Wieder einmal auf den Kornberg (Hobby? Barfuß! 2)

malo, Stammposter, Sunday, 13.08.2006, 20:52 (vor 6616 Tagen)

Wieder einmal auf den Kornberg

Hallo,

trotz zahlreicher Sonnentage, vielen freien Samstagen und Sonntagen, fand sich heuer noch nicht die Gelegenheit den Hausberg meiner Gemeinde zu erstürmen. Auch 2005 war es nicht drin. Nur gute fünf Kilometer von der Wohnung sind es bis zu ihm. Dafür wurde seit dem diesjährigem Frühling allerhand anderes im Fichtelgebirge erwandert. Kösseine und Haberstein, Epprechtstein und Waldstein, und mein Klassiker Rudolfstein, Schneeberg mit Nußhardt und Seehügel. Allesamt barfuß, was sonst. Auch noch Mitte Mai fand sich die Gelegenheit auf dem 1052 Meter hohen Schneeberg, dem höchsten Berg des Fichtelgebirges, einen Fußabdruck im Altschnee zu hinterlassen.

Wechselhaftes Wetter und Temperaturen zwischen 12° und 20° C ließen die Unternehmung für heute angenehm erscheinen. Denn der Sommer im Juli war auch in dieser Region etwas zu warm geraten. So zogen die Freundin und ich vom Ausgangspunkt "Bahnhof Kirchenlamitz Ost", bzw. Niederlamitz, OT Wustung, um 15 Uhr in Richtung Gipfel los. Der Bahnhof liegt auf 572 Meter über NN (amtl. Marke am Bahnhofsgebäude), der Gipfel des Kornberg auf 827 Meter über NN. Also sind auf ca. 3 km Weg um 250 Höhenmeter zu überwinden. Ein idealer Familienspaziergang. So richtig gut, um die mittags einverleibten Hofer Klöße (grüne!) und den Schweinsbraten zu verdauen und gleich abzutrainieren.

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Der hier markierte Abschnitt des Nordweges "N" (weiß auf rotem Grund, rechts am Baum!) zählt für mich zu den schönsten Wegen in der Heimat, was die Bodenbeschaffenheit für barfuß laufen anbelangt. Prädikat: höchst wertvoll! Selbst für den eher ungeübten Wanderer ohne Schuhe ist er gut zu meistern.
Der Weg führt stets bergan durch teils dichteren, teils luftigeren Fichtenhochwald. Am Boden ausschließlich: Nadeln, Moose, Gras, Sand, Zweige, Zapfen, teils erdig und nur selten moorastig. Wurzelwerk und im Boden liegende Granitbrocken, die rund verwittert, kaum scharfkantig heraus ragen, wecken verfallene Relfexe in der Motorik und Sensorik des Bewegungsapparates. Der Tastsinn wird geschärft. Das Gleichgewichtsorgan bekommt hier viel zu tun. Natürlich sollte man hier nicht als Hans-Guck-in-die-Luft flanieren. Sonst ist schnell mal über etwas gestolpert, die Zehe wo angehauen und das Blut läuft. Konzentration, der berechnende Blick für die nächsten fünf, sechs Schritte voraus ist notwendig. Aber so soll es ja sein, das barfuß laufen. Nicht nur monoton auf einem weichen Untergrund dahin gehen. Sondern für den gesamten Körper ein Trainingsprogram bieten! Es gibt keine Quellen und Bachläufe entlang des Weges. Wer also mal eine matschige Stelle mit den Füßen ausgetestet hat, muß eben warten, bis es eingetrocknet und wieder abgefallen ist ;-)
So gesehen wird hier alles geboten, was andernorts in den "Barfuß-Parks" landauf, landab in der Republik, mit viel Aufwand und Geld künstlich angelegt werden muß. Eine weitere "Betriebsanweisung" brauche ich hier nicht zu geben. Man soll kein Dogma daraus machen. Nicht übertreiben, einfach mit Bedacht gehen. Und die "Notschuhe" im Rucksack können auch noch mit.
Bis zum Gipfel müssen insgesamt vier Forststraßen (Waldautobahnen) gequert werden. Bis auf eine weisen sie den übelsten, scharfkantigen Steinbelag aus. So ein Weg ist was für Fakire. Barfuß völlig ungeeignet! In manchen Regionen sind aus solchen Wegen ganze Wandernetze entstanden. Da hat die "arme Region" Nordostoberfranken vielleicht den Vorteil, das durch leere Kassen in den Vereinen nicht der letzte Rest an herrlichsten, naturbelassenen Wegen, der "Modernisierung", oder der besseren, leichteren und schnelleren Kontrolle durch die Wegewarte angepaßt wurde. Denn all zu oft wurden schon alte Pfade und Steige zur scheinbar besseren touristischen Vermarktung eingeebnet, um auch dem letzten Halbschuhtouristen einen sauberen Sonntagsspaziergang, ohne Stock und Stein und Matsch zu ermöglichen.

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(Da bin mal ich zu sehen ;-)
Auf halben Weg zum Gipfel erreicht man die Ruine "Hirschstein". Auf einer Ansammlung von großen Granitfelsen mitten im Wald, einer südlich doch etliche Meter steil in den Abgrund abfallenden Felswand, war vor einigen 100 Jahren ein Posten der Ritter von "Hirschberg". Eine Grenzfeste des Nordbayerischen Gaues eben. Da heute recht gute Fernsicht war, reichte der Blick von hier aus, links am Duppauer und Kaiserwald bei Karlsbad (Karlovy Vary) und Marienbad (Marianzke Lazne) im Böhmischen gelegen, über den nördlichen Ausläufern des Oberpfälzer Waldes, dem Steinwald und der ganzen Palette aller Fichtelgebirgsgipfel bis zum Epprechtstein rechts.
Im leichten Gefälle geht es auf unserem Nord-Weg weiter in Richtung Gipfel. Hier sind wir auf dem "Sattel". Der Weg steigt nach dieser Passage steiler an und hat hier das einzig schlechte Stück für den schuhlosen Wanderer. Eher einem ausgetrockneten Bachbett gleich geht es über ca. 50 Meter dahin. Das war hier vor Jahren schon schlechter. Da aber rundum der Bewuchs an Laubbäumen zugenommen hat, konnte hier das verrottete Laub bereits eine dünne Humusschicht bilden, in der Gras und Moos wieder Halt finden. Auch das letzte Drittel zum Gipfel zeigt sich wesentlich barfußfreundlicher als noch vor ein paar Jahren. Damals mußte man einen großen Teil der Fichtenaltbestände abholzen. Wind- und Schneebruch, gefördert durch sauren Regen und der über 150jährigen Fichtenmonokultur, ließen hier die Befürchtung von kahlen Flächen aufkommen. Die Sonne konnte hier gut austrocknen. Die Errosion hatte freie Bahn. Doch nun siehe da, Birke, Eberesche und junge Fichten, sogar zwei Deutsche Tannen fanden sich. In diesem Klima trocknet der Boden nun nicht mehr so stark aus. Der Humus bekommt halt und die Pflanzen wachsen wieder problemloser. Und so wird der Weg wieder angenehmer für die Füße.

[image]
Nur noch wenige Meter bis zum Gipfel! Der Kornbergturm ist erreicht.

An Sonntagen haben die örtlichen Fichtelgebirgs-Vereinsgruppen "Turmdienst". Es erfolgt einfachste Bewirtschaftung. Bei erträglichem Wetter stehen ein paar Bierzeltgarnituren im Freien. Es gibt Flaschenbier, Kuchen und Kaffee. Und das zu Preisen, die man heute wo anders vergeblich sucht. Informationen zum Turm selbst und die nähere/weitere Umgebung mit verschiedenen links der Region gibt es hier: www.kornberg.de
Zu empfehlen und das Standardwerk für Wanderungen im Fichtelgebirge schlecht hin, sind die Karten des Verlages "Fritsch" aus Hof, wo im Maßstab 1:50000 für den geübten Kartenleser sehr genau zwischen Forststraßen und wanderbaren Naturwegen unterschieden werden kann.

Gruß Markus (malo)

Kalt, Wald, dreckig ....

Berni (N) @, Stammposter, Sunday, 13.08.2006, 22:59 (vor 6616 Tagen) @ malo

Wieder einmal auf den Kornberg
Hallo,
trotz zahlreicher Sonnentage, vielen freien Samstagen und Sonntagen, fand sich heuer noch nicht die Gelegenheit den Hausberg meiner Gemeinde zu erstürmen. Auch 2005 war es nicht drin. Nur gute fünf Kilometer von der Wohnung sind es bis zu ihm. Dafür wurde seit dem diesjährigem Frühling allerhand anderes im Fichtelgebirge erwandert. Kösseine und Haberstein, Epprechtstein und Waldstein, und mein Klassiker Rudolfstein, Schneeberg mit Nußhardt und Seehügel. Allesamt barfuß, was sonst. Auch noch Mitte Mai fand sich die Gelegenheit auf dem 1052 Meter hohen Schneeberg, dem höchsten Berg des Fichtelgebirges, einen Fußabdruck im Altschnee zu hinterlassen.
Wechselhaftes Wetter und Temperaturen zwischen 12° und 20° C ließen die Unternehmung für heute angenehm erscheinen. Denn der Sommer im Juli war auch in dieser Region etwas zu warm geraten. So zogen die Freundin und ich vom Ausgangspunkt "Bahnhof Kirchenlamitz Ost", bzw. Niederlamitz, OT Wustung, um 15 Uhr in Richtung Gipfel los. Der Bahnhof liegt auf 572 Meter über NN (amtl. Marke am Bahnhofsgebäude), der Gipfel des Kornberg auf 827 Meter über NN. Also sind auf ca. 3 km Weg um 250 Höhenmeter zu überwinden. Ein idealer Familienspaziergang. So richtig gut, um die mittags einverleibten Hofer Klöße (grüne!) und den Schweinsbraten zu verdauen und gleich abzutrainieren.
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Der hier markierte Abschnitt des Nordweges "N" (weiß auf rotem Grund, rechts am Baum!) zählt für mich zu den schönsten Wegen in der Heimat, was die Bodenbeschaffenheit für barfuß laufen anbelangt. Prädikat: höchst wertvoll! Selbst für den eher ungeübten Wanderer ohne Schuhe ist er gut zu meistern.
Der Weg führt stets bergan durch teils dichteren, teils luftigeren Fichtenhochwald. Am Boden ausschließlich: Nadeln, Moose, Gras, Sand, Zweige, Zapfen, teils erdig und nur selten moorastig. Wurzelwerk und im Boden liegende Granitbrocken, die rund verwittert, kaum scharfkantig heraus ragen, wecken verfallene Relfexe in der Motorik und Sensorik des Bewegungsapparates. Der Tastsinn wird geschärft. Das Gleichgewichtsorgan bekommt hier viel zu tun. Natürlich sollte man hier nicht als Hans-Guck-in-die-Luft flanieren. Sonst ist schnell mal über etwas gestolpert, die Zehe wo angehauen und das Blut läuft. Konzentration, der berechnende Blick für die nächsten fünf, sechs Schritte voraus ist notwendig. Aber so soll es ja sein, das barfuß laufen. Nicht nur monoton auf einem weichen Untergrund dahin gehen. Sondern für den gesamten Körper ein Trainingsprogram bieten! Es gibt keine Quellen und Bachläufe entlang des Weges. Wer also mal eine matschige Stelle mit den Füßen ausgetestet hat, muß eben warten, bis es eingetrocknet und wieder abgefallen ist ;-)
So gesehen wird hier alles geboten, was andernorts in den "Barfuß-Parks" landauf, landab in der Republik, mit viel Aufwand und Geld künstlich angelegt werden muß. Eine weitere "Betriebsanweisung" brauche ich hier nicht zu geben. Man soll kein Dogma daraus machen. Nicht übertreiben, einfach mit Bedacht gehen. Und die "Notschuhe" im Rucksack können auch noch mit.
Bis zum Gipfel müssen insgesamt vier Forststraßen (Waldautobahnen) gequert werden. Bis auf eine weisen sie den übelsten, scharfkantigen Steinbelag aus. So ein Weg ist was für Fakire. Barfuß völlig ungeeignet! In manchen Regionen sind aus solchen Wegen ganze Wandernetze entstanden. Da hat die "arme Region" Nordostoberfranken vielleicht den Vorteil, das durch leere Kassen in den Vereinen nicht der letzte Rest an herrlichsten, naturbelassenen Wegen, der "Modernisierung", oder der besseren, leichteren und schnelleren Kontrolle durch die Wegewarte angepaßt wurde. Denn all zu oft wurden schon alte Pfade und Steige zur scheinbar besseren touristischen Vermarktung eingeebnet, um auch dem letzten Halbschuhtouristen einen sauberen Sonntagsspaziergang, ohne Stock und Stein und Matsch zu ermöglichen.
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(Da bin mal ich zu sehen ;-)
Auf halben Weg zum Gipfel erreicht man die Ruine "Hirschstein". Auf einer Ansammlung von großen Granitfelsen mitten im Wald, einer südlich doch etliche Meter steil in den Abgrund abfallenden Felswand, war vor einigen 100 Jahren ein Posten der Ritter von "Hirschberg". Eine Grenzfeste des Nordbayerischen Gaues eben. Da heute recht gute Fernsicht war, reichte der Blick von hier aus, links am Duppauer und Kaiserwald bei Karlsbad (Karlovy Vary) und Marienbad (Marianzke Lazne) im Böhmischen gelegen, über den nördlichen Ausläufern des Oberpfälzer Waldes, dem Steinwald und der ganzen Palette aller Fichtelgebirgsgipfel bis zum Epprechtstein rechts.
Im leichten Gefälle geht es auf unserem Nord-Weg weiter in Richtung Gipfel. Hier sind wir auf dem "Sattel". Der Weg steigt nach dieser Passage steiler an und hat hier das einzig schlechte Stück für den schuhlosen Wanderer. Eher einem ausgetrockneten Bachbett gleich geht es über ca. 50 Meter dahin. Das war hier vor Jahren schon schlechter. Da aber rundum der Bewuchs an Laubbäumen zugenommen hat, konnte hier das verrottete Laub bereits eine dünne Humusschicht bilden, in der Gras und Moos wieder Halt finden. Auch das letzte Drittel zum Gipfel zeigt sich wesentlich barfußfreundlicher als noch vor ein paar Jahren. Damals mußte man einen großen Teil der Fichtenaltbestände abholzen. Wind- und Schneebruch, gefördert durch sauren Regen und der über 150jährigen Fichtenmonokultur, ließen hier die Befürchtung von kahlen Flächen aufkommen. Die Sonne konnte hier gut austrocknen. Die Errosion hatte freie Bahn. Doch nun siehe da, Birke, Eberesche und junge Fichten, sogar zwei Deutsche Tannen fanden sich. In diesem Klima trocknet der Boden nun nicht mehr so stark aus. Der Humus bekommt halt und die Pflanzen wachsen wieder problemloser. Und so wird der Weg wieder angenehmer für die Füße.

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Nur noch wenige Meter bis zum Gipfel! Der Kornbergturm ist erreicht.
An Sonntagen haben die örtlichen Fichtelgebirgs-Vereinsgruppen "Turmdienst". Es erfolgt einfachste Bewirtschaftung. Bei erträglichem Wetter stehen ein paar Bierzeltgarnituren im Freien. Es gibt Flaschenbier, Kuchen und Kaffee. Und das zu Preisen, die man heute wo anders vergeblich sucht. Informationen zum Turm selbst und die nähere/weitere Umgebung mit verschiedenen links der Region gibt es hier: www.kornberg.de
Zu empfehlen und das Standardwerk für Wanderungen im Fichtelgebirge schlecht hin, sind die Karten des Verlages "Fritsch" aus Hof, wo im Maßstab 1:50000 für den geübten Kartenleser sehr genau zwischen Forststraßen und wanderbaren Naturwegen unterschieden werden kann.
Gruß Markus (malo)

Hallo Markus,

du bist doch nicht allen Ernstes der Meinung, daß auch nur eine einzige verweichlichte Person barfuß durch diesen Wald tratscht! Da kommen doch nur Wanderschuhe ab 130 Euro in Frage ....

Grüße Berni(N)

Kalt, Wald, dreckig ....

Berni (N) @, Stammposter, Sunday, 13.08.2006, 23:01 (vor 6616 Tagen) @ malo

Wieder einmal auf den Kornberg
Hallo,
trotz zahlreicher Sonnentage, vielen freien Samstagen und Sonntagen, fand sich heuer noch nicht die Gelegenheit den Hausberg meiner Gemeinde zu erstürmen. Auch 2005 war es nicht drin. Nur gute fünf Kilometer von der Wohnung sind es bis zu ihm. Dafür wurde seit dem diesjährigem Frühling allerhand anderes im Fichtelgebirge erwandert. Kösseine und Haberstein, Epprechtstein und Waldstein, und mein Klassiker Rudolfstein, Schneeberg mit Nußhardt und Seehügel. Allesamt barfuß, was sonst. Auch noch Mitte Mai fand sich die Gelegenheit auf dem 1052 Meter hohen Schneeberg, dem höchsten Berg des Fichtelgebirges, einen Fußabdruck im Altschnee zu hinterlassen.
Wechselhaftes Wetter und Temperaturen zwischen 12° und 20° C ließen die Unternehmung für heute angenehm erscheinen. Denn der Sommer im Juli war auch in dieser Region etwas zu warm geraten. So zogen die Freundin und ich vom Ausgangspunkt "Bahnhof Kirchenlamitz Ost", bzw. Niederlamitz, OT Wustung, um 15 Uhr in Richtung Gipfel los. Der Bahnhof liegt auf 572 Meter über NN (amtl. Marke am Bahnhofsgebäude), der Gipfel des Kornberg auf 827 Meter über NN. Also sind auf ca. 3 km Weg um 250 Höhenmeter zu überwinden. Ein idealer Familienspaziergang. So richtig gut, um die mittags einverleibten Hofer Klöße (grüne!) und den Schweinsbraten zu verdauen und gleich abzutrainieren.

Der hier markierte Abschnitt des Nordweges "N" (weiß auf rotem Grund, rechts am Baum!) zählt für mich zu den schönsten Wegen in der Heimat, was die Bodenbeschaffenheit für barfuß laufen anbelangt. Prädikat: höchst wertvoll! Selbst für den eher ungeübten Wanderer ohne Schuhe ist er gut zu meistern.
Der Weg führt stets bergan durch teils dichteren, teils luftigeren Fichtenhochwald. Am Boden ausschließlich: Nadeln, Moose, Gras, Sand, Zweige, Zapfen, teils erdig und nur selten moorastig. Wurzelwerk und im Boden liegende Granitbrocken, die rund verwittert, kaum scharfkantig heraus ragen, wecken verfallene Relfexe in der Motorik und Sensorik des Bewegungsapparates. Der Tastsinn wird geschärft. Das Gleichgewichtsorgan bekommt hier viel zu tun. Natürlich sollte man hier nicht als Hans-Guck-in-die-Luft flanieren. Sonst ist schnell mal über etwas gestolpert, die Zehe wo angehauen und das Blut läuft. Konzentration, der berechnende Blick für die nächsten fünf, sechs Schritte voraus ist notwendig. Aber so soll es ja sein, das barfuß laufen. Nicht nur monoton auf einem weichen Untergrund dahin gehen. Sondern für den gesamten Körper ein Trainingsprogram bieten! Es gibt keine Quellen und Bachläufe entlang des Weges. Wer also mal eine matschige Stelle mit den Füßen ausgetestet hat, muß eben warten, bis es eingetrocknet und wieder abgefallen ist ;-)
So gesehen wird hier alles geboten, was andernorts in den "Barfuß-Parks" landauf, landab in der Republik, mit viel Aufwand und Geld künstlich angelegt werden muß. Eine weitere "Betriebsanweisung" brauche ich hier nicht zu geben. Man soll kein Dogma daraus machen. Nicht übertreiben, einfach mit Bedacht gehen. Und die "Notschuhe" im Rucksack können auch noch mit.
Bis zum Gipfel müssen insgesamt vier Forststraßen (Waldautobahnen) gequert werden. Bis auf eine weisen sie den übelsten, scharfkantigen Steinbelag aus. So ein Weg ist was für Fakire. Barfuß völlig ungeeignet! In manchen Regionen sind aus solchen Wegen ganze Wandernetze entstanden. Da hat die "arme Region" Nordostoberfranken vielleicht den Vorteil, das durch leere Kassen in den Vereinen nicht der letzte Rest an herrlichsten, naturbelassenen Wegen, der "Modernisierung", oder der besseren, leichteren und schnelleren Kontrolle durch die Wegewarte angepaßt wurde. Denn all zu oft wurden schon alte Pfade und Steige zur scheinbar besseren touristischen Vermarktung eingeebnet, um auch dem letzten Halbschuhtouristen einen sauberen Sonntagsspaziergang, ohne Stock und Stein und Matsch zu ermöglichen.

(Da bin mal ich zu sehen ;-)
Auf halben Weg zum Gipfel erreicht man die Ruine "Hirschstein". Auf einer Ansammlung von großen Granitfelsen mitten im Wald, einer südlich doch etliche Meter steil in den Abgrund abfallenden Felswand, war vor einigen 100 Jahren ein Posten der Ritter von "Hirschberg". Eine Grenzfeste des Nordbayerischen Gaues eben. Da heute recht gute Fernsicht war, reichte der Blick von hier aus, links am Duppauer und Kaiserwald bei Karlsbad (Karlovy Vary) und Marienbad (Marianzke Lazne) im Böhmischen gelegen, über den nördlichen Ausläufern des Oberpfälzer Waldes, dem Steinwald und der ganzen Palette aller Fichtelgebirgsgipfel bis zum Epprechtstein rechts.
Im leichten Gefälle geht es auf unserem Nord-Weg weiter in Richtung Gipfel. Hier sind wir auf dem "Sattel". Der Weg steigt nach dieser Passage steiler an und hat hier das einzig schlechte Stück für den schuhlosen Wanderer. Eher einem ausgetrockneten Bachbett gleich geht es über ca. 50 Meter dahin. Das war hier vor Jahren schon schlechter. Da aber rundum der Bewuchs an Laubbäumen zugenommen hat, konnte hier das verrottete Laub bereits eine dünne Humusschicht bilden, in der Gras und Moos wieder Halt finden. Auch das letzte Drittel zum Gipfel zeigt sich wesentlich barfußfreundlicher als noch vor ein paar Jahren. Damals mußte man einen großen Teil der Fichtenaltbestände abholzen. Wind- und Schneebruch, gefördert durch sauren Regen und der über 150jährigen Fichtenmonokultur, ließen hier die Befürchtung von kahlen Flächen aufkommen. Die Sonne konnte hier gut austrocknen. Die Errosion hatte freie Bahn. Doch nun siehe da, Birke, Eberesche und junge Fichten, sogar zwei Deutsche Tannen fanden sich. In diesem Klima trocknet der Boden nun nicht mehr so stark aus. Der Humus bekommt halt und die Pflanzen wachsen wieder problemloser. Und so wird der Weg wieder angenehmer für die Füße.

Nur noch wenige Meter bis zum Gipfel! Der Kornbergturm ist erreicht.
An Sonntagen haben die örtlichen Fichtelgebirgs-Vereinsgruppen "Turmdienst". Es erfolgt einfachste Bewirtschaftung. Bei erträglichem Wetter stehen ein paar Bierzeltgarnituren im Freien. Es gibt Flaschenbier, Kuchen und Kaffee. Und das zu Preisen, die man heute wo anders vergeblich sucht. Informationen zum Turm selbst und die nähere/weitere Umgebung mit verschiedenen links der Region gibt es hier: www.kornberg.de
Zu empfehlen und das Standardwerk für Wanderungen im Fichtelgebirge schlecht hin, sind die Karten des Verlages "Fritsch" aus Hof, wo im Maßstab 1:50000 für den geübten Kartenleser sehr genau zwischen Forststraßen und wanderbaren Naturwegen unterschieden werden kann.
Gruß Markus (malo)

Hallo Markus,

du bist doch nicht allen Ernstes der Meinung, daß auch nur eine einzige verweichlichte Person barfuß durch diesen Wald tratscht! Da kommen doch nur Wanderschuhe ab 130 Euro in Frage ....

Grüße Berni(N)

Wieder einmal auf den Kornberg

Pedro, Stammposter, Tuesday, 15.08.2006, 06:30 (vor 6614 Tagen) @ malo

Hallo Markus,

das ist ein schöner Wanderbericht. Vielen Dank auch für die Fotos. Man sieht, wie barfußfreundlich die Wege sind. In der Natur ist barfuß doch am schönsten. Nur leider ist mein Arbeitsplatz in einer Stadt, so dass ich, rein zeitlich gesehen, in der Stadt viel mehr barfuß bin als in der Natur. Die Stadt hat barfuß auch ihren Reiz, aber die Natur hat ungleich viel mehr zu bieten. (Nicht nur barfuß.)
Und läuft Deine Freundin auch barfuß?

Gruß
Pedro

Ab und an

malo, Stammposter, Tuesday, 15.08.2006, 12:18 (vor 6614 Tagen) @ Pedro

Mahlzeit Pedro,

barfuß in der Stadt ist bei mir hier barfuß in der Gemeinde. Mit ca. 4000 Einwohnern (inklusive der Dörfer drum herum) ist die "Stadt" genügend groß, das auch alles asphaltiert ist. Die Bürger sind sicher toleranter, als in der Stadt. Barfuß ist halt ländlicher.
Nie und nirgends bisher Kommentare. Auch schaut kaum einer blöd.
Doch fährt man in die nächste Stadt, wie Hof oder Marktredwitz, dann werden es mehr, die verstört schauen. :-) An was das liegt, weiß ich nicht. Vermutlich haben auch jene noch nie gesehen, wo richtige Milch her kommt, wie Hühner im freien laufen dürfen.

