Barfuß-Urlaub im Tessin (Hobby? Barfuß! 2)

Leo, Stammposter, Sunday, 29.10.2006, 15:31 (vor 6538 Tagen)

Hallo,

in den letzten 3 September-Wochen verbrachte ich einen total barfüßigen und fast problemlosen Urlaub fast ohne Kommentare der Mitmenschen in Ascona (direkt westlich von Locarno) im Tessin.

Öffentliche Verkehrsmittel

Ich war zwar mit dem Auto da (wegen meiner gehbehinderte Mutter, die mitfuhr), aber Ausflüge allein habe ich meist doch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht, um mehr von der Landschaft zu sehen.

Anläßlich des europäischen Tages ohne Auto wurden für den 22.9. (offiziell nur bis zum Vortag) Freifahrkarten ausgegeben, die in (fast) allen Bussen und Bahnen im Tessin und dem Teil Graubündens südlich des San Bernardino galten. Zusätzlich zum Gebiet des Verkehrsverbundes Arcobaleno durfte man an diesem Tag ausnahmsweise auch nach Acquacalda am Lukmanier-Paß (Passo Lucomagno) fahren. Dort ging ich fast 2 Stunden barfuß spazieren auf in dieser Höhe unerwartet weichen und angenehmen Böden.

Genau passend zu meinem Urlaub gab es nur im September im Verkehrsverbund Arcobaleno nicht nur die sonst nur angebotenen Monatskarten, sondern auch 7-Tage-Karten. Die hierfür in der letzten Urlaubs-Woche investierten 62CHF für das ganze Verbundgebiet waren für mich dann gut angelegt. Als Eisenbahn-Fan bin ich natürlich mehrmals mit der Gotthard- und Centovalli-Bahn gefahren (leider nur bis zum Grenzort Camedo mit der Karte möglich). Nie gab es Probleme - mit einer Ausnahme:

Bei den Postbussen im oberen Maggia-Tal gab es fast immer Bemerkungen, man müsse im Bus Schuhe tragen (Linien ab Bignasco oder Cevio; die barfußmäßig problemlose Maggiatal-Linie ab Locarno wird nicht von der Post, sondern von der FART betrieben, früher gab es hier eine Bahn). Mit ausweichenden Antworten konnte ich aber in allen Fällen trotzdem das Anziehen von Schuhen vermeiden. Als mich dann sogar auch ein junger Fahrer, der ansonsten gar keinen spießermäßigen Eindruck machte, darauf ansprach, hab ich an der Endstation dann nachgehakt, als wir allein im Bus waren. Ja, er selbst findet es auch albern, aber es sei eine Anweisung von oben, anscheinend hätten sich Leute beschwert... Mangels Internet-Zugang hab ich mich dann nicht an die Postbus-Zentrale gewandt, und mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen.

Restaurants

Wir haben meist in der Ferienwohnung gekocht und waren daher nicht oft aus essen.

Bei Migros gab es auch wie früher nirgendwo Probleme (St. Margrethen (SG), Einsiedeln (SZ) und meist San Antonino (TI) bei Bellinzona).

Im Bergstations-Restaurant der Seilbahn nach Serpiano (auch mit dem Auto erreichbar, gegenüber von Morcote am Lago di Lugano) wurden wir genau so zuvorkommend und kommentarlos bedient wie die anderen, meist in Wanderkleidung erschienenen Gäste. Mittags ist das Restaurant mit toller Aussichts-Terrasse vom Preis-/Leistungs-Verhältnis her sehr zu empfehlen! Wir waren dort komischerweise fast die einzigen Deutschen trotz vieler Deutsch sprechender Schweizer.

Wanderungen

Da ich morgens meist mit meiner Mutter Ausflüge mit dem Auto unternahm, habe ich nicht so viele Wanderungen unternommen. An heißen Tag lockte mich nämlich doch eher der Lago Maggiore zum Schwimmen (barfuß bis zum Hals am Ende des Maggia-Deltas). Dorthin war es ein schöner Spaziergang durch den Wald.

Besonders reizte mich natürlich die Cimetta (1671m), der Aussichtsberg der Gegend. Ohne Kreuzband und mit vor Jahren angerissenem Innenband, kann ich sicher nur so ca. 300 Höhenmeter bergab gehen, ohne Probleme mit dem Knie zu kriegen. Parkgebühren, Busanbindung von Ascona aus und Preispolitik der Bergbahn (nur runter fast genau so teuer wie rauf und runter) brachten mich dann auf folgenden Ausweg:

Ich mietete mir ein Trekking-Fahrrad, das einen Gepäckträger hatte und bequem barfuß zu fahren war - nur die Übersetzung ließ an den steilsten Stellen zu wünschen übrig. Wegen einer verpassten Abzweigung waren es dann aber über den Ort Monte Bre doch satte 1400 Höhenmeter bergauf mit Fahrrad und anschließend noch ca. knapp 200 zu Fuß. (Start der Tour war in 200m Höhe - nicht wie sonst um die 1000 - das wurde mir aber auch erst unterwegs bewußt.). Meist über Gras ging es auf den Gipfel mit Super-Fernsicht nach dem vorangegangenen Regen-Tag.

Beim Abstieg habe ich dann die Stöcke benutzt, was aber bis auf einige wenige Stellen mit dem feinen runden rutschigen hochalpinen Gras keinen Vorteil brachte.

Bei der Autotour zu der berühmten Brücke (Ponte die Salti) im Verzasca-Tal ist mir der schöne Weg aufgefallen, den ich aus Zeitgründen nur ein kurzes Stück talaufwärts ging, der hier im Forum ja auch schon lobend erwähnt wurde. Einige Tage später fuhr ich dann mit dem Bus nach Mergoscia, um von da locker nach Lavertezzo zu wandern.

Dummerweise hatte ich auf meiner groben Wanderkarte (1:60000) übersehen, dass es nicht einfach ca. 200 Höhenmeter bergab ging, sondern erst mal 200 bergauf und dann wieder 400 bergab. Die auf den Wegweisern angegebene Wegezeit bis Corippo war auch deutlich länger als erwartet,

Nicht nur höhenmetermäßig, auch bodenbelagsmäßig hab ich auf dieser Wanderung unerwartete Erfahrungen machen müssen: Viel Schotter und spitze Steine, garniert von stacheligen Maroni-(Schalen), denen man zunächst ausweichen konnte. Als der Weg im Wald dann enger und an 2 Stellen auch luftiger wurde (schön, daß auch andere diese Erfahrung mittlerweile am eigenen Leib gemacht haben;-) ) konnte ich nur noch den ganz frisch gefallenen Maroni ausweichen, deren Schale besonders piekste; die schon länger liegenden waren dagegen dann schon die reinste Erholung für die Sohlen. Die mitgeschleppten Schuhe habe ich trotzdem nicht angezogen, aber angesichts des dauernden lauten "PLOPP!" der überall herabfallenden Maroni (einmal 2 cm vor meiner Nase vorbei) habe ich meinen Fahrrad-Helm vermisst.

Bergab bin ich auch wegen der Knie bewusst langsam gegangen (was zwischen 300 und 500 Höhenmetern meist Schlimmeres verhütet, so auch diesmal) und erreichte Corippo sogar noch viel später als nach der am Anfang angegeben schon langen Wanderzeit zu erwarten.

Ich entschloß mich nun, trotz der Verspätung doch noch bis Lavertezzo weiterzuwandern. Durch die Angst, den letzten Bus zu verpassen, war ich nun aber so hoch motiviert, dass ich dank Lauf-Einlagen an den harmlosen Stellen sogar noch eine halbe Stunde Zeit an der Ponte die Salti verbringen konnte, bevor ich zur Haltestelle ging.

An anderen Tagen wollte ich dann eigentlich noch die restlichen Etappen von Lavertezzo nach Sonogno machen, die wohl wesentlich barfußfreundlicher sind, aber dann war leider plötzlich der Urlaub vorbei.

Gruß

Leo


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