michael_F

Hi Michael F!

Bei uns hat (fast) kein Lehrer darauf geachtet, ob man in Unterricht Schuhe anhatte oder barfuss war. Nur in Mathe und Religion waren Schuhe Pflicht.

In meiner Gymnasialzeit gab es meines Wissens nie eine Anordnung des Lehrkörpers in Sachen barfuß. Als ich 1977 als kleiner Sextaner aufs Gymnasium kam, sah man im Sommer etliche Oberstufenschüler barfuß zur Schule kommen. Von uns "Kleinen" ging niemand barfuß, was sich aber auch nicht änderte, als wir selber in die Oberstufe kamen. In unserem Jahrgang war das Barfußlaufen verpönt. Anfang der 80er Jahre gab es in unserer Schule keine Barfüßer (auch keine Barfüßerinnen), so daß sich das Thema - falls es überhaupt je eins gewesen war - von selbst erledigt hatte. Damals meinte ich einer besonders barfußfeindlichen Generation anzugehören. Doch wenn ich mich hier im Forum umsehe, dominiert meine Generation, nämlich die der 30 - 40jährigen.

Aber das ist ja heute auch noch so: Flip-Flops sind gesellschaftsfähig und gehen sogar als Sicherheitsschuhe durch.
Michael_F

Flipflops als Sicherheitsschuhe? Wo ist das denn der Fall?

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.

aus Hamburg

Generationenfrage?

Michael_F @, Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 11:15 (vor 6522 Tagen) @ Markus U.

Flipflops als Sicherheitsschuhe? Wo ist das denn der Fall?

Hast Recht. Sind natürlich keine Sicherheitsschuhe. Nur dort, wo man barfuss wegen der vielen lauernden Gefahren sonst nicht reinkommt. z.B. in den Wildpark. Ins Museum. Ins Lokal. usw. Dort ist es nämlich sehr gefährlich. Und die deutsche Rechtsprechung gibt denen, die so etwas behaupten Recht. Nicht der Trottel, der bei Eis und Schnee ausrutscht, hat selbst Schuld, sondern der, der die letzte Schneeflocke nicht beiseite geräumt hat. Nicht der Trottel, der mit seinen nackten Füssen im Wildpark gegen eine Zaunpfosten stösst und sich dabei verletzt ist ungeschickt. Schuld hat derjenige, der den Pfosten genau dort an dieser gefährlichen Stelle hingestellt hat. Und natürlich auch der Betreiber des Wildparkes.

Solange man die eigene Dusseligkeit (Doofheit) anderen in die Schuhe schieben kann und darf, dickes Schmerzensgeld verlangen darf, und auch vor Gericht Recht bekommt, ...

Deshalb nehme ich für den Weg am Eingang vorbei meine Sicherheitsschuhe (Flip-Flops)aus der Tasche und habe keine Probleme und keine (sinnlosen) Diskussionen. Geht prima. (falls eine meint, ich sei ein Weichei, weil ich der Diskussion aus dem Weg gehe --- mich stört es nicht, ein Weichei zu sein.)

aus Hamburg, Michael_F

Generationenfrage?

Hippie, Stammposter, Wednesday, 15.11.2006, 21:14 (vor 6521 Tagen) @ Markus U.

Hallo.

Bei uns war es so: In den Siebzigern war bei den Kindern im Sportunterricht barfüßigkeit normal. Das änderte sich aber erst, als wir ins Rüpelalter kamen. Mit 12 oder 13 liefen noch viele Jungs barfuß, aber nicht soviele, bei den Mädchen war das anders. Da waren Schuhe die Ausnahme.
Als ich die Schule wegen Umzugs wechselte, gab es dort kaum barfüßige Jungs (nur, wenn sie die Turnschuhe vergessen hatten - es herrschte dort auch ein rauheres Klima), die Mädchen jedoch turnten hauptsächlich barfuß, auch mein ganz besonderer Schwarm damals :-)))An ein Mädchen erinnere ich mich aber noch ganz besonders, weil sie öfter im Sommer barfuß zur Schule kam.

Als ich nach meiner Lehre das Abi nachmachte, gab es nur noch unter den Mädels vereinzelte Barfüßerinnen, das war dann schon in den 80ern.

Der Hippie

Schulsport, Schule und barfuss

Astrid, Tuesday, 14.11.2006, 11:58 (vor 6522 Tagen) @ Michael_F

Hallo

Bei uns war es genau so. Es gab dann auch zwei Sorten Schüler. Die einen vergaßen ihre Sportschuhe nie wieder, was wohl auch der Sinn dieser Regel sein sollte. Die anderen vergaßen ihre Sportschuhe absichtlich, um barfuß mitmachen zu können (müssen).
Im Sommer, wenn Sport draussen stattfand, begann der Unterricht oft mit ein paar Runden laufen, um sich warm zu machen. Auf der Aschebahn konnte man jedoch nicht barfuss laufen. Da waren zu viele kleine piksige Steichchen, die sich alle mit der Spitze nach oben hingelegt haben. Selbstverständlich und ohne Promleme lief man dann eben auf dem Rasen direkt neben der Bahn.

Och, ihr armen Jungs, die ihr doch sonst gern so abgehärtet sein wolltet - natürlich kann man auf der Aschenbahn auch barfuß laufen. Habe es selbst lang genug praktiziert.

Bei uns hat (fast) kein Lehrer darauf geachtet, ob man in Unterricht Schuhe anhatte oder barfuss war. Nur in Mathe und Religion waren Schuhe Pflicht.

Religionsfreiheit und Schuhpflicht - ob sich das verträgt ?
ciao, astrid

Schulsport, Schule und barfuss

Michael_F, Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 15:04 (vor 6522 Tagen) @ Astrid

Och, ihr armen Jungs, die ihr doch sonst gern so abgehärtet sein wolltet - natürlich kann man auf der Aschenbahn auch barfuss laufen.

Du kennst nicht die Aschebahn, die wir damals da hatten...
Außerdem: vielleicht hätte man es gekonnt. Aber schöner war es auf dem Rasen daneben.
Wollte eigentlich auch nur sagen, dass es für die Lehrer kein Problem gab.

Michael_F

Schulsport, Schule und barfuss

astrid, Tuesday, 14.11.2006, 17:10 (vor 6522 Tagen) @ Michael_F

Och, ihr armen Jungs, die ihr doch sonst gern so abgehärtet sein wolltet - natürlich kann man auf der Aschenbahn auch barfuss laufen.
Du kennst nicht die Aschebahn, die wir damals da hatten...
Außerdem: vielleicht hätte man es gekonnt. Aber schöner war es auf dem Rasen daneben.
Wollte eigentlich auch nur sagen, dass es für die Lehrer kein Problem gab.
Michael_F

Hallo Michael,
war natürlich augenzwinkernd gemeint und klar ist´s auf Rasen schöner. Aber auch wenn unsere Bahn weniger grob war als eure: die Jungen sind fast ausnahmslos mit Sportschuhen auf ihr gerannt und war es natürlich nur für entsprechend trainierte Sohlen kein Problem.
gruss, astrid

Schulsport, Schule und barfuss

Michael_F @, Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 18:27 (vor 6522 Tagen) @ astrid

Hallo Astrid,

Aber auch wenn unsere Bahn weniger grob war als eure: die Jungen sind fast ausnahmslos mit Sportschuhen auf ihr gerannt und war es natürlich nur für entsprechend trainierte Sohlen kein Problem.

Das mit den Sportschuhen war bei und genau so. Während nur wenige Mädchen Sportschuhe trugen, waren nur einelne Jungen barfuss. Aber wir Barfüsser und Barfüsserinnen liefen alle auf dem Rasen. Beim 100-m- Lauf auf der Bahn lief ich auch mit Schuhen. Es gab an der ganzen Schule nur einen Jungen, der auch dort barfuss lief. Die Runden machte er auch auf dem Rasen.

Michael_F

Schulsport, Schule und barfuss

Don Primo, Stammposter, Wednesday, 15.11.2006, 11:27 (vor 6521 Tagen) @ Michael_F

Bei uns in der Klasse (muß 7. oder 8. gewesen sein) gab es auch einen Jungen, der die 100 Meter auf der Aschenbahn immer barfuß lief. Er war klein und schmächtig aber sauschnell unterwegs.

Schulsport, Schule und barfuss

Michael_F, Stammposter, Thursday, 16.11.2006, 14:13 (vor 6520 Tagen) @ Don Primo

Bei uns in der Klasse (muß 7. oder 8. gewesen sein) gab es auch einen Jungen, der die 100 Meter auf der Aschenbahn immer barfuß lief. Er war klein und schmächtig aber sauschnell unterwegs.

Genau! Die Bahn war so unangemehm, dass man sausen musste!

Michael_F

Was könnte man tun?

Alan Turing, Monday, 13.11.2006, 14:34 (vor 6523 Tagen) @ Ralf RSK

@Manfred:
Das funktioniert leider nicht.

Natürlich hat die Schule erstens das Bestimmungsrecht und kann eine Kleiderordnung verfügen.
Und ebenso natürlich kann man zweitens von der Schule fliegen. Man kommt dann halt auf eine andere, an der dann ggf. die Probeleme von vorn anfangen.
Es gibt Schüler, die auf diese Weise ganze Rundreisen machen.

Außerdem finde ich, daß man seine Ziele nicht von vornherein über Konfrontation angehen sollte, sondern erst einmal über Gespräche. Warum nicht an einem Elternabend "barfuß" zum Thema machen?
Man kann sich ja vorher antsprechend informieren und munitionieren - die "Gegenseite" hat mit Sicherheit dem nichts entgegenzusetzen.

Allerdings:
Ralf schrieb:
... sollte eigentlich jede Schule froh sein über Schüler/innen, die zwar barfuß, aber auch interessiert, engagiert und pazifistisch sind.

Damit kommt man im Zweifel auch nicht weiter. Worüber jemand froh sein sollte, kann man niemandem vorschreiben, und wenn "die Penne" einem aus lauter Bequemlichkeit, Gedankenlosigkeit und Stammtischdenken" das Barfußlaufen untersagt, kann man dem nicht mit "sollte" oder "könnte" begegnen.

Wie ich oben sagte, meine ich, daß erst einmal der Dialog gesucht werden muß.
Wenn man damit scheitert - dann allerdings kann und soll man hartnäckig am Ball bleiben.
Dazu kann natürlich auch zählen, daß man sich einfach über ein unsinniges Verbot hinwegsetzt, um es auf den Prüfstand zu stellen.
Aber eben nicht um der schieren Konfrontation willen.

Ich würde in so einem Fall der Schulleitung auch direkt sagen, daß ich ein eine Anweisung lediglich zu dem Zweck mißachte oder mißachten lasse, um sie höheren Ortes überprüfen zu lassen.
So etwas nimmt schon viel Schärfe heraus.

Mit freundlichen Füßen.

Alan

Rausschmiss

Kamel Leon, Stammposter, Monday, 13.11.2006, 14:15 (vor 6523 Tagen) @ Manfred (Ten)

Soweit ich weiß, kann ein Schüler doch bei erheblichem notorischem Fehlverhalten der Schule verwiesen werden. Wie er dann aber seiner zweifellos bestehenden Schulpflicht nachkommen soll, weiß ich nicht.

Verwaltungsjuristisches Konstrukt

Jay, Monday, 13.11.2006, 20:32 (vor 6523 Tagen) @ Manfred (Ten)

Folgender Gedankengang zum Thema:
Es besteht ja in D Schulpflicht. (Punkt!)Rausschmiss ist also schlecht möglich.
Das Kind kann man nicht verantwortlich machen, wenn es keine Schuhe an hat (wg. minderjährig)
Und als Eltern würde ich kontern : "Wenn es sie stört, dann kaufen sie ihm/ihr halt welche. :-)
Und: KEINE Schuhe zu tragen ist schliesslich keine aktive Tat.
...nur mal so als Gedankenspiel.
Das Kind müsste natürlich mitspielen und davon überzeugt sein, ich würde es nie gegen seinen Willen machen.

--
Hi Manfred, hi Ralf, hi Michael, hi allgemein,
formal korrekt gedacht! (Einschub zu den Repliken von Ralf und Michael F): In meiner Schulzeit wurde zwecks Disabling von Sportunterrichts-"Drückebergern" genauso verfahren. Sie hatten in voller Montur und BF teilzunehmen. Genau dann wurden nämlich gerne Noten für Turnübungen vergeben! Evtl. geringfügige Beeinträchtigungen durch lange Hosen, fehlendes Sweatshirt sowie Verletzungsrisiken? Scheißegal. Welch seltsamer Kontrast zum sonstigen, weil hochgradig unfallgefährlichen, verbotenen Schulbarfußleben!)
Zwar bin ich kein Jurist, muß mich aber beruflich viel mit Rechtsfragen befassen und darf die Juristen unter den Lesern bitten, ggf. sofort korrigierend zu intervenieren, sollten die nachfolgenden Zeilen Unsinn sein.
In der Situation [1 oder mehrere Kinder einer Familie fallen dadurch auf, daß sie (u. U. sogar bei jedem Wetter) happy barfuß zur Schule kommen, Zusatzannahme: Sie sind gegen jede Kritik von Lehrern, Schulleiter immun und reagieren nicht darauf] würde meiner Vermutung nach folgendes eintreten:
Nachdem Kids wg. schulpflichtigem Alter natürlich und "eigentlich" nicht gefeuert werden können (unbekannt, ob Gymnasium bzw. Realschule an Hauptschule zurückverweisen können bzw. von dort aus wg. "Schwererziehbarkeit", hier Schuh-Befehlsverweigerung, eine Degradierung zum Sonderschüler vorgenommen werden kann) wird - nachdem "Disziplinarmaßnahmen" (barfuß zum Schularrest erschienen) versagten - relativ kurzfristig eine Kontaktaufnahme mit den Eltern versucht. Diese zeigen sich "uneinsichtig", argumentieren "warum soll sich mein Kind nicht wohlfühlen?" und/oder seien nicht willens oder in der Lage, Geld für Schuhe aufzubringen. Dann würde wahrscheinlich folgender oder ein ähnlicher Hebel nach einem erweiterten juristischen Subsumtionsprinzip angesetzt:
Auch wenn in D soziologisch bereits die Armutsschicht definiert ist, geht man davon aus, daß Eltern finanziell und unabhängig davon erzieherisch fähig sind, ihre Kids in die Lage zu versetzen, erfolgreich am Schulunterricht teilzunehmen.
Genau genommen sind sie dazu verpflichtet.
Dazu gehört z. B. die Ausstattung mit Heften und Schreibutensilien, selbstverständlich auf Kosten der Eltern. Als ähnliche Voraussetzung wird - nach "breitem gesellschaftlichen Konsens" - auch die Ausstaffierung mit Schuhen gesehen. Wird diese insbesondere bewußt verweigert, könnte - nach Information durch die Schule - das Jugendamt auf die Idee kommen, die Qualifikation der Eltern zur Kindererziehung in Frage zu stellen, sprich: Sorgerechtsentzug. Peng.
Dagegen kann man zwar klagen, aber solche Verwaltungsgerichtsverfahren dauern lange und sind schwierig. Die Gegenseite hat vor allem immense Angst vor dem Präzedenzfall, daß ein Gerichtsurteil-AZ auftaucht, aufgrund dessen Eltern Fußfreiheit für ihre Kinder erfolgreich einklagen konnten und wird sich (auch mit Einfallsreichtum) biegen und winden bis zum Äußersten...
Die Deutschen, genau gesagt deren Obrigkeit, war(en) schon immer irrwitzig stolz auf ihr Bildungssystem und verschaffte(n) ihm bei Rechtsstreitigkeiten eine enorm privilegierte Stellung. Man lese nur einmal Albert Einsteins Ausführungen hierzu mit [Heerscharen von Schulmeistern + Unteroffizieren] sowie Drill...
Trotzdem muß man immer die Gedanken spielen lassen, nur so kommen wirklich neue Ideen heraus. Aber man muß sich dann auch stets von der Wirklichkeit einholen lassen und diskutiert zum einen Strategien u. Taktiken durch, um Schulleiter u. Lehrer umzustimmen, zum anderen baut man allmählich eine ständig aktualisierte Datenbank auf: BF-feindliche, Schulen mit je nach Lehrer in praxi aufgeweichtem BF-Verbot, BF-freundliche.
Selbiges könnte man auch mit Arbeitgebern, Restaurants etc. tun.
Nüchterne, realistische und auch irgendwo traurig resignierende Barfußgrüße, Jay

Verwaltungsjuristisches Konstrukt

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 07:58 (vor 6523 Tagen) @ Jay

Hallo Jay,

ich vermute, daß, wenn ein Schüler das Barfußlaufen (und das mit Unterstützung der Eltern) bis ins Extreme treibt, sich manch ein konservativer Schuldirektor oder anderer Behördenbüffel ärgert, daß er in einem demokratischen Rechtsstaat lebt und nicht so ohne weiteres auf Methoden eines "Schurkenstaates" (oder wie immer man auch sagt) zurückgreifen darf.

Jay:
In der Situation [1 oder mehrere Kinder einer Familie fallen dadurch auf, daß sie (u. U. sogar bei jedem Wetter) happy barfuß zur Schule kommen, Zusatzannahme: Sie sind gegen jede Kritik von Lehrern, Schulleiter immun und reagieren nicht darauf] würde meiner Vermutung nach folgendes eintreten:
Nachdem Kids wg. schulpflichtigem Alter natürlich und "eigentlich" nicht gefeuert werden können (unbekannt, ob Gymnasium bzw. Realschule an Hauptschule zurückverweisen können bzw. von dort aus wg. "Schwererziehbarkeit", hier Schuh-Befehlsverweigerung, eine Degradierung zum Sonderschüler vorgenommen werden kann) wird - nachdem "Disziplinarmaßnahmen" (barfuß zum Schularrest erschienen) versagten - relativ kurzfristig eine Kontaktaufnahme mit den Eltern versucht.

Michael:
Wer sich an einer höheren Schule nicht ordentlich benimmt, kann fliegen. Eine Unikollegin hatte auf einem erzkonservativem Gymnasium gepaukt und miterlebt, wie eine andere Schülerin dieses Gymnasium verlassen mußte, nur weil sie einmal auf dem Pausenhof barfuß lief. Grundsätzlich kann sich jede höhere Schule weigern, derartige "Dissidenten" aufzunehmen, und wenn sie noch so intelligent sind. Eine Hauptschule MUSS aber jeden nehmen: Ausnahme: die Intelligenz reicht nicht aus. Auch wenn Schüler durch Brutalität auffallen oder sonst wie den Unterricht erheblich stören, kann man sie (zumindest in der Schweiz) zumindest vorübergehend in eine spezielle Einrichtung stecken. Aber vermutlich reicht da barfuß nicht aus, selbst wenn man sich hartnäckig weigert, Schuhe anzuziehen, wenn der gestrenge Herr Lehrer es befiehlt. Erst wenn der Schüler gewalttätig wird, etwa wenn er die hingehaltenen Schuhe nicht anzieht, sondern damit auf den Schädel des Lehrers hämmert, so wie Nikita Sergejewitsch Chruschtschow angeblich auf den Tisch geschlagen hat, kann sich eine Hauptschule weigern. Die Eltern werden aber in jedem Fall geholt.

Jay:
Diese zeigen sich "uneinsichtig", argumentieren "warum soll sich mein Kind nicht wohlfühlen?" und/oder seien nicht willens oder in der Lage, Geld für Schuhe aufzubringen. Dann würde wahrscheinlich folgender oder ein ähnlicher Hebel nach einem erweiterten juristischen Subsumtionsprinzip angesetzt:
Auch wenn in D soziologisch bereits die Armutsschicht definiert ist, geht man davon aus, daß Eltern finanziell und unabhängig davon erzieherisch fähig sind, ihre Kids in die Lage zu versetzen, erfolgreich am Schulunterricht teilzunehmen.
Genau genommen sind sie dazu verpflichtet.
Dazu gehört z. B. die Ausstattung mit Heften und Schreibutensilien, selbstverständlich auf Kosten der Eltern. Als ähnliche Voraussetzung wird - nach "breitem gesellschaftlichen Konsens" - auch die Ausstaffierung mit Schuhen gesehen.

Michael:
In Deutschland oder der Schweiz wird es nie soweit kommen, daß Eltern derart wenig Geld zur Verfügung haben, daß ihre Kinder keine Schuhe tragen können bzw. die Lehrmittel für die Hauptschule nicht bezahlen können. In solchen Fällen stellt der Staat in irgendeiner Form schon die Mittel dafür zur Verfügung.

Jay:
Wird diese insbesondere bewußt verweigert, könnte - nach Information durch die Schule - das Jugendamt auf die Idee kommen, die Qualifikation der Eltern zur Kindererziehung in Frage zu stellen, sprich: Sorgerechtsentzug. Peng.

Michael:
Wenn aber die Eltern finanziell eher gut dastehen und womöglich selber oft barfuß laufen (und womöglich auch sonst die Kleidung nach dem Motto "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" wählen), dann schaltet sich GARANTIERT das Jugendamt ein. Dieses wird überprüfen, ob die Kinder wirklich freiwillig barfuß laufen oder ob die Eltern, dieses den Kindern quasi aufgezwungen haben und die Kinder es nicht merken. Vermutlich werden dann die Behörden alles versuchen, um einem die Kinder wegzunehmen. Nur wenn die Eltern reich sind und sich die besten Anwälte leisten können, würden sie vielleicht ihre Kinder behalten dürfen.

Selber habe ich keine Kinder. Ich bin aber davon überzeugt, daß ich noch mehr Ärger mit Spießern und Polizisten hätte, wenn ich auf meinen Wanderungen von Kindern begleitet werde, die ebenfalls barfuß sind und wie ich deutlich weniger winterlich angezogen sind als die Allgemeinheit. Wer alleine barfuß und/oder in zu leichter Kleidung angetroffen wird, wird häufiger kontrolliert als einer, der in Begleitung von Erwachsenen (unabhängig von deren Aufmachung) unterwegs ist. Aber wenn man von Kindern begleitet wird, ist es ganz anders.

Manchmal frage ich mich auch, wie weit die Behörden einem erwachsenen Barfüßer gehen dürfen. Muß man womöglich auch vor Gericht ziehen, um das Recht auf Barfuß und das Tragen von Kleidung, die nicht verboten ist, auf öffentlichem Raum (unabhängig von irgendwelchen Jahreszeiten und Temperaturen) ausdrücklich zu erkämpfen? Oder würden dann die Behörden ihre "privilegierte Stellung" ausnutzen?

Früher war barfuß die Not der Armen, und heute? Ein Privileg derjenigen, die frei entscheiden können, ob sie Schuhe anziehen wollen oder nicht? Hoffentlich wird es nicht zum Privileg der Superreichen, die genügend Geld haben, um die teuersten Anwälte zu bezahlen.

Nachdenkliche Grüße

Michael aus Zofingen

Verwaltungsjuristisches Konstrukt

Manfred (Ten), Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 08:47 (vor 6523 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Ich glaube nicht, dass DIES ausreichen würde um den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist immer noch rechtswirksam. (Obwohl - in Deutschland ist mittlerweile fast alles möglich.Irgend ein Konstrukt würde sich sicher finden...)
Übrigens empfehle ich sehr (wer's noch hat) aus Heinrich Spoerls "Man kann ruhig darüber sprechen" die Geschichte "Wir hatten einen -"
Da geht es auch um die Unangepasstheit eines Schülers und die Reaktion der Schule darauf. HERRLICH!

Füssle,
Manfred

Dann würde wahrscheinlich folgender oder ein ähnlicher Hebel nach >einem erweiterten juristischen Subsumtionsprinzip angesetzt:

Jay:
Wird diese insbesondere bewußt verweigert, könnte - nach Information durch die Schule - das Jugendamt auf die Idee kommen, die Qualifikation der Eltern zur Kindererziehung in Frage zu stellen, sprich: Sorgerechtsentzug. Peng.
Michael:
Wenn aber die Eltern finanziell eher gut dastehen und womöglich selber oft barfuß laufen (und womöglich auch sonst die Kleidung nach dem Motto "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" wählen), dann schaltet sich GARANTIERT das Jugendamt ein. Dieses wird überprüfen, ob die Kinder wirklich freiwillig barfuß laufen oder ob die Eltern, dieses den Kindern quasi aufgezwungen haben und die Kinder es nicht merken. Vermutlich werden dann die Behörden alles versuchen, um einem die Kinder wegzunehmen. Nur wenn die Eltern reich sind und sich die besten Anwälte leisten können, würden sie vielleicht ihre Kinder behalten dürfen.

Verwaltungsjuristisches Konstrukt

Ralf RSK, Stammposter, Tuesday, 14.11.2006, 09:01 (vor 6523 Tagen) @ Manfred (Ten)

Übrigens empfehle ich sehr (wer's noch hat) aus Heinrich Spoerls
"Man kann ruhig darüber sprechen" die Geschichte "Wir hatten einen -"

gibts auch im Internet:
http://www.aliaflanko.de/bogi/spoerl/spoerl2.htm

Gruß, Ralf

Bin entsetzt!

Jay, Tuesday, 14.11.2006, 21:02 (vor 6522 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Eine Unikollegin hatte auf einem erzkonservativem Gymnasium gepaukt und miterlebt, wie eine andere Schülerin dieses Gymnasium verlassen mußte, nur weil sie einmal auf dem Pausenhof barfuß lief.
--
Hi Michael,
das ist ja wohl der Gipfel, könnte man einmal mehr darüber erfahren? Die Leitung dieser "höheren Lehranstalt" muß doch bescheuert gewesen sein, die machen sich doch (außer bei voll paranoid-neurotisch psychopathischen BF-Gegnern) zum Gespött der Öffentlichkeit, weil ein solcher Fall ja "pressemäßig" titelstoryreif ist(!, ich befürchte aber bald ähnliches Verhalten ['auf dem Campus nur noch "gedeckter Anzug mit Krawatte oder bei Damen Kostüm" erlaubt'] an den neuen deutschen Eliteunis).
Mein "verwaltungsjuristisches Kostrukt" war schlicht als Illustration gedacht, was im EXTREMFALL passieren würde, würde man das von Manfred vorgeschlagene Experiment tatsächlich ausführen. Es sollte vor allem verdeutlicht werden, daß man sich zur Aufrechterhaltung der ggf. völlig BF-freien Schule im "Notfall" aber auch wirklich alles einfallen läßt (ergänzende Anmerkung: Bei der Kontaktaufnahme der Schule mit dem Jugendamt würde sich diese natürlich eines Vokabulars wie "verwahrlostes Äußeres" etc. bedienen, damit sich was rührt).
Trotzdem hat mich deine Replik (Merci!) zu einer realistischeren Sicht der Dinge geführt. Wahrscheinlich würde doch jedwede höhere Anstalt relativ kurzfristig die Eltern mit einem schönen blauen Brief vor die Alternative stellen: Tochter/Sohn ab sofort beschuht oder 'raus!
Übrigens: auch wenn wir meiner Vermutung nach in vielem extrem verschiedene BFs sind (ich brauch' z. B. immer eine Raumtemperatur von 22-24° und kann z. B. deine Aversion gegen Mützen und Helme genausowenig verstehen wie du meine gegen kurze Hosen) wurde ich doch über eines happy: Wir hatten vorher noch nie direkt im Wechsel debattiert.
Laß dich von Obrigkeiten nicht unterkriegen. Du bist halt temperaturmäßig vom Mars.
Alles barfüßig Gute für dich, Jay.

Bin entsetzt!

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 16.11.2006, 07:00 (vor 6521 Tagen) @ Jay

Hallo Jay!

Auf meine Bemerkung, daß eine Schülerin wegen barfuß vom Gymnasium flog, schriebst Du:
"das ist ja wohl der Gipfel, könnte man einmal mehr darüber erfahren? Die Leitung dieser "höheren Lehranstalt" muß doch bescheuert gewesen sein, die machen sich doch (außer bei voll paranoid-neurotisch psychopathischen BF-Gegnern) zum Gespött der Öffentlichkeit, weil ein solcher Fall ja "pressemäßig" titelstoryreif ist(!, ich befürchte aber bald ähnliches Verhalten ['auf dem Campus nur noch "gedeckter Anzug mit Krawatte oder bei Damen Kostüm" erlaubt'] an den neuen deutschen Eliteunis)."

Ich befürchte, daß man gegen diesen Herrn Oberstudiendirektor nicht mehr vorgehen kann. Möglicher schmort er schon irgenwo in der Hölle (ich kann mir nicht vorstellen, daß er als barfüßiger Engel durch den Himmel flattert). Und selbst wenn er noch unter den Lebenden weilen sollte, so wäre der Fall wohl längst verjährt. So ziemlich alles verjährt wohl mal außer Völkermord usw. (auch ein einmal ausgesprochenes Teilnahmeverbot bestimmter Personen an geführten Barfußwanderungen scheint auch von ewiger Dauer zu sein).

Zumindest ist es ziemlich lange her. 1979 oder 1980 hatte war in einem Chemiepraktikum an der Uni Oldenburg mit einer Studentin (Geburtsjahr 1957) in einer Gruppe. Sie selber war von einem Gymnasium (ich glaube, es war im erzkatholischen Landkreis Cloppenburg, vielleicht aber auch Vechta) geflogen, weil sie Kind bekommen hatte. Damals hielt ich es zwar für ungewöhnlich, daß eine Gymnasiastin ein Kind bekommt, andererseits sagte ich damals: "Das geht doch den Direktor einen feuchten Kehricht an, ob man ein Kind hat oder nicht! Solange man miut dem Schulstoff mitkommt, ist es egal." Darauf die Studentin: "Eine Freundin von mir ist auch von derselben Schule geflogen, die lief nur barfuß!"

Meine Meinung hat sich bis heute nicht geändert. Sowohl barfuß laufen, als auch Kinder bekommen, ist etwas natürliches. Wir können froh sein, daß die Leute, die Kinder bekommen, nicht eine solche Minderheit darstellen wie die Barfüßer in unseren Breitengraden. Wenn dem so wäre, wäre die Menschheit längst ausgestorben.

Zu Deiner Anmerkung:
"auch wenn wir meiner Vermutung nach in vielem extrem verschiedene BFs sind (ich brauch' z. B. immer eine Raumtemperatur von 22-24° und kann z. B. deine Aversion gegen Mützen und Helme genausowenig verstehen wie du meine gegen kurze Hosen) wurde ich doch über eines happy: Wir hatten vorher noch nie direkt im Wechsel debattiert."

Die meine Beiträge schon länger gelesen haben (und die mich auch schon persönlcih gefragt haben) wissen es: Ich hatte als Drittkläßler mal eine Mittelohrentzündung im Hochsommer. Der Ohrenarzt sagte zu meiner Mutter, sie sollte aufpassen, daß meine Ohren nicht dem Wind ausgesetzt wurden. Prompt mußte ich mit Pudelmütze zur Schule, was im Sommer zur kurzen Hose, Sandalen und Socken nicht gerade ideal aussah, deswegen wurde ich von Klassenkameraden gehänselt. Seit diesem Zeitpunkt hatte ich etwas gegen Mützen, Hüte, Helme usw. (das Kopfbedeckungsobligatorium bei der Bundeswehr was so ziemlich das, was mich am meisten am Militär störte).

Vielleicht ist das Barfußlaufen und das Tragen bestimmter Kleidung in manchen Fällen auch eine Art stiller Protest gegen wen auch immer.

Wenn etwa die Eltern von ihren Kindern verlangen, immer Schuhe zu tragen und womöglich im Sommer kurze Hosen, dann kann es sein, daß man eine Aversion gegen kurze Hosen bekommt. Bei mir ist der Protest erst später gekommen. Als Oberstufenschüler hatten mir meine Eltern nämlich verboten, im Hochsommer in kurzen Hosen zur Schule zu gehen, für kurze Hosen wäre ich "zu alt" und andere täten es auch nicht. Sogar wenn ich mit dem Rad zur Badeanstalt wollte, mußte ich lange Hosen anziehen. Vermutlich trägt dieses mit dazu bei, daß ich heute in der Freizeit lieber kurze Hosen trage als lange. Das ist aber nicht alles. Mein Vater hat mal vor Jahrzehnten gesagt, daß er keine Lust hat, in der Freizeit dieselbe Kleidung zu tragen wie am Arbeitsplatz (er war Bauarbeiter und trug am Arbeitsplatz einen Blaumann). Im Grunde genommen habe ich das gleiche Verlangen. Am Arbeitsplatz (Chemielabor) muß ich lange Hosen und Schuhe tragen, also laufe ich in der Freizeit barfuß und in kurzen Hosen, solange die Witterung es erlaubt.

Das oben erwähnte betrifft nur mich persönlich. Was andere tragen, ist mir völlig egal: Von mir aus kann einer zu barfuß eine Ritterrüstung tragen oder einen Schottenrock, barhäuptig sein oder einen Hut oder mehrere Hüte übereinander tragen. Er kann die Schuhe an den Füßen oder in der Hand tragen ebenso wie er die Hose als Mütze umnutzen kann.

Schließlich wird ein Mensch doch nicht besser oder schlechter durch die Wahl der Kleidung! Und das muß einmal gesagt werden!
Heute, am 16.11.2006 (wie seit 1995 jedes Jahr am 16.11.), dem Tag der Toleranz!

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Bin entsetzt!

Don Primo, Stammposter, Thursday, 16.11.2006, 11:50 (vor 6520 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Ist zwar jetzt Off Topic, aber schriebst Du nicht mal, Dein Vater sei so was wie ein Schuhmacher gewesen? Oder verwechsele ich da was?
Liebe Grüße

Schuhmacher und Bauarbeiter!

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 16.11.2006, 12:26 (vor 6520 Tagen) @ Don Primo

Ist zwar jetzt Off Topic, aber schriebst Du nicht mal, Dein Vater sei so was wie ein Schuhmacher gewesen? Oder verwechsele ich da was?

Mein Vater ist in der Tat gelernter Schuhmacher, sein Vater war auch Schuhmacher. Aber kurz vor meiner Geburt wechselte mein Vater ins Baugewerbe (erst Baggerführer, dann Kranführer) über, weil man dort mehr Geld verdienen konnte. Nach dem Tod meines Opas wurden die Maschinen in den Keller meines Elternhauses transportiert. Dort machte er für den Eigenbedarf immer noch Schuhe bzw. reparierte sie. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Auch die Schuhe, die ich am Arbeitsplatz trage, stammen aus der Werkstatt meines Vaters.
Mein Vater hat sich übrigens gewundert, daß mein Opa immer davon predigte, daß Barfußlaufen so gesund sei. Damit würde er doch sein eigenes Geschäft vermiesen. Vielleicht hat er es sogar getan, der Ertrag aus der Schuhmacherei warf gerade soviel ab, daß er gerade über die Runden kam.

Bin entsetzt!

Jay, Friday, 17.11.2006, 21:09 (vor 6519 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hi Michael,
da jetzt wieder eine lange Datei entsteht, versuche ich im Sinne optimaler Kapazitätsausnutzung des HBF-Archivs zu komprimieren (trotzdem müssen natürlich zwecks Verständlichkeit für spätere Leser wesentliche Dialogbestandteile enthalten sein).
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Auf meine Bemerkung, daß eine Schülerin wegen barfuß vom Gymnasium flog, schriebst Du:

"das ist ja wohl der Gipfel, könnte man einmal mehr darüber erfahren? Die Leitung dieser "höheren Lehranstalt" muß doch bescheuert gewesen sein, die machen sich doch (außer bei voll paranoid-neurotisch psychopathischen BF-Gegnern) zum Gespött der Öffentlichkeit, weil ein solcher Fall ja "pressemäßig" titelstoryreif ist(!, ich befürchte aber bald ähnliches Verhalten ['auf dem Campus nur noch "gedeckter Anzug mit Krawatte oder bei Damen Kostüm" erlaubt'] an den neuen deutschen Eliteunis)."

Ich befürchte, daß man gegen diesen Herrn Oberstudiendirektor nicht mehr vorgehen kann. Möglicher schmort er schon irgenwo in der Hölle (ich kann mir nicht vorstellen, daß er als barfüßiger Engel durch den Himmel flattert). Und selbst wenn er noch unter den Lebenden weilen sollte, so wäre der Fall wohl längst verjährt. So ziemlich alles verjährt wohl mal außer Völkermord usw. (auch ein einmal ausgesprochenes Teilnahmeverbot bestimmter Personen an geführten Barfußwanderungen scheint auch von ewiger Dauer zu sein).
Zumindest ist es ziemlich lange her. 1979 oder 1980 hatte war in einem Chemiepraktikum an der Uni Oldenburg mit einer Studentin (Geburtsjahr 1957) in einer Gruppe. Sie selber war von einem Gymnasium (ich glaube, es war im erzkatholischen Landkreis Cloppenburg, vielleicht aber auch Vechta) geflogen, weil sie Kind bekommen hatte. Damals hielt ich es zwar für ungewöhnlich, daß eine Gymnasiastin ein Kind bekommt, andererseits sagte ich damals: "Das geht doch den Direktor einen feuchten Kehricht an, ob man ein Kind hat oder nicht! Solange man miut dem Schulstoff mitkommt, ist es egal." Darauf die Studentin: "Eine Freundin von mir ist auch von derselben Schule geflogen, die lief nur barfuß!"

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Mag sein, daß der Herr Oberstudiendirektor in irgendeiner Form im 'Leben nach dem Tode' bestraft wird. Es ging mir schwerpunktmäßig darum: Eine solche Schulleitung macht sich, zumindest wie man in den frühen 80ern im 'öffentlichen Bewußtsein' (nicht nur Zeitungsreaktionen, sondern landauf, landab) 'drauf war, total lächerlich.

Meine Meinung hat sich bis heute nicht geändert. Sowohl barfuß laufen, als auch Kinder bekommen, ist etwas natürliches. Wir können froh sein, daß die Leute, die Kinder bekommen, nicht eine solche Minderheit darstellen wie die Barfüßer in unseren Breitengraden. Wenn dem so wäre, wäre die Menschheit längst ausgestorben.

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Stimme ich vollständig überein.
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Die meine Beiträge schon länger gelesen haben (und die mich auch schon persönlcih gefragt haben) wissen es: Ich hatte als Drittkläßler mal eine Mittelohrentzündung im Hochsommer. Der Ohrenarzt sagte zu meiner Mutter, sie sollte aufpassen, daß meine Ohren nicht dem Wind ausgesetzt wurden. Prompt mußte ich mit Pudelmütze zur Schule, was im Sommer zur kurzen Hose, Sandalen und Socken nicht gerade ideal aussah, deswegen wurde ich von Klassenkameraden gehänselt. Seit diesem Zeitpunkt hatte ich etwas gegen Mützen, Hüte, Helme usw. (das Kopfbedeckungsobligatorium bei der Bundeswehr was so ziemlich das, was mich am meisten am Militär störte).

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Was sind das für Klassen"kameraden", denen man nicht erklären kann, wie schwerwiegend und insbesondere schmerzhaft eine Mittelohrentzündung ist? Gleichwohl werden jetzt wieder extreme Unterschiede zwischen uns deutlich. Hat dich denn beim Militär als BF (der du ja sein müßtest, sonst fände man dich nicht hier) die jeweils genau spezifizierte "Beschuhungsvorschrift" nicht weit mehr gestört? Auf "füßisch" Freiheitsberaubendes reagiere ich z. B. völlig psychotisch, nur Kälte kann das überschreiben (und da kann mich, wem meine genau definierten Minimalschuh-Lösungen nicht passen bzw. sonst als BF, das gesamte Universum hinten, vorn und kreuzweise [Götzzitat]...es sei denn, daß sonst wirklich vernichtende Nachteile drohen)
--

Vielleicht ist das Barfußlaufen und das Tragen bestimmter Kleidung in manchen Fällen auch eine Art stiller Protest gegen wen auch immer.

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Nein, BF und entsprechendes Outfit ist bei mir etwas Positiv Gemeintes. Wenn sich jemand dadurch attackiert fühlt, ist er selber schuld.
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Schließlich wird ein Mensch doch nicht besser oder schlechter durch die Wahl der Kleidung! Und das muß einmal gesagt werden!
Heute, am 16.11.2006 (wie seit 1995 jedes Jahr am 16.11.), dem Tag der Toleranz!

--
Dem schließe ich mich voll an (sind da jemals Zweifel aufgekommen?) Bei mir ist der Mensch in der Wahl seines Outfits grenzenlos frei und sonst gilt bei mir, was z. B. Jimi Hendrix schrieb, hätte er seine Autobiografie schreiben können (kann mich nur auf Interviews beziehen).
Freundliche BF-Grüße, Jay

ein paar Anmerkungen und Fragen

Markus U., Stammposter, Friday, 17.11.2006, 21:48 (vor 6519 Tagen) @ Jay

Hi Jay!

Es ging mir schwerpunktmäßig darum: Eine solche Schulleitung macht sich, zumindest wie man in den frühen 80ern im 'öffentlichen Bewußtsein' (nicht nur Zeitungsreaktionen, sondern landauf, landab) 'drauf war, total lächerlich.

Rückblikkend meine ich, daß sich in den frühen 80'er Jahren des vorigen Jahrhunderts nach den eher "wilden" 70ern ein gewisser Konservatismus und ein Hang zum Spießertum immer mehr breitmachten - ein Zug, der sich zum Ende des Jahrhunderts eher verstärkte. Aktuell, also seit der Jahrhundertwende, geht es nicht mehr so spießig zu; dafür macht mir die gesellschaftliche Entwicklung (Stichwort Armut) Sorge.

Auf "füßisch" Freiheitsberaubendes reagiere ich z. B. völlig psychotisch, nur Kälte kann das überschreiben (und da kann mich, wem meine genau definierten Minimalschuh-Lösungen nicht passen bzw. sonst als BF, das gesamte Universum hinten, vorn und kreuzweise [Götzzitat]...es sei denn, daß sonst wirklich vernichtende Nachteile drohen)

War das schon immer so? Jetzt würde ich doch gern etwas über Deinen "barfüßigen Werdegang" erfahren.

Vielleicht ist das Barfußlaufen und das Tragen bestimmter Kleidung in manchen Fällen auch eine Art stiller Protest gegen wen auch immer.


Nein, BF und entsprechendes Outfit ist bei mir etwas Positiv Gemeintes. Wenn sich jemand dadurch attackiert fühlt, ist er selber schuld.

Grundsätzlich gilt das schon. Ich gehe vor allem wegen der Verbindung zur Erde barfuß; außerdem ist Barfüßigkeit für mich ein Symbol von Friedfertigkeit, Harmonie und Lebensfreude. Aber ich stimme Michael darin zu, daß eine bestimmte Kleidung oder Haartracht auch eine Art von Protest ausdrükken kann.

Dem schließe ich mich voll an (sind da jemals Zweifel aufgekommen?) Bei mir ist der Mensch in der Wahl seines Outfits grenzenlos frei und sonst gilt bei mir, was z. B. Jimi Hendrix schrieb, hätte er seine Autobiografie schreiben können (kann mich nur auf Interviews beziehen).

Was schrieb er denn?

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.

Meine Sicht der Dinge & Antworten

Jay, Saturday, 18.11.2006, 17:16 (vor 6518 Tagen) @ Markus U.

Hi Markus,
anbei der wieder nicht kurz zu kriegende Versuch...
--

Rückblikkend meine ich, daß sich in den frühen 80'er Jahren des vorigen Jahrhunderts nach den eher "wilden" 70ern ein gewisser Konservatismus und ein Hang zum Spießertum immer mehr breitmachten - ein Zug, der sich zum Ende des Jahrhunderts eher verstärkte. Aktuell, also seit der Jahrhundertwende, geht es nicht mehr so spießig zu...

--
In einem Punkt gehe ich mit diesem Statement nicht konform. Unstrittig setzte Ende der 70er, spätestens in den frühen 80ern ein neokonservatives Retro ein:
* Forderung entsprechender Kreise: Das Rad der Geschichte zurückdrehen bis vor die James Dean-Ära in den 50ern, die Jugend hat sich anzupassen und unterzuordnen! Wurde meiner Wahrnehmung nach nach dem Ende der sozialliberalen Koalition auch politisch propagiert: "Ordentlich anziehen, das kommt wieder!" (E. Noelle-Neumann, war entweder bei Allensbach oder autonom, von der Union beauftragte Meinungs"forscherin" - oder evtl. doch eher "macherin?")
* An einem ähnlichen Strang wurde auch in den USA gezogen (derzeit hier gerade brandaktuell), Schöpfung des Yuppie-Klischees: So jung und schon in allen Lebenslagen im geschlossenen Kostüm mit Schlips bzw. Sakko + Schlips!
* Erfolgreich war die Sache wohl weniger deshalb, weil man von dieser neuen "gesellschaftlichen Strömung" überzeugen konnte, sondern mächtig auch deswegen (konservative Kreise frohlockten), weil man über die langhaarige, vergammelte, gelegentlich barfüßige Jugend endlich die Keule 'Arbeitslosigkeit' schwingen konnte! So kam´s jedenfalls meinem Freundeskreis und mir vor, als wir uns für Bewerbungen "präparierten". Übrigens war BF in meinem Bekanntenkreis gar nichts so arg Besonderes. Man traf sich zur Plauderei etc. in den Höfen unseres Wohnviertels oder zum Freundschaftsbesuch in der Nachbarschaft und ließ über diese kurzen Entfernungen, wenn zuhause BF gegangen wurde, ebenfalls die Schuhe aus. Ich war allerdings schon extrem 'drauf und meine BFigen Entfernungsradien von zuhause wurden schnell immer größer, auch so könnte man eine Facette meines "Werdegangs" "geometrisch" beschreiben.
Völlig unverständlich ist mir, inwieweit es deiner Ansicht nach seit 2000 weniger spießig zugehen sollte - auf welche Beobachtung gründet sich diese Aussage?
--

...dafür macht mir die gesellschaftliche Entwicklung (Stichwort Armut) Sorge.

--
Die IST auch besorgniserregend und eine Folge der (von entsprechenden Kreisen in den Medien propagierten) "Winner & Loser Society". Fragt sich nur, ob das für Soziales eingesparte Geld nicht doch noch futsch ist - für Polizeistaatsmaßnahmen und Gefängnisneubauten. Gerne reden solche Herrschaften auch über "Anpassung", wollen wieder zurück zu alten "Kleider machen Leute"-Werten und sind bei konkreten Begegnungen sauer, wenn ich an ihnen vorbei in Richtung Parkplatz sehe. Passender Kommentar: "Davon hat man mehr!" (im Vergleich zu Klamotten).
--

Dem schließe ich mich voll an (sind da jemals Zweifel aufgekommen?) Bei mir ist der Mensch in der Wahl seines Outfits grenzenlos frei und sonst gilt bei mir, was z. B. Jimi Hendrix schrieb, hätte er seine Autobiografie schreiben können (kann mich nur auf Interviews beziehen).

Was schrieb er denn?

--
Einer seiner Kernsätze war, daß jeder alles tun bzw. lassen darf, solange er damit nicht anderen schadet. Davon ist z. B. die gegenwärtige BF-feindliche amerikanische Gesellschaft meilenweit entfernt. Die besten seiner Statements finden sich häufig im Booklet exotischer CDs, Jimi Hendrix war ein so großer, übrigens sensibler und vergeistigter Mann, daß man ihn hier kurz überhaupt nicht erfassen kann. BF war er übrigens nie zu sehen.
Sei sicher, wir werden in absehbarer Zeit darüber persönlich konferieren. Dabei muß dann vor allem diese abrupte Generationstrennungs-Bruchlinie der frühen 80er aus BFiger Sicht besprochen werden, die sich wie ein rotfadiges Syndrom auch durch Beiträge anderer Teilnehmer zieht und einer von uns könnte dann evtl. ein Resumee über dieses Thema schreiben.
Weiterhin ein schönes BF-Weekend, Jay

Meine Sicht der Dinge & Antworten

Markus U., Stammposter, Saturday, 18.11.2006, 19:30 (vor 6518 Tagen) @ Jay

Hi Jay!

Rückblikkend meine ich, daß sich in den frühen 80'er Jahren des vorigen Jahrhunderts nach den eher "wilden" 70ern ein gewisser Konservatismus und ein Hang zum Spießertum immer mehr breitmachten - ein Zug, der sich zum Ende des Jahrhunderts eher verstärkte. Aktuell, also seit der Jahrhundertwende, geht es nicht mehr so spießig zu...


In einem Punkt gehe ich mit diesem Statement nicht konform. Unstrittig setzte Ende der 70er, spätestens in den frühen 80ern ein neokonservatives Retro ein:
* Forderung entsprechender Kreise: Das Rad der Geschichte zurückdrehen bis vor die James Dean-Ära in den 50ern, die Jugend hat sich anzupassen und unterzuordnen! Wurde meiner Wahrnehmung nach nach dem Ende der sozialliberalen Koalition auch politisch propagiert: "Ordentlich anziehen, das kommt wieder!" (E. Noelle-Neumann, war entweder bei Allensbach oder autonom, von der Union beauftragte Meinungs"forscherin" - oder evtl. doch eher "macherin?")

Vielleicht hängt das mit dem Beginn der Kohl- Aera im Jahre 1982 zusammen, die ja eine "geistig- moralische Wende" einleiten sollte?
Anderseits ist mir nicht entgangen, daß meine Jugendgeneration, obgleich damals noch minderjährig (und folglich 1983 noch nicht walhlberechtigt) schon deutlich konservativer war als die vorangegangene - zur Barfüßigkeit in meiner Schulzeit bzw. deren Fehlen trotz Nichtvorhandenseins entgegenstehender Regeln habe ich mich ja bereits geäußert.

* An einem ähnlichen Strang wurde auch in den USA gezogen (derzeit hier gerade brandaktuell), Schöpfung des Yuppie-Klischees: So jung und schon in allen Lebenslagen im geschlossenen Kostüm mit Schlips bzw. Sakko + Schlips!
* Erfolgreich war die Sache wohl weniger deshalb, weil man von dieser neuen "gesellschaftlichen Strömung" überzeugen konnte, sondern mächtig auch deswegen (konservative Kreise frohlockten), weil man über die langhaarige, vergammelte, gelegentlich barfüßige Jugend endlich die Keule 'Arbeitslosigkeit' schwingen konnte! So kam´s jedenfalls meinem Freundeskreis und mir vor, als wir uns für Bewerbungen "präparierten". Übrigens war BF in meinem Bekanntenkreis gar nichts so arg Besonderes. Man traf sich zur Plauderei etc. in den Höfen unseres Wohnviertels oder zum Freundschaftsbesuch in der Nachbarschaft und ließ über diese kurzen Entfernungen, wenn zuhause BF gegangen wurde, ebenfalls die Schuhe aus. Ich war allerdings schon extrem 'drauf und meine BFigen Entfernungsradien von zuhause wurden schnell immer größer, auch so könnte man eine Facette meines "Werdegangs" "geometrisch" beschreiben.

In meiner Generation war barfuß verpönt, und Sokkenlosigkeit wurde nur von einer Minderheit (einschließlich meiner) praktiziert. Langhaarige Jungs waren in meinem Jahrgang eine Rarität, und aiuch ich habe mir die Haare erst als Student lang wachsen lassen, nachdem ich das Elternhaus verlassen hatte (sonst hätte ich es schon früher getan).
Der Satz "Kleider machen Leute" ist vielleicht gar nicht so abwegig, denn ich ertappe mich dabei, daß ich z. T. ebenso verfahre, wenn auch vielleicht nach veränderten Kriterien, denn mit einem bekifften Punk in zerrissenen Klamotten und fetten drekkigen Stiefeln kann ich im Zweifel genausowenig anfangen wie mit einem erzkonservativen Anzug- und Krawattenträger mit schwarzen Sokken und Halbschuhen. Andererseits ist mir jemand auch nicht gleich deswegen sympathisch. weil er barfuß läuft, obwohl das natürlich zunächst mal ein großer Pluspunkt ist. Mein Grundsatz ist, daß ich ein endgültiges Urteil über einen Menschen erst fälle, wenn er gestorben oder aus meinem Gesichtskreis verschwunden ist. Ein Freund von mir kleidet sich (meiner Meiung nach) total langweilig und geht nie barfuß, und dennoch schätze ich ihn - wegen gewisser anderer Eigenschaften. Meine besten Freunde laufen freilich barfuß, und ich habe sie durch dieses Forum kennengelernt, aber sie sind nicht DESWEGEN meine Freunde - dazu bedarf es viel mehr.

Völlig unverständlich ist mir, inwieweit es deiner Ansicht nach seit 2000 weniger spießig zugehen sollte - auf welche Beobachtung gründet sich diese Aussage?

Naja, zumindest lange Haare bei Männern werden gesellschaftlich weitgehend akzeptiert (auch wenn einige Erzkonservative sich damit vielleicht noch schwertun), und auch in puncto Kleidung ist für uns Männer auch bei Tätigkeiten im Büro mehr möglich als früher - diese unsägliche "Yuppie- Welle" der 80er ist buchstäblich Schnee vom vergangenen Jahrhundert. Barfuß kann ich zwar bei der Arbeit (noch?) nicht sein, aber zumindest sokkenlos - und das ist ja (meiner Meinung nach) auch schon mal was.

...dafür macht mir die gesellschaftliche Entwicklung (Stichwort Armut) Sorge.


Die IST auch besorgniserregend und eine Folge der (von entsprechenden Kreisen in den Medien propagierten) "Winner & Loser Society". Fragt sich nur, ob das für Soziales eingesparte Geld nicht doch noch futsch ist - für Polizeistaatsmaßnahmen und Gefängnisneubauten. Gerne reden solche Herrschaften auch über "Anpassung", wollen wieder zurück zu alten "Kleider machen Leute"-Werten und sind bei konkreten Begegnungen sauer, wenn ich an ihnen vorbei in Richtung Parkplatz sehe. Passender Kommentar: "Davon hat man mehr!" (im Vergleich zu Klamotten).

Meiner Meinung nach ist es ganz einfach eine Begleiterscheinung des Kapitalismus, denn Kapitalismus und soziale Gerechtigkeit schließen einander aus. Ein wirkungsvoller Protest dagegen kann in weitgehendem Konsumverzicht bestehen - und dazu gehört (um den Bogen zum Thema zurückzufinden) auch Barfüßigkeit als besonders augenfällige Form desselben. Zu einer gänzlich geldlosen Lebensweise haben freilich nur die wenigen Mitglieder der "Schenker- Bewegung" gefunden, deren bekanntestes Mitglied eine Frau ist, die sich selbst "tüt- tüt" nennt (ihren bürgerlichen Namen kenne ich nicht) und ebenfalls barfuß geht.

Bei mir ist der Mensch in der Wahl seines Outfits grenzenlos frei und sonst gilt bei mir, was z. B. Jimi Hendrix schrieb, hätte er seine Autobiografie schreiben können (kann mich nur auf Interviews beziehen).


Was schrieb er denn?


Einer seiner Kernsätze war, daß jeder alles tun bzw. lassen darf, solange er damit nicht anderen schadet. Davon ist z. B. die gegenwärtige BF-feindliche amerikanische Gesellschaft meilenweit entfernt. Die besten seiner Statements finden sich häufig im Booklet exotischer CDs, Jimi Hendrix war ein so großer, übrigens sensibler und vergeistigter Mann, daß man ihn hier kurz überhaupt nicht erfassen kann. BF war er übrigens nie zu sehen.

Ich weiß nicht viel über ihn, denn ich war noch klein, als er starb. Ich kann allerding niemanden, der sich durch Drogen zugrunde richtet, als "groß und vergeistigt" bezeichnen. Grundsätzlich stimme ich dem zitierten Satze zu, aber wenn er dazu benutzt wird, Drogenkonsum zu rechtfertigen, kann ich ihn nicht tolerieren. Meiner Meinung nach gibt es auch kein Recht zur Selbstschädigung - zumal Drogenabhängige nicht die volle Herrschaft über andere haben und dadurch auch die Rechte anderer gefährden und schädigen, weshalb es auch verboten und sogar strafbar ist, alkoholisiert ein Straßen-, Schienen-, Wasser- oder Luftfahrzeug zu lenken.

Sei sicher, wir werden in absehbarer Zeit darüber persönlich konferieren. Dabei muß dann vor allem diese abrupte Generationstrennungs-Bruchlinie der frühen 80er aus BFiger Sicht besprochen werden, die sich wie ein rotfadiges Syndrom auch durch Beiträge anderer Teilnehmer zieht und einer von uns könnte dann evtl. ein Resumee über dieses Thema schreiben.

Ja, das werden wir machen, und ich freue mich auch schon auf dieses Gespräch und bin vor allem auf das Resumee gespannt.

Weiterhin ein schönes BF-Weekend, Jay

Dir ebenfalls ein schönes barfüßiges Wochenende,
Markus U.

Tütü

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Saturday, 18.11.2006, 23:32 (vor 6518 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus

Zu einer gänzlich geldlosen Lebensweise haben freilich nur die wenigen Mitglieder der "Schenker- Bewegung" gefunden, deren bekanntestes Mitglied eine Frau ist, die sich selbst "tüt- tüt" nennt (ihren bürgerlichen Namen kenne ich nicht) und ebenfalls barfuß geht.

Genau genommen nennt sie sich Tütü und heißt eigentlich Brigitte Kälin. Sie geht von April bis November barfuß und lebt ohne jeden Luxus in einem alten Bauernhaus im sächsischen Pommritz. Ihre Lebensmittel sammelt sie im Wald oder züchtet sie in ihrem Garten. Sie führt ohne Geld ein zufriedenes Leben. Ob ihr Leben aber wirlich so optimal ist, bleibt jedoch umstritten. Ein Leben ohne Geld bedeutet schließlich auch ein Leben ohne Absicherungen, ohne Krankenversicherung usw. Das kann durchaus schnell dazu führen, dass sie auf Kosten anderer Hilfe benötigt. Aber auch die Frage des Wohnraums dürfte ohne Geld in der Regel schwierig zu lösen sein. Tütü bekam ein ziemlich heruntergekommenes Haus in Pommritz geschenkt! Aber wer verschenkt schon Häuser?
Im Prinzip beneide ich sie ja um ihre Sorglosigkeit und ihr zufriedenes Leben, aber ich frage mich, ob sie genügend an die Zukunft denkt, daran, dass sie auch mal krank werden könnte?
Es würde mich reizen sie mal kennen zu lernen. Ihr Leben fasziniert mich irgendwie, ihre Konsequenz ebenfalls, für mich könnte ich mir ein solches Leben aber nicht vorstellen.

Viele Grüße

Ulrich

Tütü

Manfred (Ten), Stammposter, Sunday, 19.11.2006, 10:41 (vor 6517 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Allein die Grundsteuer wird sie kaum in Naturalien bezahlen können !
Die Ausstellung eines Personalausweises (oder braucht sie keinen?)muss auch bar bezahlt werden. Und und und...
Nachdenklich, Manfred

Hallo Markus
Aber auch die Frage des Wohnraums dürfte ohne Geld in der Regel schwierig zu lösen sein. Tütü bekam ein ziemlich heruntergekommenes >Viele Grüße
Ulrich

Tütü

Markus U., Stammposter, Sunday, 19.11.2006, 21:24 (vor 6517 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Markus

Genau genommen nennt sie sich Tütü und heißt eigentlich Brigitte Kälin. Sie geht von April bis November barfuß und lebt ohne jeden Luxus in einem alten Bauernhaus im sächsischen Pommritz. Ihre Lebensmittel sammelt sie im Wald oder züchtet sie in ihrem Garten. Sie führt ohne Geld ein zufriedenes Leben. Ob ihr Leben aber wirlich so optimal ist, bleibt jedoch umstritten. Ein Leben ohne Geld bedeutet schließlich auch ein Leben ohne Absicherungen, ohne Krankenversicherung usw. Das kann durchaus schnell dazu führen, dass sie auf Kosten anderer Hilfe benötigt. Aber auch die Frage des Wohnraums dürfte ohne Geld in der Regel schwierig zu lösen sein. Tütü bekam ein ziemlich heruntergekommenes Haus in Pommritz geschenkt! Aber wer verschenkt schon Häuser?
Im Prinzip beneide ich sie ja um ihre Sorglosigkeit und ihr zufriedenes Leben, aber ich frage mich, ob sie genügend an die Zukunft denkt, daran, dass sie auch mal krank werden könnte?
Es würde mich reizen sie mal kennen zu lernen. Ihr Leben fasziniert mich irgendwie, ihre Konsequenz ebenfalls, für mich könnte ich mir ein solches Leben aber nicht vorstellen.
Viele Grüße
Ulrich

Hi Ulrich!

Dankenswerterweise hat Ralf (RSK) einen Link zu der Seite der "Schenker" angegeben, und ich finde die Texte sehr interessant und informativ, wenngleich auch ich mir eine solche gänzlich geldlose Lebensweise für mich selbst nicht vorstellen kann, obgleich ich diese Lebensweise schon faszinierend finde. Immerhin beweisen diese Menschen, daß es möglich ist, ganz ohne Geld zu leben (wobei ich mir diese Lebensweise als solche weniger schwierig als den "Ausstieg" aus dem System vorstelle - denn "aussteigen" ist etwas ganz anderes als "herausfallen"!), und setzen damit ein wichtiges Zeichen.
Auch wenn Barfüßigkeit bei den Schenkern allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt (als ein sichtbares Zeichen von Konsumverzicht), kann diese für die Erreichung innerer Harmonie und Zufriedenheit nur förderlich sein.

Zufrieden barfuß,
Markus U.

Tütü

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 20.11.2006, 07:19 (vor 6517 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

Ich glaube nicht, daß es in einem Land wie Deutschland oder der Schweiz möglich ist, völlig ohne Geld auszukommen und ohne gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen. Ohne eigenes Geld vielleicht, aber nicht ohne das Geld anderer. Es ist sicher ein Riesenunterschied, ob man immer zu lebt wie Tütü oder ob man in der Freizeit mal irgendwo in einem "Schuppen" an einer stillgelegten Bahnstrecke, unter einer Brücke oder in einem "Bunker" oberhalb von Dresden übernachtet, jedoch genügend finanzielle Reserven hat. Es ist ähnlich wie mit dem Barfußlaufen: Ich mache es freiwillig, nicht aus finanzieller Not.

Ein Ausweiszwang besteht zumindest in der Schweiz nicht, und schon gar kein Ausweistragezwang. Man kann also nicht dafür belangt werden, wenn man keinen Ausweis dabei hat (einen Führerschein muß man ja dabei haben, wenn man am Steuer sitzt, wer ihn zu Hause läßt, kann gebüßt werden). Aber die Polizei ist berechtigt, einen Menschen, der keinen Ausweis dabei hat, zwecks Abklärung der Personalien eine gewisse Zeit in Polizeigewahrsam zu nehmen. Aus diesem Grund habe ich eigentlich immer den Ausweis dabei, wenn ich barfuß unterwegs bin und/oder kurze Hosen trage. Das gilt natürlich nicht, wenn ich barfuß den Abfall nach draußen bringe. Theoretisch darf die Polizei mich auch dann abführen. Sie muß sich nicht darauf einlassen, daß man zurück in die Wohnung geht, um den Ausweis zu holen. Aber so etwas ist nicht einmal mir passiert, nicht einmal in Zofingen.

