Barfuß auf der Arbeit (Hobby? Barfuß! 2)

Leo, Stammposter, Sunday, 29.10.2006, 15:29 (vor 6604 Tagen)

Hallo,

Früher habe ich immer auf dem letzten Teil des Weges zur Arbeit und auf dem ersten von der Arbeit Schuhe und während des Arbeitstages Büroschlappen ohne Socken getragen. Als ich im letzten Winter so bei 22 Grad drinnen zu einer Kollegin kam, die mir immer offen sagt, was sich die anderen alle nur denken, erhielt ich wohl angesichts der frostigen Außentemperaturen den üblichen Kommentar: "Barfuß - ist das nicht zu kalt?". Da es also offenbar überhaupt nicht gewürdigt wird, daß ich mich wegen der Kollegen in die Schlappen zwänge, protestierte ich: "ICH BIN NICHT BARFUSS! Ich hab doch extra für Euch Schuhe an!" Lächelnd kam da nur als Antwort: "Aber Leo, das macht DIR doch auch nichts mehr aus!"

Diese Anregung griff ich dankbar auf und erweiterte meinen barfüßigen Aktionsradius von meinem eigenen Büro auf die umliegenden und den Kopierer, und als es wärmer wurde (und der direkte Chef gewechselt hatte) ging ich (mit Ausnahme mittags zur Kantine) nur noch ohne Büroschlappen.

Zu Betriebsversammlungen in den Hauptstandort ging ich gleich barfuß, weil ich danach sofort heim fuhr und nicht die Büroschlappen mitschleppen wollte. Einziger Kommentar meines Chefs (der aus dem Allgäu stammt, wo das Barfußlaufen wie in Oberbayern auch nicht ganz unüblich ist): "Du kannst aber schnell barfußlaufen!" Einmal gab es aber den Museums-Effekt, bei der Einlaß-Kontrolle der Betriebsausweise durch den Werksschutz: "Hier kommen Sie nicht barfuß rein!" Kam ich aber dann doch nach forscher Aufforderung, mir das schriftlich zu zeigen und nach lautstarker Unterstützung meiner (beschuhten) Kollegen, er solle sich erst mal selbst gefälligst an das Rauchverbot halten.

Dem Chef 3 Organisations-Ebenen über mir, der mich schon lange von der Zeit her kennt, als wir noch auf gleicher Ebene waren, hat mich nach so einer Versammlung auch barfuß gesehen und nur freundlich beim Grüßen gegrinst (er stammt aus Oberbayern).

Kurz danach gab es die Einweihungsfeier unseres neuen Standorts. Es ist ein reiner Entwicklungs-Nebenstandort, wo kaum einer Anzug oder Kostüm trägt - im Gegensatz zum Hauptstandort, wo früher schon das ganze Marketing und obere Management saß. Die Feier, zu der auch durchgestylte höhere Manager des Hauptstandorts geladen waren, wurde von dem oben erwähnten Chef 3 Etagen über mir organisiert. Zum Bild von "Rocky Horror Picture Show" gab es nette Texte, in denen vordergründig nur unsere Eigenheiten an unserem merkwürdigen Standort durch den Kakao gezogen wurden: "Wir haben es nicht nötig, Anzüge und Schlipse zu tragen...und wir haben es auch nicht nötig, unsere Kompetenz dadurch zu beweisen, daß wir Schuhe tragen!" Er selbst schaute zwar nicht in die Richtung, wo ich (selbstverständlich barfuß) saß, aber alle anderen, die mich kannten...

Seitdem bin ich bekannt wie ein bunter Hund. Vor einigen Tagen wurden meine zum Mittagessen (zur Vermeidung von Aufsehen meist doch noch getragen) Büroschlappen dann erstaunt kommentiert: "Der trägt ja Schuhe!!??"

Abschließend noch meine Meinung zum Thema "Galerie der Helden der Barfuß-Arbeit" (oder wie lautete das entsprechende BiB-Projekt?):

Nicht nur aus Spam-Gründen habe ich da Bedenken: Wenn man hier im Forum über seinen Arbeitgeber in anonymisierter Form lästert, kann sich der ja wohl kaum auf den Schlips getreten fühlen. Wenn man zwar über "meinen Arbeitgeber" lästert, aber jeder per Link darauf gestoßen wird "Firma xyz", muß man da schon vorsichtiger sein. So erfrischende Bemerkungen wie "In unserer Firma gibt es Zebrastreifen, damit die Radfahrer nicht die Kriecher überfahren." wird es dann hier wohl nicht mehr zu lesen geben. Das könnte der Arbeitgeber dann nämlich z.B. im Worst-Case zum willkommenen Anlaß nehmen, den Betroffenen zu schikanieren oder, falls schon ausgeschieden, im Extremfall die Firmenrente zu verweigern, weil man angeblich das Ansehen der Firma geschädigt habe. Sogar private Fotos sind auf dem Firmengelände meist streng verboten; und wenn die dann auch noch im Internet erscheinen...

Gruß

Leo

Barfuß auf der Arbeit

Lorenz, Stammposter, Sunday, 29.10.2006, 21:15 (vor 6603 Tagen) @ Leo

Hallo Leo,

... Sogar private Fotos sind auf dem Firmengelände meist streng verboten; und wenn die dann auch noch im Internet erscheinen...

Genau das ist der Grund, weshalb ich auch noch nicht so genau weiß, wie ich mich an dieser Aktion der BIB beteiligen kann. So unspektalulär ein (Barfuß-)Foto von mir im Büro auch wäre, würde ich mich doch vor aller Öffentlichkeit über eine Dienstvorsachrift hinwegsetzen. Und da zögere ich doch ein wenig.....

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

BIB-Projekt: Galerie mit barfüßigen Vordenkern und Vorreitern

Barfuß-Initiative-Berlin ⌂ @, Monday, 30.10.2006, 12:11 (vor 6603 Tagen) @ Leo

... Diese Anregung griff ich dankbar auf und erweiterte meinen barfüßigen Aktionsradius von meinem eigenen Büro auf die umliegenden und den Kopierer, und als es wärmer wurde (und der direkte Chef gewechselt hatte) ging ich (mit Ausnahme mittags zur Kantine) nur noch ohne Büroschlappen. Zu Betriebsversammlungen in den Hauptstandort ging ich gleich barfuß ...

Hallo Leo,
vielen Dank für die ausführliche Schilderung deiner Barfüßigkeit und damit zusamenhängender Erlebnisse an deinem Arbeitsplatz. Genau diese Beschreibungen trägt die Barfuß-Initiative-Berlin zusammen, um sie auf ihrer Homepage zum Zeichen dafür zu veröffentlichen, daß indoor-barfuß in barfußtauglichen Arbeitsumgebungen bei 22° im Winter machbar ist. Und bei Tolerierung der Vorgesetzten (die in dieser Hinsicht das letzte Wort haben) mit ein wenig Mut durchaus praktikabel, auch und gerade weil Barfüßigkeit am Arbeitsplatz ein Tabubruch darstellt.

@ all:
Menschen, die SELBSTverständlich barfuß sind, wie Leo, ernten in ihrem barfüßigen Dasein selten negative und abfällige Bemerkungen und haben diese auch am Arbeitsplatz nicht zu befürchten. Ganz im Gegenteil: SELBSTverständliche Barfüßigkeit, die selbstbewußt gelebt wird und keiner Erklärungen bedarf, wird nicht nur akzeptiert, sondern als Teil einer erstrebenswert toleranten Unternehmenskultur integriert.

Die aus- oder unausgesprochene Einstellung der Vorgesetzten zur Barfüßigkeit in ihrem Verantwortungsbereich muß natürlich in unser/euer Verhalten einfließen.

Abschließend noch meine Meinung zum Thema "Galerie der Helden der Barfuß-Arbeit" (oder wie lautete das entsprechende BiB-Projekt?):

Nicht nur aus Spam-Gründen habe ich da Bedenken: Wenn man hier im Forum über seinen Arbeitgeber in anonymisierter Form lästert, kann sich der ja wohl kaum auf den Schlips getreten fühlen. Wenn man zwar über "meinen Arbeitgeber" lästert, aber jeder per Link darauf gestoßen wird "Firma xyz", muß man da schon vorsichtiger sein. So erfrischende Bemerkungen wie "In unserer Firma gibt es Zebrastreifen, damit die Radfahrer nicht die Kriecher überfahren." wird es dann hier wohl nicht mehr zu lesen geben. Das könnte der Arbeitgeber dann nämlich z.B. im Worst-Case zum willkommenen Anlaß nehmen, den Betroffenen zu schikanieren oder, falls schon ausgeschieden, im Extremfall die Firmenrente zu verweigern, weil man angeblich das Ansehen der Firma geschädigt habe. Sogar private Fotos sind auf dem Firmengelände meist streng verboten; und wenn die dann auch noch im Internet erscheinen...

Dazu möchte ich Leo direkt antworten, stellvertretend für auch von Anderen geäußerten Berfürchtungen:
Es besteht kein Anlaß, in unserem Projekt über die Arbeitgeber negativ zu berichten, zu lästern, o.a.
Grund: Der AG "erlaubt" es dem AN (meist stillschweigend), in seinem Verantwortungsbereich auf Schuhe zu verzichten. Da barfüßige Mitarbeiter im Kollektiv Aufsehen erregen, sollten barfüßige Angestellte dem Chef bekannt sein. So lange der Chef den Betreffenden nicht zurückpfeift kann der MA davon ausgehen, daß er ohne Schuhe akzeptiert wird. Diese erstrebenswerte Akzeptanzhaltung ermöglicht es den Mitarbeitern, nicht nur ihre Füße zu entblättern, sondern ihre Persönlichkeit in kreativer und sozialer Hinsicht ungehemmt zu entfalten. Damit können deren Arbeitspotenzial und kollegiale Eigenschaften besser ausgeschöpft werden. Nach dem Motto: 'Fühlen Sie sich wie zu Hause' wird sich der AN in einer Umgebung wohl fühlen, die von Freiheit, Toleranz und Geborgenheit geprägt ist.

Um es hier noch einmal deutlich zu machen: Es wurde in index.php?id=994261401 weder dazu aufgerufen noch beabsichtigt, am Arbeitsplazu zu fotografieren oder Fotos zu veröffentlichen. Im Gegenteil: Mit der barfüßigen Arbeitseinstellung beweisen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeden Tag auf's Neue und völlig unspektakulär, daß Barfuß im Arbeitsalltag willkommen und machbar ist. Dazu bedarf es keiner Reportagen im BILD-Stil.

Um von vornherein die Authentizität unserer Vordenkergalerie zu wahren und Wichtigtuer-Fakes zu vermeiden ist es unumgänglich, 'hardfacts' als Belege zu bringen. Das sind wir der Glaubwürdigkeit unserer Initiative, unserer Homepage und der Vordenkergalerie schuldig. Ein 'hardfact' ist die unbestittene Tatsache, daß Mitarbeiter wx in der Firma yz barfuß ist. Also ist die Mindestanforderung: Name des Mitarbeiters und der Firma. Darüber hinaus können wir mehr hineinschreiben, wie z.B. E-Mail-Adresse, Beschreibungstext usw. Kontaktdaten sind für die Nachahmer, die wir ja mit diesem Projekt gewinnen wollen, nützlich.

Mit Eurer Barfüßigkeit am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Uni, der Forschungseinrichtung etc. beweist Ihr jeden Tag auf's Neue Mut, Unabhängigkeit und Selbstbewußtsein! Die Aufstellung auf unserer Site ist lediglich ein Spiegel Eurer selbstbewußten Haltung und im Arbeitsalltag praktizierten Barfüßigkeit. Ihr Barfüßer, die Ihr Eure Philosophie auch und gerade am Arbeitsplatz 'durchzieht' seid selbstbewußt genug, um öffentlich dazu zu stehen und Euch auf unserer Site als Vordenker und Vorbild zu 'outen'. Also los ...

Verantwortlich und Anprechpartner für dieses BIB-Projekt ist mit (immer noch) barfüßigen Grüßen,

Johannes

[image] Barfuß-Initiative-Berlin

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