Zum ersten mal in diesem Jahr (Hobby? Barfuß! 2)
Freitagnachmittag, die Arbeitswoche liegt hinter mir, die Sonne scheint und ich kann nach Hause.
Leider habe ich noch so viel auf dem Zettel, daß ich nicht die Zeit habe gemütlich zu Fuß zu gehen. Also entschiede ich mich für die Bahn.
Dann zögerte ich: Soll ich wirklich? Das wäre ja das erste mal in diesem Jahr. Und dann auch noch alleine!
Nein - es geht nicht um das Bahnfahren. Sondern darum, ob meine Schuhe etwas von der Reise sehen!
Immer noch zögere ich, kann mich nicht entscheiden, was werden die Leute sagen...
He, Moment einmal: "Was werden die Leute sagen... - ????" Habe ich DAS nicht schon lange hinter mir? Höchste Zeit, die Innenstadt zu erobern! Schuhe aus und in den Rucksack, auf zum Bahnhof.
Die Gehwegplatten lagen in der Sonne, sind schon richtig schön angeheizt. Ich spüre die Frühlingswärme unter meinen Füßen, lasse sie meinen Körper erobern, lächle, bin glücklich.
Mein Weg führt mich über den Hauptbahnhof. Menschenmassen lassen mich erahnen, was hier in zwei Monaten los sein wird.
Ich stehe in der Bahn, lese. Ich bekomme nicht mit, ob Leute mich anstarren oder übermich reden.
Es wäre mir egal. Auch das Lachen der drei Jugendlichen hinter mir - vorhin, als ich auf dem Weg zum Bahnhof war - ist vergessen. (Haben sie überhaupt über mich gelacht oder waren sie einfach nur so fröhlich, weil wieder eine Schulwoche hinter ihnen liegt?)
Heute fahre ich eine Station weiter, um gleich ein wenig einzukaufen für den Freitagabend. Wir wollen es uns mal wieder richtig gemütlich machen nach dieser stressigen Woche.
An der Kasse schaut die Kassiererin, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte, nach oben in den "Liegt noch was im Einkaufswagen"-Spiegel und fragt mich, ob es nicht zu kalt sei.
"Nein", sage ich und verdrehe genießerisch die Augen "es ist einfach wunderbar! Der Boden ist wärmer als die Luft. Die Luft wird weggeweht, der Boden bleibt und ist so schön warm."
Es entwickelt sich ein langes Gespräch. Sie habe mich ja schon öfter (barfuß) gesehen und findet es immer wieder fastzinierend, wenn Leute so viel barfuß gehen - und das auch in der Stadt.
Ob ich keine Angst hätte mich an einer Glasscherbe zu schneiden. "Nein. In den letzten Jahren waren es nur zweimal Splitter, die ich mit einer Pinzette ganz leicht herausziehen konnte. Scherben sieht man und die wenigsten liegen ungünstig."
"Mein Sohn ist der erste, dem ein T-Shirt und kurze Hosen genügen. Und dann ja auch am liebsten barfuß. Aber ich habe immer Angst, daß er sich verletzt. Auch zu Hause trägt er auch keine Puschen und kaum Socken." "Lassen sie ihn. Mit fünf Jahren ist die Entwicklung der Füße noch lange nicht abgeschlossen. Vielleicht wird er sich erkälten. Aber geben Sie ihm die Entscheidungsfreiheit, sich bei Bedarf mehr anzuziehen. Dadurch wird er nur selbstständiger. Und vielleicht wird er sich auch mal verletzen. Das wird er vergessen - aber er wird früher als andere ein erweitertes Gesichtfeld entwickeln. Lassen Sie Ihrem Kind so früh wie möglich so viel Entscheidungsspielraum wie es geht. Achten Sie nur darauf, daß die Kälte nicht über die Grenze Oberarme/Oberschenkel kriecht. Dann ist es Zeit für etwas langärmeliges oder lange Hosen. Aber darauf wird er sich eher einlassen als auf Schuhe. Da bin ich mir ganz sicher."
"Na gut. Dann werde ich es ihm mehr erlauben. Na, was da wohl die Nachbarn sagen. Die regen sich ja schon darüber auf, daß er so wenig trägt." "Äh, entschuldigen Sie. Wie alt sind Sie?" "..." "Und dann wollen Ihnen andere sagen, wie sie ihr Kind zu erziehen haben?" Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht; ich glaube das wird ein toller Sommer für das Kind! Der Mutter muß ich unbedingt einen Flyer in die Hand drücken.
Ein langer Tag darf für mich noch nicht zu Ende gehen: Ich muß noch zwei Sachen zur Reparatur wegbringen. (Schade: Ich würde es sehr gerne selber machen, weiß aber nicht, was zu tun ist. Das habe ich leider nie gelernt.)
Auf dem Rückweg treffe ich mich mit meiner Herzallerliebsten, wir gehen noch ein wenig bummeln: Ich muß mal wieder etwas anderes sehen als nur das übliche die Woche über.
Die Sonne hat sich hinter Wolken verkrochen, die Wärme war nur oberflächlich. Ich spüre die abendliche Kühle.
Zu Hause, Wochenende.
Ein perfekter Tag.