Lange Nacht der Museen (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 28.08.2006, 14:03 (vor 6665 Tagen)

Hallo

Am Sonnabend lud die Barfuß-Initiative Berlin alle Interessierten ein gemeinsam an der Langen Nacht der Museen Teil zu nehmen. Wir planten eine Besichtigung des Märkischen Museums, des Berliner Doms, der Museen auf der Museumsinsel und, falls noch Zeit wäre, einen Besuch im Deutschen Historischen Museum.
Um 18:00 traf ich mich mit Johannes und Gabi vor dem Märkischen Museum, in dem wir keinerlei Probleme hatten. Ein paar neugierige Fragen wurden von uns freundlich beantwortet. Besonders beeindruckte mich übrigens eine Vorführung historischer Musik-Wiedergabegeräte. Das modernste dabei war wohl ein Grammophon mit einer Schellackplatte.
Nach etwa drei Stunden verließen wir dieses sehr interessante Museum. Am Museumshafen konnten wir dann noch im Bauch eines Schiffes eine Ausstellung zum Teltowkanal besichtigen, der seit 1906 durch den heutigen Süden Berlins verläuft.
Am Schlossplatz entdeckten wir dann ein Hinweisschild zur Besichtigung der Fundamente eines heute nicht mehr vorhandenen Denkmals. Am Eingang hatten wir auch ein paar neugierige Fragen bezüglich unserer Barfüssigkeit zu beantworten, ansonsten aber keine Probleme. Es ging durch eine Falltür im Bürgersteig und auf einer Leiter nach unten. Es sah aus, als steigt man in einen Gully. Unten waren dann gemauerte Tunnels voller hauchdünner Stalaktiten zu bewundern. Selbst dicke feste Stalagmiten bildeten sich an manchen Stellen auf dem Boden.
Im Berliner Dom besuchten wir nur die Hohenzollerngruft. Zahlreiche Särge mit den Überresten der Hohenzollern standen dort, ordentlich beschriftet, nur bei einem Grab gab es keinen Namen. Es gehört zu einer namenlosen Prinzessin, die bereits am Tag ihrer Geburt verstarb. Die früher übliche hohe Kindersterblichkeit machte offensichtlich auch vor den Hohenzollern nicht Halt.
Als nächstes betraten wir da Alte Museum. Hier wurden wir nach kurzer Zeit darum gebeten, dass wir uns doch unsere Schuhe anziehen sollten. Da niemand von uns welche dabei hatte, mussten wir dann das Gebäude verlassen. Johannes gelang es aber den Aufpassern zu entwischen und in aller Eile noch die obere Etage anzusehen, bevor er dann auch das Museum verließ, um uns nicht all zu lange warten zu lassen.
Wir gingen dann ziemlich verärgert zur Alten Nationalgalerie und hofften dort besser behandelt zu werden. Leider wiederholte sich dieses Spiel erneut. Es wurden wieder die selben "Argumente" vorgetragen, wonach es schlecht für den Boden sei, es wäre unästhetisch, es würde so in der Hausordnung stehen, was offensichtlich gelogen war. Einer gab dann zu es würde natürlich nicht in der Hausordnung stehen, aber es wäre schließlich selbstverständlich. Dann sagte man es gäbe eine mündliche Anordnung deshalb, schließlich behauptete auch einer es gäbe ein Rundschreiben deshalb, das aber niemand vorzeigen konnte. Zweifellos handelte es sich um gelangweilte Wichtigtuer eines privaten Sicherheitsdienstes, die keine Ahnung von der Hausordnung hatten und nur auf Grund persönlicher Vermutungen handelten. Leider war man nicht mal in der Lage uns die Hausordnung zu zeigen. Auf meine Aufforderung hin uns dann wenigstens das Eintrittsgeld zurückzugeben meinte der Aufsichtsleiter dann ich solle mich in einer Beschwerde an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wenden, was inzwischen geschehen ist. Er sagte mir auch, dass die anderen Museen der Museumsinsel ebenfalls dieser Stiftung gehören und wir dort ebenfalls nicht rein dürften. Da inzwischen diese Museen über uns informiert gewesen sein dürften, versuchten wir es auch nicht mehr.
Statt dessen hatten wir nun noch Zeit das Deutsche Historische Museum zu besuchen. Hier gab es keine nennenswerten Probleme. Nur eine Frau der Aufsicht forderte uns auf Schuhe anzuziehen, was wir immer noch nicht konnten. Darauf griff sie zu ihrem Funkgerät, während wir uns weiter umsahen und gemütlich weiterschlenderten. Die Frau war daraufhin nicht mehr gesehen worden. Vermutlich sagte man ihr, dass sie uns in Ruhe lassen kann.
Am Ausgang fragte Johannes dann wissbegierig nach der Hausordnung und machte darauf aufmerksam, dass wir barfuß waren. Ein älterer Bediensteter erklärte uns dann, dass wir nicht barfuß im Museum sein dürften, und dass das ganz bestimmt in der Hausordnung drinsteht, die entscheidende Stelle konnte er aber trotz ausgiebiger Suche nicht finden. Er meinte dann, dass es doch selbstverständlich sei, und man in Rathäuser schließlich auch nicht barfuß rein darf. Letzten Endes war er aber sehr freundlich, fand uns vielleicht auch ganz witzig, jedenfalls wollte er Feierabend machen. Es war kurz vor zwei Uhr nachts, und die lange Nacht der Museen war zu Ende.

Viele Grüße

Ulrich

Lange Nacht der Museen

Detlev (MKK), Monday, 28.08.2006, 16:28 (vor 6664 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Die Probleme kommen einfach nur daher, dass es vielen Leuten in ihrer Kindheit fest eingebläut wurde (leider oft zu wörtlich zu nehmen!), dass barfuß laufen unanständig ist.
Und nicht jeder schafft es, sich von dieser Konditionierung zu lösen!

Überschuhe aus Filz für Beschuhte?

steveh, Stammposter, Monday, 28.08.2006, 18:00 (vor 6664 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

wonach es schlecht für den Boden sei,

Mussten die beschuhten Besucher hier Filz-Pantoffeln überziehen?

Vorkehrungen zur Schonung des Bodens, das gibts z.B bei der Besichtigung von Schlössern mit authentischem Holzparkett.
Dort liegen extra Rundgang-Teppiche oder man muss sogar "Überschuhe" aus Filz anziehen.

Überschuhe aus Filz für Beschuhte? Nein.

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 28.08.2006, 19:05 (vor 6664 Tagen) @ steveh

Hallo Steveh

Mussten die beschuhten Besucher hier Filz-Pantoffeln überziehen?

Nein. Sowas habe ich bisher nur bei den Potsdamer Schlössern kennen gelernt. Dort musste ich auch barfuß in diese Filzpantoffeln rein, die vorher vielleicht Bekanntschaft mit Hundedreck an Schuhsohlen gemacht haben. Das fand ich wirklich unhygienisch, aber ich erwischte doch einigermaßen sauber wirkende Exemplare.
Auf der Museumsinsel in Berlin gibt es dagegen so etwas nicht. Es handelt sich dort auch nicht um historische Schlösser, sondern eben um Museen aus dem 19. Jahrhundert.

Vorkehrungen zur Schonung des Bodens, das gibts z.B bei der Besichtigung von Schlössern mit authentischem Holzparkett.

Eben.

Dort liegen extra Rundgang-Teppiche oder man muss sogar "Überschuhe" aus Filz anziehen.

Wenn es sowas gegeben hätte, dann hätten wir das vielleicht auch gemacht, aber das gab es nicht. Wenn aber alle Leute mit ihren Schuhen die Böden betreten dürfen, ist wohl kaum anzunehmen das ein paar nackte Füße größeren Schaden anrichten.

Viele Grüße

Ulrich

Lange Nacht der Museen

Michael (AL), Monday, 28.08.2006, 19:43 (vor 6664 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo barfüßige Berliner,

das Thema barfuß in Berliner Museen kenne ich auch - mich hat es damals bei der Goya-Austellung erwischt. Die Argumente sind wirklich fadenscheinig, schließlich laufe ich zu Hause auch barfuß auf Holzfußboden, ohne dass ihm dadurch Schaden erwächst. Naja, ich konnte dem Hausverbot nur dadurch entgehen, dass ich meinem Rucksack ein paar flipflops entnahm, mit denen ich dann anständig genug gekleidet war.

Beste Grüße aus Köpenick: Michael

Mit nackten Füßen durch die Museen der Berliner Musumsinsel ...

JohnK ⌂, Stammposter, Tuesday, 29.08.2006, 09:29 (vor 6664 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

... gingen nicht nur die drei Besucher von der BIB. Ich habe dort auch andere Menschen mit nackten Füßen gesehen. Der Unterschied zwischen denen und uns war, dass sich unter deren Fußsohlen eine zusätzliche hauchdünne (vielleicht 3-5 mm) Kunststoffsohle befand, die mittels zweier dünner, tlw. transparenter Kunststoffbänder am Fuß gehalten wurde der Art, dass durch die Bewegung des Fußes die Sohle über das Parkett geschleift wurde.

Ein Museumswärter im Alten Museum erklärte mir, dass nackte Füße unanständig seien - man laufe ja auch nicht mit nacktem Oberkörper durch das Alte Musum. Diese anderen Besucher bekamen trotz ihrer nackten Füße keine Probleme!?!

Kann mir bitte jemand aus dem Forum diese Ungereimtheit erklären!?!

Ratlos,
Euer Johannes

[image] Barfuß-Initiative-Berlin

Mit nackten Füßen durch die Museen der Berliner Musumsinsel ...

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 29.08.2006, 10:59 (vor 6664 Tagen) @ JohnK

"... gingen nicht nur die drei Besucher von der BIB. Ich habe dort auch andere Menschen mit nackten Füßen gesehen. Der Unterschied zwischen denen und uns war, dass sich unter deren Fußsohlen eine zusätzliche hauchdünne (vielleicht 3-5 mm) Kunststoffsohle befand, die mittels zweier dünner, tlw. transparenter Kunststoffbänder am Fuß gehalten wurde der Art, dass durch die Bewegung des Fußes die Sohle über das Parkett geschleift wurde.
Ein Museumswärter im Alten Museum erklärte mir, dass nackte Füße unanständig seien - man laufe ja auch nicht mit nacktem Oberkörper durch das Alte Museum. Diese anderen Besucher bekamen trotz ihrer nackten Füße keine Probleme!?!
Kann mir bitte jemand aus dem Forum diese Ungereimtheit erklären!?! "

Hallo Johannes,

dieses Thema wurde schon mal durchdiskutiert. Der Hauch von Sohle und Riemchen macht eben den Unterschied zwischen "Menschen und Primaten" aus. So etwas sagte jedenfalls eine Frau in Flipflops zum barfüßigen Andi. Das ist zwar biologisch nicht einwandfrei, sollte wohl "Unterschied zwischen Menschen und Affen" lauten (Menschen gehören auch zu den Primaten).

Häufig wird "Anstand" damit definiert, was die Mehrheit tut. Was eine Minderheit tut, gilt als "unanständig". Wenn in einem Museum etliche Leute in Flipflops sind (und keine sicherheitlichen Bedenken wie bei der Dresdener Frauenkirche bestehen), dann haben die keine Probleme. Mich würde es nicht überraschen, wenn viele Frauen in Flipflops kommen, aber nur ein einziger Mann, daß der Mann Schwierigkeiten bekommt mit der Begründung "Bei einem Mann ist das Nichttragen von Socken unanständig, bei einer Frau nicht."

Wenn im Hochsommer etliche Männer in kurzen Hosen ins Museum gehen, gibt es kaum Probleme, solange es sich nicht um etwas "kirchliches" handelt. Wenn es aber im Winter ein einziger Mann macht, wird der Museumsbonze sicher auch was von "Anstand" faseln.

Wie dem auch sei, in kaum einer "Hausordnung" wird etwas von Barfußverbot oder sonstigen Bekleidungsvorschriften stehen. Somit ist man der Willkür der Museumsschergen ausgeliefert, die sich auf "Hausrecht" berufen.

Eigentlich gehe ich selten in Museen, und meist sind die technischer Art. Außer bei der Frauenkirchenkuppel wurde ich noch nie wegen barfuß oder unanständiger Kleidung abgewiesen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Mit nackten Füßen durch die Museen der Berliner Musumsinsel ...

Barpfotenbaer, Stammposter, Tuesday, 29.08.2006, 14:40 (vor 6664 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Wenn ich MAZ also (mit meiner vollen Zustimmung) richtig verstehe, kann man das Problem eigentlich auch anders formulieren:
Nicht das Barfußlaufen ansich ist anrüchig, sondern das sich nicht gesellschaftskonform Verhalten. Und Barfußlaufen ist ein nicht gesellschaftskonformes Verhalten, da es ja nur wenige tun.
Sich irgendwelche Metallstangen durch die Zunge ziehen ist dagegen vollkommen ok, weil üblich. Für die Institutionalisierung des Herdentriebs gibt ja auch die Geschichte ein paar neckische Beispiele.

Es gibt nur einen einzigen Weg aus der Zwickmühle. Einfach machen und Nachahmer motivieren. Und ganz plötzlich haben die Nörgler von einst vergessen, daß sie früher kritisierten, was sie gerade selber machen.

:-))

Lange Nacht der Museen

Luc @, Tuesday, 29.08.2006, 17:41 (vor 6663 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Meine Frau und ich haben auch schon in Museum barfussverbot bekommen, z.b. inm Chateau de Versailles und im Musée de l'Homme in Paris. Anders, wie im Musée Grévin, ist alles gut abgelaufen.
Barfüssige Grüsse aus Frankreich. Luc

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