Deprimierendes Forum (Hobby? Barfuß! 2)

Ralf, Thursday, 20.07.2006, 20:08 (vor 6705 Tagen)

Ich habe mir im Archiv mal die Beiträge aus den "Gründerjahren" des Forums (3. Juli 1998) angeschaut und mit den gegenwärtigen verglichen. Während damals jeder Beitrag vor Begeisterung für das "Hobby" Barfuß nur so sprudelte, scheint heute jeder zweite Beitrag schlechte Stimmung zu verbreiten.

High-Heels-tragende Heidis auf dem Afghanenstrich, mit Sneakers um brennende Mülltonnen tanzende Geißenpeter, explodierende Glasdächer, gefährliche Ameisen, Krankenhaus nach Mittelalterspektakel --- es scheint, als habe sich der Fokus dieses Forums gewandelt hin dazu, das Barfußlaufen madig machen zu wollen.

Ist die Welt in den acht Jahren so viel schlechter (und barfußunfreundlicher) geworden, oder hat sich das Forenpublikum gewandelt hin zur Deprifraktion?

Ich hab jedenfalls viel mehr Freude daran, in den Archiven und im "Best of" zu stöbern, als die aktuellen Beiträge zu lesen.

Deprimierendes Forum

Chris RSK, Thursday, 20.07.2006, 20:30 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

kann ich irgendwie nicht bestätigen. Hier und da mal eine besorgte Nachfrage bzw. ein entsprechender Erfahrungsbericht ("da lag ne Glasscherbe im Weg"), aber das war es doch auch schon an angeblich "deprimierenden" , falls man das so nennen könnte, Beiträgen.

???

JNN, Thursday, 20.07.2006, 21:40 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

Na dann les' doch 10x das Archiv, wenn's dir Spaß macht...
Ich habe nix davon erwähnt, daß ich jetzt deprimiert wäre, nur weil ich in 'ne Glasscherbe gelatscht bin. Und bei anderen kann ich auch keine Depristimmung erkennen. Watt'n Blödsinn.
Du scheinst mir deprimiert zu sein, weil dich das hier anödet.
N.

Der Spaß soll nicht zu kurz kommen !!!

Lorenz ⌂, Stammposter, Thursday, 20.07.2006, 22:39 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

Hallo Ralf,

Ist die Welt in den acht Jahren so viel schlechter (und barfußunfreundlicher) geworden, oder hat sich das Forenpublikum gewandelt hin zur Deprifraktion?

Ich sehe da keine Verschlechterung. Es war schon immer so, dass auch negative Erfahrungen und Erlebnisse diskutiert wurden. Irgendwie setzt man sich besonders intensiv mit den Widrigkeiten des Lebens auseinander. 50 mal geht man unbeanstandet barfuß in den Suoermarkt und findet das nicht der Rede wert, und wenn man einmal nicht reingelassen wird, gibt's eine riesige Diskussion darüber.

Dieses Ungleichgewicht gab es schon immer -- und ich habe mir schon immer gewünscht, dass der Spaß am Barfußlaufen stärker zum Thema gemacht wird. Ich finde auch, dass sich das Forum in letzter Zeit gut entwickelt und vielen Leuten Mut gemacht hat.

Auch kritische Barfußsituationen dürfen zur Sprache kommen. Dass etwa am Ende einer Rolltreppe unverhofft Scherben liegen, ist eben auch eine Situation, mit der man rechnen muss. Und wenn man schon mal drüber diskutiert hat, kann man im Falle eines Falles richtig reagieren. Aber es bleibt dir unbenommen, hier vor allem von schönen Erlebnissen "auf freiem Fuß" zu berichten! Mir geht es so, dass ich in diesem Sommer so viel (überwiegend Positives) erlebe, dass ich gar nicht mehr dazu kommen, darüber zu schreiben.

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

[image] Barfußpfade

Deprimierendes Forum

Kai (WN) ⌂, Stammposter, Thursday, 20.07.2006, 23:11 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

Hallo Ralf,

das ist wie in einer Ehe oder langen Beziehung ... das Außergewöhnliche weicht etwas dem Alltag, nicht jede Erfahrung wird als neu empfunden und gleich niedergeschrieben. So gesehen ist das Forum, trotz stark gewechseltem Teilnehmerkreis, auch reifer geworden.

Hatten wir beispielsweise in früheren Jahren zu Ferienbeginn immer pubertierend nervende Schreiber hier, so haben diese mittlerweile andere Betätigungsfelder gefunden. Diese Zeit vermisse ich überhaupt nicht.

Durch das Best Of ist auch schon viel dokumentiert und nicht jede/r möchte zum x-ten Mal die gleichen Erfahrungen im Forum beschreiben. Die Reife des Forums mag daher auch den einen oder anderen vom Schildern persönlicher Barfußerlebnisse abhalten, so meine Vermutung. Dies heißt natürlich nicht, dass nicht jede/r, welche/r mit dem Barfußlaufen beginnt, nicht die gleichen "beglückenden" Erfahrungen machen kann. Erfahrung ist eben etwas völlig individuelles, Erfahrungen lassen sich nur sehr begrenzt weitergeben.

Einen negativen Grundtenor kann ich hingegen nicht feststellen. Die Themen sind meist nicht sehr neu, die Aspekte hingegen oft. Der Tonfall ist, trotz gelegentlicher Kontroversen, erfreulich unaufgeregt.

Nach mittlerweile 7 Jahren Forum ein aus meiner Sicht sehr angenehmer Zustand - auch wenn ich derzeit schriftlich praktisch nichts dazu beitrage (Beruf und Familie...).

Grüße
Kai

[image] Kais Journal: Barfußlaufen, Reisen und mehr

Heul doch *ggg*

Hippie, Stammposter, Friday, 21.07.2006, 05:25 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

Guten Morgen, Ralf!

Mir scheint, du liest sehr selektiv. Auch im Archiv kommen Sachen vor, wie Unfälle beim Barfußlaufen, hier angepöbelt deswegen, dort angepöbelt deswegen, bei Lidl oder WalMart nicht reingelassen worden, usw.
Ich schließe mich Lorenz an, der ja auf die Trollinvasion zu Beginn der Ferienzeit ansprach. Die vermisse ich auch nicht. Du kjannst aber nicht erwarten, dass es, nachdem bestimmte Sachen am Anfang spannend waren und etwas Besonderes, nun immer noch ein großes Juchhei gibt, wenn man zum 128. Mal barfuß bei Schlecker war und immer noch keine komische Reaktion erlebt hat.
Die einen reden viel darüber, die anderen tun es einfach und erleben barfüßigen Alltag. Das ist dann halt "Tagesgeschäft" und da ist nichts Besonderes dran. Weil es natürlich geworden ist, also zum alltäglichen Bestandteil des Lebens. Wie das tägliche Zähneputzen.
Ist das Forum deprimierter geworden? Nein. Es sind höchstens die Zeiten, die härter geworden sind. Hartz IV, Euro, 911, Sicherheitswahn, Vogelgrippehysterie, drastische Zunahme der Kriminalität, Massenarbeitslosigkeit mit gefälschten Zahlen, Terrorwellen, Riesentsunamis, alles kein Grund mit einem Dauerbreitgrinsen durch die Gegend zu laufen, ob barfuß oder nicht.
Wenn du eine engebliche Depression oder sowas beanstandest, dann gibt es da eine ganz einfache Methode: Mach es einfach selbst besser.

Der Hippie

Heul doch *ggg*

Hans H. (Großraum N.), Friday, 21.07.2006, 15:56 (vor 6704 Tagen) @ Hippie

Es sind höchstens die Zeiten, die härter geworden sind. Hartz IV, Euro, 911, Sicherheitswahn, Vogelgrippehysterie, drastische Zunahme der Kriminalität, Massenarbeitslosigkeit mit gefälschten Zahlen, Terrorwellen, Riesentsunamis

jaja früher, war alles besser:
1970er bis 1980er:
- Terror von Links
- Atomkraft
- Umweltzerstörung

1960er:
- Alte Konservative Sitten
- alte verkorkste Professoren mit Talaren und Muff von 1000 Jahren

1950er:
- ehemalige Nazis in der Politik

1900 bis 1940er:
- verarmtes Deutschland
- Kriege
- Hunger
- Leid

1940er bis 1980er:
- DDR (Unrechtsstaat)

Mittelalter:
- Pest
- Hexenverbrennungen
- Hungersnöte

Antike:
- als Soldat (in Rom) hunderte Kilometer marschieren und brutal kämpfen
- ...

Heute:
- Zahl der Verkehrstoten ist zurück gegangen.
- Auch die Kriminalitätsrate ist zurück gegangen.
- Weniger Umweltzerstörung
- WM 2006 (=> mehr Fröhlichkeit und Toleranz trotz gröhlender Fußballfans / Deutschland hat einen besseren Ruf in der Welt)
- moderne Technik (Internet, Computer, Transrapid, schönere und sicherere Autos dank Airbags & co.)
- bessere Medizin (an statt Zahnarztbohrer zum treten heute Hightechbohrer wo der leichte Schmerz nach 10 Sekunden aufhört)
- mehr Barfußtoleranz (früher in den 50ern ging alles sehr streng und "moralisch" zu, heute ist zumindest Flipfloptragen normal).

Heul doch *ggg*

Hippie, Stammposter, Friday, 21.07.2006, 21:19 (vor 6704 Tagen) @ Hans H. (Großraum N.)

Hallo, Hans!

Du übersiehst etwas. Statt Äpfel mit Birnen zu vergleichen, hier ein paar Hinweise:

- eine Massenarbeitslosigkeit, welche sogar die von Werimar übertrifft. Wenn man die KONKRETEN Zahlen ermittelt, sieht es chauderhaft aus. Tipp: Schau mal in das CIA-Factbook. Da stehen die ungeschönten Zahlen in Prozent drin. Rechne mal auf die Gesamtbevölkerung um.
- immer mehr Firmen bauen Arbeitsstellen ab und verlagern ihre Produktion ins Ausland.
- Terror durch Straßenbanden und Psychopathen nimmt zu.
- Schau dir mal den Waldschadensbericht an.

Die Bedrohung durch Umweltzerstörung und Atomkraft besteht übrigens immer noch, nur redet da kaum noch einer von. Und der Klimawandel? Verfolge die Nachrichten, gleiche ab und zieh deine Schlüsse. Tja, und die unberechenbaren Risiken der Gentechnik (genmanipulierte Pflanzen) sind gar nicht einzuschätzen. Trotzdem drückt Monsanto seinen Dreck auf den Markt.

Klar: Heimrechner gab es damals nicht, in den Achtzigern, und der WK II war ebenso sinnlos wie ultrabrutal, keine Diskussion. Nur: Der WK II war vor meiner Zeit und vor einem großen Teil der jetzt lebenden Leute, und gesamtsozial geht es JETZT rapide bergab, trotz Fahnenschwenkerei. Die WM hat zwar einiges aufpoliert an Image und Selbstbewusstsein, und das ist auch gut so, aber warte mal ab, wenn die ersten Leichensäcke aus dem Kongo und Nahost hier eintreffen. Übrigens hat die KSK im Jahre 2004 eine komplette Einheit in Georgien verloren. Aber das ist jetzt zu off-topic. Sicher geht es uns in einigen sachen blendend. Aber was nützt z. B. die modernste und beste Medizin, wenn man sie sich rein finanziell nicht mehr leisten kann? Die Läden sind ja jetzt auch nur deswegen länger geöffnet, damit man sich zwei Stunden länger ansehen kann, was man sich früher kaufen konnte, als der Geldwert noch stimmte. Historisch gesehen war die Inflation nach dem Crash in den Zwanzigern natürlich schlimmer, aber das sit geschichte. Schau mal, wieviel Kaufwert eine Mark in den Sechzigern hatte, und was du für einen Euro heute bekommst. Und das sind immerhin zwei Deutsche Mark. Oder nach offiziellem Umtauschkurs 20 Mark der DDR.

Ich denke, man soll die Realität im Hinterkopf behalten, aber trotzdem was auss einem Leben machen. Und Barfußlaufen gehört - solange es geht - zu den Annehmlichkeiten, die wir haben. Ist gesund und kost nix. Trotzdem sollte man auch mal etwas Kulturkritisches äußern dürfen.

Der Hippie

Heul doch *ggg*

Hans H. (Großraum N), Saturday, 22.07.2006, 08:35 (vor 6704 Tagen) @ Hippie

Schau mal, wieviel Kaufwert eine Mark in den Sechzigern hatte, und was du für einen Euro heute bekommst.

Klar war früher etwa ein Auto (z. B. Käfer ohne Airbag und Klimaanlage) billiger als die heutigen Autos mit Drehzahlmesser, Klimaanlage, Airbag & co.
Außerdem waren die Gehälter früher extrem niedriger.

Das Wirtschaftswunder damals gab es nur weil es von ganz schlecht auf halbwegs ok ein großer Schritt war. Damals waren die Wohnungen knapp und da war es klar, dass es da einen Bauboom gab und alle Welt schrie "oh toll, die baubranche boomt".
Heute stehen massenweise Wohnungen da und da brauchen keine gebaut werden.
Von gut auf noch besser ist es ein schwieriger Schritt.

Und nicht alle Firmen wandern ins Ausland aus, BMW hat etwa vor ein paar Jahren ein hochmodernes Werk in Leipzig (also bei uns in Deutschland) geschaffen.

Heul doch *ggg*

Descalzar, Friday, 21.07.2006, 18:30 (vor 6704 Tagen) @ Hippie

Du kjannst aber nicht erwarten, dass es, nachdem bestimmte Sachen am Anfang spannend waren und etwas Besonderes, nun immer noch ein großes Juchhei gibt, wenn man zum 128. Mal barfuß bei Schlecker war und immer noch keine komische Reaktion erlebt hat.

Die einen reden viel darüber, die anderen tun es einfach und erleben barfüßigen Alltag. Das ist dann halt "Tagesgeschäft" und da ist nichts Besonderes dran. Weil es natürlich geworden ist, also zum alltäglichen Bestandteil des Lebens. Wie das tägliche Zähneputzen.

So sieht's aus. Ich merke nur das irgendwas nicht stimmt, wenn ich außerhalb meiner Arbeitszeit Schuhe trage. Hatte das mal im Winter für zwei Tage. Da gings mir seelisch ziemlich dreckig und unbewußt trug ich Schuhe zum Einkauf. Die Verkäuferinnen schauten mich ziemlich fragend an, als ich mit Schuhen den Laden betrag, weil es für sie normal ist, daß ich barfuß auflaufe.
Habe bislang fast nur positive Reaktionen bezüglich meines Barfußdaseins bekommen. Vielleicht trauen sich potentielle Kritiker auch nicht.
Gruß und Fuß,

Descalzar,
der jetzt ganz selbstverständlich barfuß zum Fonsstock-festival (Punk, Ska) an den Weserstrand geht.Ohne auf irgendwelche Reaktionen zu warten...

Deprimierendes Forum

bix, Stammposter, Friday, 21.07.2006, 10:57 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

Ich habe mir im Archiv mal die Beiträge aus den "Gründerjahren" des Forums (3. Juli 1998) angeschaut und mit den gegenwärtigen verglichen. Während damals jeder Beitrag vor Begeisterung für das "Hobby" Barfuß nur so sprudelte, scheint heute jeder zweite Beitrag schlechte Stimmung zu verbreiten.

Ganz so unrecht - denke ich - hast Du nicht. Einige lassen hier nach wie vor unqualifizierte Bemerkungen ab oder respektieren die Meinung Anderer nicht. Aber es ist seit dem Winter schon wieder viel friedlicher geworden ;-)

Deprimierendes Forum

Mark, Friday, 21.07.2006, 11:48 (vor 6705 Tagen) @ bix

Ich habe mir im Archiv mal die Beiträge aus den "Gründerjahren" des Forums (3. Juli 1998) angeschaut und mit den gegenwärtigen verglichen. Während damals jeder Beitrag vor Begeisterung für das "Hobby" Barfuß nur so sprudelte, scheint heute jeder zweite Beitrag schlechte Stimmung zu verbreiten.

Stimmt, da hast Du recht.
Doch es gibt nicht nur gutes auf der Welt.
Vor einigen Wochen kam eine neue kostelose Abend-Zeitung in der Schweiz heraus. Sie nennt sich "Heute". Ziel der Zeitung war es, nur positive Meldungen abzudrucken. Dieses Ziel wurde aber bei weitem nicht erreicht. Nicht dass es nicht genügend Positives zu melden gäbe. Aber die Leser wollten dies nicht. So werden nun auch tagesaktuelle negative Berichte gebracht.

Anbei noch ein positiver Bericht (inkl. Barfuss) aus Heute:

Keine Lego, keine Bauklötze und auch keine Puppen. Zufikons Kindergärtler mussten für eine Woche auf jegliches Spielzeug verzichten. Doch das Alternativprogramm liess sich sehen: Sie plantschten im Lehm rum, balancierten auf Tonnen, schaukelten in Hängematten.

Das Spezialprogramm hatte einen Grund: Die Kindergärtnerinnen in Zufikon hatten sich entschlossen, eine Projektwoche zum Thema Bewegung und Wahrnehmung durchzuführen. Bewegung ist nämlich nicht nur für ein ausgewogenes Körpergewicht von Bedeutung. Bewegen bedeutet auch, sich zu spüren, beim Rennen, Drehen, Balancieren oder Ziehen. «Bewegung und Wahrnehmung sind die Grundlage für kindliches Handeln, Spielen und Lernen», weiss die freischaffende Ergotherapeutin Mona Wipfli. Sie hat das Projekt in Zufikons Kindergärten fachlich begleitet und auch für die Eltern ein Referat gehalten. Die eigenen Sinneswahrnehmungen richtig zu sortieren und einzuordnen, ist von elementarer Bedeutung für das spätere Lernen, die gesunde Sprach- und Intelligenzentwicklung. Von grosser Wichtigkeit sind das Spüren, der Tastsinn, wie auch der Gleichgewichtssinn, die beide in der Bewegung angesprochen und geschult werden.

Grundlegendes fehlt

Dass aber viele Kinder heute unter einem latenten Bewegungsmangel leiden, ist bekannt. Nicht ohne Folgen für ihre Sinnesschulungen und Koordinationsfähigkeiten. Wie viele ihrer Kolleginnen in der ganzen Schweiz stellten auch Zufikons Kindergärtnerinnen in ihrem Alltag vermehrt Defizite bei den Kindern fest. «Es fehlt oft am Grundlegenden», weiss Petra Gepp, Lehrkraft am Regelkindergarten. «Die Kinder können ihre Kraft nicht richtig dosieren und beispielsweise den Farmerstängel oder die Glace nicht selber auspacken.» Und hier beabsichtigten die Kindergärtnerinnen, einen Akzent zu setzen. «In dieser Woche wollten wir vor allem den Tastsinn und das Gleichgewicht üben. Wir wollten auch die Eltern sensibilisieren und ihnen Mut machen», sagte Andrea Müller, Leiterin des Sprachheilkindergartens. Tatsächlich braucht es nicht viel, um Kindern eine Vielfalt von Sinneswahrnehmungen zu ermöglichen. Im Freien übten sie die grobmotorischen Fähigkeiten. Die Kinder balancierten über Tonnen, fuhren Pedalo. Auf grosse Begeisterung stiess das Lehmloch, da liess sich so richtig rumtollen. Und den Lehm spürten die Kinder auf der Haut, als sie sich von ihren Kollegen «eincremen» liessen. Eine etwas extremere Sinneserfahrung war dann das Abspritzen mit dem kalten Wasser aus dem Gartenschlauch.

Mit Zehen Zeitungen zerknüllen

Die Übungen waren oft einfach gestaltet. «Wir haben mit den Füssen versucht, Zeitungen zusammenzuknüllen», erzählte Andrea Müller. Während der ganzen Projektwoche waren Schuhe oder Finken tabu. Sowohl Lehrerinnen als auch Kinder gingen nur barfuss - egal bei welchem Wetter. Auch mit Handcreme haben die Kinder experimentiert. «Einen dosierten Tupf auf den Finger zu bekommen war für einige schwierig», beobachtete die Kindergärtnerin.

Zentral in der Projektwoche war ein Bewegungs-Parcours, den die Lehrkräfte in der Turnhalle einrichteten. Auch dort ging es an den verschiedenen Posten darum, dass die Kinder lernen, sich durch die Bewegung selber zu spüren und so ihre koordinativen Fähigkeiten auszubilden. Und es machte ihnen Spass. Sie lernten, dass es gar nicht einfach ist, die Balance auf einer Matte zu halten, wenn darunter lauter Bälle liegen. Auch die Übung am Barren war für einige der Kinder nicht so leicht. Die Eltern waren ebenfalls zu diesem Parcours eingeladen. Und auch sie zeigten sich begeistert von der Initiative der Kindergärtnerinnen. «Ich finde diese Woche sehr positiv», meinte Ancolette Schrago, deren Sohn David die Barrenübung locker meisterte. «Es ist vor allem schön, dass Kinder in dieser Woche auch mit anderen Kindern in Kontakt kommen.» Auch Emilys Vater Carsten Grabner zeigte sich hoch erfreut. «Ich finde es sehr spannend, die Kinder haben viel Spass.» Er selber bereute es offensichtlich nicht, seine Termine am Donnerstag kurzfristig umgestellt zu haben, um seine Tochter in die Turnhalle begleiten zu können.

tipps für zuHause

Es braucht nicht viel, um die Bewegung der Kinder zu fördern. Grundsätzlich geht es darum, sie zum Bewegen zu ermuntern und ihnen die Bewegung auch zu ermöglichen. Das kann, muss aber nicht immer im Freien stattfinden. Hier ein paar einfache Tipps:

1. Kinder sollen die Möglichkeit haben, barfuss[100] zu gehen auf allen möglichen Unterlagen: im Sand, auf Teer, im Wald oder auf Kies. So lernen sie auch über die Füsse zu spüren und können ihre Zehen freier bewegen, vielleicht sogar mit ihnen greifen.

2. Der Haushalt bietet eine Vielfalt von Bewegungsmöglichkeiten, die gerade für die Feinmotorik, die Koordination und den Tastsinn von Bedeutung sind. Kinder sollen mithelfen können. Beim Apfelschälen beispielsweise lernen sie, die Kraft zu dosieren, eine Drehbewegung und eine Bewegung nach unten gleichzeitig auszuführen. Auch das Zusammenwischen mit Besen und Schaufel schult die Koordination beider Hände.

3. Wichtig ist auch, den Kindern einen Raum zu bieten, wo sie ihren Bewegungsdrang ausleben können, wenn das Spiel draussen nicht möglich ist. Dazu ist nicht viel notwendig. Auf einer alten Matratze lässt sich hervorragend herumspringen. Mit alten Wolldecken und Teppichresten lassen sich tolle «Häuser» bauen, in die man reinkriechen kann.

4. Kinder profitieren vom Kontakt mit der Natur. Dort lassen sich alle Bewegungs- und Sinnesbereiche bestens stimulieren. Kinder sollen auf Baumstämmen balancieren, auf Bäume klettern und Hänge hinunterrollen. Dabei erfahren sie, wie sich Heu oder Gestrüpp anfühlen.

Interessant!

Lorenz, Stammposter, Friday, 21.07.2006, 21:31 (vor 6704 Tagen) @ Mark

Hallo Mark,

Die Übungen waren oft einfach gestaltet. «Wir haben mit den Füssen versucht, Zeitungen zusammenzuknüllen», erzählte Andrea Müller. Während der ganzen Projektwoche waren Schuhe oder Finken tabu. Sowohl Lehrerinnen als auch Kinder gingen nur barfuss - egal bei welchem Wetter.

Danke für den Artikel! Das ist wirklich zur Nachahmung zu empfehlen. Solche sensomotorischen Übungen sind heute ein anerkanntes Mittel, um die Kinder zu fördern. Toll, dass die Lehrerinnen bei diesem Projekt mit gutem Beispiel vorangegangen sind! Denn ohne Vorblid geht nichts in der Erziehung.

Barfüßige Grüße von Lorenz

Guter artikel, aber: Finken verboten?

Hippie, Stammposter, Saturday, 22.07.2006, 09:29 (vor 6704 Tagen) @ Mark

Hallo, Mark!

Ein sehr guter Artikel. Den sollten mal die Kindergärtnerinnen lesen, die den ihnen anvertrauten Kindern das barfußlaufen verbieten.
Eins verstehe ich allerdings nicht. Da steht, dass Finken tabu waren. Den Begriff kenne ich nur als Sammelbegriff für verschiedene Singvogelarten. Ich glaube aber nicht, dass da irgendwie die Vogelögrippehysterie mit reinspielt. Kannst du mir die schweizerdeutsche bedeutung erklären?

Der Hippie

Guter artikel, aber: Finken verboten?

Ralf RSK, Stammposter, Saturday, 22.07.2006, 11:04 (vor 6704 Tagen) @ Hippie

Hi,

gemeint sind Hausschuhe.

Gruß, Ralf

Deprimierendes Forum

Wolli, Stammposter, Friday, 21.07.2006, 16:36 (vor 6704 Tagen) @ bix

Hallo Bix,

ja das stimmt und Du bist ja auch zum Glück weiterhin eiserne Schreiberin hier im Forum, obwohl Du ja auch zeitweise Abwanderungstendenzen hattest. Danke, denn Deine Beiträge sind sehr erfrischend und tragen zu einem friedvollen Forum bei!

Viele Grüße

Wolli

Deprimierendes Forum

Descalzar, Friday, 21.07.2006, 14:16 (vor 6705 Tagen) @ Ralf

..die Deutschen sind eben ein Volk von Bedenkenträgern. Lieber malen sie sich Horrorszenarien aus oder lassen sich von der Umgebung (Eltern, Kollegen, Nachbarn, vereinskameraden)beeinflussen, als sich selbst Gedanken über den Lauf der Dinge zu machen.
Amüsiert nehme ich zur Kenntnis, daß in diesem Sommer fast jeder Flip-Flops trägt.
Als ich vor 20 Jahren diese Dinger im Sommer immer trug, amüsierte sich ein jeder drüber. Lieber schleppten sie häßliche "Adiletten" oder Birkenstocks mit sich rum.
Selbst im letzten Jahr noch sprach mich ein Kollege ob der komischen Badelatschen an, die doch bestimmt zwischen den Zehen sehr wehtun...
Kopfschüttelnd,

descalzar

Deprimierendes Forum

Hans H. (Großraum N), Friday, 21.07.2006, 15:46 (vor 6704 Tagen) @ Ralf

High-Heels-tragende Heidis auf dem Afghanenstrich, mit Sneakers um brennende Mülltonnen tanzende Geißenpeter, explodierende Glasdächer, gefährliche Ameisen, Krankenhaus nach Mittelalterspektakel ---

... Beiträge über deprimierte Foren ...

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