-------------------------------------------- So frei sollen sich die Kinder fühlen dürfen! -------------------------------------

Hallo Daddy,

Anfang August wird sie nun eingeschult - und auch dann will sie barfuß laufen! Ich muß zugeben, daß auch ich größte Bedenken hätte, sie barfuß in die Schule zu schicken, dann wird sie doch bestimmt zur Außenseiterin.

Es ist eigentlich allgemein akzeptiert, dass es gut für Kinder ist, wenn sie möglichst viel barfuß laufen. Andererseits will die Erziehung übliche Verhaltensmaßstäbe durchsetzen, und deshalb lässt man sie trotz erwiesenen Nutzens des Barfußgehens überwiegend mit Schuhen laufen. Mit dem Killerargument "Du wirst Außenseiter" unterdrückt man die Entwicklung individuellen Verhaltens. Das wahre Leben ist ein Kompromiss: als totaler Außenseiter wird man unglücklich, als totaler Anpassling hat man überhaupt keine Freiheit. Also müssen wir unseren Kindern den goldenen Mittelweg zeigen.

M.E. sollte sie zumindest Flip Flops tragen, die kann sie dann ja so oft an und ausziehen, wie sie will. Aber sie morgens schon barfüssig loszuschicken? Die Lehrer würden uns doch wohl für bekloppt halten, oder?

Den Mitschülern ist es in der 1. Klasse ziemlich egal, ob andere Schuhe tragen oder nicht. Es sind die Erwachsenen, die daraus ein Problem machen. Andere Eltern, die vielleicht damit konfrontiert werden, dass ihre Kinder auf einmal auch barfuß laufen wollen, Lehrer die ihre Grundsätze haben, die individuell sehr unterschiedlich sein können.

Was die Lehrer denken, solltet ihr vorher herausfinden! Vereinbart ein Gespräch und tragt vor, dass eure Tochter unbedingt barfuß laufen will, dass ihr glaubt, dass es gut für sie ist. Legt z.B. dazu das Infoblatt vor, das ich unten anlinke und weist darauf hin. wie viel heute für Sinneswahrnehmung getan wird und wie viele Schulklassen Ausflüge zu den inzwischen mehr als 30 deutschen Barfußpfaden machen.

Es macht unbedingt Sinn, eurer Tochter auf jeden Fall Flipflops, bei kälterem Wetter Turnschuhe oder normale Schuhe mitzugeben. Hoffentlich akzeptieren die Lehrer ohne große Konflikte, wenn sie sie nicht anzieht. In der Gruppe treten durchaus Situationen ein, wo barfuß sein ein Nachteil ist -- etwa wenn die anderen über einen Schotterweg rennen und eure Tochter nicht mitkommt. Ich denke, dann würde sie von ganz alleine lernen, dass Schuhe auch mal nützlich sein können und dann ihr Leben lang vernünftig entscheiden können, ob sie welche trägt oder nicht.

Ich kann natürlich nicht vorhersehen, ob die Lehrer diesen liberalen Ansatz übernehmen würden, aber ihr solltet das vorher klären. Wenn sie sich stur gegen das Barfußgehen stellen, müsst ihr das (wider besseres Wissen) an euer Kind weitergeben. Wie war es übrigens im Kindergarten -- durfte sie da barfuß laufen, oder kennt sie von dort auch schon Einschränkungen, die ja leider auch in vielen Kindergärten gemacht werden?

Barfüßige Grüße von Lorenz

Infoblatt Gesundes Leben auf freiem Fuß

Jemanden barfuß EINzuschulen ist aus psychologischen Gründen anzuraten.

Dazu erstmal ein Analogbeispiel:
Wenn ein Schüler, der ewig in einer Klasse ist und mitten im Schuljahr auf einmal eine Brille / Zahnspange / neue Frisur o. ä. trägt, wird er darauf angesprochen, weil es auffällt. Kommt er dagegen als "Neuer" in eine fremde Klasse, fällt er damit nicht auf, weil man ihn nicht anders kennt. Er ist dann "der Neue" und nicht "die Brillenschlange / der Zahnspangenträger / der mit der neuen Frisur".
Ein spezieller Fall ist dann die Einschulung, der Schüler kommt in eine neue Klasse, wo niemand niemanden kennt. Alle denken primär an das Einschulungserlebnis ("das erste Mal im Leben in einer Schule" und die Lehrer "so schaut mein neuer Stundenplan") als an die Eigenschaften irgendeines Schülers.

Das lässt sich natürlich analog auch auf die barfüßige Tochter übertragen.

Hinzu kommt der folgende Faktor: Die Einschulung erfolgt im August, also wo es also ohnehin nicht auffällt, wenn das Kind barfuß ist, noch dazu ist es ein Kleinkind.
Mit der Zeit sieht es jeder als selbstverständlich an, dass die Person barfuß ist. Theoretisch würde das Kind dann auch nicht barfuß im Winter auffallen ("es war ja die ganze Zeit schon barfuß, wieso soll es dann ausgerechnet heute Schuhe anhaben"), ich denke aber, das Kältegefühl wird sie freiwillig zu Schuhen bewegen. Es fällt dann also auf, dass die Tochter auf einmal Schuhe anzieht.

Wenn die Tochter zur Außenseiterin würde (was ich wie Lorenz für unwahrscheinlich halte), würde sie im eigenen Interesse Schuhe anziehen.
(Jemand der wg. Hautfarbe diskriminiert wird, würde am liebsten sich umoperieren lassen zu einem weißen, ein Übergewichtiger strebt eine Diät an, ein armer Schüler versucht bessere Klamotten zu erlangen)

Hallo,
zum Außenseiter wird man, soweit ich das beurteilen kann, wenn man sich gegenüber Anderen nicht durchsetzen kann und eine Opfer-Ausstrahlung hat. Wenn Eure Tochter Euch in der Frage Paroli bietet, dürfte sie für die allermeisten Schulhofstänkerer sowieso zu tough sein. Ich würde vermuten, wenn sie sich barfuß wohlfühlt ist sie selbstbewußter und sicherer als wenn sie zu irgendwas gezwungen wird, sich unwohl fühlt, das dann ausstrahlt - und damit ein "Opfer"-Zeichen mit sich rumträgt...
Übrigens: Wenn ich das so lese denke ich mir Sch...., warum habe ich nicht schon mit 6 die Barfußlauferei angefangen?

PS: Aus Tom Sawyer und Huckleberry Finn ist ja auch was geworden, und die rennen permanent barfuß rum...

Erst einmal vielen Dank an alle für die tollen Hinweise und Ratschläge. Ihr habt uns wirklich weitergeholfen. Am meisten überzeugt hat uns der Beitrag von Hans vom 09.07., denn dass die Einschulung eine einmalige Chance ist, unserer Tochter ein barfüssiges Leben zu ermöglichen, hatten wir bislang noch gar nicht so gesehen.

Wir werden ihr daher erlauben, barfuß zur Einschulung am 09.08. zu gehen und nur darauf bestehen, daß sie anfangs noch Schuhe im Tornister mitnimmt. Wir haben unserer Tochter bislang immer sehr große Entscheidungsfreiheiten eingeräumt und freuen uns jetzt zu sehen, dass sie sich dadurch wesentlich freier und selbstbewußter entwickelt, als wir in diesem Alter. Sie jetzt in die verhassten Schuhe zu zwingen würde ihr sicherlich mehr schaden, als der eine oder andere dumme Spruch von Mitschülern. Das sie damit rechnen muß, haben wir ihr selbstverständlich klar gemacht, aber ich denke, sie weiß sich ganz gut zu wehren. Ich bin übrigens wirklich mal gespannt, wieviele Kinder sie mit der Freude am Barfußlaufen ansteckt. Bei mir hat es jedenfalls schon funktioniert. Wenn schon die Tochter barfuß läuft, traue ich mich jetzt auch häufiger mal ganz barfuß zu laufen.

Leider kann ich die Klassenlehrerin, die auch gleichzeitig Rektorin der Schule ist, jetzt in den Schulferien nicht erreichen, vielleicht klappts ja noch am Montag oder Dienstag vor der Einschulung. Ich werde ihr auf jeden Fall eine Haftungsfreistellung anbieten und glaube nicht, dass es von Seite der Schule dann noch Schwierigkeiten geben wird. Ansonsten werde ich aber natürlich alle Euren guten Argumente aufbieten, damit unsere Tochter wirklich barfuß bleiben kann.

Stress gab es allerdings schon mit den Omas, der darin gipfelte, das die Mutter meiner Frau nicht zur Einschulung kommen wollte, falls das Kind weiter barfuß laufen würde. Ich habe ihr dann ordentlich den Kopf gewaschen, aber für sie scheint Barfußlaufen immer noch ganz was Schlimmes zu sein ("wir waren damals froh, als wir uns wieder Schuhe leisten konnten..."). Na ja, sie findet's zwar weiterhin nicht gut, aber ich glaube sie hat kapiert, das sie die Kleine, die sich natürlich freut, wenn beide Omas kommen, darunter nicht leiden lassen kann.

Im Kindergarten war das ganze für uns nicht so Thema, da sie da ja für den Weg noch Schuhe getragen hat. Dort angekommen, hat sie dann halt nicht wie die anderen Pantoffeln angezogen, sondern ist barfuß gelaufen, damit hatte auch niemand ein Problem. Wenn Eltern und Kind morgens schon barfuß in den Kindergarten kommen, gibt es vielleicht eher Streß mit anderen Eltern, die froh sind, ihre Kinder mit Mühe und Not in die Schuhe bekommen zu haben. Aber wie gesagt, da habe ich keine eigenen Erfahrungswerte.

Ich werde Euch jedenfalls im August berichten, wie es gelaufen ist.