Die letzten Barfüßer von Basel? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 16.10.2006, 11:34 (vor 6617 Tagen)

Sonntag, 15.10.2006: Ich hatte im Schlafsack in einem Waldstück am Kanalufer ca. 5 km von Kembs (Elsaß) entfernt übernachtet. Gegen 8 Uhr verließ ich den Platz, es war neblig. Die Entscheidung, ob ich im T-Shirt oder mit Jacke fahren sollte, fiel nach längerem Überlegen zu Ungunsten der Jacke aus. In Sachen Schuhen wäre jedes Überlegen zwecklos gewesen, ich hatte nämlich keine dabei.

Ich folgte dem Veloweg parallel zum Kanal. Je mehr ich mich Basel näherte, desto mehr ging der Nebel in Hochnebel über. Beim Grenzübergang in Hüningen war gerade kein Zöllner, ich legte auch keinen Wert auf eine Kontrolle. Meine Hände waren klamm, auch meine Füße waren vor Kälte beim Radfahren etwas "verformt". Das merkte ich, als ich abstieg und das Rad durch die ziemlich leere Fußgängerzone schob. Die Straßenbahnen waren auch ziemlich leer gegen 10 Uhr, und etliche Fahrgäste drehten ihre Köpfe ähnlich wie Düsseldorfer Fahrgäste beim Anblick dreier Barfüßer im Advent.

Ab Heuwaage radelte ich wieder, diesmal bis Oberwil. Als ich aber sah, daß es wieder nebliger wurde, kehrte ich um und radelte ins Gundeli-Quartier, wo ich in einem Park (der bereits auf Binninger Gebiet liegt) mich auf eine Bank setzte, um - zum ersten Mal an diesem Tag - etwas zu essen. Auf dem Spielplatz "mit dem Elefanten" waren nicht allzu viele Kinder, keines war barfuß, dafür trugen etliche bereits Mützen. Meine Barfüßigkeit wurde hier aber kaum beachtet.

Ich radelte weiter nach Münchenstein, um dann weitgehend parallel zur Birs in Richtung "Joggeli-Stadion" zu fahren. Offensichtlich war auf einem der "Nebensportplätze" gerade ein Knaben-Fußballspiel zu Ende gegangen. Jedenfalls verließen einige Kinder den Platz in Fußballkleidung. Etwa ein Viertel der Spieler trug bereits die drückenden Fußballschuhe in der Hand. Die meisten davon gingen zwar mit Strümpfen, einige wenige aber auch barfuß.

Ich erreichte den Birskopf, mich interessierte die Temperatur, die jetzt, wo die Sonne endlich den Hochnebel besiegt hatte, aber die Temperaturanzeige zeigte immer nur " -° " an. Trotz alledem ein Grund, das warme T-Shirt durch ein "kälteres" Träger-T-Shirt zu ersetzen. Auch hier spielten einige Kinder, ein Junge war barfuß, jedoch sonst in "Winterkleidung" und hatte die Kletterwand bestiegen.

Als ich am Barfußpark Birsfelden vorbeiradelte, sah ich, wie er von Kindern benutzt wurde, allerdings mit SCHUHEN! Nirgendwo steht ein Schild, das das Betreten des Barfußparks mit Schuhen verbietet!

Ich radelte nach Riehen und folgte dann dem Ufer der Wiese nach Kleinhüningen, um dann dem Rhein bis zur Mittleren Brücke zu folgen, wo ich mich auf die Steintreppe in die Sonne setzte. Dieses ist ein Ort, an dem man auch zu "Unzeiten" beobachtet, daß Menschen sich bei "Sünnelen" ihrer Schuhe entledigen. Diesmal aber nicht, ich war der einzige Barfüßer. War vielleicht ein bißchen windig.

Bevor ich nach Hause radelte, schob ich mein Velo noch durch die Stadt. Am Rheinufer selbst fiel meine Aufmachung nicht sonderlich auf. Als ich aber das Rad über die Mittlere Brücke schob, sagte ein Mädchen: "Mami, der Mann trägt eine Badehose." Darauf die Mutter: "Und barfuß!"

In einer Altstadtstraße fragte ein Junge seine Mutter: "Wieso läuft der barfuß?" Woher soll die Mutter das wissen? Die kennt mich doch nicht! In der Nähe vom Barfüßerplatz hörte ich einen Mann zum anderen sagen: "Hier gibt es tatsächlich noch Barfüßer!"

Ich schob mein Velo in Richtung Heuwaage, dann in Richtung Elisabethenkirche. Ein Polizeifahrzeug kam mir entgegen, gerade dort, wo ich im März schon mal kontrolliert wurde. Diesmal nicht, war ja auch wärmer als im März. Ich schob das Rad die Treppe hinunter zum "Kunstbrunnen", wo mich eine Frau fragte: "Entschuldigung, wir sind aus Bayern und zum ersten Mal in Basel. Wissen Sie wo das Rathaus ist?" Ich sagte ihr den Weg, worauf sie zu einer älteren Frau sagte: "Siehste Mama, habe ich doch gleich gesagt, wir sind hier doch falsch!" Zu meinen Füßen sagte sie nichts. Oder glaubte sie, daß ich aufgrund meiner nackten Füßen, meiner nicht allzu winterlichen Kleidung und aufgrund meines nicht gerade zu leichter Kleidung einladenden "Langsamfahrzeugs" den Eindruck machte, daß ich aus der Nähe stamme und daher wissen müsse, wo das sicher nicht ganz unbedeutende Basler Rathaus liegt?
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Weniger angenehm war es, mein Rad die Treppe hinunter zur Unterführung zu befördern, die zur Barfüßerkirche führt.
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Hier lagen nämlich jede Menge Scherben. Waren es etwa die Bauarbeiter, die dort schon seit Monaten für eine gesperrte Straße sorgen? Ich schob mein Velo noch durch die Freiestraße, dann über die Mittlere Brücke und am Rheinufer entlang bis zur Schwarzwaldbrücke, dann fuhr ich weiter über die Kraftwerkbrücke noch einmal zum Birskopf. Auch hier einige Leute. Ein Junge hatte seine Schuhe und Socken ausgezogen und turnte barfuß über die großen Steine am Birsufer. Der bisher letzte Barfüßer in diesem Jahr. Der "Münsterfährmann" trug übrigens auch Schuhe!

Dann radelte ich in Richtung Zofingen. Bei der Abfahrt vom Hauensteinpaß zog ich es vor, wieder das wärmere T-Shirt anzuziehen. In Olten ein paar lästernde Worte, sonst nichts. Auch die Polizei hielt wegen mir nicht an. Gegen 19 Uhr war ich zu Hause. Ein trotz nicht vorhandener EIGENER Schuhe leider nicht komplett barfüßiges und hindernisreiches Wochenende ging zu Ende.

Und wer mit letztem Satz nichts anzufangen weiß, der muß sich halt gedulden, bis ich auch die Erlebnisse vom Vortag zusammengefaßt habe.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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