Hallo Markus!
Markus:
Ich selbst möchte so ein T- Shirt freilich nicht einmal geschenkt haben. Warum nicht? Weil für mich Barfußlaufen etwas Selbstverständliches ist und ich meinen (beschuhten) Mitmenschen nicht zu erklären brauche, daß und warum ich barfuß laufe, genauso wenig wie ich ihnen Rechenschaft schuldig bin, warum ich lange Haare habe und diese zusammenbinde oder warum ich eine Lederjakke trage oder warum ich nur lange Hosen trage oder was auch immer. Es geht sie einfach nichts an! Und ich bin ihnen keinerlei Erklärungen oder gar Rechtfertigungen schuldig!
Michael:
Ich würde das angebotene T-Shirt mit dem Text "Nein, es ist nicht zu kalt!" nicht als "Barfuß-T-Shirt" bezeichnen, da es auch Sinn macht, wenn man vergleichsweise tiefer Temperatur ohne Jacke herumlaufen würde (und ansonsten keinerlei Kleidung, die an wärmere Zeiten erinnert, trägt). Und wenn man dann die Jacke überzieht, würde keiner den Text mehr lesen. Und sicher hast Du recht, daß Du NIEMANDEM Rechtfertigung schuldig bist über Dinge, die nicht verboten sind. Und dazu gehört das Barfußlaufen genauso wie das Nichttragen einer Mütze oder das Tragen einer Brille. Manchmal kann es aber von Nachteil sein, wenn man sich nicht rechtfertigt. Wenn man etwa im Winter von einem Polizisten gefragt wird und antwortet: "Ich bin Ihnen doch keine Rechenschaft schuldig, weshalb ich barfuß laufe und kurze Hosen trage!", dann könnte es durchaus sein, daß der Polizist einem noch länger in der Kälte stehen läßt oder gar auf die Wache bringt wie wenn man höflich und bereitwillig Auskunft gibt.
Markus:
Abgesehen davon, daß ein solches T- Shirt bei mir im Winter gar nicht zur Geltung käme, weil ich dann ohne eine Jakke nicht auskomme, so daß es ohnehin eher was für den Sommer wäre, wenn Barfußlaufen von der Temperatur her sowieso "unbedenklich" ist, bin ich auch gar nicht so erpicht darauf, daß die Leute unbedingt mitkriegen, daß ich barfuß bin - wenn sie es nicht merken, ist es mir auch recht (um ganz genau zu sein: es ist mir völlig egal).
Michael:
Da ich die Jacke erst bei tieferen Temperaturen anziehe, würde es bei mir eher Wirkung zeigen. Im Sommer dagegen müßte ich ein T-Shirt mit dem Text tragen "Ja, ich bin zu winterlich angezogen". Vermutlich kann man solche Texte auch auf andere Kleidungsstücke drucken als auf T-Shirts. Etwa für Winterbarfüßer auf die Jacke. Und falls ich bei ca. 22°C irgend etwas mit Text benötigte, ohne mich deswegen zu "überkleiden", müßte der Text entweder auf die Hose gedruckt werden (aber dann bräuchten die anderen eine Lupe) oder in Form einer Tätowierung (was ich als "Körperverletzung" bezeichnen würde). Da Du durch Dein Barfußlaufen niemanden schadest, kann es Dir auch egal sein ob die anderen merken, daß Du barfuß bist (solange nicht irgendwelche Spießer versuchen, Dir aufgrund Deiner Barfüßigkeit einen Strick zu drehen).
Markus:
Außerdem finde ich solche plakativ auf der Kleidung getragenen Rechtfertigungen nicht nur albern, sondern sogar provokant und damit für die Sache des Barfußlaufens eher kontraproduktiv - ich weiß nicht, welchen Zweck es hat, mit so einem T- Shirt gleichsam auszurufen: Guckt mal, ich bin barfuß (und habe nicht einmal kalt dabei)! So kann's meiner Meinung nach mit Barfußlaufen als Selbstverständlichkeit nichts werden.
Michael:
Auch ich bevorzuge neutrale Kleidung im Alltag, egal ob ich barfuß bin oder nicht. Kaufen würde ich mir keine T-Shirts mit irgendwelchen Aufdrucken, soweit neutrale billiger sind (was normalerweise der Fall ist). Wenn man mir ein T-Shirt mit Aufdruck schenkt, dann würde ich, soweit ich noch saubere neutrale habe, diese anzuziehen. Obwohl ich Straßenbahnen mag, würde ich im Alltag kein T-Shirt mit Tram tragen, höchstens bei Anlässen, die mit Bahnen zu tun haben. Wenn sich aber keine neutralen T-Shirts mehr in meinem Besitz befinden sollten, jedoch noch jede Menge bedruckte, dann würde ich mir erst neutrale kaufen, wenn auch die bedruckten aufgebraucht sind. Und eigentlich interessiert mich der Text/das Bild auch nur sekundär. Zur Not würde es ein T-Shirt mit einem Bild von Peter Alexander tun. Nicht tragen würde ich dagegen ein T-Shirt mit einem Bild von George W. Bush, Saddam Hussein usw.
Allgemein gilt für mich: Die Kleidung (egal ob Schuhe, T-Shirt, Hose) dient in erster Linie dazu, mich vor Hitze, Kälte, Dornen, Scherben usw. zu schützen. Soweit die Situation es nicht erfordert, lasse ich die entsprechenden Dinge halt aus. Gewisse Abstriche sind leider unvermeidbar. Da ich meinen Arbeitsplatz behalten möchte, füge ich mich den Anordnungen des Arbeitgebers und kleide mich auch bei hochsommerlichen Temperaturen im Chemielabor, wo teilweise mit giftigen Stoffen verseuchtes Glas auf dem Boden liegt, nicht so, wie wenn ich im Schwimmbad wäre. Und gänzlich ohne Kleidung würde ich auch nicht durch die Stadt gehen, da dieses als Ordnungswidrigkeit gilt, im Gegensatz zum Barfußlaufen, (Nicht-)tragen einer Mütze usw.
Schriftzugfreie Grüße
Michael aus Zofingen