Barfuß auf dem Sauerländer-Areal in Aarau (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 26.10.2006, 08:47 (vor 6542 Tagen)

Samstag, 21.10.2006: Nach einem verregneten Morgen machte ich mich auf den Weg und radelte barfuß nach Aarau. Dort war nämlich Tag der offenen Tür auf dem Sauerländer-Areal:
http://www.sauerlaender-areal.ch

Es befindet sich etwa hier:
http://map.search.ch/5000-aarau/laurenzenvorstadt?z=256&poi=verkehr

Genauer gesagt: Ganz bis zum Areal konnte ich nicht radeln wegen eines Plattfußes. Die letzten 500 Meter mußte ich schieben.
Auf dem Hof war barfußfreundliches Kopfsteinpflaster, aber auch die steinernen Treppen im Treppenhaus des soliden Bauwerks lassen das Herz eines Barfüßers höher schlagen.

Im Treppenhaus kam mir ein junger Mann entgegen, der mir irgendwie bekannt vorkam. Auch er schien mich zu kennen (er sprach mich auf hochdeutsch an, obwohl er mit anderen schweizerdeutsch gesprochen hat. Er schien überrascht zu sein, mich dort zu sehen, aber zu meinen Füßen sagte er nichts. Offensichtlich schien er mit dem Tag der offenen Tür etwas zu tun gehabt zu haben. Vielleicht ehrenamtlich, während er hauptamtlich im selben Betrieb arbeitet wie ich, aber in einer ganz anderen Abteilung.

Ich betrat die Webstube, in der ein etwa zehnjähriges beschuhtes Mädchen lustlos an einem alten Webstuhl saß, ein Mann (vermutlich ihr Vater) unterhielt sich gerade mit einem Besucher. Das Mädchen starrte etwas entgeistert auf meine Füße. Irgendwie fühlte ich mich in die Zeit versetzt, die Gerhart Hauptmann in seinem Stück "Die Weber" beschrieb. Damals mußten wirklich Kinder in dem Alter am Webstuhl arbeiten, und das tagaus tagein, nicht nur ein paar Minuten für Demonstrationszwecke. Eine harte Arbeit. Damals mußten die Kinder (und vielleicht auch Erwachsene) aus Armut barfuß weben. Als der andere Besucher gegangen war, unterhielt ich mich auch noch mit dem Inhaber der Webstube. Über das Elend in Hauptmanns Drama, die spätere Mechanisierung, aber nicht über barfüßiges Arbeiten am Webstuhl. Anders als früher würde sich in der Aarauer Webstube das barfüßige Weben geradezu aufdrängen: schöner Holzfußboden, überall Fusseln am Boden.

Ich betrat die Werkstatt eines Gitarrenbauers, die in einem stallähnlichen Nebengebäude lag, sie war mit Teppichboden ausgelegt. Die Maschinen erinnerte mich an diejenigen in der Schuhmacherwerkstatt meines Vaters. Dieses sagte ich auch dem Gitarrenbauer, und so ging das Thema unwillkürlich auch auf das Barfußlaufen über. In erster Linie unterhielten wir uns aber über die Raumtemperatuen in diesem Anbau (im Sommer heiß, im Winter kalt).

In einem anderen Gebäude fielen mir Gemälde im Treppenhaus auf. Sie zeigten eine Stadt im Wandel der Zeit: Alte Gebäude verschwinden, neue entstehen. Auffällig ein Wegweiser, der nach "Güllen" (Besuch der alten Dame von Dürrenmatt) zeigt und Straßenbahnen, wie sie in Zürich vorkommen und in den letzten Bildern durch U-Bahnen ersetzt sind. Auf einem Bild (aber nur auf einem) sind alle Kinder barfuß.

Nachdem ich meinen Rundgang erledigt hatte, wechselte ich den defekten Fahrradschlauch direkt auf dem Hof. Etliche Leute schauten erstaunt in meine Richtung. Wobei vermutlich nicht meine Barfüßigkeit der Grund war, sondern meine Tätigkeit.

Hinterher fuhr ich noch an die Aare, um die Sonne zu genießen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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