Kandersteg - Gemmipass - Leukerbar (Hobby? Barfuß! 2)

Walter (CH) ⌂ @, Stammposter, Sunday, 01.10.2006, 12:11 (vor 6567 Tagen)

Landschaftlich lässt diese Wanderung über den nördlichen Alpenhauptkamm an Eindrücklichkeit nichts zu wünschen übrig. Vom Barfüsserstandpunkt dagegen würde ich sagen: Mittelprächtig. Das Problem ist das gleiche wie beim vorhergehenden Beitrag. Der Gemmipass wird viel begangen in einer ausgesprochen touristischen Gegend. Der Passweg ist deswegen gut gepflegt und das heisst: weitgehend gekiest. Das fängt beim Bahnhof Kandersteg an: der landschaftlich prächtige, ebene Weg entlang der Kander ist wunderbar geschottert und stimmt die Füsse auf die sechs Stunden, die vor ihnen liegen, ein. Deswegen der Rat: Man bleibe bis zum internationalen Pfadfinderzentrum auf der Talstrasse. Dann beginnt bald einmal der steile Aufstieg zum "Stock". Auch hier herrscht Kies vor, aber weil der Weg steil ist, spürt man es weniger. Vom Stock aus hat man eine herrliche Aussicht über das oberste Kandertal und die begrenzenden Berge. Nachher geht es vorerst weitgehend eben Richtung Süden. Dazwischen geniesse man den Tiefblick ins wilde Gasterntal. Es geht nun weiter über Alpsträsschen, die natürlich auch gekiest sind. Aber hier kann man teilweise auf die Weiden ausweichen. Beim Berghaus Schwarenbach wird die nächste Talstufe erklommen. Nun erreicht man den Daubensee, eine recht grosse Wasserfläche inmitten all der Steine. Der Weg dem See entlang steigt kontinuierlich an und erreicht dann bald einmal die Passhöhe. Die verhältnismässig wenig steigende Strecke von Sunnbühl (Bergstation der Schwebebahn Kandersteg - Sunnbühl) bis Gemmipasshöhe ist stark begangen. Der barfüssige Wanderer wird bestaunt und oft auch angesprochen. Ich bin vermutlich der einzige Wanderer, der barfuss und in Shorts über den Pass geht, möglicherweise auch der einzige, der an diesem Tag die ganze Strecke abläuft. Die meisten werden wohl für Auf- oder Abstieg oder beides eine der beiden Luftseilbahnen benützen. Von Leukerbad führt nämlich eine weitere Bahn direkt auf die Passhöhe.
Über den Pass weht ein scharfer Wind, was mich veranlasst, mich oben wieder ein wenig wärmer anzuziehen. Wer ahnungslos auf die Passhöhe von Norden her kommt, erlebt eine Überraschung: Er steht an einem Abgrund, an dessen Fuss er klein die Häuser von Leukerbad sieht, scheinbar für Normalbergwanderer unerreichbar. Für frühere Benützer des Passes *war* dieser Abgrund auch unüberwindlich. Sie stiegen noch etwa 400 m höher zur "Alten Gemmi", von wo ein Weg ohne Felswände in die Tiefe führte. Der heutige, in die Felsen gesprengte Gemmiweg stammt aus dem 18. Jahrhundert (genau Informationen unter http://www.viastoria.ch/D/Schule/LEBE/Gemmi.pdf#search=%22alte%20Gemmi%22).
Obschon der Abstieg höchst abenteuerlich scheint, ist der 2 m breite Weg sehr gut gesichert und, ausser man sei von allen guten Geistern verlassen, völlig sicher. Die felsigen Abschnitte werden häufig mit Treppen überwunden, dazwischen hat es kurze grasige Podeste, auf denen das Gefälle geringer ist. Doch bald geht es in die nächste Felswand, bis schliesslich die letzten Geröll- und Grashalden vor Leukerbad erreicht sind. In Leukerbad, dem umtriebigen Badekurort, besteigt man den Bus ins Rhonetal hinunter, von wo der Zug einen via Brig - Lötschbergtunnel wieder auf die Nordseite bringt. Für die Bahnfans unter den Barfüssern: Von Leuk nach Leukerbad fuhr bis 1967 eine romantische Zahnradbahn. Und: Wer mit den direkten IC- und EC-Zügen noch die Lötschberg-Berglinie befahren will, muss sich beeilen. Am 16. Juni 2007 soll die Eröffnung des Basistunnels sein. Ab Fahrplanwechsel Dezember 2007 werden über den Berg nur noch Regioexpresszüge fahren... Schade für die top-ausgebaute Bergstrecke!

[image] Kandersteg - Gemmipass - Leukerbad


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