Barfußwanderung am Ufer der Sieg (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 12.07.2006, 13:02 (vor 6714 Tagen)

Freitag, 7.7.2006: Kinderfest in Zofingen, arbeitsfreier Tag für mich, Reisetag. Vier komplett barfüßige Tage standen mir bevor, denn ich wollte an der von Eva angebotenen Rheinsteigwanderung teilnehmen. Im voluminösen Rucksack war Platz für den Schlafsack, Plastikfolien als Schutz vor allfälligem Regen beim Übernachten im Freien, Regenjacke, Getränke, Kekse, Badekleidung, Fotoapparat, Brillenputzmittel. Sogar an Schere, Pinzette und Pflaster hatte ich gedacht. Für Schuhe war allerdings kein Platz mehr, und nicht etwa weil ich mich ich ein Anhänger des "Ratinger Gesetzbuches" bin, in dem die Unterscheidung in verschiedenen Echtheitskategorien mit orthodoxer Schärfe verankert ist. So einer bin ich nicht. Ich habe mir nur deswegen angewöhnt, Schuhe nicht mitzunehmen, um bei allfälligen Kontrollen durch Gesetzeshüter, die beim Durchschnüffeln des Gepäcks auf Schuhe stoßen könnten, mich dazu nötigen würden, die Schuhe anzuziehen. Wenn ich das nicht tue (oder es tue, sie aber bei nächster Gelegenheit wieder ausziehen würde und erneut in die "Falle" gerate, dann könnte man mich wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt" belangen. Die Wahrscheinlichkeit, daß mir die Beamten Schuhe leihen würden, ist dagegen geringer.

Kurz nach 6 Uhr verließ der Zug Zofingen, umsteigen in Basel in den ICE. Kein Schaffner nahm zu meinen Füßen Stellung, von der nicht übermäßig beliebten Bundespolizei ließ sich keiner blicken. So kam ich kurz vor 11 Uhr heil in Siegburg an. Der moderne Bahnhof Siegburg-Bonn mit den roten Bodenplatten war angenehm barfuß begehbar, auch faszinierte mich der unterirdische Bahnsteig der Stadtbahn [image] via Bonn nach Bad Honnef, vor allem die Wasserspiele parallel zur Treppe.

Da es noch relativ früh war, entschloß ich mich, eine längere Wanderung in Angriff zu nehmen. Ich folgte den Bahngleisen in Richtung Troisdorf auf einer Parallelstraße, um schließlich die Agger zu überqueren. Es war sonnig und recht schwül, so daß ich bereits bald mein einziges T-Shirt (das was ich dabei hatte, nicht überhaupt) im Rucksack versenken mußte. Ich folgte der Agger zur Mündung in die Sieg, dann folgte ich diesem Fluß, zunächst auf dem asphaltiertem Radweg, dann aber auf einem grasigem Trampelpfad direkt am Flußufer. Einige Kinder mit Schlauchbooten waren unterwegs.
Alle waren mit Schwimmwesten ausgerüstet, und mit Schuhen, was bei dem recht flachen Gewässer mit den Steinen sicher nicht das allerverkehrteste ist. Den Kindern schien es zu gefallen, einige stiegen auch mal über Bord, um sich abzukühlen. Paradoxerweise waren es nicht die Kinder in Badekleidung, die sich im Wasser aufhielten, sondern diejenigen, die wärmer angezogen waren. Was heißt hier paradox? Gerade wenn man dicker vermummt ist, ist der Drang nach Abkühlung größer. Die Kinder setzten sich einfach über das "Gesetz" hinweg, daß man mit "normaler" Kleidung nicht ins Wasser geht.

Ich erreichte einen See, in dem das Baden verboten war und wo vor angriffigen Schwänen gewarnt wurde. Ich sah aber keine Schwäne, nur Gänse. Es wurde immer heißer, der nackte Erdboden war nirgends mehr feucht, sondern knochentrocken. Dann folgten wieder Asphaltwege. Ich näherte mich immer mehr der Siegmündung in den Rhein, kam zur Personen-Radfahrer-Fähre über die Sieg. Aber noch wollte ich nicht rüber. Durch schöne, bei dieser Witterung leider stark "verbrähmte" Landschaft wanderte ich in Richtung Rhein. Hier fand ich ein Plätzchen. Da Rheinufer war steinig und voll von Unrat, auch Scherben. Zum Baden lud das Wasser hier nicht ein, ich beschränkte mich darauf, durch das Wasser zu waten. Ich beobachtete die Schiffe, die vorüberzogen. Auch verkehrte in der Nähe eine Rheinfähre. Obwohl ich zuletzt kurz vor meiner Abreise zu Hause etwas gegessen hatte, verspürte ich weder Hunger noch Durst. oder war es nur die Befürchtung, die Vorräte würden mir ausgehen bevor ich die Möglichkeit hatte, an Nachschub heranzukommen?

Leider frischte der Wind stark auf, und bald setzte auch noch Regen ein. Darum verließ ich das Rheinufer und ging zurück. Allzu stark wurde der Regen aber nicht. Meine Hoffnung, die Wege würden matschiger werden, erfüllten sich nicht. Eine junge Mutter, die in ihrem Kinderwagen ein barfüßiges Kind spazieren führte und mir entgegen, hatte es eilig, offensichtlich wegen fehlender Regenkleidung. Da der Weg hier relativ schmal war, ging ich zwischen zwei Büsche, damit sie ungehindert an mir vorbei konnte. Die Flipflops schienen ihr wohl etwas lästig zu sein. Als sie mich sah, zog sie die Schlappen aus, machte aber nur ein paar Schritte und zog sie wieder an. War wohl doch nicht so angenehm, wie sie sich das vorgestellt hatte.

ich überquerte die Sieg nicht via Siegfähre, sondern wählte den kürzeren Weg über die viel befahrene "Straßenbrücke". Der Belag des Trottoirs kam mir nicht allzu barfußfreundlich vor. Die Brücke ist lang, da sie nicht nur die Sieg überquert, sondern eine ziemlich breite Auenlandschaft, die bei Hochwasser sicher überschwemmt ist. Aber die nächste Rampe war meine, kam zu einem Feldweg, um von diesem über einen Hang, der offensichtlich auch zum Zerschmeißen von Flaschen mißbraucht wurde noch eine Etage tiefer zu gelangen. Hier folgte ein angenehm begehbarer Trampelpfad, dem ich folgte. Vor mir lag die Friedrich-Ebert-Brücke [image], die aufs andere Rheinufer führt. Ich aber folgte dem Radweg, der unter der Brücke hindurch führte in Richtung Süden. Die Gegend war ländlich, aber ich befand mich auf dem Gebiet von Bonn, der ehemaligen Hauptstadt der Bundesreplik Deutschland.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Barfußwanderung am Ufer der Sieg

Andreas (SU), Stammposter, Thursday, 20.07.2006, 19:58 (vor 6705 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael!

Dann bist Du ja sozusagen fast vor meiner Haustür gewandert! Ich hoffe, es hat Dir gefallen. Übrigens hast Du recht: Die Auen unter der Brücke sind bei Hochwasser ein Teil des Rheins und der Sieg, und die Straße führt noch 1-2 Kilometer wie auf einem Damm über einen See, wenn der Pegel richtig hoch steigt.

Viele Grüße vom Rhein,

Andreas (SU)

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