Reise nach Lohmen mit Hindernissen (Hobby? Barfuß! 2)
Mittwoch, 11.4.2006, ca. 7.30 Uhr in Dresden: Die kälteste Nacht in "meinem" Schuppen oberhalb der "Mordgrundbrücke" war vorbei. Ich schritt barfuß den Weg hinunter zur Haltestelle der Straßenbahnlinie 11. Die gelbe Bahn kam, ich stieg ein und entwertete die am Tag zuvor gelöste an einem Haltestellen-Automaten gelöste Tageskarte für die Zonen Dresden und Pirna. Gegen Mittag wollte ich nämlich in Lohmen sein, dem Startpunkt für den "offiziellen Teil" meines Barfußurlaubs. Einige Fahrgäste starrten mich fassungslos an.
Der "Elfer" brachte mich in die Innenstadt, irgendwo stieg ich in eine andere Bahn um. Während ich an der Haltestelle wartete, fragte mich eine Frau, warum ich barfuß war. Ich sagte, das wäre gesund und ich würde mich gegen Mittag mit anderen an einer Barfußwanderung treffen. Sie fand es hochinteressant und wünschte mir, daß ich aufgrund des (für Laien) nicht gerade barfußfreundlichen Wetters nicht der einzige Teilnehmer bliebe.
Meine Lebensmittelvorräte wollte ich auch noch ergänzen. Als ich im Stadtteil Klotzsche aus der Straßenbahn den Hinweis auf einen Aldi-Laden sah, stieg ich an der Haltestelle "Zur Neuen Brücke" aus und folgte dem Schild. Daß es bis zum Laden noch über einen Kilometer war, wußte ich nicht. Daß der Weg baufällig und ziemlich gesplittet war, ahnte ich höchstens. Etwa 200 Meter vor dem Aldi hielt ein Polizeifahrzeug, die übliche Polizeikontrolle. Es wären Anrufe eingegangen, daß ein Mann barfuß unterwegs sei. Darauf erzählte ich, daß ich auf dem Weg zu einem Barfußtreffen sei, den genauen Beschrieb hatte ich dabei. Irgendwie konnte sie aber nicht begreifen, wieso ich ausgerechnet im Norden Dresdens einen Aldi aufsuche, wo doch Lohmen östlich von Dresden liegt. Nach einer Weile ließen sie mich ziehen.
Im Aldi gab es keine Probleme. Ich ging nicht den fiesen Weg zurück, sondern nur bis zu einer Bushaltestelle, der Bus brachte mich zu einer Tramhaltestelle. In die Straßenbahn stieg auch eine Kindergartengruppe ein. Die Kinder starrten mich an, ein Mädchen sagte: "Ihhhhh, barfuß!" Am Hauptbahnhof stieg ich aus.
Es war 11 Uhr, als die S-Bahn Richtung Pirna abfuhr. Eine halbe Stunde später wäre auch noch gegangen. Lieber wäre ich aber eine halbe Stunde eher gefahren, um noch mehr Zeit zu haben für einen Abstecher in die Altstadt von Pirna.
Nun aber kam ich nicht in die Altstadt, sondern konnte nur eine Straße bis zu einer Grünanlage gehen, um etwas zu verzehren. Als ich wieder am Bahnhof war, wartete der Dieseltriebwagen bereits am Bahnsteig. Kinder im Zug starrten mich fassungslos an. Der Zug setzte sich in Bewegung. Die Schaffnerin kontrollierte die Fahrkarten, sagte aber nichts zu meiner Aufmachung.
Der Zug hielt in Lohmen, einige stiegen aus.
Ein vergammeltes Bahnhofsgebäude, ein schäbiger Bahnsteig, ein bereits beschädigtes Wartehäuschen. Wirklich kein einladender Bahnhof außerhalb des Ortes, ohne Telefonzelle, ohne alles. Einige Autos standen da, aber nur mit einheimischen Kennzeichen. Auch diese fuhren weg, nachdem in jedes ein Kind eingestiegen war. Ab und zu bog ein Auto in die Straße in Richtung Bahnhof ein, um dann in eine Seitenstraße zu verschwinden. Und ich wartete geduldig auf andere Teilnehmer der Barfußwanderung, hier würde man mich abholen.
Leichter Regen setzte ein. Es kamen Leute, die in Richtung Pirna wollten, es kam der Zug nach Pirna, ich war wieder allein. Es fuhren einzelne Auto vorbei, wurden langsamer. Die Fahrer starrten mich an und wunderten sich wohl, was ich jetzt am gottverlassenen Bahnhof wollte, wo doch die nächste Zeit gar kein Zug fährt. Vermutlich hätte sie genauso gestarrt, wenn ich Schuhe und lange Hosen getragen hätte. Ein älterer Mann mit zwei Plastiktüten torkelte in Richtung Bahnhof, suchte offensichtlich die Gegend nach Pfandflaschen ab, lallte mir etwas entgegen, pinkelte aufs Gleis. Dann verschwand er hinter dem Gebäude. Immer wieder kamen Autos, aber keines mit Berliner oder ähnlichem Kennzeichen. Und wieder ein Auto, diesmal die Polizei. Wieder die üblichen Fragen. Es ist doch erstaunlich, daß Spießer in einem Barfüßer in kurzen Hosen etwas derart ungewöhnliches sehen, daß sie die Polizei rufen. Was ich noch erstaunlicher finde: Der alte Mann, der, während ich kontrolliert wurde, auch wieder auftauchte und etwa 100 Meter an uns vorbei ging, wurde von der Polizei nicht belästigt. Ist man als Barfüßer weniger wert als als Säufer?
Etwa 10 Minuten später kam ein Auto mit Potsdamer Kennzeichen, es waren Timo und Ulrich. Ulrich drehte die Fensterscheibe herunter und sagte: "Das ist einer von uns." Ich war gerettet.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen