Das war schon mal da... (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Tuesday, 31.10.2006, 09:22 (vor 6537 Tagen) @ Barfuß-Initaitive-Berlin JohnK

High!
Flüchtig betrachtet, scheint die Idee zunächst richtig zu sein. Aber ich bin skeptisch und glaube, daß eine Aktion, die allein nur in einer Präsentation leuchtender BF-Vorzeige-Ikonen besteht (und sei es, daß sie in Stockholm barfuß den Nobelpreis entgegennahmen), nur geringe Wirkung entfalten wird aufgrund folgender Erinnerung:
Das war schon mal da, nur anders'rum. In genau gleicher Weise hat einst das neue Management bei KONTRON Elektronik, Eching "uns" (Zentralforschung & -entwicklung)unsere Verwandlung in Yuppies nahezulegen versucht (Maxmime: "Diese Jeans-, T-Shirt und Schlabberpulli-Kultur muß weg!"), mit Posterfotos (zwecks "Rüberbringung" hoher Außentemperaturen mit in den Bürofenstern sichtbaren LA-Palmen), die jedem HUGO BOSS-Herrenbekleidungsprospekt (resp. die entsprechenden Unternehmen für Damen) alle Ehre gemacht hätten... und mit einer Kommentierung der "Betroffenen", daß sie dieses Outfit (wohl auch bei Klimaanlagen-Ausfall) als unabdingbaren und essentiellen Katalysator für überlegene berufliche Performance betrachteten. Natürlich war das subtiler gemacht als aus dieser der Kürze halber knappen Darstellung hervorgeht, der "Erfolg" war: Die Wilden wurden noch etwas wilder, das Mittelfeld blieb wie es war und selbst die Geschniegelten wurden um kein Jota geschniegelter.
Natürlich hinkt dieser Vergleich situativ. Aber man merkt, daß hier jemand um etwas kämpft, die Sache ist zu durchsichtig. Das Ergebnis wird sein, daß die BF-Gegner mit ihren Stil- & Etikettemullahs (sie wollen barfüßige berufliche Erfolge genausowenig wie Hitler jüdische) gegensteuern werden und tendenzielle BFs durch die Impression toller Typen mit superben Leistungen im Job nicht notwendigerweise in ihrer "Risikobereitschaft" beflügelt werden, in einer bisher BF-freien Abteilung erstmals BF auszuprobieren und die Reaktion des Chefs abzuwarten.
Definiert man die Ziele als a) mehr Akzeptanz und Toleranz, wenn nicht sogar noch mehr positive Auffassung von BF in den Unternehmen und im allgemeinen öffentlich-gesellschaftlichen Konsens, b) Ermutigung von "Man würde gerne und traut sich dann doch nicht"-Menschen, so müßte man meines Erachtens vielschichtiger und breitbandiger vorgehen.
Niemand wird auf die Idee kommen, in bis dato BF-freien Gefilden im Angestelltenverhältnis eine Premiere loszulassen, wenn er bei Chefs und Kollegen nicht mindestens leicht oberhalb der Durchschnittslinie dasteht. Zu Punkt b) würde ich sagen, daß wenn jemand mit seinem Chef wirklich super steht, man diesen doch einmal vorsichtig fragen könnte, ob er bereit wäre, hier als Gastschreiber ein paar aufmunternde Zeilen 'reinzusetzen. Ich möchte gar nicht groß über die Wichtigkeit von "Chefs" herumposaunen (war selber mal ein kleiner "Ressortverantwortlicher"), aber zur Erreichung des Zieles a) sagen, daß es gewaltig was lostreten würde, wenn in "manager magazin" etc. zu lesen wäre: "Haben mit BF in unseren Abteilungen gute Erfahrungen gemacht..." Soviel zu "Vielschichtigkeit".
In Sachen Breitbandigkeit sollte vor allem der Gesundheitshebel angesetzt werden. Es ist schon seltsam, daß sich zwar viele Eltern umweltbewußt über jedes ug Arsen, das ihre Kids mit sich im Körper tragen könnten, aufregen, aber deren "unteren" Defekte vergleichsweise erstaunlich wurscht sind. Mein Wohn/Firmensitz hatte bis vor kurzem ein wunderbares Schwimmbadrestaurant, und man konnte schon ganz nebenher sehen, daß (zumindest hier) nie eine Generation der bis 20jährigen derart fußkrank 'rumlief. Die schimpfen zwar schon mal mächtig, daß der Vorder(Spreiz-)fuß wehtut und die eingewachsenen Pilzruinen stechen aber was solls - man reißt sich zusammen und steckt das als 'unvermeidbare zivilisatorische Anpassungs-Erfordernisse' weg. Einst mögen sie zwar originär begeisterte BF-Kids gewesen sein (gibt´s denn überhaupt andere?), aber ihre Eltern waren bereits cleverer als bei 1 Generation zuvor und redeten ihnen die Sache trickreich aus.
Natürlich schadet es nicht, wenn man Vorzeige-BFs zur Hand hat. Sie allein sind aber kein geeignetes Mittel, wenn bei 35° ein abteilungsleitender Stil - & Etiketteayatollah in der allseitigen und autonomen Kollegenmeinung als Clown dastehen soll. Auch besteht die Gefahr, daß so ein Zampano dann sagt: "Sind eben erfolgreiche Exoten. Auch Leute mit Ticks können u. U. sogar sehr erfolgreich sein" - und sich auf keine Diskussion in Sachen etwas größerer Outfit-Liberalität einläßt. Nur mit der Gesundheits- u. Wellnesskarte in Kombination mit den genannten Ikonen kann man Feuer unterm Hintern machen und Argumenten wie "ich weiß nicht, ob da die Leistung steigt" (verhaltene Unsicherheits-magical mystery tour-Rauswindetaktik, leitende BF-Contra´s in der Industrie sind darin äußerst gewieft) den Weg verbauen.
Genau hier müßte weitergemacht werden, und Bewußtseinsveränderung müßte heißen, daß einer bestimmten "Pflicht" einer "höheren" Sekretärin, die deren Pläne durchkreuzt, ihre Hühneraugen loszuwerden, allgemeine gesellschaftliche Ächtung entgegengebracht wird, ähnlich wie man sich heute über Wohlbefindens-Beeinträchtigung und Gesundheitsschädigung aufregt, wenn in immer weiteren Bereichen auch nur ein Hauch von Tabakgeruch bemerkt wird.
Gesundheit und Wellness wollen alle haben, uneingeschränkt. Merkwürdig, daß umgekehrt bei einer bestimmten Körperhemisphäre Beeinträchtigungen und Schädigungen in einem Ausmaß toleriert werden (oder nach gesellschaftlicher Konvention zu tolerieren sind) wie sonst bei weitem nicht (inklusive im Unterschied zu Nikotin ggf. relativ direkter Unannehmlichkeit/Schmerzhaftigkeit).
Das 'Rauszuhebeln muß das Ziel sein.
Solidarisch und mit freundlichen Barfußgrüßen aus Freising, Jay.


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