Im Migros-Magazin erschien mal ein Bericht über einen Einsiedler:
http://www.migrosmagazin.ch/index.cfm?rub=106&id=15643&issuedate=%7Bts%20%272006%2D06%2D05%2000%3A00%3A00%27%7D&issuename=200623MMd

Zu diesem Beitrag gab es Leserbriefe, auch von mir:
http://www.migrosmagazin.ch/index.cfm?rub=6&id=15866&issuedate=%7Bts%20%272006%2D06%2D19%2000%3A00%3A00%27%7D&issuename=200625MMd

Kurze Zeit später erhielt ich Post von einem Spießer (den Brief habe ich mittlerweile entsorgt). Er warf mir vor, daß ich nicht das mache was die Behörden von mir verlangen, wünschte, daß ich wieder zurück nach Deutschland gehen soll, aber ja nicht barfuß und in kurzen Hosen, weil man mich sonst unterwegs abfangen und einsperren würde.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Tütü

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 20.11.2006, 13:06 (vor 6516 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

Vielen Dank, für den Artikel über Hans Schärer. Auch wenn er vermutlich nicht barfuß geht, scheint er doch ähnliche Charaktereigenschaften wie die meist barfüßige Tütü zu haben, die ihn sehr sympathisch erscheinen lassen. Insbesondere sein Leitspruch "Zufrieden sein ist große Kunst, zufrieden scheinen bloßer Dunst, zufrieden werden großes Glück, zufrieden bleiben Meisterstück" gefällt mir sehr gut.
Dass er mit weniger als 100 Franken im Monat auskommt, beweist seine bescheidene Lebensart, dass er damit aber auskommen muss, glaube ich nicht so recht. Mit Sicherheit gibt es auch in der Schweiz eine Art Sozialhilfe, die darüber liegen dürfte, nur er will sie anscheinend nicht in Anspruch nehmen.
Trotzdem stellt sich hier, genau wie bei Tütü, die Frage, ob ein Leben ganz ohne Geld möglich ist, ohne andere zu belasten. Schon die nicht zu unrecht gestellte Frage, wie Tütü die Grundsteuern bezahlt bleibt ja offen. Ob es sowas auch in der Schweiz gibt, weiß ich nicht.
Einen Ausweis braucht man in Deutschland nicht. Tütü hatte ja mal, wenn ich mich recht erinnere, ihre Papiere an die ausstellenden Behörden zurückgeschickt, mit der Begründung, sie wolle ihr Leben künftig unabhängig vom Staat führen und brauche sie daher nicht. Die Behörden haben ihr das dann zurückgeschickt, weil sowas nicht geht, worauf sie dann ihre Papiere verbrannt hat. (oder so ähnlich)
Eine Krankenversicherung braucht man in Deutschland jedenfalls nicht, wenn man nicht pflichtversichert ist, aber was geschieht dann im Krankheitsfalle? Auch Jugend schützt nicht vor Krankheit. Außerdem wird man ja auch älter. Irgendwann kommen dann Krankheiten, auch wenn man noch so gesund lebt. Die Behandlungskosten dann aber der Allgemeinheit zu überlassen, ohne selbst jemals der Allgemeinheit Geld durch Beiträge zukommen zu lassen, ist, zumindest wenn es bewusst so gewollt wird, recht egoistisch. Natürlich würde ich niemandem, der unbeabsichtigt in Not geraten ist, die nötige Unterstützung verwehren wollen, aber wenn jemand bewusst mit der Gesellschaft nichts zu tun haben will, kein Eigentum besitzen will, aber dann doch Hilfe braucht, wird es schwierig. Aber sollte man Tütü, wenn sie mal ernsthaft krank wird, einfach sterben lassen? Das kann man auch nicht machen, und das wird man auch nicht.
Konsumverzicht ist eine gute und vorbildliche Sache, dazu gehört auch der Verzicht auf Schuhe, aber auf soviel zu verzichten, dass man schließlich die Hilfe anderer benötigt, halte ich nicht für richtig.

Viele Grüße

Ulrich

Tütü

Manfred (Ten), Stammposter, Monday, 20.11.2006, 15:53 (vor 6516 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Konsumverzicht ist eine gute und vorbildliche Sache, dazu gehört auch der Verzicht auf Schuhe, aber auf soviel zu verzichten, dass man schließlich die Hilfe anderer benötigt, halte ich nicht für richtig.
Viele Grüße
Ulrich

Ich habe in diesem Fall überhaupt kein Problem damit: Wenn man mal bedenkt wie wenig sie mit ihrem Lebensstil die Umwelt belastet, hat sie wahrscheinlich eine weit bessere Sozialbilanz als mancher Beitragszahler, der unsere Wegwerfgesellschaft auslebt, mit dem Auto zum Briefkasten fährt, raucht, trinkt, Übergewicht hat, Risikosportarten betreibt usw. usw...
Nachdenkliche Grüsse, Manfred

Tütü

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 20.11.2006, 22:43 (vor 6516 Tagen) @ Manfred (Ten)

Hallo Manfred

Ich habe in diesem Fall überhaupt kein Problem damit: Wenn man mal bedenkt wie wenig sie mit ihrem Lebensstil die Umwelt belastet, hat sie wahrscheinlich eine weit bessere Sozialbilanz als mancher Beitragszahler, der unsere Wegwerfgesellschaft auslebt, mit dem Auto zum Briefkasten fährt, raucht, trinkt, Übergewicht hat, Risikosportarten betreibt usw. usw...

Naja, das mag wohl auch wieder stimmen.
Prinzipiell bin ich der Meinung, man sollte andere nie mehr als nötig belasten. Ob die Belastung der Allgemeinheit durch die Schenker niedriger ist, als die Belastung durch "gewöhnliche" Menschen mag wohl sein, aber ganz auf fremde Hilfe können sie wohl auch nicht verzichten. Dennoch hast Du sicher Recht damit, dass sie eine bessere Sozialbilanz als andere haben werden.

Viele Grüße

Ulrich

Tütü

Markus U., Stammposter, Monday, 20.11.2006, 17:01 (vor 6516 Tagen) @ Ralf RSK

Hi Ralf (RSK)!

Vielen Dank für den Link, der wiederum sehr aufschlußreich ist. Andererseits sind aber auch die Einwände und Fragen von Ulrich oder Michael aus Zofingen ("Was ist, wenn...?") aufschlußreich, denn sie zeigen nicht nur, daß sie selbst zu einer solchen Lebensweise bereit sind (was ihr gutes Recht ist; ich bin es auch nicht), sondern auch grundlegende Zweifel an der Lebensform der "Schenker" haben. Grundlegende Zweifel an einer von "Normalfalle" abweichenden Lebensform zu äußern, bedeutet aber, daß man diese nicht akzeptiert oder zumindest nicht ernst nimmt.
Die "Schenker" müssen (und werden) selbst am besten wissen, wie sie ihren Alltag bewältigen, und auch wenn ich ihren Lebensstil nicht teilen mag bzw. nicht zu teilen vermag, begrüße ich es doch sehr, daß es Leute gibt, die so leben können und (um den Bogen zurück zum Thema zu finden) mit unserer Barfüßigkeit überhaupt kein Problem haben!

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.

Tütü

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 20.11.2006, 22:50 (vor 6516 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus

Vielen Dank für den Link, der wiederum sehr aufschlußreich ist. Andererseits sind aber auch die Einwände und Fragen von Ulrich oder Michael aus Zofingen ("Was ist, wenn...?") aufschlußreich, denn sie zeigen nicht nur, daß sie selbst zu einer solchen Lebensweise bereit sind ...

Nein, das bin ich nicht. Auf einen gewissen Lebensstandard, an den ich mich gewöhnt habe, möchte ich nicht verzichten. Ich könnte zwar sicher noch auf das eine oder andere verzichten, aber auf manches eben nicht.

...(was ihr gutes Recht ist; ich bin es auch nicht), sondern auch grundlegende Zweifel an der Lebensform der "Schenker" haben. Grundlegende Zweifel an einer von "Normalfalle" abweichenden Lebensform zu äußern, bedeutet aber, daß man diese nicht akzeptiert oder zumindest nicht ernst nimmt.

Moment mal, dass ich die Schenker nicht ernst nehme, ist nicht der Fall. Ich nehme sie abslout ernst, bewundere diese Leute auch wegen ihrer Konsequenz und ihres Lebensstils, aber möchte eben selbst so nicht leben. Außerdem kann man wohl mal darüber nachdenken, ob man diesen Lebensstil für richtig hält oder ob man darin Probleme sieht. Das bedeutet doch aber nicht, dass man diese Leute nicht ernst nimmt.

Viele Grüße

Ulrich

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