Barfüßige Reise ins Ungewisse (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 18.04.2006, 17:48 (vor 6734 Tagen)

Sonntag, 8.4.2006, kurz nach 7 Uhr, Bahnhof Zofingen: Ich warte auf den Zug Richtung Norden, ich will an die Elbe, erstmalig barfuß in meinem Leben. Wenn jetzt jemand glaubt, ich wollte in den Hamburger Raum und dort meine Eltern besuchen, den muß ich enttäuschen. Die Elbe ist lang, und es gibt auch noch andere Städte. Nein! Mein Ziel war die Elbe auf einem ganz anderen Ende, in der Nähe von Dresden. Im Elbsandsteingebirge sollte eine Wanderung stattfinden, Ausgangspunkt Lohmen. Da der offizielle Teil aber erst am Mittwoch begann, hatte ich noch Zeit, um vorher "Elbflorenz" unsicher zu machen.

Es war eine Reise ins Ungewisse. Die Elbe hatte kurze Zeit vorher Hochwasser gehabt. Würde der Zug bis Dresden fahren? Und wo in Dresden übernachten, ohne mir selber untreu zu werden? Alles Dinge, die mich irgendwie bewegten. Schuhe ließ ich gleich in Zofingen, die brauche ich wirklich nicht bei einer Barfußwanderung. Und sicher auch nicht in einer vom Hochwasser gebeutelten Stadt.

Es regnete in Strömen, als der Zug Zofingen verließ. In Basel wechselte ich in den recht vollen ICE nach Frankfurt. Die Frau vom Zoll ging schnurstracks auf mich zu, meinen Ausweis zu kontrollieren, während die anderen Fahrgäste (sogar ein Mann, der wie ein Türke aussah) unbehelligt blieben. Sie fragte, woher ich kam, wohin ich wollte, was mein Gepäck war. Als sie mich fragte, ob ich noch weitere Kleidung dabei hatte, bejahte ich dieses. Dabei hatte ich nicht einmal gelogen, denn ich hatte mehrere Ersatz-T-Shirts, Ersatzunterwäsche usw. dabei. Sie hatte ja nicht speziell nach langen Hosen oder Schuhen gefragt.

Viele Bemerkungen gab es in diesem Zug nicht. Es schient zeitweise die Sonne, als ich in den ICE nach Dresden umstieg. Dort waren auch einige Familien mit Kindern, entsprechend gab es auch große Glotzaugen. Speziell ein Mädchen konnte es offensichtlich nicht fassen, daß ich keine Schuhe an hatte. Irgendwann holte die Mutter ein Puzzlebuch aus der Tasche. Auf einer Seite war auf einem Bild ein Zoo dargestellt, mit Tieren und Kindern. ALLE Menschen waren barfuß, egal, ob sie auf einer Bank saßen, auf einen Baum geklettert usw. Das Mädchen wechselte daraufhin immer den Blick vom Bild zu meinen Füßen und zurück. Nach einer Weile hatte es sich beruhigt.

Als der Zug durch das Saaletal fuhr, sah ich die Folgen des Hochwassers. Auch die Elbe hatte bei Riesa jede Menge Wasser. Der Zug erreichte pünktlich Dresden Neustadt. Falls er jetzt nicht weiter zum Hauptbahnhof kommen sollte, wäre es nicht so schlimm. Aber auch das ging gut. Und wie voll die Elbe hier war!

Ich war am Hauptbahnhof gegen 16 Uhr, wie weiter? Ich suchte meinen Weg zu einem Fahrkartenautomaten, um mir eine Tageskarte zu kaufen, dann bin ich flexibler. Einige Leute, auch der "Rotdeckel" auf dem Bahnsteig, sahen in meine Richtung, aber sie sagten nichts. Obwohl es sonnig war bei ca. 13°C, war ich der einzige ohne Schuhe und in kurzen Hosen auf dem Bahnhof. Auch sah ich ein paar "Kalkmützen" auf dem Bahnhofsgelände, aber auch diese taten mir nichts.

Die erste Straßenbahn (Linie 11) war meine. Leute starrten mich an, als ich einstieg. Ich fuhr bis zur Endstation Bühlau und merkte, daß die Bahn ein schönes Waldstück befuhr. Ich fuhr wieder zurück und stieg bei der Haltestelle "Mordgrundbrücke" aus. Dort fand ich einen Fußweg, der den Berg hinauf führte. Schönes Laub, darunter allerdings einige große Steine. Ich wechselte auf einen Trampelpfad, der in Richtung Abhang führte. Und was war dort? Eine Art Bunker oder was auch immer, direkt oberhalb der Straße, aber im Dunkeln sicher nicht von dort einsehbar. In der Hütte räumte ich einige Steine, Äste und Scherben zur Seite, hier würde ich die nächsten Male im Schlafsack übernachten! Hier würden mich weder Regen noch Kälte stören. Da ich nicht abergläubisch bin, störte mich der Name "Mordgrundbrücke" nicht.

Ich ging wieder hinunter, in Richtung Straßenbahn, Fortsetzung folgt.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Barfüßige Reise ins Ungewisse

Vesa Local, Stammposter, Wednesday, 19.04.2006, 07:39 (vor 6733 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Basel:

Die Frau vom Zoll ging schnurstracks auf mich zu, meinen Ausweis zu kontrollieren, während die anderen Fahrgäste (sogar ein Mann, der wie ein Türke aussah) unbehelligt blieben.

?????

Barfüßige Reise ins Ungewisse

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 19.04.2006, 08:46 (vor 6733 Tagen) @ Vesa Local

Basel:

Die Frau vom Zoll ging schnurstracks auf mich zu, meinen Ausweis zu kontrollieren, während die anderen Fahrgäste (sogar ein Mann, der wie ein Türke aussah) unbehelligt blieben.

?????

Hallo Vesa Local,

in den Fernzügen von Basel in Richtung Deutschland werden "fliegende Zoll- und Ausweiskontrollen" durchgeführt. Es werden aber in der Regel nur "verdächtige" Leute kontrolliert, während "normal" aussehende Personen nicht kontrolliert werden.

Wer eine schwarze Haut oder dunkle gewellte Haare hat, gilt als "undeutsch" oder "unschweizerisch", also "fremdartig" bzw. verdächtig und wird daher bevorzugt kontrolliert, eine Tatsache, die ich verabscheue.

In diesem Fall saß auch ein Mann im Zug, der vom Aussehen her ein Türke hätte sein können, während die übrigen Leute eher wie "Einheimische" aussahen. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte man diesen Mann kontrolliert, wenn ich nicht oder in Dienstkleidung im Zug gesessen hätte. Da ich aber barfuß war und kurze Hosen trug, hielt die Zöllnerin mich für noch verdächtiger und kontrollierte mich.

Vielleicht ist mir ein "echter" Schmuggler dankbar, daß ich durch meine auffällige Kleidung die Zöllnerin von ihm abgelenkt habe.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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