No tiene zapatos (Haben Sie keine Schuhe)? (Hobby? Barfuß! 2)

Leo @, Stammposter, Sunday, 09.04.2006, 18:37 (vor 6743 Tagen)

Hallo,

No tiene zapatos (Haben Sie keine Schuhe)?

Diese mir schon bekannte Frage habe ich auf Gran Canaria öfters gehört, zum ersten Mal gleich vom Fahrer des Transfer-Busses kurz nach dem Verlassen des Flughafens. Das nächste Mal dann gleich zur Begrüßung an der Rezeption der Appartment-Anlage, wo ich dann einfach optimistisch antwortete: Hier braucht man keine Schuhe! Wie bereits berichtet, stimmt das aber nicht, sofern man sich nicht von 12 bis 17 Uhr vom heißen Sand im Windschatten fernhält. Der Asphalt machte dagegen wenig Probleme, allerdings musste man nach 2 Minuten auf schwarzem Asphalt immer von einem Fuß auf den anderen wechseln und konnte nicht auf beiden Füßen stehen bleiben.

Am Ankunftstag 11.03. abends ging ich dann zum "Rosenmontagszug" (Cabalgata de Carnaval) in Playa del Inglés, der praktischerweise in jeder Stadt an einer anderen Woche stattfindet; hier tanzten viele Leute auf vorbeifahrenden Wagen, 2 Frauen sogar mit nackten Füßen. Meine Barfüße wurden nicht kommentiert, und im Gegensatz zu Düsseldorf oder Köln (wo Barfußlaufen beim Rosenmontagszug erst recht nach Einführung des Dosenpfandes kaum ratsam ist) hielten sich die Scherben doch sehr erfreulich in Grenzen. Hier war der Bodenbelag auch sehr von Vorteil: Glatte Platten mit recht breiten tiefen Rillen, in denen alle Scherben recht schnell verschwanden und so nicht mehr gefährlich waren.

Am 2. Tag (Sonntag) wollte ich zuerst eine spanische Sim-Karte kaufen (z.B. Movistar von Telefonica), aber das ging nicht. (In den Touristen-Einkauszentren wie Yumbo werden die überhaupt nicht verkauft, wohl nordwestlich davon entlang der Avenida de Tirajana in Richtung San Fernado, aber den Laden hab ich am Sonntag nicht gefunden und er war geschlossen. So wanderte ich erst am Strand und dann an der Promenade entlang, bevor ich mir dann wie schon geschrieben bei harmlosen 25 Grad im heißen Sand Brandblasen holte. Ich konnte problemlos am Leuchtturm barfuß in den Bus einsteigen, die 3 barfüßigen Spanier hinter mir (die Ihre Schuhe auffällig vor dem Bauch trugen) wurden aber ermahnt, im Bus Schuhe anzuziehen. Sie sagten "vale" (OK) und haben die Anordnung dann einfach ignoriert.

Am 3. Tag bot ein Ausflug in die Inselhauptstadt Las Palmas an. Hier fand ich dann auf Anhieb einen Laden, wo ich für 25€ eine Sim-Karte mit 19€-Guthaben kaufen konnte. Ich habe mir an dem Tag fast ganz Las Palmas zu Fuß angeschaut, Reaktionen gab es keine. Nach 10 km wurden die Rillen in den glatten Bodenplatten allmählich lästig und nach 15km unangenehm. Nach den Schilderungen im spanischen Forum ("ich schaffe es nie barfuß in den Corte Inglés!", größte spanische Kaufhauskette) musste ich das natürlich mal ausprobieren, obwohl ich durch die Einkaufstouren früher mit meiner Ex-Frau oder meiner Mutter gestraft, nur sehr ungern in Kaufhäuser gehe, wenn ich nicht gerade dringend was brauche. Außer einigen wenigen Blicken des Wachpersonals am Eingang gab es aber keinerlei Reaktion, so dass ich mich dann aber doch schnell in Richtung Strand begab, wegen der Blasen aber an dem Tag auf der Promenade bleib.

Anscheinend stimmt es, was in dem spanischen Forum stand: Barfußlaufen ist an der Küste weiter verbreitet, aber im Binnenland sehr ungewöhnlich. In Las Palmas gab es bis auf Blicke keinerlei Reaktionen, auch hinter meinem Rücken hab ich nichts bemerkt. Aber schon 5km von der Küste entfernt, sah die Sache anders aus, z.. B. in Telde: Hinter meinem Rücken hörte ich laufend: "Schau mal keine Schuhe, barfuß..." oder ähnliches. Sogar als Karnevalsverkleidung anlässlich des "Rosenmontagszugs" in Telde ging barfuß nicht ohne Kommentare durch: Mehrerer Jugendliche sprachen mir ihre Bewunderung aus, ein älterer Mann meinte, das gibt starke Füße. Ein kleinerer Junge fragte mich warum ich das mache, und während ich noch a) nach Argumenten, b) nach Vokabeln, c) dem Aktiv-Vokabelschjatz angepassten Alternativ-Argumenten suchte, antwortete ein Mann so um die 40 für mich: "Weil es ihm so besser gefällt!" Die meisten Kommentare waren aber recht positiv.

Probleme gab es nur mit einigen wenigen Busfahrern. (Ich habe in 3 Wochen trotz 20% Rabatt 133€ mit dem Bus kreuz und quer durch die Insel verfahren, so dass meine Aussagen wohl halbwegs repräsentativ sein dürften; insgesamt gab es vielleicht 5 bis 6 Mal Beanstandungen) Es gibt "Tarjetas AB", die gelten für 10 Fahrten immer auf derselben Strecke( von A nach B): Da kann man also einsteigen, wenn der Fahrer motzt entwerten, eine Ausrede sagen und gleich weitergehen. Wenn man immer andere Strecken Fährt (mit einer "Tarjeta insular" im Wert von 15€), muß man dem Fahrer erst sagen, wo man hin will, bevor er den Entwerter so aktiviert, dass der korrekte Betrag abgebucht wird. Das hat den unangenehmen Effekt, dass man nicht so einfach am Fahrer vorbeikommt. Einer wollte sogar, dass ich den Bus verlasse, und draußen die Schuhe anziehe. Ich habe nur gesagt, dann würde ich ja noch mehr auf seinem Boden rumtrampeln, hab dann die Flipflops aus der Tüte auf die Eingangsstufen gekippt (inklusive etwas Sand, ganz "zufällig" :-) natürlich) und erst mal 1 Minute den Betrieb aufgehalten. Am Platz wanderten die Flipflops natürlich sofort zurück in den Rucksack, beim barfüßigen Aussteigen an der hinteren Tür gab es dann aber keinen Kommentar.

Ich hatte mich beim Einsteigen erkundigt, wo denn die nächste Haltestelle wäre, und als ich da am nächsten Morgen mit meinem auffälligen Hut stand, war der Fahrer offenbar vorgewarnt und schrie sofort, ich dürfte nicht ohne Schuhe rein, so dass ich sie diesmal schon auf der ersten Stufe anziehen mußte. Das nächste Mal hab ich mir dann schon einen Spruch vorher überlegt, der bei einem anderen Fahrer gar nicht gut ankam: "Meine Füße sind sauberer als Ihre Schuhe, denn ich passe sehr gut auf Hundescheiße auf!" Anscheinend hat er wohl zusätzlich rausgehört, was ich natürlich nicht gemeint hatte: "... im Gegensatz zu Ihnen, die in jeden Haufen reintreten" Er ist dann ziemlich aufgebraust, stand vom Sitz auf, und schrie mich dann in einer Geschwindigkeit an, so dass ich nur Fragmente verstand: "Nicht in diesem Ton.... kommt ja nicht vonmir... polizeiliche Anordnung." Glücklicherweise hatte er den Entwerter schon aktiviert, ich hab also schnell entwertet und zu seiner Besänftigung für den Weg nach hinten die Flip-Flops angezogen.

Nach knapp 2 Wochen waren meine Plattfüße wieder mal plattgelatscht; somit bot sich eine Wanderung mit Turnschuhen und Einlagen auf (zum Barfußwandern zu) steinigem Weg nach Fataga an. Im Windschatten war es sehr heiß und meine 3l Wasser waren schnell verbraucht, so dass ich hoffte, die letzten 3,5 km noch per Bus zurücklegen zu können. Auf dieser Linie 18 (wo es auch die oben geschilderten Probleme gab) fährt nur so alle 4 Stunden ein Bus; er hat mich zwischen 2 Haltestellen einsteigen lassen, was er natürlich nicht muß... (und eigentlich sogar nicht darf). Glücklicherweise war es keiner der beiden problematischen Fahrer, aber vielleicht ist es für solche Situationen ratsamer, die Leute nicht zu verärgern, weil man dann kaum Kulanz erwarten kann. Aber außer 2 Ermahnungen (ohne Bestehen auf Schuhe anziehen) gab es danach keine Probleme mehr mit Busfahrern.

Einmal bin ich 8km auf einer Straße in ein Seitental von Agaete gelaufen, um mit dem Bus zurückzufahren, der Asphalt war sehr rauh. Ich habe laufend an Michael aus Zofingen gedacht, der sich über den Asphalt über Brücken in der Schweiz mokierte, aber besonders nach 4 km musste es hier noch schlimmer sein: Spitze, scharfkantige Steine mit Teer so in Position gehalten, dass die scharfen Spitzen immer nach oben zeigen. LOSER scharfer Splitt war dagegen stellenweise die reinste Erholung für die Füße. Nach 2km dieser Tortur, fassungslos beobachtet von einigen Bauarbeitern, dachte ich mir schließlich, dass ich nicht für Fakir-Qualen, sondern zum Vergnügen da sei und zog mir für die letzten 2 km dann doch noch Sandalen an.

Eine weitere Wanderung kurz vor Schluß meines Urlaubs machte ich dann zur Behandlung meiner erneut plattgelaufenen Plattfüße in Turnschuhen mit Einlagen, die wäre aber wohl barfuß möglich gewesen, besonders in der unfreiwillig verkürzten Variante: Falsch abgebogen und im Seitental gelandet, wo aber der Bus fuhr.

Alle Museums- und Kirchen-Besuche verliefen problemlos barfuß, ja sogar ohne Kommentar: Diözesanmuseum und Kathedrale von Las Palmas, Haus von Cristoph Columbus, kanarisches Museum, Aussichtsterrasse der Kathedrale, Wallfahrtskirche von Teror, Kirchen von Guía und Gáldar. Das einzige Problem gab es im literarischen Kabinett von Las Palmas, wo ein aufgetakelter, versnobter Wachmann mir mit der Behauptung den Einlaß verwehrte, es sei ein Privatclub.

In der Mundo Aborigen wurde ich nach dem Eintritt vor dem Boden gewarnt - nicht ganz zu Unrecht: Laufend piekste etwas unangenehm unter den Sohlen; hier gibt es wohl Pflanzen, die Ihre Samen dadurch verbreiten, dass Tiere und Barfüßer die sich in die Füße eintreten und dann woanders wieder verlieren. Im sehr zum empfehlenden Jardin Canario (kanarischer Garten) war die "Steile Treppe" nicht ganz ohne; weniger die Steilheit, als die Tatsache, dass es direkt neben der schmalen Steintreppe mehr als 50m in den Abgrund ging (ich bin nicht ganz schwindelfrei).

Die 3 Wochen waren nur leider viel zu schnell vorbei und auch der Rückflug verlief schließlich total problemlos barfuß.

Gruß

Leo

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