Barfuß am 1. August (Hobby? Barfuß! 2)
Der erste August ist in der Schweiz Nationalfeiertag. Vielerorts werden Feiern abgehalten. Wenn hochrangige Politiker das Wort haben, sind nicht selten auch politische Extremisten zugegen. Und nicht selten auch ein riesiges Polizeiaufgebot. Nicht selten geht die Polizei dabei auch unverhältnismäßig vor, z. B. in Brunnen, wo potentielle Störenfriede bereits am Bahnhof abgewiesen wurden. Ob Barfüßer auch als potentielle Störenfriede abgewiesen wurden, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich aber wollte nicht nach Brunnen, sondern nur auf den Zofinger Heiternplatz, selbstverständlich barfuß. Tagsüber hatte es noch geregnet, und nach der Sommerhitze der vergangenen Wochen war es doch auf ca. 18°C abgekühlt, als ich mich mit dem Fahrrad in Richtung Heiternplatz aufmachte. Allzu viele Leute waren nicht auf dem Heiternplatz, viele kamen in dicken Wollpullovern. Barfuß war keiner außer mir. Es fiel mir übrigens auf, daß von den eher sommerlich gekleideten Personen mehr Männer als Frauen und Kinder waren. Irgendwie scheinen Männer beständiger in Sachen Kleidung zu sein als Frauen. Es braucht zwar eine längere Periode von warmen Tagen, daß sich Männer getrauen in der Freizeit etwa Sandalen ohne Socken und/oder kurze Hosen zu tragen. Aber wenn nach einer langen Hitzeperiode mal ein Tag kommt, an dem es "nur" 18°C ist, dann sind es die Frauen, die sofort auf "Winterkleidung" umwechseln, während Männer die Sommerkleidung beibehalten, vielleicht eine Woche. Wenn nach 2 Wochen wieder eine Hitzeperiode kommt, wechseln die Frauen sofort wieder auf Sommer, während es bei den Männern bei Winterkleidung bleibt.
Von den anwesenden Personen sagte niemand etwas zu meiner Barfüßigkeit, nicht einmal die zwei Schergen der Zofinger Stadtpolizei, die auf dem Gelände patrouillierten. Zweimal bekam ich mit, daß sie Jugendliche anwies, dort die Böller loszulassen, wo es erlaubt war. Mich sprachen sie nicht an, jedoch machten sie immer ein grimmiges Gesicht, wenn sie an mir vorbeikamen. Vermutlich erkannten sie mich als ihren "Barfußextremisten", aber sie trauten sich nicht in meine Nähe. Immerhin stand ich in der Nähe der Tribüne. Die Polizisten hätten sich ja lächerlich gemacht, wenn sie einfach einen Menschen abgeführt hätten, nur weil er barfuß ist und kurze Hosen trägt. Vermutlich war auch kein Spießer auf dem Platz, der es als Zumutung empfand, meine Barfüßigkeit ertragen zu müssen. Von den Polizisten war mir der eine ("Babyface") unbekannt, den anderen ("Bartputzer") habe ich als total ekligen Siech in Erinnerung. Da die Beamten mir aber sonst nichts antaten und sich auch sonst nicht daneben bekamen, habe ich leider keinen Grund, in einem Leserbrief an die Zofinger Tagespresse das Verhalten der Zofinger Stadtpolizei bei der 1.-August-Feier anzuprangern. Das Unrecht, was mir die Zofinger Polizei direkt oder indirekt wegen barfuß bzw. Tragen kurzer Hosen zugefügt hat, ist noch lange nicht gesühnt!
Es fand übrigens das Schönwetterprogramm statt:
http://www.zofingen.ch/upload/docs/Informationen/Bundesfeierprogramm%202006.pdf
Als Straßenbahnfan interessierte mich übrigens auch das Programm, immerhin war von Verkehr die Rede. Auch von Mobilität. Von barfuß war natürlich nicht die Rede, wohl aber mußte ich an gewisse Forumsbeiträge denken. Unter anderem fiel der Satz:
"Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo die Freiheit der Allgemeinheit eingeschränkt wird."
Sicher ein dehnbarer Begriff. Als freier Bürger darf man frei entscheiden, wohin man will. Wenn aber alle ans selbe Ziel wollen, dann bleibt man im Stau stecken, findet keinen Parkplatz, und Leute, die zufällig zur selben Zeit ganz woanders hinwollen, werden auch behindert. Man behindert sich gegenseitig, und niemand macht etwas verbotenes. Genauso ist es mit dem Barfußlaufen oder barfuß Bahnfahren. Man macht nichts verbotenes. Aber sicher fühlen sich manche Spießer, die im selben Abteil sitzen, in ihrer Freiheit erheblich eingeschränkt, nämlich der Freiheit, die Bahnfahrt ohne den Anblick von "ekligen nackten Füßen" genießen zu dürfen.
Wegen der langen Trockenheit hatte die Stadt darauf verzichtet, ein Höhenfeuer zu entzünden. Aber wenigstens durften Raketen abgefeuert werden. War auch interessant. Obwohl es irgendwann stockfinster war, trat ich nie in irgendeine Glasscherbe, eine Dornenranke oder sonst etwas. War wohl auch kaum etwas vorhanden. Da es weder zu heiß, noch zu kalt war, weiterhin der Untergrund angenehm, war mir bald gar nicht mehr bewußt, daß ich barfuß war. Gegen 23 Uhr verließ ich den Platz.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen