Reise zum Rheinsteig (1.Tag) (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Sunday, 16.07.2006, 21:42 (vor 6709 Tagen)

Hallo

Entgegen meiner Absicht mich bereits am Donnerstag auf den Weg ins ferne Rheinland zu machen und an zwei Tagen reichlich Gegend auf dem Weg dorthin zu erkunden, ergab es sich schließlich, dass ich am Donnerstag noch zu Hause bleiben musste und erst am Freitag den 7. Juli startete. Ich war fest entschlossen eine Woche ohne Schuhe zu verbringen, bzw. sie zumindest nicht zu tragen. Meine Sandalen lagen noch seit dem letzten Feierabend hinten im Auto, wo ich sie auch lies. Ich war also nicht "echt barfuß" unterwegs, aber wozu hätte ich sie extra rausnehmen sollen?
Auf der Autobahn fuhr ich dann zunächst nonstop bis Rinteln, deren ganz hübsche, aber nicht weltbewegende Altstadt ich mir allerdings schon vor ein paar Jahren mal ansah. Statt dessen suchte ich am südlichen Stadtrand den Endpunkt der Extertalbahn auf und unterhielt mich dort kurz mit jemandem, der dort für den Verleih von Fahrraddraisinen zuständig ist. Trotz des geschotterten Bodens interessierte er sich aber nicht für meine Füße, sondern erzählte mir, dass auf der Bahn aus den Fahrraddraisinen leider nichts mehr fährt. Auch die hier noch vorhandene Oberleitung ist funktionslos und an vielen Stellen nicht mehr vorhanden.
Ich folgte dann dem Extertal, fotografierte an verschiedensten Stellen die Bahn.
Im ansonsten eher uninteressanten Barntrup liegt das Gleis der Extertalbahn überraschend weit vom Bahnhof entfernt. Dazwischen lagen nämlich einst die Gleise der Strecke Bielefeld - Hameln, heute befinden sich dort sehr barfußfreundliche Parkplätze.
Anschließend fuhr ich nach Lügde, einer sehr hübschen kleinen Stadt mit fast vollständiger Stadtmauer, Türmen, altem Kopfsteinpflaster, vielen Fachwerkhäusern und einem dazu völlig unpassenden Rathaus im Stil der 60er Jahre. Die Brücke über die Emmer war abgerissen und durch eine provisorische Holzbrücke ersetzt worden, auf der ein geradezu perfekt barfußfreundlicher grüner Teppichboden lag!
Von Lügde fuhr ich weiter nach Schwallenberg, einer wunderschönen malerischen Stadt mit vielen Fachwerkhäusern, angenehmem Kopfsteinpflaster, einem Fachwerkrathaus von 1579 mit vielen schönen Details und Inschriften und einer Burg, die aber keinen Abstecher lohnt. Die Burg beinhaltet ein Hotel, von dem aus man sicher einen beeindruckenden Blick genießen könnte, aber wer dort kein Gast ist, bleibt auf dem Hof und sieht nichts. Nur vom etwas vorgelagerten Parkplatz aus kann in einer Richtung ein Blick in die Ferne genossen werden. Der Weg auf dem rauen Asphalt zur Burg war überflüssig.
Weiter führte mich mein Weg nach Blomberg, das ich durch das historisch Niedere Tor, dem einzigen noch erhaltenen Stadttor im Fürstentum Lippe, erreichte. Der hübsche Marktplatz wurde durch ein schönes Rathaus von 1587 geschmückt, aber all zu sehr konnte mich die Stadt nicht begeistern. Die Burg war nicht zugänglich nur der wenig interessante Burghof konnte erreicht werden.
Da meine Armbanduhr stehen geblieben war, dachte ich noch genügend Zeit zu haben, um mir noch Lemgo und Detmold anzusehen. Als ich diesen Fehler bemerkte beschloss ich Lemgo später mal nachzuholen und schnell nach Detmold zu eilen. Dort ging ich dann, barfüßig wie ich war, in ein menschenleeres Juweliergeschäft, um nach einer neuen Batterie zu fragen. Da ich befürchtete in so edler Umgebung vielleicht Probleme wegen nackter Füße zu bekommen, ging ich recht flott an den Tresen, in der Hoffnung ein nach vorne kommender Verkäufer würde sie dadurch nicht sehen. Der Verkäufer südländischer Herkunft, kam dann aber von der Straße, nachdem ich nichtsahnend an ihm vorbeilief. Probleme bereitete er mir nicht, sondern baute mir freundlicherweise die neue Batterie auch gleich ein.
Detmold, dass auch einmal eine Straßenbahn hatte, ist eine sehr hübsche Stadt mit ausgedehnter Fußgängerzone, einem schönen Park am Schloss, malerischen Teichen und Fließgewässern, zahlreichen Fachwerkhäusern und einem klassizistischen Rathaus. Das fürstliche Residenzschloss von 1548/57, das als stilprägender Bau der Weserrenaissance gilt, konnte ich allerdings nicht mehr besichtigen.
Die unbedingt sehenswerten Externsteine, sowie das Hermannsdenkmal in der Umgebung kannte ich bereits, so dass ich darauf verzichten konnte. Von den Externsteinen weiß ich aber noch, dass sie durchaus gut barfuß zu bewältigen sind. Als ich am 5. Juli 1999 dort war, sah ich dort sogar ein mir unbekanntes Pärchen barfuß herumlaufen.
Da mich Eva abends erwartete und ich es nicht zu spät werden lassen wollte, fuhr ich dann bei Bielefeld auf die Autobahn und auf dem schnellsten Weg nach Siegburg. Ich fand auch sofort ihre Adresse, wurde herzlich empfangen, Leo kochte bereits das Abendessen, wir plauderten, aßen und freuten uns auf die Wanderung am nächsten Tag. Ein wunderschöner Abend in geselliger Runde ging zu Ende.

Fortsetzung folgt ...

Reise zum Rheinsteig (1.Tag)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 18.07.2006, 11:00 (vor 6708 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Ulrich,

dieser Beitrag erinnert mich an meinen ersten "Ausbruch", der vielleicht noch größer war als mein Entscheid, nicht zu jeder Zeit an jedem Ort Schuhe zu tragen. Es war zu Pfingsten 1981, ich war Student in Oldenburg. Wie es sich für einen "braven" Studenten üblich war, sollte ich eigentlich zu meinen Eltern mit dem Zug nach Hause fahren. Ich aber schwang mich aufs Fahrrad und radelte los, OHNE meine Eltern zu informieren. Barfuß war ich natürlich nicht, aber immerhin besaß ich den "Mut", in Turnschuhen ohne Socken zu fahren. Morgens war es zum Tragen von kurzen Hosen noch zu kalt, einen Schlafsack besaß ich auch noch nicht. Tagsüber wurde es recht heiß, so daß ich statt in langen Jeans nur in einer Turnhose weiterradelte, war mir peinlich!

Über Meppen, Lingen Quakenbrück radelte ich bis Wallenhorst, wo ich mit Regenjacke, langen Jeans und Schuhen einfach so im Wald übernachtete, wobei ich mir den A....... und vor allem fast die Zehen abfror, wegen der fehlenden Socken?

Am nächsten Morgen war ich in Osnabrück, diese Stadt faszinierte mich. Gegen Mittag war ich in Bielefeld, am Nachmittag war ich in Hameln, am Abend in Rinteln, wo ich wieder übernachtete.

Von dem, was Du hier beschrieben hast:

"Auf der Autobahn fuhr ich dann zunächst nonstop bis Rinteln, deren ganz hübsche, aber nicht weltbewegende Altstadt ich mir allerdings schon vor ein paar Jahren mal ansah. Statt dessen suchte ich am südlichen Stadtrand den Endpunkt der Extertalbahn auf und unterhielt mich dort kurz mit jemandem, der dort für den Verleih von Fahrraddraisinen zuständig ist. Trotz des geschotterten Bodens interessierte er sich aber nicht für meine Füße, sondern erzählte mir, dass auf der Bahn aus den Fahrraddraisinen leider nichts mehr fährt. Auch die hier noch vorhandene Oberleitung ist funktionslos und an vielen Stellen nicht mehr vorhanden.
Ich folgte dann dem Extertal, fotografierte an verschiedensten Stellen die Bahn.
Im ansonsten eher uninteressanten Barntrup liegt das Gleis der Extertalbahn überraschend weit vom Bahnhof entfernt. Dazwischen lagen nämlich einst die Gleise der Strecke Bielefeld - Hameln, heute befinden sich dort sehr barfußfreundliche Parkplätze."

habe ich nicht allzu viel mitbekommen. Zwar kam ich durch den Marktflecken Barntrup, aber von der Extertalbahn, die im Laufe der Zeit schon mehrfach von "Oberleitungsdieben" heimgesucht wurde, wußte ich damals nichts. ich wunderte mich nur über die "Phanthasielosigkeit". Es gab ein "ExteRtal", eine Ortschaft "ExteN" bei Rinteln, und ziemlich weit entfernt davon die "Externsteine", die ich auf dieser Tour nicht berührte, wohl aber auf einer spätern (leider nicht barfuß). Waren die Externsteine [image] nicht einmal mit einer Straßenbahn von Detmold zu erreichen?

Am dritten Tag radelte ich über Minden, Stolzenau, Thedinghausen und Delmenhorst zurück nach Oldenburg. Die Folgen waren "verheerend": Ich hatte einen schlimmen Sonnenbrand bekommen, meine Füße waren geschwollen, von den Turnschuhen blau gefärbt und oberhalb der Knöchel wundgescheuert und entzündet, von den Hosenklammern(!). Daß auch noch meine Eltern extra nach Oldenburg gekommen waren, um nach dem rechten zu sehen, habe ich bei meiner Ankunft nicht einmal als störend empfunden, so erschöpft war ich. Sie glauben übrigens noch heute, daß ich ihnen eine Postkarte geschickt habe, daß ich zu Pfingsten nicht kommen würde. Diese Postakarte sei nie angekommen.

Aus dieser Tour habe ich Lehren gezogen: Bei weiteren Radtouren, zumindest im Sommer, trug ich möglichst kurze Hosen. Weiterhin kaufte ich mir einen Schlafsack, den ich noch heute besitze, auch wenn das beste schon runter ist (was selbst Polizisten festgestellt hatten, als ich mal barfuß war und kontrolliert wurde). Auch letztlich am Rheinsteig hatte ich diesen dabei. Ich besitze übrigens auch einen "Vorzeigeschlafsack", den ich jedoch nur benutze, wenn ich in Unterkünften, wo auch andere Leute sind, übernachte. Aber das natürlichste, nämlich auch beim Radfahren gleich auf Schuhe zu verzichten, bin ich erst viel später durch dieses Forum gekommen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Reise zum Rheinsteig (1.Tag)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Tuesday, 18.07.2006, 20:54 (vor 6707 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

Vielen Dank, dass Du auch Deine Erinnernungen an diese Gegend eingebracht hast. Ich finde es auch interessant, dass Du vielfach die gleichen Eindrücke von der Schönheit oder auch der mangelnden Schönheit unterschiedlicher Orte hattest.

Am nächsten Morgen war ich in Osnabrück, diese Stadt faszinierte mich.

In Osnabrück war ich im Frühling 2002 mal. damals war ich aber nur ein Sommerbarfüßer und dort deshalb noch beschuht. :-( Die Stadt fand ich ebenfalls interessant, aber nur teilweise beeindruckend. Dort ist leider viel von der historischen Bausubstanz verloren gegangen, aber nicht alles. Insbesondere das Stadttor im Südwesten der Altstadt, dessen Name mir jetzt nicht einfällt, fand ich sehr sehenswert, da man dort nicht nur hindurch, sondern auf einem bequemen Weg auch oben rüber gehen kann. Unmittelbar dahinter gab es auch ein sehr hübsches altes Stadtgebiet. Insbesondere den Bahnhof mit seinen zwei Etagen fand ich auch interessant. Heute würde ich mir das natürlich alles barfuß ansehen. Schade, dass ich es damals nicht tat, aber da kannte ich auch dieses Forum noch nicht.

Gegen Mittag war ich in Bielefeld, ...

Bielefeld wollte ich mir eigentlich auch noch ansehen, hatte dazu aber keine Zeit mehr.

... am Nachmittag war ich in Hameln, am Abend in Rinteln, wo ich wieder übernachtete.

Hameln habe ich eher unangenehm in Erinnerung. Ich meine, da war ein sehr unebener Boden üblich. Das ist allerdings fast auf den Tag genau zehn Jahre her. Vielleicht war ich da auch noch nicht trainiert genug.

Zwar kam ich durch den Marktflecken Barntrup, aber von der Extertalbahn, die im Laufe der Zeit schon mehrfach von "Oberleitungsdieben" heimgesucht wurde, wußte ich damals nichts.

Das ist schade. Damals gabe es dort noch uralte Elektrolokomotiven, die ich gerne mal erlebt hätte. Die gibt es zwar immernoch, aber ohne Oberleitung stehen die nur rum.

Waren die Externsteine nicht einmal mit einer Straßenbahn von Detmold zu erreichen?

Ja! Es gab sogar eine durchgehende Linie von Paderborn nach Detmold, die im Verlauf der alten Reichsstraße 1 mitten zwischen den Externsteinen hindurch fuhr. 1935 wurden dann die Externsteine zum Naturschutzgebiet erklärt und Reichsstraße und Straßenbahn verlegt. Bis 1941 konnte man dann noch von Horn aus mit einem Pendelwagen zu den Externsteinen fahren. Die südlichere Trasse wurde noch bis 1953 von der Straßenbahn befahren. 1954 war in Detmold und 1963 in Paderborn Schluss mit der Tram.

Viele Grüße

Ulrich

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