Die Freundin ist ab und an schuhlos mit unterwegs. Rein zum Training, zum Abhärten für den kommenden Winter. Und durchaus abends mal auf der Straße in die Eisdiele.

Gruß,
Markus

Stadtmenschen und Dorfmenschen

Pedro, Stammposter, Tuesday, 15.08.2006, 15:31 (vor 6614 Tagen) @ malo

Mahlzeit Pedro,
barfuß in der Stadt ist bei mir hier barfuß in der Gemeinde. Mit ca. 4000 Einwohnern (inklusive der Dörfer drum herum) ist die "Stadt" genügend groß, das auch alles asphaltiert ist. Die Bürger sind sicher toleranter, als in der Stadt. Barfuß ist halt ländlicher.
Nie und nirgends bisher Kommentare. Auch schaut kaum einer blöd.
Doch fährt man in die nächste Stadt, wie Hof oder Marktredwitz, dann werden es mehr, die verstört schauen. :-) An was das liegt, weiß ich nicht. Vermutlich haben auch jene noch nie gesehen, wo richtige Milch her kommt, wie Hühner im freien laufen dürfen.

Hallo Markus,

das liegt ganz einfach daran, dass in der Stadt zu viele Menschen sind. Man kann sich nicht mit jedem befassen und wird desinteressiert an sienen Mitmenschen. Man mancht keine blöden Bemerkungen, aber man schaut blöd. Dorfmenschen setzen sich mit den anderen Menschen intensiver auseinander, und am Ende eines (mitunter langen und schwierigen) Prozesses steht dann meist Respekt vor dem anderen.

Die Freundin ist ab und an schuhlos mit unterwegs. Rein zum Training, zum Abhärten für den kommenden Winter. Und durchaus abends mal auf der Straße in die Eisdiele.

Freut mich.

Gruß,
Markus

Gruß
Pedro

Stadtmenschen und Dorfmenschen

Michael aus Zofingen, Stammposter, Wednesday, 16.08.2006, 08:45 (vor 6613 Tagen) @ Pedro

"das liegt ganz einfach daran, dass in der Stadt zu viele Menschen sind. Man kann sich nicht mit jedem befassen und wird desinteressiert an sienen Mitmenschen. Man mancht keine blöden Bemerkungen, aber man schaut blöd. Dorfmenschen setzen sich mit den anderen Menschen intensiver auseinander, und am Ende eines (mitunter langen und schwierigen) Prozesses steht dann meist Respekt vor dem anderen."

Hallo Pedro,

heutzutage ist es nicht so einfach, zwischen "Stadt" und "Land" zu unterscheiden. Nicht jede politische Gemeinde ohne Stadtrecht ist ein "Dorf". Man muß auch die Art der Bebauung in Betracht ziehen:

Wenn man sich in einem typischen Bauerndorf befindet, dann trifft zweifellos das zu, was Du beschrieben hast. Jeder kennt jeden, die Leute sind aufeinander angewiesen, und gegenüber Fremden ist man oft wohlwollend-zurückhaltend. Ein alteingesessener Dorfbewohner würde vielleicht skeptisch dreinblicken, wenn man barfuß daherkommt, vielleicht auch fragen, aber niemals versuchen, dem Barfüßer Schaden zuzufügen.

In den Zentren großer Städte kennt man sich kaum noch. Andauernd kommen Auswärtige zum Einkaufen, zum Arbeiten, als Touristen. Auch Bettler kann man dort antreffen. Die Bewohner haben sich daran gewöhnt, da fällt man als Barfüßer auch nicht mehr auf.

In den Zentren von kleineren Orten, die in erster Linie vom Tourismus leben, muß man differenzieren: Wenn die Touristen in erster Linie einfache Leute sind, dann starren vielleicht die Touristen einen Barfüßer an, aber den Eingeborenen ist es egal. Weitere Folgen hat es nicht. In Orten, in denen zwar eher betuchtere Touristen erwünscht sind (z.B. Ascona, Interlaken), in denen man aber auch als einfacher Bürger willkommen ist, sieht es nicht anders aus. Mondäne Orte, die noch abseits der großen Verkehrsströme liegen, sind nicht unbedingt ein ideales Pflaster für Barfüßer (zumindest nicht für solche, die auch sonst einfach gekleidet sind). Dort wollen die Reichen unter sich bleiben. Jeder der arm ist (oder auch nur für arm gehalten wird), hat sich außer Sichtweite der "High Society" aufzuhalten. Vor etwa 10 Jahren wurde ich mal in St. Moritz von der Polizei kontrolliert, als ich mit dem Fahrrad durch den Ort fuhr, vermutlich hat mich irgendein arroganter Kellner (auf Anweisung eines steinreichen Gastes?) angeschwärzt. Dabei war ich nicht einmal barfuß, aber als Radfahrer in verschwitzen T-Shirt, kurzen Hosen, Turnschuhen ohne Socken, beladen mit Schlafsack ist man wohl eine Zumutung für "bessere Leute".

Wie sieht es in historischen Kleinstädten (z.B. Zofingen) aus? Dort kennt auch jeder jeden. Dort bemerkt man noch Relikte aus dem Mittelalter. Damals waren die Bürger eine verschworene Gemeinschaft, die sich als bessere Leute fühlten im Vergleich zu den Bauern in den umliegenden Dörfern. Die Städte waren von Mauern umgeben, die Bürger verteidigten die Stadt vor potentiellen Eindringlingen. Das waren nicht nur fremde Heere, sondern in erster Linie Bettler, Zigeuner usw. Es hieß zwar "Stadtluft macht frei", jedoch bestimmten die Schultheißen sehr wohl, wer sich in den Mauern niederlassen durfte und wer nicht. Diese Arroganz beobachte man in manchen Kleinstädten noch heute. Manch alteingesessener Zofinger glaubt noch heute, er wäre was besseres als ein Oftringer, Strengelbacher, Brittnauer usw. Einer, der aus diesen umliegenden Ortschaften kommt, wird nie als echter Zofinger akzeptiert, auch wenn er mehr als 20 Jahre in der Stadt gelebt hat. Noch argwöhnischer sind die Zofinger gegenüber Ausländern. Und wer WIEDERHOLT barfuß läuft, noch dazu in Kombination mit kurzen Hosen, wird der Polizei gemeldet. Da im Mittelalter die Bürger ihre Stadt mit Spießen verteidigt hatten, nannte man sie Spießbürger oder "Spießer". Und die heutigen Spießer machen im Grunde ja nichts anderes. Früher versuchten sie alles Fremde nicht in die Stadt zu lassen und zu bekämpfen, heute auch. Nur war es früher sicher bitter nötig, heute zumindest teilweise, z.B. was Kriminalität anbelangt. Aber daß viele Zofinger bereits einen Barfüßer als "Eindringling" ansehen, grenzt an Kleinkariertheit.

In Hochhaussiedlungen (egal ob als Bestandteil einer Stadt oder einer gesichtslosen Großgemeinde) kennt man sich auch nicht gegenseitig, also kommt man dort meist auch ungeschoren als Barfüßer davon.

Fehlen noch die Siedlungen mit "Gartenzwergidylle". Unabhängig davon, ob sie Bestandteil einer Stadt, einer Großgemeinde oder als Neubausiedlung eines Dorfes angelegt sind, hier geht es ähnlich zu wie in einer Kleinstadt. Hier wimmelt es nur so von Spießern. Man wird sehr argwöhnisch betrachtet, und die Polizei ist schnell zur Stelle. Die Gegend um den Bahnhof von Lohmen (weit abseits vom Ortszentrum) ist ein typisches Beispiel. Als ich dort am verlotterten Bahnhof ankam, um von anderen Teilnehmern der Barfußwanderung im Elbsandsteingebirge abgeholt zu werden, waren Spießer und Polizei schneller.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Stadtmenschen und Dorfmenschen

Pedro, Stammposter, Wednesday, 16.08.2006, 20:42 (vor 6613 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

danke für die detaillierte Darstellung, der ich weitgehend zustimmen kann. Um sie noch weiter ins Detail zu treiben, bleibt noch festzustellen, dass Du Deine Umgebung anders forderst als ich. Bei Dir müssen die Leute die Kombination von barfuß + kurze Hose + Forst verarbeiten. Bei mir lediglich barfuß + Temperaturen von ca. 15 Grad aufwärts + mal lange mal kurze Hose.

Das Temperaturwohlbefinden ist wohl weitgehend genetisch bedingt. Ich kann's unter 15 Grad auch barfuß aushalten (schon ausprobiert), aber es ist mir halt nicht angenehm, drum lass ich es bleiben.

Viele Grüße
Pedro

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