Dünen und Wallenstein (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo
Am Sonnabend fuhr ich, wie angekündigt, zu den Wallensteintagen nach Stralsund. Auf dem weg dorthin standen aber auch noch andere Dinge auf meinem Programm, die ich wegen Zeitmangels in Folge eines nicht eingeplanten Staus auf der Autobahn Berlin-Stettin deutlich einschränken musste. Ich wollte auf jeden Fall zunächst nach Altwarp, der äußersten nordöstlichen Ecke auf dem deutschen Festland. Dort befinden sich ausgedehnte Binnendünen, wie mir mein Atlas verriet. Ob es sich bei Dünen in Sichtweite des Meeres um Binnendünen handeln kann ist mir dabei relativ egal, das wesentlich war, dass ich diese herrlichen Sanddünen fand und genoss.
Die Landstraße nach Altwarp führt stellenweise unmittelbar an der Küste des Stettiner Haffs durch einsamste Gegenden. Nur wenige Touristen verirren sich wohl dort hin. Mir fiel bereits viele Kilometer vor Altwarp auf, dass der Verkehr im weniger wurde und man sich dem "Ende der Welt" zu nähern scheint. In Altwarp bliebe zur Fortsetzung der Fahrt nur noch die Fähre nach Polen, die aber nicht zu sehen war. Auf sie wartete auch kein einziges Auto am menschenleeren Zollamt.
Der kleine Hafen im Schilfgürtel des Haffs mit seiner Aussicht auf das polnische Nowe Warpno (Neuwarp) wirkt wirklich sehr idyllisch.
Für eine anschließende Besichtigung von Ueckermünde blieb keine Zeit, das hole ich irgendwann mit der Bahn nach.
Weiter ging es nach Anklam, wo ich den Klappvorgang der Klappbrücke über den Hafen beobachten wollte. Leider ging das aus zwei Gründen nicht, denn erstens liegt die Brücke mitten im Hafen, den man nicht betreten darf und zweitens wurde sie gar nicht hochgeklappt. Ich hatte mir extra die Brückenöffnungszeiten aus dem Internet besorgt und konnte das von einer entfernten Fußgängerbrücke am Rande der Altstadt aus beobachten.
An dieser Brücke waren übrigens drei Jugendliche damit beschäftigt sich durch Sprünge in die Peene Abkühlung zu verschaffen. Von denen war aber nur einer barfuß, die anderen beiden trugen zu ihren Badehosen nichts als Socken!
Nach einem Abstecher zu einer sehr idyllischen Peenefähre zwischen Quilow und Stolpe fuhr ich weiter nach Stralsund. Ich erwartete eigentlich, dass die Parkplatzsuche zu den Wallensteintagen ein Problem werden würde, aber das war gar nicht der Fall. Gleich hinter dem Küterdamm konnte ich mein Auto abstellen und in die Altstadt gehen.
Die Wallensteintage kann ich wirklich nur jedem empfehlen, der für solche Spektakel zu interessieren ist. Stralsund wurde im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen unter Führung Wallensteins belagert, konnte aber dieser Belagerung mit Hilfe schottischer Truppen erfolgreich widerstehen. Wie da Schotten hinkamen, konnte mir leider niemand erklären.
In einer Straße wurde eine Schlachtszene zwischen Kaiserlichen und den Schotten nachgespielt, auf dem Markt wurde ein Gerichtstag gehalten, jemand wurde geteert und gefedert, eine Hure wurde aus der Stadt gejagt, ein Mann wurde gehängt, es gab viel altertümliche Musik, an allerlei Ständen konnte man die alten Handwerke kennen lernen, Schmiede zeigten ihre Kunst, einer stellte Papier her, an vielen anderen Ständen wurde für leibliches Wohl gesorgt, am Neuen Markt herrschte ein Rummel und die Straßen zwischen Neuem und Altem Markt waren voller Stände und Menschen.
Ich war auch nicht der einzige, der dort barfuß herumlief. Meine Erwartungen diesbezüglich wurden voll erfüllt. Ich schätze mal es waren sicher mindestens 50 Leute, die barfuß herumliefen. Es wurde barfuß getanzt, es wurde barfuß den Bühnenaufführungen zugesehen, viele waren in ihren Ständen barfuß und viele gingen barfuß umher und sahen sich alles an.
Am Abend brach dann die Pest aus, der 1629 die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel. Der Pestumzug begann am Rathaus, wo entsprechend geschminkte Teilnehmer, sowie jene Personen mit den großen Nasenmasken und verhüllten Gesichtern, wie es damals üblich war, losmarschierten und die Bevölkerung aufforderte die Kranken und Toten auf die Straße zu bringen, wo sie dann aufgesammelt wurden. Die Kranken, die da hinterherliefen waren übrigens allesamt in weiße Gewänder gehüllt und barfuß!
Leider konnte ich diesen Umzug nicht bis zum Ende mitverfolgen, weil es bereits nach 21:00 Uhr war und ich noch nach Hause wollte. Ich brauchte von Stralsund noch etwa drei Stunden.
Der Tag war einfach wunderbar. OK, die Staus hätte es nicht gebraucht, aber den Tag verderben konnten sie nicht. Am Ende hatte ich so viele schöne Eindrucke von Stralsund, dass ich mir kaum noch vorstellen konnte, das ich am gleichen Tag auch in Altwarp war. So lange schien mir das schon zurückzuliegen.
Nächstes Jahr werde ich wohl bei gutem Wetter wieder zu den Wallensteintagen fahren. Vielleicht bin ich dann ja nicht der einzige Vertreter des Hobby-Barfuß-Forums dort?
Viele Grüße
Ulrich