"Nachwehen" des Barfußtreffens (Hobby? Barfuß! 2)
Sonntag, 9.7.2006, ca 16 Uhr in Siegburg: Auch der 2. Teil der Barfußwanderung war erledigt. Die "letzten Mohikaner" verteilten sich in alle Himmelsrichtungen, Guenther mit dem Zug nach Köln, Eva mit dem Auto nach Hause, und ich? Mit dem Zug in Richtung Zofingen? Nein! Mein Zug fuhr erst am nächsten Tag. Zwar hatte ich genug vom barfuß LAUFEN, aber nicht von barfuß SEIN. Zunächst hatte ich aber das Bedürfnis nach einem ruhigen und schattigen Plätzchen, das fand ich am Ufer der Sieg. Vermutlich war ich auch eingeschlafen, aber ich bekam mit, daß eine radelnde Familie unterwegs war und der Junge barfuß fuhr. Auch ein Mädchen, das mit Eltern und Hund unterwegs war, ging barfuß über den asphaltierten Weg.
Stunden später bezog es sich, ich verließ das Ufer, ging in die Stadt. In der barfußfreundlichen Fußgängerzone kam plötzlich eine "Bullenschleuder" mit Blaulicht um die Ecke geschossen und hätte mich beinahe angefahren. Sicherlich nicht, weil ich barfuß war oder in kurzen Hosen unterwegs war, sondern aus reiner Unachtsamkeit. Ich konnte es mir nicht verkneifen, ein lautes "Arschlöcher" hinterher zu schreien.
Kurze Zeit später ging ich an einer Familie vermutlich südländischer Herkunft vor. Der Sohn zeigte auf mich und sagte: "Barfuß, ihhhhhhh!" Ersteres stimmte vollumfänglich, letzteres absolut nicht. Auf der Stadtwanderung kam ich auch am ehemaligen Bahnhof "Siegburg Nord" vorbei. Anstelle der Gleis (in Richtung Lohmar) gab es hier jetzt einen Radweg. Gerne wäre ich nun barfuß mit dem Velo hier gefahren, aber meins stand ja am Zofinger Bahnhof.
Markantes Zeichen Siegburgs ist zweifellos die hochgelegene Abtei Michaelberg . Dieser Berg ist verantwortlich dafür, daß Autos (und früher Züge auf der eben erwähnten Bahn) einen ziemlichen Bogen fahren müssen/mußten. Ich wollte zwar nicht ins Gebäude, aber wenigstens eine Bank, wo ich was verzehren konnte. Mühsam würgte ich die Kekse runter, aber Flüssigkeit wurde ich mehr los als mir ursprünglich lieb war. Meine Füße waren geschwollen, daher mußte ich mich später beim Abstieg am Geländer abstützen. Nach Einbruch der Dunkelheit machte ich noch einen Rundgang durch die (wegen Fußball?) vergleichsweise leere Stadt. Aber wenigsten ein Kind lief barfuß übers Pflaster, während die Mutter die leere Kinderkarre schob.
Einen Schlafplatz fand ich am Ufer der Sieg. Kein "Muckebicke-muckebicke" vorbeifahrender Schiffe. Auch kam mir kein Gedanke, daß die vielen Hochspannungsleitungen für Elektrosmog sorgen könnten. Wohl aber fiel mir gerade jetzt ein, daß mich als Kind Hochspannungsmasten interessierten. Hat zwar mit barfuß nichts zu tun, aber wenn auf einem Barfußtreffen die Rede von faszinierenden Sirenen die Rede war, sei dieser nicht ganz georgkonforme Hintergedanke doch gestattet.
Morgens bezog sich es wieder. Ich ging wieder durch die Stadt Siegburg. Zunächst einmal wollte ich meine Wasservorräte ergänzen. Die Brunnen am Bahnhof und in der Fußgängerzone enthielten kein Trinkwasser, bei der Gelegenheit entdeckte ich aber den kläglichen Rest der alten Stadtmauer in einer winzigen Parkanlage. Fündig wurde ich schließlich am Nordfriedhof. nahe dem Eingang fand ich auch eine gebührenfreie Toilette, die selbst der pingeligste Barfüßer ohne Ekel benutzen würde.
Ich wanderte zurück zum Siegufer, wo ich etliche Stunden mit Baden verbringen würde (es war sonnig geworden). Ich war nicht der einzige, der sich im vergleichsweise flachen Gewässer aufhielt. Das Wasser war herrlich frisch. Vermutlich wegen der Steine gingen aber etliche Leute mit Schuhen ins Wasser, meist speziellen Badeschuhen. Am liebsten wäre ich noch länger geblieben, aber um 17.12 Uhr ging mein Zug.
Der Asphalt kam mir recht heiß vor, beim Warten auf den leicht verspäteten Zug stellte ich mich auf dem Bahnsteig nicht ganz zufällig dorthin, wo Schatten war. Auch eine Frau kam zum Bahnhof, ging an mir vorbei und wartete ebenfalls im Schatten. Ohne zu zögern, schlüpfte sie aus ihren Schuhen, die meiner Meinung nach eher Schuhe der bequemeren Sorte waren. Als der Zug kam, zog sie ihre Schuhe wieder an, um sie am reservierten Platz (nicht weit von dem meinigen) sofort wieder auszuziehen, noch bevor sie das Gepäck auf die Ablage gelegt hatte. In Mannheim verließ sie, wieder mit Schuhen, den ICE.
Ich genoß die Bahnfahrt, in Basel wechselte ich in einen Doppelstöcker, der mich nach Zofingen brachte. Als ich dort den Zug verließ und die Bahnhofsunterführung erreichte, kam mir eine Familie entgegen, die kleine Tochter lief barfuß. Und das im sonst so prüden und spießigen Zofingen, ca. 130 Meter vom Posten der Stadtpolizei und ca. 120 Meter vom Posten der Kantonspolizei entfernt. Es gibt doch noch Wunder! Noch einen Kilometer mit dem Fahrrad, ich war zu Hause. Vier komplett barfüßige Tage lagen hinter mir. Und ein zwar zeitweise anstrengendes Barfußtreffen, bei dem ich etliche nette Leute kennen gelernt oder wiedergetroffen habe. Alles real existierende Barfüßer, keine Trolle, Faker usw. Besonderer Dank gilt dabei Eva, die keine Mühe gescheut hatte, das ganze zu organisieren.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen