Barfuß in Lüneburg (Hobby? Barfuß! 2)

JohnK, Stammposter, Tuesday, 31.10.2006, 02:19 (vor 6602 Tagen)

Am Sonnabend führte mich eine Reise von meiner Heimatstadt Falkensee an der westlichen Landesgrenze Berlins nach Raven (Gemeinde Soderstorf, zwischen Lüneburg und Soltau südlich von Hamburg). Die Fahrt ging zunächst durch das Havelland und den Naturpark Westhavelland und weiter entlang der Elbe durch die Altmark, das Wendland und den Kreis Lüneburg. Unterwegs hielt ich für eine Stunde in Havelberg am Zusammenfluß von Havel und Elbe, um Stadt und Dom barfüßig zu besichtigen. Diese Autofahrt von 257 km berührte die Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen und verlief durch lediglich vier Landkreise:
Landkreis Havelland (im Bundesland Brandenburg, zwischen der östlichen Havel in Spandau und der im Westen = Landesgrenze Sachsen-Anhalt),
Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt, bis zum ehem. DDR-Grenzübergang zwischen Bömenzien nördlich von Arendsee/Altmark (siehe http://www.arendsee.de/06_04.php, Dank an Ulrich!) und Kapern bei Schnackenburg a.d. Elbe),
Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen, bis zum Ort Nadlitz an der B216 zwischen Dannenberg und Dahlenburg) und
Landkreis Lüneburg.

Die Gegend südlich von Hamburg ist mitnichten das allgemein vermutete flach-dröge Niedersachsen sondern eine eiszeitlich geformte Hügellandschaft mit reizvollen Wäldern und sattgrün zum Barfußlaufen einladenden Wiesen, von oft tonnenschweren Findlingen begrenzt, siehe auch http://www.soderstorf.de/. Wohlhabende Dörfer sind von Fachwerkhäusern geprägt, die Städte vom Reichtum der Hanse und mittelalterlicher Hochkultur. Am Sonntag verhinderten immer wiederkehrende Regengüsse, meine Füße mit der Lüneburger Heide bekannt zu machen. Dafür nutzte ich die trockenen Stunden ab der Mittagszeit, um sie das herrliche, von Pfützen bedeckte Pflaster der mittelalterlichen Stadt Lüneburg fühlen zu lassen. Aber nicht nur dieses ist für Barfüßer bestens geeignet (die Füße passen sich flexibel den wechselnden Konturen der Steine an, so daß ich ohne auf den Boden zu achten, den Fuß flach aufsetzend, entspannt über den historischen Boden schritt), auch der alte Boden in den gotischen Lüneburger Hallenkirchen und der St. Nicolai-Basilika ist nackten Füßen wärmstens zu empfehlen. Weil dieser nicht nur entweder mit den gleichen alten, roten Backsteinen gepflastert, aus denen auch die Kirchen gemauert sind, oder mit herrlich griffigen Sandsteinplatten belegt ist, sondern auch durch das Heizsystem der Kirchen Mithilfe von im Boden verlaufenden Warmluftkanälen angenehm fußwarm ist. Als sei dieser vorbildliche Fußerlebnisboden der Kirchen extra für mich angewärmt worden. In allen drei Stadtkirchen Lüneburgs war ich gern gesehener Besucher, so in der St. Johanniskirche (Am Sande), einer fünfschiffigen Hallenkirche aus dem 14. Jahrhundert, die zu den schönsten Zeugnissen norddeutscher Backsteingotik gehört http://www.st-johanniskirche.de/, und in der St. Nicolai-Kirche (Lüner Straße), der jüngsten und kleinsten der drei gotischen Kirchen. Im Wasserviertel gelegen, war sie einst das Gotteshaus der Schiffer, denn in diesem Viertel lebten hauptsächlich die Flussschiffer und die von der Handelsschifffahrt lebenden Handwerker. Ein Eindruck von der Innenansicht gibt das Intro auf http://www.buergerstiftung-st-nicolai.de/. Besonders bedanken möchte ich mich bei der Aufsicht in St. Michaelis http://www.sankt-michaelis.de/bilder/Kircheaussen.html, einer sehr engagierten Dame, die mir in 10 Minuten die Geschichte der Kirche und der Stadt Lüneburg darlegte

Die mittelalterliche Kulisse der Fachwerkhäuser und gotisch aufragenden Kirchen Lüneburgs sind Stoff für das seh-begierige Auge, die Böden Nahrung für die erlebnishungrigen Füße und die Stadtgeschichte Befriedigung des Kulturbedürfnisses, siehe http://www.lüneburg.de/index.htm?baum_id=155. In Lüneburg selbst scheint die neumodische Erkenntnis eines Berliner Barfußtouristen seit den Nachkriegstagen des 20. Jh. verschüttet zu sein, scheint die Barfüßigkeit der vergangenen Jahrhunderte im Geschichtsbewußtsein der sonst so traditionsbewußten Lüneburger keine Rolle mehr zu spielen. Anders ist es nicht zu erklären, daß einige Leute, die einzeln unterwegs waren, meine Füße ansahen, als hätten sie vorher noch keine gesehen. Das kenne ich so aus Berlin nicht.

Die Rückfahrt streifte östlich von Lüneburg den Naturpark Elbufer-Drawehn und führte mich per Fähre über die Elbe bei Bleckede (sehenswert!). Am nördlichen Elbufer erreicht der Reisende erst drei Dörfer weiter die Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern. Das Territorium bis dorthin gehörte schon vor dem 2. Weltkrieg zu Niedersachsen, wurde aber während der deutschen Teilung von der DDR beansprucht, so daß die Grenze hier durchgängig entlang der Elbe verlief. In den 90ern bekam Niedersachsen dann diesen Teil seiner Fläche zurück (Dank für diese Info an Ulrich!). Ein paar Kilometer ging die Fahrt durch den Naturpark Mecklenburgisches Elbetal bevor ich auf der Bundesstraße 5 und nördlich entlang des erwähnten Nat.parks Ludwigslust erreichte. Leider hatte ich für die Besichtigung dieser sehr empfehlenswerten mecklenburgischen Stadt und ihres berühmten Schlosses keine Zeit und kam über den Anschluß Neustadt-Glewe und weiteren 28 km auf der BAB24 beim Ort Suckow wieder ins Bundesland Brandenburg.


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